Archiv für den Monat: Juli 2012

Vorsicht: Rechtsmittelrücknahme – unwiderruflich und unanfechtbar

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Das LG ordnet gegen den Beschuldigten die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die vom Verteidiger rechtzeitig eingelegte Revision hat dieser später zurückgenommen. Hiergegen hat sich der Beschuldigte gewandt und vorgetragen, er habe „die Revision nicht … einstellen lassen und auch nicht über den Pflichtverteidiger“ …, weil er „mit ihm diesbezüglich keine Absprachen getroffen habe“. Außerdem bitte er „um Wiedereinsetzung in den alten Stand, d.h. Unterbringung gemäß § 126a StPO“. Der Verteidiger hat dazu erklärt, dass er bei dem letzten Gespräch mit dem Beschuldigten „aufgrund der Diskussion über die Erfolgsaussichten der Revision und der daraufhin von Herrn S. getätigten Aussagen unmissverständlich davon ausgehen“ musste, dass „die Revision nicht durchgeführt werden soll“.

Was nun in dieser „Aussage-gegen-Aussage-Situation“? Der BGH, Beschl. v. 19.06.2012 – 3 StR 190/12 – sieht die Rechtsmittelrücknahme als wirksam an:

1. Der Verteidiger war zur Rechtsmittelrücknahme wirksam ermächtigt. Dies ergibt sich schlüssig aus seinem Vortrag mit Schriftsatz vom 14. März 2012 (Bl. 97, Band II d. A.). Danach musste der Verteidiger unmissverständlich nach einer Diskussion der Erfolgsaussichten davon ausgehen, dass die Revision nicht durchgeführt wer-den soll. Zweifel an der Darstellung des Verteidigers bestehen nicht und ergeben sich auch nicht daraus, dass sich der Beschuldigte von der Revisionsrücknahme überrascht zeigt und eine Ermächtigung in Abrede stellt. Für die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung ist eine bestimmte Form nicht vor-geschrieben. Sie kann auch mündlich erfolgen und braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden (BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). Für den Nachweis der Ermächtigung, der noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden kann, genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (BGH NStZ-RR 2010, 55; NStZ-RR 2005, 211, 212; NStZ 2001, 104; BGH, Beschluss vom 13. September 2007 – 4 StR 394/07).

Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit der Ermächtigung ergeben sich nicht deshalb, weil die Steuerungsfähigkeit des Beschuldigten nach den Urteilsfeststellungen im Tatzeitpunkt nicht sicher aus-schließbar vollständig aufgehoben war (UA S. 14). Eine wirksame Ermächtigung setzt lediglich voraus, dass der Ermächtigende bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsfähig im Sinne des Strafverfahrensrechts und in der Lage ist, die Bedeutung von Prozesserklärungen zu erkennen (BGH NStZ 83, 280). Weder die Urteilsgründe noch das Hauptverhandlungsprotokoll ergeben einen Hinweis da-rauf, dass der Beschuldigte verhandlungsunfähig war. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt und sich zum Tatvorwurf eingelassen. Hatte das Tatgericht – wie hier – keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten, so kann diese grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (Senat NStZ-RR 2002, 101 f.; BGH NStZ 1984, 181; NStZ 1996, 297). Hinzu kommt, dass die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten ausweislich der Urteilsfeststellungen zum Tatzeitpunkt weder erheblich vermindert noch aufgehoben war, und der Beschuldigte trotz seiner wahnhaften Erkrankung moralische Normen und Werte nennen und begründen konnte (UA S. 13). Anhaltspunkte dafür, dass sich nach der Hauptverhandlung Änderungen im psychischen Zustand des Beschuldigten ergeben haben, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

Diese Fälle „später Reue“ sind ja nicht selten. Dagegen und vor dem Hin und Her kann sich der Verteidiger – wenn überhaupt – nur schützen, wenn er dem Mandanten unmissverständlich klar macht, worum es geht und man das auch schriftlich festhält. Und man muss ihm auch deutlich machen, dass er an eine wirksame Rücknahme der Revision gebunden ist – „… sie ist unwiderruflich und unanfechtbar (BGH NStZ 1983, 280, 281)“.

Das „Organ der Rechtspflege“ im Gebührenrecht – solche Beschlüsse ärgern mich

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Im letzten Posting So gehts “im wilden Süden”: Durchsuchung/Beschlagnahme im OWi-Verfahren“ hatte ich moniert, dass nicht immer alles das, was im Verfahren als bedeutsam angesehen wird, im Gebührenrecht dann ebenfalls Auswirkungen hat. Und da haben wir dann gleich ein Beispiel – nur zufällig auch aus dem Süden der Republik, nämlich den LG Würzburg, Beschl. v. 06.02.2012 – 1 Qs 23/12 -, in dem es um die Mittelgebühren ging. Das LG verwendet viel Platz darauf darzulegen, warum die Verteidigerin nicht die Mittelgebühren geltend machen kann.

Zusammenfassung:

  • Allein der Umstand, dass der Bußgeldbescheid die Eintragung von 3 Punkten im Verkehrszentralregister vorsah, begründet keine besondere Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG.
  • Auch die Verhängung eines Fahrverbotes von der Mindestdauer von einem Monat begründet als solches keine besondere Bedeutung des Verfahrens für die Betroffene, zumal wenn es ein nach § 25 Abs. 2a StVG zeitlich flexibles Fahrverbot ist und eine besondere Härte für den Betroffenen nicht vorgetragen wurde.

Sehe ich anders. Und wird auch in der Rechtsprechung – m.E. von der h.M. – anders gesehen. Aber damit setzt man sich nicht auseinander. Man hat ja eine eigene ständige Rechtsprechung:

„Die Kammer vertritt in ständiger Rechtsprechung — die Auffassung, dass allein der Umstand, dass für die verfahrensgegenständliche Verkehrsordnungswidrigkeit die Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister vorgesehen ist, nicht per se eine besondere Bedeutung des Verfahrens für den Betroffenen begründet, sondern nur dann, wenn damit unmittelbare Auswirkungen auf die Fahrerlaubnis des Betroffenen verbunden sind.

 Ansonsten käme beinahe jedem Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren mit einem Bußgeld von mindestens 40,00 EUR eine besondere Bedeutung im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG zu.“

Diese Ausführungen sind zudem insoweit unzutreffend, als eine „besondere Bedeutung“ von § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG nicht gefordert wird.

Ein Punkt ist darüber hinaus anzumerken:

Die Verteidigerin hatte wohl in einem Schriftsatz angekündigt, dass sie ihre Verteidigungsstrategie überdenken wolle. Ob das nun geschickt war und wie es rechtlich zu beurteilen ist, lassen wir mal dahin gestellt. Jedenfalls ist das natürlich eine Steilvorlage für die Kammer. Sie merkt an:

Soweit die Verteidigung am Ende des Schriftsatzes vom 31.01.2012 (BL 60 d.A.). anmerkt, die erfolgte Kostenfestsetzung gegebenenfalls zum Anlass zu nehmen, ihre Verteidigungsstrategie zu ändern, zukünftig keine Einlassungen vor der Hauptverhandlung mehr abzugeben und Sachverständigengutachten erforderlich werden zu lassen, mithin letztlich allein aus Kostengründen -das Verfahren zu verlängern, bleibt dies unter dem Hinweis auf die Stellung des Rechtsanwaltes als Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) unkommentiert.“

Kein Kommentar? Na ja, so ganz ja nun wohl doch nicht. Und: Da ist es wieder: Das „Organ der Rechtspflege“, das man immer bemüht, wenn man den Verteidiger/Rechtsanwalt in die Pflicht nimmt. Dass aber auch das „Organ der Rechtspflege“ seinen „Laden“ am Laufen halten muss usw., das übersieht man schnell/gerne.

Irgendwie machen mich solche Beschlüsse ärgerlich. Ich glaube, man merkt es auch am Posting.

So gehts „im wilden Süden“: Durchsuchung/Beschlagnahme im OWi-Verfahren

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Ja, es gibt sie: Durchsuchung und Beschlagnahme auch im Bußgeldverfahren. Allerdings sind da die Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten. Dazu gibt es EGMR und BVerfG-Rechtsprechung und auch einiges von den Instanzgerichten. Alles nachzulesen im OWi-HB oder im Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, in der demnächst erscheinenden 6. Auflage bei Rn.896.

Deshalb hat mich der – schon ein wenig ältere –  AG Reutlingen, Beschl. v. 28.10.2011 – 7 OWi 24 Js 19990/11 – schon ein wenig erstaunt. Danach sollen die Zwangsmaßnahmen auch verhältnismäßig sein in einem straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren, in dem dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 39 km/h vorgeworfen wird. das erscheint mir angesichts des Umstandes, dass noch nicht einmal ein Fahrverbot droht zweifelhaft. Die Entscheidung ist allerdings bestätigt worden vom LG Tübingen, Beschl. v. 29.12.2011 – 1 Qs 248/11. Also: Nicht der „wilde Westen“, sondern der „wilde Süden“.

Wenn ich die Begründung so lese, klingt es für mich eher nach dem berühmten „Ätsch-Effekt“: Du schweigst, dann wird eben (zur Strafe) durchsucht. Das heißt es:

“ Bei der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts ist die Durchsuchung und darüber hin aus wegen der Notwendigkeit für das gerichtliche Bußgeldverfahren (u.a. Vorbereitung eines anthropologischen Identitätsgutachtens oder eines Augenscheines durch das Gericht) auch die Beschlagnahme erforderlich und verhältnismäßig (vgl. hierzu: Beschluss des BVerfG, Az: 1 BvR 1307/05). Der Betroffene besitzt eine Fahrerlaubnis für Krafträder und ist der Halter des Fahrzeugs. Der Betroffene räumt die Tat nicht ein. Die Bilder der Messung zeigen u.a. einen auffälligen Helm, Schuhe und eine Jacke, die auch zum Alter des Betroffenen passen. Es ist zu erwarten, dass die Gegenstände, so sie ihm gehören, noch bei ihm aufgefunden werden können. Die zu beschlagnahmenden Gegenstände sind zur weiteren Sachaufklärung geeignet. Nachdem der Betroffene keine Angaben machte, bedarf es der Beschlagnahme zum Zwecke eines Augenscheines durch den Bußgeldrichter und einer evt. sachverständigen Auswertung nach von dem Betroffenen verursachten Tragespuren. Persönliche Motorradbekleidung und Schuhe, insbesondere aber Motorradhelme, bei denen es sehr auf die Passform ankommt und die meist längere Zeit in Gebrauch sind, werden – was gerichtsbekannt ist – für gewöhnlich schon aus hygienischen Gründen nicht verliehen. Umgekehrt mag das Nichtauffinden des Helmes und der Jacke den Betroffenen vom Tatverdacht zu entlasten. Dieser Beschluss kann unbefristet mit der Beschwerde beim Amtsgericht Reutlingen oder dem Landgericht Tübingen angefochten werden, die aber keine aufschiebende Wirkung hat.“

Und: Wenn die Verfahren so bedeutend sind, dann frage ich mich, warum die dann nicht auch gebührenrechtlich eine Rolle spielt. Dann wäre doch zumindest in diesen Verfahren die Mittelgebühr angemessen. Aber: In den Verfahren wird dann viel Platz darauf verwendet darzulegen, warum die nicht angemessen ist. Verrückte Welt :-).

Sonntagswitz: Wegen der Olympiade natürlich zum Sport/zu Sportlern

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Nach dem fulminanten Start der 30. Olympiade am Freitag bieten sich natürlich heute „Sportwitze“ an, allerdings: Nach dem wenig fulminanten Start der deutschen Qlympiamannschaft am gestrigen Tag sollte man vielleicht auf Witze zu dem Thema verzichten, aber sie ist nun einmal am gestrigen Tag „baden gegangen“. Ach so: Und ich weiß, es gibt bessere, nur finden muss man sie :-).

Der Schwimmtrainer stocksauer nach dem Turnier zu seiner Manschaft: „Na toll, wir haben zwar nicht gewonnen aber wenigstens ist keiner ertrunken!“

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Beim Manager der Eisrevue bewirbt sich die 17jährige Nadia: „Ich kann eine Acht laufen.“
„Aber das kann doch fast jeder.“
„In römischen Ziffern?“
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Sommerolympiade. Hammer-werfen. Ein Amerikaner, ein Russe, ein Deutscher.
Der Amerikaner konzentriert sich, wirft: 84,22 Meter. Jubel. Auf die Frage der Journalisten nach seiner Form:
„Mein Vater war Holzfäller, mein Großvater war Holzfäller. Da hat man viel Kraft in den Armen und die Arbeit im Wald bringt die entsprechende Ruhe.“

Der Russe. Konzentriert sich, wirft: 85,43 Meter. Jubel. Die Journalisten:
„Woher nehmen Sie die unglaubliche Nervenstärke, nach dem Rekord des Amerikaners noch einmal derartig zu kontern?“
„Wissen Sie, mein Vater war Bergarbeiter, mein Großvater war Bergarbeiter. Das bringt von vornherein die Kraft und Nervenstärke auch in schwierigen Situationen.“

Der deutsche Athlet geht in den Ring. Dreht sich, schwingt harmonisch aus: 87,54 Meter. Neuer Weltrekord. Jubel. Jetzt um ihn der Pulk von Journalisten.
„Ach, wissen Sie, das ist nicht so schwer. Mein Vater ist arbeitslos, mein Großvater war schon arbeitslos. Und mein Großvater sagte immer zu mir: Junge, wenn Dir mal einer einen Hammer in die Hand drückt – dann schmisse ihn, so weit Du nur kannst.“

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Drei Männer kommen in den Himmel. Am Tor fragt Petrus den ersten: “Für welche Mannschaft hast du im Fussball immer die Daumen gedrückt?” – “Ich war immer ein Fan der Bayern!” sagt der Mann. “Das muss bestraft werden: 20 Schläge auf den Rücken! Aber du hast einen Wunsch frei!” sagt Petrus. Der Bayernfan wünscht sich, dass man ihm ein Kissen auf den rücken bindet, um die Schläge zu dämpfen. Nach den 20 Schlägen ist das Kissen zerfetzt und der Rücken grün und blau.

Den zweiten Mann fragt Petrus ebenfalls nach seinem Lieblingsclub. Der Mann war immer Fan von Borussia Dortmund gewesen. Dies wird von Petrus mit 40 Schlägen auf den Rücken bestraft. Der Mann hat aber auch einen Wunsch frei und bittet um zwei Kissen auf dem Rücken. Nach den 40 Schlägen ist aber auch der Rücken des Borussen grün und blau, da beide Kissen den Schlägen nicht standhalten konnten.

Der dritte Mann gibt an, ein Schalker gewesen zu sein. Petrus ist erfreut und gewährt dem Schalker zwei Wünsche ohne dass er weitere Strafen befürchten muss. Der Mann bittet um 60 Schläge auf den Rücken. Darauf Petrus erstaunt: “Was!? Wer wünscht sich denn sowas? Aber wie du willst! Und dein zweiter Wunsch?” Der Schalker: “Bindet mir anstelle von Kissen den Dortmunder auf den Rücken!”

 

„Polizei nimmt Plüschtier fest“

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Unter der Überschrift „Polizei nimmt Plüschtier fest“ berichteten die Westfälischen Nachrichten gestern (28.07.2012) über eine vorläufige Festnahme der etwas anderen Art. Da hieß es in der Meldung:

„Ist es ein Hund? Ein Bär? Ein Monster aus der Sesamstraße. Fest steht, dass es zur Gattung der Stofftiere gehört und am Donnerstag herrenlos an der Hammer Straße/ Ecke Geiststraße lag. Polizeihauptkommissat J.E., auf dem Fahrrad im Streifendienst, nahm das hellbraune Plüschwesen in Gewahrsam und brachte es zur Wache der Autobahnpolizei an der Hammer Straße. Dort wartet der kleine Liebling auf seinen rechtmäßigen Besitzer.“

Hatten wir so ähnlich aber auch schon an anderen Orten, z.B. hier.