Archiv für den Monat: Oktober 2010

Pauschgebühr für den Wahlanwalt (§ 42 RVG) – Erst Pauschgebührantrag oder auf den Zeitpunkt aufgepasst!!

Aufgepasst, kann man nur sagen, wenn man den Beschl. des OLG Jena v. . v. 9. 8. 2010, 1 AR (S) 25/10 liest,  sonst gehen möglicherweise Gebührenteile verloren, wenn es um die Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG geht. Denn die obergerichtliche Rechtsprechung geht im Grunde übereinstimmend dahin, dass dies nicht mehr möglich ist, wenn der Verteidiger das ihm über § 14 RVG eingeräumte Ermessen bereits ausgeübt hat. Dazu liegen jetzt mehrere OLG-Entscheidungen ( vgl. OLG Celle, Beschl. v. 20. 3. 2008, 1 ARs 20/08 P; OLG Jena RVGreport 2008, 25 = StRR 2008 158 = Rpfleger 2008, 98; OLG Celle RVGreport 2008, 382 = AGS 2008, 546 = StRR 2008, 363 (Ls.);  OLG Köln, Beschl. v. 04.02.2009, 2 ARs 2/08) vor, aus denen nur der Schluss gezogen werden kann: Erst der Antrag nach § 42 RVG und dann ggf. weitere Kostenfestsetzung. Und wenn man das miteinander verbindet, dann ist darauf zu achten, dass die Kostenfestsetzung nicht vor der Entscheidung über den Antrag aus § 42 RVG rechtskräftig wird. Denn auch dann gilt: § 42 RVG ist ausgeschlossen.

Ne bis in idem?, oder: Bei Betäubungsmitteln muss man vorsichtig sein…

Wenn ein wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln rechtskräftig Verurteilter später einen nicht entdeckten Rest aus einem Vorrat noch gewinnbringend veräußert, liegt kein Strafklageverbrauch vor. Er kann dann also (noch einmal) wegen Handeltreibens verurteilt werden (OLG Hamm, Beschl. v. 22.06.2010 2 RVs 31/10). Also: Von Anfang an die Ecken sauber machen 🙂

Trotz dauernder Verhandlungsunfähigkeit keine Kostenerstattung

Wenn man den Beschl. des OLG Köln v. 05.08.2010 – 2 Ws 471/10 liest, in dem dem Angeklagten bei Verfahrenseinstellung wegen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit seine notwendigen Auslagen auferlegt worden sind, fragt man sich: Geht das denn oder steht § 467 Abs. 1 StPO entgegen.

Antwort es geht, vgl. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, ist allerdings im Hinblick auf die Unschuldsvermutung nicht ganz ungefährlich. Ich erinnere mich noch gut daran, dass das BVerfG mal einen Beschluss „meines“ Senats beim OLG aufgehoben hat, weil wir die Unschuldsvermutung nicht genügend beachtet hatten. Das OLG Köln stellt mit der wohl überwiegenden Meinung darauf ab, dass die Erstattungspflicht aus der Staatskasse entfällt, wenn bei dem bei Feststellung des Verfahrenshindernisses gegebenen Verfahrensstand ein zumindest hinreichender Tatverdacht besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei Durchführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen. Auch die Unschuldsvermutung schließe es nicht aus, in einer das Strafverfahren ohne förmlichen Schuldspruch beendenden Entscheidung einen verbleibenden Tatverdacht festzustellen und zu bewerten und dies bei der Entscheidung über die kostenrechtlichen Folgen zu berücksichtigen, da diese Rechtsfolge keinen Strafcharakter hat. Dagegen kann man bei den mitgeteilten Verfahrensumständen nichts einwenden.

Aber wie gesagt: In anderen Fällen ggf. nicht ungefährlich.

Sicherungsverwahrung – Kabinettsbeschluss liegt vor

Nach einer Meldung aus dem BMJ hat das Bundeskabinett gestern die Reform der Sicherungsverwahrung auf den Weg gebracht und den Gesetzesentwurf beschlossen (vgl. dazu die PM hier). Man darf gespannt sein, was nun (wann?) Gesetz werden wird und wie letztlich mit den Vorgaben aus Strasburg umgegangen werden wird.

Zu der Nachricht verweise ichg dann auch auf  die Homepage der StV-Vereinigungen. Dort findet man ein Grundsatzpapier (Neudeutsch: Policy Paper), das erklärt, warum die Strafverteidigervereinigungen gegeh die SV sind sowie einige neue Stellungnahmen zu der Problematik (vgl. hier).

Ich wage die Behauptung, dass uns die Fragen noch länger begleiten werden.