Archiv für den Monat: Juli 2012

Wochenspiegel für die 30 KW., das war die „neue“ Klageschrift, der Pflichtverteidiger für den Unterhaltspflichtverletzer und das Winkeladvokatenurteil

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Aus der vergangenen Woche sind folgende Themen berichtenswert, über

  1. die Umfrage zur Frage, wer am Kreisverkehr Vorfahrt hat,
  2. für die ggf. mitlesenden „Zivilisten“, der Hinweis auf neue Anforderungen an die Klageschrift, auch noch hier,
  3. das Vorhaben Gesetzestexte kostenlos für das E-Book anzubieten,
  4. das Kölner „Winkeladvokatenurteil„, vgl. auch hier, über dessen „Vorgänger“ wir auch schon berichtet hatten,
  5. den Schatz im Kachelofen,
  6. ein richtig „pfundiges“ Anwaltshonorar,
  7. den Pflichtverteidiger für den Unterhaltspflichtverletzer,
  8. über „U-Bahn-Graffiti“ mal anders,
  9. eine Klage gegen Vodafone wegen einer Vorratsdatenspeicherung,
  10. und dann war da noch die Sondermeldung, dass das BVerfG die Regierungsgeschäfte übernimmt :-).

Kein Leinenzwang für Hunde auf Waldwegen – wie sage ich es meinem Hund?

Aller guten (?) Dinge sind drei. Nehmen wir also die dritte LTO-Meldung der letzten Tage für ein Posting, und zwar „OVG NRW zum Leinenzwang“

Hunde dürfen auf Waldwegen frei laufen

 Hundebesitzer in Nordrhein-Westfalen dürfen ihr Tier auf Waldwegen ohne Leine laufen lassen. Städte und Gemeinden können ihnen dort keinen Leinenzwang auferlegen, entschieden die Münsteraner Richter.

Nach einem Bericht der „Rheinischen Post“, der inzwischen von einem Gerichtssprecher bestätigt wurde, müssen Hunde keine Leine tragen, solange sie den Weg nicht verlassen. Ausnahmen gelten nur in Naturschutzgebieten und auf ausdrückliche Anordnung der Forstbehörden des Landes – etwa in ausgewiesenen Erholungsgebieten (Beschl. v. 20.07.2012, Az. 5 A 2601/10).

Eine Hundebesitzerin war gegen die Stadt Hilden vor Gericht gezogen und hatte in zweiter Instanz gewonnen. Die Stadt sei für ein Verbot nicht zuständig, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG). Das Landesforstgesetz sehe nur abseits der Wege eine Leinenpflicht vor. Wenn die Vierbeiner auf Wegen laufen, dürfen sie allerdings die Waldtiere und Erholungssuchenden nicht stören.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Vgl. auch hier die PM.

„..so lange sie den Weg nicht verlassen..“ Wie sage ich das nur meinem Hund? 🙂

Schramme am Bentley – Bahn haftet, und dann auch noch die Hitze

Keine gute Woche für die DB.

Erst die Entscheidung des LG Dortmund im Beschl. v. 26.07.2012 – 11 S 93/12, die ich bei LTO gefunden haben. Da heißt es:

Das Unternehmen DB Autozug muss für den Schaden an einem Oldtimer aufkommen, der beim Rangieren auf einem Bahn-Waggon entstanden ist. Das Argument, die Einweiser auf den Waggons handelten auf eigenes Risiko, wollten die Richter nicht gelten lassen.

Die Deutsche Bahn muss einem Kölner Rentner für die Schramme an seinem Oldtimer Schadensersatz zahlen. Das entschied das Landgericht (LG) Dortmund am Donnerstag, zwei Jahre nachdem der Bentley beim Rangieren auf einem Bahn-Waggon Schaden genommen hatte (Beschl. v. 26.07.2012, Az. 11 S 93/12).

Der Rentner hatte sich von einem Bahn-Mitarbeiter unterschreiben lassen, dass der Schaden an seinem Auto wegen eines Fehlers beim Einweisen entstanden war. Die DB Autozug hatte sich zunächst gegen die Zahlung gewehrt, zog jetzt aber die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil zurück.

Die Argumentation der DB Autozug, die Einweiser auf den Waggons handelten sozusagen auf eigenes Risiko, stieß bei den Richtern auf Unverständnis. Denn dann würde sich kaum ein Einweiser mehr trauen, seine Arbeit zu verrichten. Gleichzeitig würde wohl auch kein Kunde mehr auf das hören, was ihm der Einweiser auftrage. Und wenn jeder Autofahrer vor der Fahrt erst einmal ausführlich mit dem Personal diskutiere, bekomme die Bahn sicher noch größere Probleme mit dem Fahrplan, als sie ohnehin schon habe, so der Vorsitzende.

Und dann die Hitze. Die hat die DB nun gar nicht gern, wie wir ja schon 2010 erfahren haben. Gestern waren dann mal wieder in einem ICE die Klimaanlagen defekt und im Ersatzzug dann gleich auch (vgl. u.a. hier). Da kommt Freude auf :-(.

 

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Schaukastenreinigen = Lieferverkehr = kein Knöllchen

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Bei LTO habe ich folgende Meldung gefunden zum OLG Jena Beschl. v. 17.07.2012, Az. 1 Ss Rs 67/12 (146)

Betreiber von Schaukästen dürfen ihr Auto zum Reinigen der Kästen in einer Fußgängerzone abstellen, ohne wegen Falschparkens belangt zu werden. Denn dabei handele es sich um erlaubten Lieferverkehr in einem ansonsten für Fahrzeuge gesperrten Fußgängerbereich, teilte das OLG am Freitag mit.

Das Oberlandesgericht (OLG) gab damit einem Unternehmer Recht, der innerhalb der für den Lieferverkehr vorbehaltenen Zeiten in der Fußgängerzone geparkt hatte und dafür von der Stadt ein Bußgeld von 30 Euro auferlegt bekam.

Das Amtsgericht Jena, vor dem der Mann sich gegen das Knöllchen wegen Falschparken gewehrt hatte, hatte der Stadt Recht gegeben. Der Lieferverkehr umfasse nur solche Waren, die zu schwer oder zu groß sind, um sie über längere Strecken zu tragen. Plakaten, wie sie der Kläger zu befördern hatte, könnten dagegen auch über längere Strecken zu Fuß transportiert werden.“

Verteidiger aufgepasst: Wiedereinsetzungsantrag rettet keine unzulässige Verfahrensrüge

Ich habe auch während meiner Tätigkeit beim OLG Hamm immer wieder Folgendes erlebt:

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Es wird Revision eingelegt und die wird mit der Verfahrensrüge begründet. Durch die Stellungnahme des GStA erfährt der Verteidiger, dass seine Verfahrensrüge nicht ausreichend i.S. des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet ist. Er stellt einen Antrag  auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Heilung der Mängel von nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Verfahrensrüge.

Aber: Das geht nicht. Dazu jetzt auch noch einmal der BGH, Beschl. v. 10.07.2012 – 1 StR 301/12. Danach dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Es bleibt bei der Unzulässigkeit. Die lässt sich i.d.R. nicht reparieren. Dazu der BGH:

1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.

a) Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vori-en Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Ange-klagten von seinem Verteidiger mit der Sachrüge und mit Verfahrensrügen innerhalb der Frist des § 345 StPO begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGHSt 1, 44; BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1, 3, 7).

b) Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt sich auch nicht daraus, dass geltend gemacht wird, den Angeklagten treffe an den Mängeln kein Verschulden, er sei sich des Formerfordernisses des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht einmal bewusst gewesen.

Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung dient nicht der Heilung von Zulässigkeitsmängeln von fristgemäß erhobenen Verfahrensrügen. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Wiederholung einer zunächst vom Verteidiger nicht formgerecht vorgetragenen und daher unzulässigen Verfahrensrüge widerspräche im Übrigen der Systematik des Revisionsverfahrens. Könnte ein Angeklagter, dem durch die Antragsschrift des Generalbundesanwalts ein formaler Mangel in der Begründung einer Verfahrensrüge aufgezeigt worden ist, diese unter Hinweis auf ein Verschulden seines Verteidigers nachbessern, würde im Ergebnis die Formvorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO außer Kraft gesetzt. Da den Angeklagten selbst an dem Mangel regelmäßig keine Schuld trifft, wäre ihm auf einen entsprechenden Antrag hin stets Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1; BGH wistra 1992, 28). Dies würde nicht mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehen, einen geordneten Fortgang des Verfahrens zu sichern und ohne Verzögerung alsbald eine klare Verfahrenslage zu schaffen (BGHSt 1, 44, 46; BGH, Beschluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unerlässlich erscheint (vgl.  BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 8; BGH, Beschluss vom 15. März 2001 – 3 StR 57/01; Beschluss vom 25. September 2007 – 1 StR 432/07; BGH, Be-schluss vom 27. März 2008 – 3 StR 6/08; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 44 Rn. 7 ff.). Eine solche Ausnahmesituation liegt im vorliegenden Fall ersichtlich nicht vor.