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Fahrtkosten auch für den nicht ortsansässigen Wahlanwalt – Nikolausbeschluss des OLG Nürnberg

bzw. der Wahlanwalt darf nicht hinter dem Pflichtverteidiger zurückstehen, wenn es um den Ersatz von Reisekosten geht. Mit der Frage hat sich jetzt als erstes OLG – nach dem AG Witten – das OLG Nürnberg (Beschl. v. v. 06. 12. 2010, 2 Ws 567/10) auseinandergesetzt. Der Rechtsanwalt war Wahlanwalt des freigesprochenen Angeklagten und machte als „nicht ortsansässiger“ Rechtsanwalt auch seine Reisekosten geltend. Das OLG hat sie festgesetzt und das u.a. mit der Neuregelung des § 142 Abs. 1 StPO begründet:

„Zum anderen weist der Beschwerdeführer zu Recht auf die Änderung des § 142 Abs. 1 StPO zum 1.10.2009 hin. Danach setzt die Bestellung des vom Beschuldigten bezeichneten Verteidigers nicht mehr voraus, dass er bei seinem Vorschlag einen ortsansässigen Rechtsanwalt bezeichnet hat. So kommt insbesondere bei einem schweren Schuldvorwurf dem besonderen Vertrauensverhältnis eine größere Bedeutung als die Ortsnähe zu. Ein solches Vertrauensverhältnis hat der Beschwerdeführer bereits in seinem Schriftsatz vom 31.5.2010 sowie auch in seiner Beschwerde dargelegt. Demnach hätte sich der frühere Angeschuldigte hier – mangels ausnahmsweise entgegenstehender Gründe – des Beschwerdeführers bedienen dürfen. Wenn aber gemäß §§ 141, 142 StPO StPO der Beschwerdeführer als Pflichtverteidiger hätte bestellt werden können, dürfen seine als Wahlverteidiger geltend gemachten Auslagen dahinter nicht zurückbleiben. Dies gilt insbesondere deshalb, als der ebenfalls beauftragte (ortsansässige) Rechtsanwalt B… keine Rechtsanwaltskosten geltend macht.“

Fahrtkosten auch für den auswärtigen Wahlverteidiger – so zutreffend das AG Witten

Ich hatte bereits in StRR 2010, 117 darauf hingewiesen, dass nach der Änderung des § 142 Abs. 1 StPO zum 01.10.2009 durch das 2. Opferrechtsreformgesetz dem auswärtigen Wahlverteidiger bei der Erstattung seiner Fahrtkosten nicht mehr entgegengehalten werden kann/darf, wenn er nicht „ortsansässig“ war. Denn das ist auch für die Bestellung des Pflichtverteidigers kein Kriterium mehr (vgl. dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., 2010, Rn. 1196 m.w.N.).

Die andere Argumentation würde, worauf jetzt das AG Witten in seinem zutreffenden Beschluss v. 21.04.2010 – 9 Ds-63 Js 63/09-44/09 – hingewiesen hat, den Wahlverteidiger schlechter stellen. Bis sich die zutreffende Ansicht des AG Witten durchgesetzt hat, sollte in den Kostenfestsetzungsanträgen auf diese Argumentation und die „richtige“ Entscheidung des AG Witten hingewiesen werden.