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Ausreichende Mitwirkung bei/für Fahrerermittlung?, oder: Angabe einer „Fakeadresse“ reicht nicht

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Und dann am Samstag, zugleich auch in einigen Bundesländern Feiertag, drei verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidungen.

Ich starte mit dem VG Gelsenkirchen, Urt. v. 23.09.2025 – 14 K 2411/24. Es geht noch einmal um die „ausreichende Mitwirkung“, deren Fehlen Voraussetzung für eine Fahrtenbuchanordnung nach § 31a StVZO ist.

Folgender Sachverhalt: Der Kläger war Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen L.-X. N01. Nach einer ordnungsamtlichen Messung der Stadt O. wurde mit diesem Fahrzeug am 18.12.2023 um 11:32 Uhr in O., S.-straße in Höhe der Hausnummer N09 die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h nach Toleranzabzug um 39 km/h überschritten.

Mit Schreiben vom 09.01.2024 wandte sich die Ordnungswidrigkeitenbehörde der Stadt O. im Rahmen einer Fahreranfrage an den Kläger zu dem festgestellten Verkehrsverstoß und bat um Mitteilung der Personalien der verantwortlichen Fahrzeugführerin. Dem Schreiben beigefügt war ein Lichtbild, das deutlich eine junge Fahrerin mit Kopftuch zeigt. Daraufhin teilte der Kläger der Ordnungswidrigkeitenbehörde im Rahmen einer Onlineanhörung am 05.01.2024 mit, dass Fahrerin des Fahrzeugs eine Frau H. K., geb. 00. Juni 0000, wohnhaft R.-straße N02, N03 O. sei.

Nachdem eine Frau H. K. in O. nicht ermittelt werden konnten, übersandte die Behörde am 06.01.2024 versuchsweise einen Anhörungsbogen im Rahmen des Bußgeldverfahrens an die vom Kläger benannte Fahrerin unter der von ihm angegebenen Anschrift., worauf am 19.01.2024 im Rahmen einer Online-Anhörung der Verstoß zugegeben wurde.

Am 01.02.2024 hat der Kläger das Tatfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen L.-X. N01 abgemeldet. Nachdem die vom Kläger angegebene Fahrerin namens H. K. weiterhin nicht ermittelt werden konnte, wurde ausweislich eines Vermerks der Sachbearbeiterin der Beklagten am 21.02.2024 festgehalten, dass es sich bei der Anschrift J.-straße. N02 um eine sog. Fakeanschrift handele. Angegebene Personen seien i.d.R. dort nicht gemeldet oder wohnhaft. Ermittlungen beim Halter würden veranlasst.

Noch am selben Tag ist sodann ein Fahrerermittlungsersuchen betreffend den unter der Anschrift B.-straße. N04 in O. gemeldeten Kläger an das Ordnungsamt der Beklagten mit der Bitte um Feststellung und Anhörung des verantwortlichen Fahrers gerichtet worden.

Am 12.03.2025 hat der Außendienstmitarbeiter der Beklagten mitgeteilt, dass ihn wöchentlich 2-3 Amtshilfeersuchen auch anderer Kommunen erreichen würden. Unter der Anschrift B.-straße. N04, Z.-straße. N05 und V.-straße. N06 in O. seien ca. 200 verschiedene Vornamen zu U., Q., A., G. und P. überprüft worden, welchen in O. weder wohnhaft noch gemeldet waren. Post habe meistens zugestellt werden können, da ein entsprechender Briefkasten vorhanden sei und geleert werde. Nach dortigen Erkenntnissen bestehe der Verdacht, dass alle Namen ausschließlich als Alias in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren bzw. beim Entzug von Fahrerlaubnissen von F. A., geb. 00. Januar 0000 in I., als Tarnadresse für falsche Identitäten zur Verfügung gestellt würden. In den meisten Fällen handele es sich bei dem zur Tatzeit Verantwortlichen um den ursprünglichen Fahrzeughalter. Herr A. sei zwar unter der Anschrift B.-straße. N04 gemeldet. Nach Auskunft des Vermieters sei er dort aber nicht wohnhaft. Die Wohnung werde durch das Jobcenter finanziert. Er halte sich vielmehr unter der Anschrift Z.-straße. N05 in O. auf. Dort sei auch seine Familie wohnhaft/gemeldet. Im vorliegenden Fall sei aus den o.g. Gründen eine Frau H. K. ebenfalls nicht zu ermitteln. Nach dem Lichtbild handele es sich bei der verantwortlichen Fahrzeugführerin um die Ehefrau des Klägers, Frau N. A., geb. 0. Januar 0000.

Daraufhin wurde mit Schreiben der Ordnungswidrigkeitenbehörde vom 13.03.2024 Frau N. A. im Rahmen des Bußgeldverfahrens angehört. Diese erklärte in einer Online Anhörung am 16.03.2025, das Fahrzeug nicht geführt zu haben. Nachdem Frau N. A. nachfolgend mittels eines Lichtbildabgleichs nicht als Fahrerin erkannt werden konnte, da die Fahrerin jünger erschien, wurde das Ordnungswidrigkeitenverfahren schließlich am 02.04.2024 eingestellt.

Es wird dann eine Fahrtebuchauflage angeordnet. Dagegen die Klage, die keinen Erfolg hatte. Das VG hat u.a. eine „ausreichende Mitwirkung“ des Klägers verneint. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

1. Die Angabe einer reinen „Briefkastenadresse“ und fiktiver Personalien ist keine ausreichende Mitwirkung bei der Aufklärung eines Verkehrsverstoßes im Ordnungswidrigkeitenverfahren und rechtfertigen die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs.

2. Angesichts derartiger Angaben, die aufgrund der aktenkundigen Umstände zu der angegebenen Anschrift offensichtlich allein der Verschleierung der Identität der wahren Fahrzeugführer dienen, erübrigen sich weitere Ermittlungsversuche der Ordnungswidrigkeitenbehörde.

 

Fahrtenbuchführungspflicht für einen Firmenfuhrpark, oder: Regelmäßig wiederkehrende Verkehrsverstöße

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Und dann heute zum Wochenschluss verkehrsverwaltungsrechtliche Entscheidung.

Ich beginne mit dem OVG Lüneburg, Beschl. v. 22.09.2025 – 12 LA 8/24 – zur Fahrtenbuchführungspflicht für einen Firmenfuhrpark.

Gestritten wird um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides durch den die Klägering mit einer zwölfmonatigen Fahrtenbuchführungspflicht für alle 15 Fahrzeuge ihres Firmenfuhrparks (oder für etwaige Ersatzfahrzeuge) belegt wurde.

Begründet worden ist das wie folgt: Am 14.06.2019 um 9:55 Uhr und am 14.08.2019 wurden mit Firmenfahrzeugen der Klägerin Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begangen, und zwar um 27 km/h bzw. 43 km/h. In den deswegen geführten Bußgeldverfahren benannte die zeugenschaftlich angehörte Klägerin die für diese Verstöße verantwortlichen Fahrzeugführer nicht. Anderweitige behördliche Ermittlungen erbrachten ebenfalls keinen Erfolg bei der jeweiligen Identifikation eines Fahrers vor Eintritt der Verfolgungsverjährung.

In seiner Fahrtenbuchanordnung vom 29.11.20219 begründete der Beklagte die Erstreckung der Fahrtenbuchführungspflicht auf auch andere Firmenwagen der Klägerin als die beiden oben genannten Tatfahrzeuge wie folgt: Nicht nur die Ermittlungen der Täter vom 14.06. bzw. 14.08.2019, sondern auch diejenige der Täter zahlreicher vorangegangener Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften, die mit Firmenfahrzeugen der Klägerin begangen worden seien, seien daran gescheitert, dass die Klägerin an der Aufklärung der Zuwiderhandlungen nicht hinreichend mitgewirkt habe. Sie habe u. a. die Fahrzeugführer nicht benannt und ein Fahrzeugmanagement mit Aufzeichnungen, das ihr diese Benennung ermöglicht hätte, weder gehabt noch als Reaktion auf die (der vorliegenden) vorangegangenen Fahrtenbuchanordnungen aufgebaut. Eine spezielle Begründung für die zwölfmonatige Dauer der Fahrtenbuchführungspflicht enthält der Bescheid des Beklagten vom 29.11.2019 nicht.

Das VG hat wird, die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides bejaht und zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Anordnung lasse im Hinblick auf die Dauer der „Fahrtenbuchauflage“ keine Ermessensfehler erkennen. Auch das Verhalten des Fahrzeughalters bei der Aufklärung des Verkehrsverstoßes sowie etwaige Maßnahmen, die für die Zukunft weitere Verstöße verhindern sollten, könne die Behörde unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr würdigen. Eine nur sechsmonatige Verpflichtung liege noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle und stelle daher keine übermäßige Belastung dar. Bei Fahrtenbuchanordnungen für diese Dauer werde in der Rechtsprechung ein intendiertes Ermessen angenommen, welches nicht oder jedenfalls nicht im Einzelnen begründet werden müsse.

Gegen das VG-Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und deren Zulassung beantragt. Ohne Erfolg. Das OVG hat seine Entscheidung umfassend begründet. Hier stelle ich nur den amtlichen Leitsatz – die Einzelheiten bitte aus dem Volltext entnehmen:

Anordnungen von längeren Fahrtenbuchführungspflichten für den gesamten Firmenfuhrpark kommen jedenfalls unter folgenden Voraussetzungen in Betracht:

Nach mindestens einer vorangegangenen Fahrtenbuchanordnung von geringerer Dauer und/oder geringerem Ausmaß verweigert sich die fahrzeughaltende Kapitalgesellschaft fortgesetzt ihrer Obliegenheit, ausreichende innerbetriebliche Vorkehrungen zur Fahreridentifikation zu treffen, obwohl weiterhin regelmäßig wiederkehrend mit ihren Firmenfahrzeugen punktebewertete, aber unaufklärbare Verkehrsverstöße begangen werden.

 

Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf Fuhrpark, oder: Mitwirkungsobliegenheit des Halters/Betreibers

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Im „Kessel Buntes“ heute dann zwei Entscheidungen vom BayVGH zum Fahrtenbuch.

Zunächst kommt hier der BayVGH, Beschl. v. 05.05.2025 – 11 CS 24.2017 – noch einmal zur Erstreckung einer Fahrtenbuchauflage auf einen Fuhrpark. Dazu führt der VGH aus:

„4. Im Übrigen ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 bis 6 VwGO), auch nicht, dass die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben wäre.

Mit dem Vortrag, die Ermessensausübung durch das Landratsamt berücksichtige nicht, dass die Antragstellerin die den verantwortlichen Fahrern auferlegten Geldbußen übernehme und daher allenfalls mittelbar bzw. steuerlich auf sie eingewirkt werden könne, ist nicht dargelegt, dass die Fahrtenbuchanordnung in ihrem Fall eine ungeeignete, nicht erforderliche oder unverhältnismäßige Maßnahme darstellt. Die Antragstellerin mag mit der Übernahme von Bußgeldern zwar teilweise den Zweck der Fahrtenbuchanordnung vereiteln, durch Ahndung etwaiger künftiger Verkehrsverstöße nach Maßgabe des Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechts auf den verantwortlichen Fahrer einzuwirken (vgl. BayVGH, B. v, 18.5.2010 – 11 CS 10.357NJW 2011, 326 Rn. 12). Jedoch ist entscheidend, dass erst das Führen eines Fahrtenbuchs die nachträgliche Feststellung des verantwortlichen Fahrers und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahrens gegen ihn ermöglicht, was ggf. genügt, ihn von der Begehung von Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr abzuhalten. Erforderlichenfalls können auch präventive fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen (z.B. Entziehung der Fahrerlaubnis) gegen ihn ergriffen werden (vgl. BayVGH, B. v, 18.5.2010 a.a.O.). Zudem war für das Landratsamt bei der Ausübung seines Ermessens und der Anordnung des Sofortvollzugs maßgeblich (siehe Bescheid vom 23.9.2024, S. 11 f.), den Geschäftsführer der Antragstellerin mit der Fahrtenbuchanordnung dazu anzuhalten, die Fahrzeugbenutzung nachprüfbar und gewissenhaft zu überwachen und bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes mitzuwirken, was dem anerkannten Zweck dieser Maßnahme entspricht. Gefährdet der Kraftfahrzeughalter die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuchs zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (BVerwG, B. v, 23.6.1989 – 7 B 90.89NJW 1989, 2704 = juris Rn. 8).

Das Recht an ihrem ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb entbindet die Antragstellerin nicht von der jeden Kraftfahrzeughalter treffenden Mitwirkungsobliegenheit bei der Aufklärung eines mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes (vgl. BVerfG, B. v, 7.12.1981 – 2 BvR 1172/81NJW 1982, 568 Rn. 7 zur Mitwirkungspflicht). Zudem stellt die Anordnung eines Fahrtenbuchs keinen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff dar, der sich gegen den Betrieb als solchen richtet, und fällt damit nicht in den Schutzbereich des Rechts am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetriebs (vgl. Katzenmeier in Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Aufl. 2021, § 823 BGB Rn. 262 ff.; Förster in BeckOK BGB, Stand 1.2.2025, § 823 Rn. 183 ff.). Die Betriebsbezogenheit ist dann gegeben, wenn ein unmittelbarer Eingriff in den betrieblichen Tätigkeitskreis vorliegt, der sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet und nicht lediglich gegen vom Betrieb lösbare Rechte oder Rechtsgüter (vgl. Förster a.a.O. Rn. 184). Diese Unmittelbarkeit wird nicht bereits dadurch hergestellt, dass der Betriebsinhaber oder der von ihm Beauftragte das Fahrtenbuch ggf. während der Betriebszeit auszufüllen hat…..“

Einstweiliger Rechtsschutz gegen Fahrtenbuchauflage, oder: Wie berechnet sich der Gegenstandswert?

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Und dann am Gebührentag heute zwei Entscheidungen zu Gegenstandswerten, und zwar beide aus dem Verwaltungsrecht.

Da kommt hier zunächst der HessVGH, Beschl. v. 19.12.2024 – 10 B 1560/24. Es geht um die Streitwertfestsetzung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen eine Fahrtenbuchauflage. Gestritten worden ist um die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage mit einer Dauer von über einem Jahr. Der HessVGH hat je Monat 400,00 Euro festgesetzt, ohne zu reduzieren:

„3. Die Streitwertfestsetzung und die Änderung des Streitwertes für das erstinstanzliche Verfahren beruhen auf §§ 1 Abs. 2 Nr. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 63 Abs. 3 Satz 1, 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Sie folgt den Nrn. 46.11 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013. Nach Nr. 46.11 sind in einem Hauptsacheverfahren pro Monat der Dauer der Fahrtenbuchauflage je Fahrzeug 400,00 Euro anzusetzen. Der Senat folgt dabei – wie bereits das Verwaltungsgericht – nicht der Rechtsprechungspraxis des 2. Senats (Hess. VGH, Beschluss vom 20. Januar 2012 – 2 E 1890/11 -, juris), wonach bei einer Fahrtenbuchauflage von über einem Jahr für jedes über das erste Jahr hinausgehende Jahr jeweils nur noch 1.000 Euro streitwerterhöhend berücksichtigt werden (so auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2023 – 8 B 960/23 -, juris Rn. 24; Bay. VGH, Beschluss vom 11. Juni 2024 – 11 CS 24.628 -, juris Rn. 24; VGH BW, Beschluss vom 10. Mai 2023 – 13 S 404/23 -, juris Rn. 19; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn. 84 f.; Knop, in: Münchener Kommentar zum StVR, 1. Aufl. 2016, § 31a StVZO Rn. 46). Gegen eine streitwertreduzierende Berücksichtigung der zeitlichen Komponente – wie sie bisher vom 2. Senat praktiziert wurde – spricht, dass das Gerichtskostengesetz selbst eine Kostendegression vorsieht (Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG) und eine solche daher nicht bereits bei der Festsetzung des Streitwerts im Hinblick auf eine längere Dauer eines Verwaltungsaktes Berücksichtigung finden muss. Zudem ist eine Ermäßigung bei längeren Zeiträumen auch nicht sachgerecht, da sich keine geringere Beeinträchtigung ergibt, wenn die Fahrtenbuchanordnung über ein Jahr hinausgeht (so auch: Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn. 84). Der nach dieser Maßgabe errechnete Gesamtbetrag von 7.200 Euro ist indes im Hinblick auf die faktische Vorwegnahme der Hauptsache nicht nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren, weil die Fahrtenbuchauflage ab dem Datum der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides angeordnet wurde und daher im Falle einer Stattgabe im Eilverfahren die Fahrtenbuchauflage im Hinblick auf deren angeordnete Dauer sowie die Verfahrenslaufzeiten eines Hauptsacheverfahrens faktisch leerlaufen würde (so im Ergebnis auch: VGH BW, Beschluss vom 15. April 2009 – 10 S 584/09 -, juris Rn. 9; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 31a StVZO Rn. 85; Knop, in: Münchener Kommentar zum StVR, 1. Aufl. 2016, § 31a StVZO Rn. 46).

Streitwerterhöhend wirkt sich nach § 39 Abs. 1 GKG, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG i. V. m. Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs schließlich aus, dass sich die Antragstellerin auch gegen die Kostenfestsetzung im angegriffenen Bescheid in Höhe von 73,45 Euro wendet. Hiervon ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs ein Viertel zum Streitwert hinzuzuaddieren (18,36 Euro). Die Kostenfestsetzung bleibt nicht nach § 43 Abs. 1 GKG bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt. Kosten im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG sind zum einen Vermögensopfer, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen (beispielsweise Aufwendungen, die zur Feststellung, Sicherung, Durchsetzung oder Abwehr des Anspruchs erbracht werden, wie etwa Reisekosten, Verdienstausfall oder ähnliches) und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem dem Anspruch zugrundeliegenden Rechtsverhältnis (Elzer, in: Toussaint, Kostenrecht, 54. Aufl. 2024, § 43 GKG Rn. 10). Verwaltungsgebühren und -auslagen, die dazu dienen, den Gebührenschuldner mit dem durch das Verwaltungsverfahren ausgelösten Verwaltungsaufwand kostenmäßig zu belasten, sind demnach keine Kosten im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG (so auch BVerwG, Urteil vom 23. November 2011 – 8 C 18.10 -, juris Rn. 1 hinter Rn. 27; Hess. VGH, Urteil vom 20. Januar 2021 – 6 A 2755/16 -, juris nach Rn. 35; a. A. Nds. OVG, Beschluss vom 12. März 2020 – 12 OA 31/20 -, juris Rn. 6 unter Hinweis auf BFH, Beschluss vom 17. August 2012 – VIII S 15/12 -, juris Rn. 8 f., der jedoch explizit angegriffene Zinsen als Nebenforderung betrifft und gerade keine Festsetzung von Verwaltungskosten).“

Standardisiertes Messverfahren beim Fahrtenbuch, oder: Zugang bei der Bußgeldstelle erstrebt?

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Und dann heute im „Kessel Buntes“ zwei Entscheidungen aus dem Verwaltungsrecht.

Als erste stelle ich den VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 06.08.2024 – 13 S 1001/23 – vor. Gestritten wird mal wieder um eine Fahrtenbuchauflage. Die Klage dagegen hatte das VG abgewiesen. Der VGH hat die Berufung nicht zugelassen. Die von ihm angesprochenen Fragen sind nicht neu, so dass ich mich auf den Leitsatz beschränke und im Übrigen auf den verlinkten Volltext verweise.

Hier die Leitsätze:

1. Wird eine Fahrtenbuchanordnung auf die mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gestützt, muss das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung auch bei fehlenden Rohmessdaten nur dann von Amts wegen überprüft werden, wenn der Adressat der Anordnung plausible Anhaltspunkte für einen Messfehler vorträgt oder sich solche Anhaltspunkte sonst ergeben.

2. Der Adressat einer Fahrtenbuchanordnung, der sich gegen die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung mit einem standardisierten Messverfahren wendet, kann sich nicht mit Erfolg auf die Verweigerung des Zugangs zu bei der Bußgeldstelle gespeicherten Daten berufen, wenn er nicht seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um – ggf. auch nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Ahndung des Verkehrsverstoßes – den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten.