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„… Verdacht einer späteren sachlichen Änderung des Urteils“ – das macht der BGH nicht mit

© Alex White - Fotolia.com

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Na ja, glücklich war der BGH damit, wie eine Strafkammer des LG Meiningen nach Eingang der Revisionsbegründung vorgegangen ist, sicherlich nicht. Jedenfalls wäre es wohl besser gewesen, wenn die Strafkammer das ergangene Urteil bzw. die schriftlichen Urteilsgründe nicht nachträglich „berichtigt“ sondern den „Rechtsfehler“ „mannhaft ertragen“ hätte. Das hat sie aber nicht, sondern hat, nachdem in dem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs mit der Revision eine falsche Strafrahmenwahl und darauf basierend dann falsche Einzelstrafen gerügt worden waren, die Urteilsgründe „berichtigt“. Der BGH macht das nicht mit. Er stellt im BGH, Urt. v. 14.01.2015 – 2 Str 290/14 – fest, dass die Einzelstrafen falsch bemessen sind und der „Rettungsversuch“ der Strafkammer – nämlich nachträgliche Berichtigung der Urteilsgründe – keinen Erfolg hat. Denn: Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen, sobald ein Urteil vollständig verkündet worden ist, nur noch offensichtliche Schreibversehen und offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigt werden:

„Offensichtlich“ im Sinne dieser Rechtsprechung sind aber nur solche Fehler, die sich ohne weiteres aus der Urkunde selbst oder aus solchen Tatsachen ergeben, die für alle Verfahrensbeteiligten klar zu Tage treten und auch nur den entfernten Verdacht einer späteren sachlichen Änderung ausschließen. Es muss – auch ohne Berichtigung – eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, um zu verhindern, dass mit einer Berichtigung eine unzulässige Abänderung des Urteils einhergeht (BGH, Urteil vom 3. Februar 1959 – 1 StR 644/58, BGHSt 12, 374, 376).

Bei Anlegung dieses strengen Maßstabs fehlt es an einer offensichtlichen Unrichtigkeit der schriftlichen Urteilsgründe. Dass die Strafkammer in den Fällen II. 1. – 4. tatsächlich Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten und nicht – wie in den Urteilsgründen niedergelegt – von einem Jahr und sechs Monaten verhängen wollte, ergibt sich weder aus der Urteilsurkunde selbst noch aus sonstigen offenkundigen Tatsachen. Auch die mögliche Verwechslung der in den Fällen II. 5. und II. 6. festgesetzten Einzelstrafen drängt sich nicht derart auf, dass die Gefahr einer unzulässigen nachträglichen Abänderung der Urteilsurkunde auszuschließen wäre.

Die mündliche Urteilsbegründung, auf die die Strafkammer für das von ihr tatsächlich Gewollte und Entschiedene in dem Berichtigungsbeschluss Bezug nimmt, wurde im Hinblick auf die Einzelstrafen weder im Hauptverhandlungsprotokoll festgehalten noch durch einen der Verfahrensbeteiligten bestätigt. Sie findet auch keine Stütze in den schriftlichen Urteilsgründen oder in sonstigen Tatsachen, die den Verdacht einer späteren sachlichen Änderung des Urteils ausschließen könnten. Der Zusammenhang der Strafzumessungserwägungen deutet vielmehr darauf hin, dass die Strafkammer – wie ausgeführt – bei der Bemessung der Einzelstrafen den jeweiligen Strafrahmen nicht klar vor Augen hatte. Die Strafzumessung lässt ebenso wenig erkennen, dass die Strafkammer die Einzelstrafen tatsächlich so – wie es im Berichtigungsbe-schluss ausgeführt wird – gewollt und entschieden hat, denn die Höhe der verhängten Einzelstrafen wird weder begründet noch finden sich jenseits allgemeiner Erwägungen Hinweise dafür, dass und aus welchen Gründen die Strafkammer die Einzelstrafen unterschiedlich hoch bemessen hat. Es kann daher nicht ohne vernünftigen Zweifel ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer schon bei der Entscheidung über die Festsetzung der Einzelstrafen Verwechs-lungen oder Missverständnissen unterlegen war.“

„…den Verdacht einer späteren sachlichen Änderung des Urteils ausschließen könnten…“ liest sich irgendwie „unschön“.

Fataler Datumsirrtum – Bewährung futsch, oder: Etwas mehr Sorgfalt bitte

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Zu einem fatalen Datumsirrtum zu Lasten des Angeklagten ist es in einem Urteil einer kleinen Strafkammer des LG Düsseldorf gekommen.  Da war die Strafkammer in einem Verfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln bei den Strafzumessungserwägungen u.a. davon ausgegangen, dass der Angeklagte „die Tat während zweier laufender Bewährungen und nur neun Monate nach der Entlassung aus der Strafhaft begangen habe.“ Das hätte gestimmt, wenn die neue Tat, wovon das LG bei seinen Erwägungen ausgegangen ist, tatsächlich am 30.11.2013 begangen worden wäre, denn Haftentlassung war am 17.02.2013 erfolgt. Festgestellt hatte das LG die Tat aber am 30.12.2013, also neun Monate nach Haftentlassung. Und das führt dann im OLG Düsseldorf, Beschl. v. 08.12.2014 – 1 RVs 81/14 -zur Aufhebung:

„Der Rechtsfolgenausspruch begegnet dagegen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat bei den Erwägungen zur Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten unter anderem berücksichtigt, dass er die Tat während zweier laufender Bewährungen und nur neun Monate nach der Entlassung aus der Strafhaft begangen habe. Auch das Absehen von einer Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 1 StGB hat das Landgericht maßgeblich darauf gestützt, dass der Angeklagte die Tat trotz seiner erstmaligen Haftverbüßung vom 30. November 2012 bis zum 17. Februar 2013 begangen habe. Dabei ist das Landgericht offenbar irrtümlich von der Begehung der Tat im November 2013 ausgegangen. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen zur Sache hat der Angeklagte die Tat tatsächlich aber am 30. November 2012 begangen, mithin unmittelbar vor der teilweisen Verbüßung der viermonatigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4. November 2011. Hierauf beruht die Rechtsfolgenentscheidung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht zu einer milderen Strafe und im Hinblick auf die Voraussetzungen der §§ 47 Abs. 1, 56 Abs. 1 StGB zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es bei der Rechtsfolgenentscheidung die Möglichkeit einer erzieherischen Wirkung der erstmaligen Verbüßung von Haft unmittelbar nach der Tat bedacht hätte.“

Interessante Frage, die sich stellt/anknüpft: Und wenn nun der „30.11.2012“ in den Feststellungen ist? Was dann? Denn die sind rechtskräftig, weil das das OLG insoweit die Revision des Angeklagten verworfen hat. Ggf. wirkt sich das jetzt im 2. Durchgang zum Vorteil aus. 🙂

Aber es passt auch im Übrigen nicht so ganz

„Nach den getroffenen Feststellungen ist ferner nicht auszuschließen, dass der Angeklagte im Tatzeitpunkt nur in einem Verfahren unter Bewährung stand. Die teilweise Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 4. November 2011 erfolgte ausweislich der Feststellungen nach dem Widerruf der ursprünglich bewilligten Strafaussetzung wegen Nichterfüllung einer Arbeitsauflage. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs (Inhaftierung noch am Tattag) ist davon auszugehen, dass der Bewährungswiderruf im Tatzeitpunkt bereits erfolgt war, so dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt nur wegen der in dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 1. August 2012 verhängten Strafe unter Bewährung stand.“

Da kann man dann nur sagen: Etwas mehr Sorgfalt wäre nicht schlecht….

Klassischer Fehler XVI: die Krux mit der Bewährung

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Zu Bewährungsfragen liest man in BGH-Entscheidungen nicht so häufig etwas. Meist geht es im Rahmen der Strafzumessung mehr um allgemeine Strafzumessungsfragen. Deshalb ist dann mal der BGH, Beschl. v. 10.07.2014 – 3 StR 232/14 – von Interesse, in dem der BGH ein Urteil des LG Schwerin insoweit aufgehoben hat, soweit die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt worden ist. Insoweit m.E. dann aber, da allgemeine – an sich allseits bekannte – Bewährungsfragen eine Rolle spielen, für eine Strafkammer ein klassischer Fehler. Das können z.T. Richter am AG besser.

Das LG hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung hat das LG abgelehnt, da eine Strafaussetzung „im Hinblick darauf, dass der Angeklagte H. die Tat während einer laufenden Bewährung – und dies nicht aus einer Notlage heraus – begangen hat, nicht in Betracht“ komme. Das reichte dem BGH nicht:

„Diese Begründung genügt den rechtlichen Anforderungen nicht. § 56 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 StGB ermöglicht es dem Gericht, bei Vorliegen einer günstigen Sozialprognose und besonderer, in der Tat oder der Persönlichkeit des Angeklagten liegender Umstände auch die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zur Bewährung auszusetzen. Dabei sind die Voraussetzungen des Abs.1 stets vorrangig zu prüfen. Dies gilt schon des-halb, weil zu den nach Abs. 2 zu berücksichtigenden Faktoren nicht allein, aber auch solche gehören, die schon für die Prognose nach Abs. 1 von Belang sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. August 2012 – 3 StR 305/12, StV 2013, 85).
Vorliegend lässt sich den Urteilsgründen schon nicht entnehmen, ob das Landgericht eine Strafaussetzung zur Bewährung mangels günstiger Sozialprognose nach § 56 Abs. 1 StGB oder aber wegen Fehlens besonderer Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB abgelehnt hat. Der Senat vermag des-halb nicht zu beurteilen, ob das Landgericht die geforderte Prüfungsreihenfolge eingehalten und unter Zugrundelegung des jeweils richtigen Maßstabes entschieden hat.

Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil auch. Der Umstand, dass der Angeklagte die abgeurteilte Tat wenige Tage vor Ablauf der Bewährungszeit, die eine nicht einschlägige Straftat betraf, begangen hat, steht einer günstigen Sozialprognose nicht ohne Weiteres entgegen. Die Tatbegehung während des Laufs einer Bewährungszeit schließt die erneute Strafaussetzung zur Bewährung nicht grundsätzlich aus (BGH, Urteil vom 10. November 2004 – 1 StR 339/04, NStZ-RR 2005, 38). Vielmehr ist bei der zu treffenden Prognoseentscheidung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen, bei der namentlich die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen sind, die von der Strafaussetzung für ihn zu erwarten sind (§ 56 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 15. Mai 2001 – 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 36). Dem Urteil kann indes nicht entnommen werden, ob das Landgericht nach der gebotenen Gesamtwürdigung aller wesentlichen negativen sowie positiven Prognosekriterien eine günstige Sozialprognose verneint hat.“

Das ungeliebte Fahrtenbuch: Der Fahrer aus Japan – sieht er „japanisch“ aus?

entnommen openclipart.org

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Die Fahrtenbuchauflage nach § 31a StZO ist unbeliebt, vor allem deshalb, weil sie Arbeit macht. Deshalb wird im Verwaltungsrecht an der Stelle und dagegen heftig gekämpft, was auch die Vielzahl der zu § 31a StZO veröffentlichten Entscheidungen der OVG/VGH und auch VG zeigt. In die Reihe gehört auch der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.07.2014 – 10 S 1256/13 -, der einige Frage noch einmal behandelt – Verwertbarkeit des Messergebnisses aus dem Bußgeldverfahren, Unmöglichkeit der Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers und Fragen der Ermessensausübung. Im Zusammenhang mit der Frage ausreichender Ermittlungen durch die Verwaltungsbehörde behandelt der Beschluss dann einen Klassiker, nämlich den vom Betroffenen angegebenen Fahrer im Ausland, hier war es Japan. Damit setzt sich der VGH u.a. wie folgt auseinander:

„Die vage bleibende Angabe der „Zuordnung“ ohne Benennung des Fahrers – erst im vorliegenden gerichtlichen Verfahren vermischt der Kläger „Zuordnung“ und Fahrerbenennung – war insoweit unergiebig, insbesondere nicht geeignet, die Aufsichts- und Dokumentationsobliegenheit des Klägers bezüglich der Fahrzeugnutzung zu relativieren. Dass es sich vor dem Hintergrund der von der Beklagten in der Klageerwiderung plausibel dargelegten schwierigen und zeitaufwendigen Realisierbarkeit von Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen in Japan um eine zielgerichtete – der Bußgeldbehörde einen Verfolgungsverzicht nahelegende Schutzbehauptung handelte, lag nicht zuletzt deshalb nahe, weil der Kläger den ihm zugesandten, entgegen seiner Behauptung mit einem Fahrerlichtbild versehenen Anhörungsbogen nicht zurückgesandt hat und die Benennung des Japaners auch schon viel früher möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang meint, die Bußgeldbehörde hätte sich an die angegebene japanische (Firmen-) Adresse wenden und damit eine „Hemmung“ der Verfolgungsverjährung herbeiführen sowie sich hinreichend Zeit zur weiteren Aufklärung verschaffen können, verkennt er, dass es der Bußgeldbehörde nicht angesonnen werden kann, auf völlig ungewisser Tatsachengrundlage hinsichtlich der Täterschaft gewissermaßen ins Blaue hinein verjährungsunterbrechende Maßnahmen wie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Personen einzuleiten, deren Täterschaft fernliegend ist – wie hier auf Grund der vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Einschätzung der Bußgeldbehörde, dass das Fahrerlichtbild keine Ähnlichkeit mit einer japanischen Person des vom Kläger angegebenen Namens aufwies (vgl. auch Senatsbeschluss vom 24.05.2012 – 10 S 2722/11 -).“

Tja, wenn schon, denn schon = wenn schon ein Fahrer aus Japan gefahren sein soll, dann sollte das Lichtbild, das vom Verkehrsverstoß vorliegt und sich in den Akten befindet, auch eine „japanisch aussehende Person“ aufweisen. Sonst scheitert das „Verteidigungsvorbingen“ mit Sicherheit.

Reden ist Silber, oder: 2,56 Promille, warme Motorhaube und Reden rechtfertigen MPU-Anordnung

© ExQuisine - Fotolia.com

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Und das dicke Ende kommt dann hinterher, oder: Vielleicht hätte ich im Strafverfahren doch besser geschwiegen, wird sich ein Kraftfahrzeugführer sagen, gegenüber dem die Fahrerlaubnisbehörde die MPU angeordnet hat. Begründet hat sie das damit, dass nach ihrer Auffassung Tatsachen vorliegen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat ihr im OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27.06.2014 – 16 B 358/14 – Recht gegeben. Es argumentiert u.a. mit 2,56 Promille und und warmer Motorhaube und eben einer Äußerung im Strafverfahren, und zwar wie folgt:

„—Die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, hat der Antragsgegner auf § 13 Satz 1 Nr. 2 lit. a Alt. 2 FeV gestützt. Danach ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen. Der Antragsgegner hat insofern darauf abgestellt, dass beim Antragsteller am 6. Juli 2012 eine mittlere Blutalkoholkonzentration von 2,56 Promille festgestellt worden sei, der Antragsteller selbst im Strafverfahren nicht ausgeschlossen habe, vielleicht doch das Fahrzeug an dem Abend geführt zu haben, und die Polizei vor Ort festgestellt habe, dass die Motorhaube noch warm gewesen sei. Diese Umstände lassen den Schluss zu, dass der Antragsteller am 6. Juli 2012 unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug führte. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Antragsteller nunmehr behauptet, er habe die Erklärung im Strafverfahren nur aus rein prozesstaktischen Erwägungen abgegeben, um einer weiteren Konfrontation mit den mutmaßlich die Unwahrheit sagenden, mit dem Antragsteller verfeindeten Nachbarn zu entgehen. Dieser Vortrag ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Nachbarn in der Verhandlung am 23. April 2013 bereits als Zeugen vernommen worden waren, bevor der Antragsteller in derselben Verhandlung nach Inaugenscheinnahme eines Videos auf dem Smart-Phone eines Zeugen erklärte: „Es kann sein, dass ich doch gefahren bin“.

Schließlich dringt der Antragsteller auch mit der Rüge nicht durch, die Entscheidung beruhe auf der hypothetischen Annahme, dass grundsätzlich von einer Alkoholabhängigkeit bzw. einem Alkoholmissbrauch auszugehen sei bei Personen, die in der Lage seien, eine Alkoholkonzentration von 2,56 Promille zu erreichen. Bereits Blutalkoholkonzentrationen von 1,6 Promille setzen nach verkehrsmedizinischen Erkenntnissen regelmäßig normabweichende Trinkgewohnheiten voraus und sprechen für eine Alkoholproblematik. Das gilt erst recht für deutlich darüber liegende Werte. Vgl. dazu Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 2. Aufl. 2005, S. 132; BVerwG, Urteil vom 15. Juli 1988 – 7 C 46.87 -, BVerwGE 80, 43 = […] Rn. 9, jeweils mit weiteren Nachweisen….“