Archiv für den Monat: Dezember 2010

Das Vertrauen in die Deutsche Post ist beim BGH grenzenlos :-)

Der BGH hat in einer Zivilsache (vgl. Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZB 37/10) entschieden, dass eine Partei grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte müsse ein Rechtsmittelführer deshalb nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (BGH, Beschl. v. 20. Mai 2009 – IV ZB 2/08, NJW 2009, 2379 Rn. 8 m.w.N.).

Na ja, beruhigt mich. Ich bekomme meine Post nämlich meist verspätet.

Die Krux mit dem Doppelverwertungsverbot – immer wieder Strafzumessung

Der BGH hat in seinem Beschl. v. 09.11.2010 – 4 StR 532/10 mal wieder eine tatrichterliche Strafzumessung beanstandet, in der es – schon ein wenig überraschend für ein LG 🙂 – hieß, dass zu Lasten des Angeklagten gewertet wurde, „dass ihm der Ausstieg aus den illegalen Ge-schäften jederzeit möglich war, denn er war weder in finanzieller Not noch selbst drogenabhängig. Ein daraus abzuleitendes Motiv ist nicht ersichtlich. Er wollte mit den Geschäften Gewinne erzielen bzw. eigene Aufwendungen ersparen“ .

Überraschend deshalb, weil das LG an sich selbst auf die Bedenken gegen diese Erwägungen hätte kommen können. Der BGH führt dazu aus:

Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit der Gewinnerzielungsabsicht hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, dessen Berücksichtigung gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt, denn das Handeltreiben im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG setzt stets voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht (vgl. BGH – Großer Senat -, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05 -, BGHSt 50, 252, 256; BGH, Beschlüsse vom 23. November 1988 – 3 StR 503/88, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 15 m.w.N., und vom 24. September 2009 – 3 StR 294/09, NStZ-RR 2010, 24, 25). Auch die strafschärfende Erwägung, dass der Angeklagte von der Möglichkeit, von der Begehung der Taten Abstand zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht hat, stellt einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 2 StR 332/03 m.w.N.). Schließlich begegnet es auch rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht das Fehlen möglicher Strafmilderungsgründe (Suchtmittelabhängigkeit, finanzielle Notlage) zu Lasten des An-geklagten berücksichtigt hat (vgl. Stree/Kinzig in Schönke/Schröder StGB 28. Aufl. § 46 Rn. 57d m.w.N.).

Jugendgerichtsverfahren: Man sollte § 31 Abs. 2 JGG nicht übersehen

Kurz und knapp hat das OLG Koblenz in seinem Beschl. v. 25.11.2010 – 2 Ss 200/10 darauf hingewiesen, dass dann, wenn im Jugendgerichtverfahren gem. 31 Abs. 2 JGG ein anderes rechtskräftiges Urteil in die Entscheidung einbezogen wird, der der früheren Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt und die Strafzumessungsgründe des einbezogenen Urteils in der neuen Entscheidung mitgeteilt werden müssen. Hatte der Amtsrichter übersehen.

Na ja, kann ja mal passieren :-), auch wenn es dazu BGH-Rechtsprechung gibt.

DAV & BRAK einig: Gebührenanpassung jetzt!

Aus der DAV-Depesche 48/10:

„1. Der Präsident des DAV, Rechtsanwalt Prof. Dr. Ewer und der Präsident der BRAK, Rechtsanwalt Filges, haben am 15. Dezember persönlich der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ein gemeinsames Schreiben von DAV und BRAK übergeben, mit dem die Forderung des DAV auf 15 %-ige Anpassung der Anwaltsgebühren, der sich die BRAK und die Kammern seit Herbst 2009 angeschlossen haben, nachdrücklich wiederholt wird.

Der DAV hatte diese Forderung schon im April 2008 bei der seinerzeitigen Bundesjustizministerin Zypries durch seinen damaligen Präsidenten, Rechtsanwalt Kilger, erstmals erhoben (siehe DAV-Depesche Nr. 18/08 vom 8. Mai 2008, Punkt 1 sowie die DAV-Pressemitteilung DAT-02/08 vom 1. Mai 2008). Dem gemeinsamen Schreiben von DAV und BRAK ist ein „Gemeinsamer Katalog von DAV und BRAK: Vorschläge zur strukturellen Änderung bzw. Ergänzung des RVG“ beigefügt. Dieser Katalog umfasst im Einzelnen 17 Vorschläge zur Änderung des RVG im Rahmen der geforderten Gebührenanpassung. Als Beispiele, bei denen im Besonderen strukturelle Nachbesserungen erfolgen müssen, sind das Sozialrecht und das Ausländer- und Asylrecht benannt.

Zum Schreiben von DAV und BRAK zur linearen Gebührenanpassung vom 15. Dezember 2010, zum „Gemeinsamen Katalog DAV/BRAK zu RVG-Änderungen“ und zur gemeinsamen Pressemitteilung; unter www.davblog.de finden Sie auch einen Podcast zum Thema.“

Eins darf man nicht übersehen: Das RVG hat keine linearen Erhöhungen gebracht. So weit es durch das RVG zu Gebührenerhöhungen gekommen ist, sind die auf die strukturellen Änderungen zurückzuführen.

Hier finden Sie Berichte darüber in der FAZ und dem Handelsblatt.

Lesetipps: Verfahrenstipps III/2010 und Beitrag zur Abrechnung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gem. § 111f Abs. 5 StPO

Heute zum Abschluss des Tages ein Lesetipp mit Verweis auf meine Homepage www.Burhoff.de. Dort sind im Volltext und zum kostenlosen Download gerade eingestellt:

1. Der Beitrag aus ZAP F. 22 R, S. 659 ff. – „Verfahrenstipps und Hinweise für Strafverteidiger (III/2010)“. Sie finden den Beitrag hier.

2. Eingestellt worden ist dann außerdem der im RVGreport 2010, 441 erschienene Beitrag „Abrechnung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung gem. § 111f Abs. 5 StPO“, der sich mit einer nach dem RVG ungelösten Abrechnungsfrage, die in der Praxis immer mehr an Bedeutung gewinnt, befasst. Den Beitrag findet man hier.

Viel Spaß beim Lesen und auswerten.