Archiv für den Monat: November 2010

Der Kampf um die Gebühren des Zeugenbeistandes

Wir haben gerade am 04.09.2010 über den Dauerbrenner „Abrechnung der Gebühren des Zeugenbeistandes“ berichtet (vgl. hier). In der Frage geht es hin und her. M.E. lässt sich eine eindeutige h.M. nicht feststellen. Dem Verteidiger bleibt nichts anderes übrige, als sich vor seiner Abrechnung darüber kundig zu machen, welche Auffassung das OLG vertritt, in dessen Bezirk er gerade tätig geworden ist. Und er muss noch tiefer schürfen: Teilweise sind bei den OLG die Senate auch noch untereinander zerstritten, mit der Folge, dass es – je nachdem, wie die Zuständigkeiten verteilt werden – auch noch darauf ankommen kann, in welchem LG-Bezirk verteidigt wird. Zu den „zerstrittenen OLG“ zählt das OLG Düsseldorf, dessen 4. Strafsenat Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG anwendet (vgl. Beschl. v. 22.10.2010 – III 4 Ws 94/10). Andere Senate desselben Hauses sehen das anders – Rechtsprechung dazu findet man auf meiner Homepage www.burhoff.de.

Schüler spielen Gesetzgeber

Der Bundesrat berichtet in seiner PM 172/10 über ein in der nächsten Woche stattfindendes Plannspiel, nämlich das Projekt „Jugend im Bundesrat“.

 Insgesamt 130 Schüler des Ernst-Moritz-Arndt Gymnasiums aus Remscheid und des Berliner Herder Gymnasiums (Lichtenberg) kommen zu einem zweitägigen Rollenspiel über das Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat zusammen.

Die Jugendlichen beraten drei fiktive Vorlagen zu den Themen Stärkung der direkten Demokratie, Verbot von Killerspielen und Einführung eines allgemeinen Freiwilligendienstes, die sie bis zur „Plenarreife“ entwickeln. Hierzu erarbeiten die Schüler in gespielten Sitzungen der Fachausschüsse, der jeweiligen Parteigremien und der Landesregierungen beschlussfähige Vorlagen für eine abschließende „Bundesratssitzung“.Mal sehen, ob die Schüler es besser können als die „Großen“.

Auch das gibt es: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch eine JVA-Bedienstete unter Einsatz ihrer weiblichen Reize

Ein interessanter Sachverhalt lag der hier nachlesbaren Entscheidung des OLG München v. 28.6.2010 – 5 St RR (I) 34/10 zugrunde.: Versuchter BtM-Handel in einer JVA und/unter Einsatz weiblicher Reize der JVA-Angestellten.

Die Entscheidung führt dann zu etwa folgenden Leitsätzen:

  1. Wer den Vertrieb von Betäubungsmitteln in einer Justizvollzugsanstalt in der Weise plant, dass er als dort Beschäftigter einem Strafgefangenen von ihm eingeschmuggelte Betäubungsmittel in beliebiger Menge sowie ein Mobiltelefon zur Verfügung stellen und an dem von dem Gefangenen erzielten Verkaufsgewinn hälftig partizipieren will, hat – wenn dies alles nur noch von der Zustimmung des Gefangenen abhängt – nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unmittelbar angesetzt, da er Handlungen vorgenommen hat, die nach seiner Vorstellung im Falle des ungestörten Fortgangs ohne Zwischenakte unmittelbar in die Tatbestandserfüllung hätten einmünden können.
  2. Ein Strafgefangener in einer Justizvollzugsanstalt steht zu einer dort beschäftigten Sozialarbeiterin mit „Schlüsselgewalt“, die u.a. auch Deutschkurse und andere Werkprojekte leitet, in einem Unterordnungsverhältnis und ist ihr i.S. von § 174a Abs. 1 StGB „anvertraut“.
  3. Ergibt eine Gesamtschau, dass intime Kontakte bis zum Geschlechtsverkehr nicht auf einer Liebesbeziehung beruhen, sondern Teil der geplanten Vertriebskonzeption von Betäubungsmitteln sind, stellen sie einen sexuellen Missbrauch von Gefangenen dar.
  4. War der Gefangene mit den sexuellen Handlungen einverstanden, bedarf die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen für die Fälle des sexuellen Missbrauchs einer besonderen Begründung.

Angriffsrichtung muss erkennbar sein….

Noch dauert es ja bis der § 81a Abs. 2 StPo geändert ist, wenn es überhaupt dazu kommt. D.h.: Noch kann ggf. ein Beweisverwertungsverbot bei fälschlicher Annahme von „Gefahr im Verzug“ angenommen werden. Und noch muss man als Verteidiger die Anforderungen an die Begründung der Revision/Verfahrensrüge beachten. Daher hat auch der Beschl. des OLG Hamm v. 24.08.2010 – III 3 RBs 223/10 Bedeutung, in dem das OLG noch einmal zu den Anforderungen an die Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des Richtervorbehalts bei Anordnung einer Blutprobe Stellung genommen hat. Die Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des Richtervorbehalts wegen der Anordnung und Verwertung der Blutprobe muss danach – worauf das OLG schon früher hingewiesen hat – die genaue Angriffsrichtung eines in der Hauptverhandlung erhobenen Widerspruchs erkennen lassen, der gegen die Verwertung der aufgrund der Blutentnahme gewonnenen Beweismittel erhoben worden ist. Der Amtsrichter muss das Beweismittel nicht „aufs Blaue hin“ auf seine Verwertbarkeit untersuchen. Nicht Neues, man muss nur daran denken.

Was häufig übersehen wird: I.d.R. kein Rechtsmittel des entpflichteten Verteidigers

Häufig übersehen Verteidiger, dass ihnen i.d.R. gegen ihre Entpflichtung als Pflichtverteidiger kein Rechtsmittel zusteht. Darauf hat jetzt das LG Stuttgart in seinem Beschl. v. 10.09.2010 – 3 Qs 37/10 – noch einmal hingewiesen. Einem entpflichteten Pflichtverteidiger stehe grundsätzlich kein Beschwerderecht gegen die Rücknahme seiner Bestellung zu. Eine Ausnahme gelte  allerdings bei Vorliegen eines groben und schwerwiegenden Verfahrensfehlers oder bei Vorliegen von Willkür. Den hat das LG verneint.