Archiv für den Monat: Januar 2011

Die Stimmen mehren sich – Grundgebühr auch für den Terminsvertreter

Ein gebührenrechtlicher Streitpunkt ist noch immer die Frage, welche Gebühren für den sog. Terminsvertreter des (verhinderten) Pflichtverteidiger im Strafverfahren entstehen. Einig ist man sich in der Rechtsprechung, dass nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG abgerechnet wird. Nur: Welche Gebühren werden verdient. Die wohl noch h.M. gibt nur die Terminsgebühr, was m.E., wenn man den Terminsvertreter als „Vollverteidiger“ i.S. von Teil 4 Abschnitt 1 ansieht, falsch ist. Es mehren sich jetzt allerdings die Stimmen, die auch die Grundgebühr festsetzen. Nach OLG Karlsruhe, OLG Köln und OLG München nun auch das LG Köln, so dass man zumindest im Rheinland als Terminsvertreter ganz gut dasteht (vgl. Beschl. v. 07.12.2011 – 105 Qs 343/10).

Keine Scheibchenverhandlung

Mit der Abtrennung von Verfahren ist es so eine Sache; manchmal kann sie ja sachdienlich sein, manchmal bringt sie aber auch nur unnötige Mehrarbeit. Dazu OLG Hamm im Beschl. v. 02.11.2010 – III-5 Ws 364/10: Danach ist die Abtrennung von einem Erwachsenem bei Vorwurf des Bandendiebstahls im Familienverbund bei ansonsten anwendbaren Jugendstrafrecht nicht sachdienlich. Die Verfahrensabtrennung eines Erwachsenen aus einem Verfahren, das ansonsten gegen Jugendliche und Heranwachsende vor einer Jugendkammer eröffnet worden sei, sei – so das OLG – rechtsfehlerhaft, wenn sich aus Art und Umfang der vorgeworfenen Taten und dem voraussichtlichen Beweisaufwand in der Hauptverhandlung ergebe, dass eine solche Abtrennung nicht sachdienlich sei. Zwar solel grundsätzlich gegen Jugendliche und Erwachsene nicht gemeinsam verhandelt werden; etwas anderes ergebe sich jedoch, wenn alle Tatbeteiligten (hier: Vorwurf des Bandendiebstahls) im Familienverband fest miteinander verquickt seien und ein anderes Aussage- oder Verteidigungsverhalten vor diesem Hintergrund nicht zu erwarten sei. Bei einer solchen Lage sei es im Sinne der Prozessökonomie eher sachdienlich, gegen alle Beteiligten gemeinsam zu verhandeln.

Jurablogs wieder da

Gestern war Jurablogs völlig überraschend gesperrt (vgl. u.a. hier). Da merkt man erst, was einem fehlt. Jetzt ist es – zumindest teilweise – wieder da; nur neue Beiträge werden wohl noch nicht gelistet.

Mich würde interessieren welche Inhalte ggf. Stein des Anstoßes waren? Vielleicht war es ja Herr Kachelmann, dem die Berichterstattung nicht gefallen hat, obwohl die an sich für ihn m.E. positiv ist.

Zusatz 08:26 Uhr. Nun da lag also der Hase im Pfeffer. Also aufgepasst:

Zusatz 12:38 Uhr: Hier dann mehr zu den Hintergründen.

Fahrtkosten auch für den nicht ortsansässigen Wahlanwalt – Nikolausbeschluss des OLG Nürnberg

bzw. der Wahlanwalt darf nicht hinter dem Pflichtverteidiger zurückstehen, wenn es um den Ersatz von Reisekosten geht. Mit der Frage hat sich jetzt als erstes OLG – nach dem AG Witten – das OLG Nürnberg (Beschl. v. v. 06. 12. 2010, 2 Ws 567/10) auseinandergesetzt. Der Rechtsanwalt war Wahlanwalt des freigesprochenen Angeklagten und machte als „nicht ortsansässiger“ Rechtsanwalt auch seine Reisekosten geltend. Das OLG hat sie festgesetzt und das u.a. mit der Neuregelung des § 142 Abs. 1 StPO begründet:

„Zum anderen weist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Änderung des § 142 Abs. 1 StPO zum 1.10.2009 hin. Danach setzt die Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Verteidigers nicht mehr voraus, dass er bei seinem Vorschlag einen ortsansässigen Rechtsanwalt bezeichnet hat. So kommt insbesondere bei einem schweren Schuldvorwurf dem besonderen Vertrauensverhältnis eine größere Bedeutung als die Ortsnähe zu. Ein solches Vertrauensverhältnis hat der Beschwerdeführer bereits in seinem Schriftsatz vom 31.5.2010 sowie auch in seiner Beschwerde dargelegt. Demnach hätte sich der frühere Angeschuldigte hier – mangels ausnahmsweise entgegenstehender Gründe – des Beschwerdeführers bedienen dürfen. Wenn aber gemäß §§ 141, 142 StPO StPO der Beschwerdeführer als Pflichtverteidiger hätte bestellt werden können, dürfen seine als Wahlverteidiger geltend gemachten Auslagen dahinter nicht zurückbleiben. Dies gilt insbesondere deshalb, als der ebenfalls beauftragte (ortsansässige) Rechtsanwalt B… keine Rechtsanwaltskosten geltend macht.“

Aktenzeichen fehlen – Zustellung unwirksam?

Immer wieder fehlen ja mal Aktenzeichen auf einem zuzustellenden Schriftstück oder sind unvollständig. Dann stellt sich schon auch die Frage, ob deshalb ggf. eine Zustellung dieses Schriftstückes unwirksam ist. Das OLG Hamm sagt in seinem Beschl. v. 28.09.2010 – III-3 Ws 419/10: Nein. Die unvollständige Angabe der (mehreren) Geschäftszeichen auf dem hierfür vorgesehenen Bezeichnungsfeld einer Postzustellungsurkunde führe nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung. Die Beweiskraft der Urkunde reiche nur soweit, dass der Postbedienstete die Übergabe der zuzustellenden Postsendung an den Betroffenen und die Identität der Bezeichnung auf der Postsendung und der Postzustellungsurkunde, aber gerade nicht die Übereinstimmung zwischen der zuzustellenden Postsendung auf der Postzustellungsurkunde mit dem Inhalt des Briefumschlags bestätige, da dieser ist ihm nicht bekannt ist. Damit kann man also nicht „punkten“.