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OWi I: Keine Vollmacht vorlegen, oder: Dieser Beschluss zeigt/beweist noch einmal, warum!

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Wer kennt ihn nicht den Satz: Keine Vollmacht vorlegen. Der AG Kleve, Beschl. v. 14.02.2019 – 11 OWi-309 Js 481/18-217/18 – beweist, warum dieser Satz gilt bzw. richtig ist.

Das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen ist nämlich wegen Verjährung eingestellt worden:

„Die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist ausgeschlossen, weil am 04.09.2018 Verfolgungsverjährung eingetreten ist, welche nicht durch Zustellung des Bußgeldbescheids unterbrochen wurde.

Die letzte die Verfolgungsverjährung unterbrechende Handlung ist das an den Betroffenen gerichtete Anhörungsschreiben vom 04.06.2018.

Innerhalb der damit erneut in Gang gesetzten Verjährungsfrist von 3 Monaten ist keine weitere verjährungsunterbrechende Handlung vorgenommen worden.

Eine Zustellung des Bußgeldbescheides an den Betroffenen selbst war nicht erfolgreich. Alleine der Erlass des Bußgeldbescheids ist nicht verjährungsunterbrechend, soweit nicht innerhalb von 2 Wochen zugestellt wird (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG).

Die Zustellung des Bußgeldbescheides an den Verteidiger hat ebenfalls nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt. Insoweit ist keine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides erfolgt. An den gewählten Verteidiger kann nur dann wirksam zugestellt werden, wenn sich gemäß § 51 Abs: •3 Satz 1 OWiG eine Urkunde über seine Bevollmächtigung bei den Akten befindet. Diese Voraussetzung war nicht gegeben. Eine Vollmacht ist bis heute nicht zu den Akten gelangt.

Dem Verteidiger war auch keine rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt worden. Hierfür lassen sich aus der Akte keine Anhaltspunkte entnehmen. Der Schriftsatz des Verteidigers, mit dem dieser sich bestellt hat, enthält eine Vertretungsanzeige. Der Anwalt versichert, zur Vertretung seiner Mandantschaft bevollmächtigt zu sein. Nicht hingegen kann aus dem Halbsatz „…, eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert“ geschlossen werden, dem Verteidiger sei eine rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht erteilt worden. Der Halbsatz bezieht sich eindeutig auf die Vertretungsanzeige. Auch enthält der Bestellungsschriftsatz nicht die sonst übliche Bitte, Korrespondenz ausschließlich über den Verteidiger zu führen, was möglicherweise als Anzeige einer rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht ausreichen könnte, hier aber auch nicht entschieden werden braucht.

Das Einspruchsschreiben ist nicht anders formuliert als der Bestellungsschriftsatz, so dass sich hieraus keine anderweitige Beurteilung ergibt.

Die Verjährung ist daher durch den Bußgeldbescheid nicht gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden.

Dass Verjährung von dem Verteidiger nicht „gerügt“ wurde, steht dem entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht entgegen. Die Verfolgungsverjährung ist durch das Gericht von Amts wegen zu beachten.“

Alles richtig gemacht vom Verteidiger. Na ja, fast alles, denn die ordnungsgemäße Versicherung einer anwaltlichen Bevollmächtigung ist nicht gatnz ungefährlich, wie man sieht.

„Niedlich“ der Rettungsversuch der Staatsanwaltschaft. Hallo. Wir befinden uns im Bußgeld- und nicht in einem Zivilverfahren.

Mal wieder: Vertretungsvollmacht, oder: Vollmachten (über)prüfen!!!!

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Ich eröffne dann heute mal wieder mit einer „Vollmachtsentscheidung, und zwar zu § 329 StPO, also Verwerfung der Berufung wegen Ausbleiben des Angeklagten. Im KG, Beschl. v. 01.03.2018 – (5) 121 Ss 15/18 (11/18) – geht es aber nicht um die Frage, ob sich der Verteidiger eine nicht vorhandene schriftliche Vollmacht selbst ausstellen kann – auch ein Dauerbrenner – , sondern es geht um die grundsätzlichen Anforderungen an eine schriftliche Vollmacht zur Vertretung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung. Das KG sagt:

„Die allgemeine Verteidigervollmacht reicht insoweit nicht aus. Erforderlich ist eine besondere Vertretungsvollmacht im Sinne einer spezifischen Ermächtigung des Verteidigers, für den Angeklagten verbindlich Erklärungen abgeben und wirksam für ihn Erklärungen annehmen zu können, also die Rechtsmacht, den Angeklagten im Prozess in Erklärung und Willen zu vertreten (vgl. Frisch in SK-StPO 5. Aufl., § 329 Rdn. 51a m.w.N.; näher zum Inhalt der Vollmacht Spitzer, StV 2016, 49). Wie in der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe (BT-Drucks. 18/3562, S. 68) ausdrücklich ausgeführt wird, kann diese schriftliche Vollmacht in derselben Urkunde wie die Verteidigungsvollmacht enthalten sein; die Entwurfsbegründung enthält allerdings keine Ausführungen zu der Frage, ob sich die Vertretungsvollmacht ausdrücklich auf die Berufungshauptverhandlung beziehen muss.

b) Allein die Formulierung in der Vollmacht, der Verteidiger werde zur „Verteidigung und Vertretung in allen Instanzen“ ermächtigt, kann – anders als im Strafbefehlsverfahren (vgl. BGH NJW 1956, 1727; Gössel in LR-StPO 26. Aufl., § 411 Rdn. 31 m.w.N. zu § 411 Abs. 2 StPO) – für die Vertretungsvollmacht bezogen auf die Berufungshauptverhandlung nicht ausreichen (so aber OLG Oldenburg, Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 1 Ss 178/16 – juris Rdn. 18). Mit der Erteilung einer Vertretungsvollmacht für den Fall einer Abwesenheitsverhandlung überträgt der Angeklagte wichtige Verfahrensrechte wie Anwesenheit und rechtliches Gehört vollständig auf seinen Verteidiger (vgl. BGH a.a.O.). Er muss sich fortan an dessen inhaltlichen Erklärungen festhalten lassen, als wenn es seine eigenen wären. Diese Konsequenzen der Bevollmächtigung wiegen bezogen auf die Berufungshauptverhandlung besonders schwer, da sie den Abschluss der letzten Tatsacheninstanz bildet. Angesichts dieser weitreichenden Folgen ist erforderlich, dass sich die Vollmacht ausdrücklich auch auf die Abwesenheitsverhandlung in der Berufungshauptverhandlung bezieht (vgl. bereits Senat, Beschlüsse vom 12. Dezember 2017 – [5] 121 Ss 171/17 [82/17] – und 8. November 2016 – [5] 161 Ss 186/16 [53/16] -; OLG Hamm, Beschluss vom 24. November 2016 – 5 RVs 82/16 – juris Rdn. 28 ff.; so auch Eschelbach in BeckOK StPO, 28. Ed. 1.1.2018, § 329 Rdn. 32; Halbritter in Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht 4. Aufl., § 329 StPO Rdn. 7; ebenso bereits zu der vor dem 25. Juli 2015 geltenden Fassung des § 329 StPO KG, Beschluss vom 16. September 2015 – [2] 121 Ss 141/15 [51/15] – NStZ 2016, 234 mit zustimmender Anmerkung Mosbacher und Beschluss vom 16. Mai 2014 – [4] 161 Ss 71/14 [106/14] – juris Rdn. 16; a.A.: OLG Oldenburg a.a.O; offen gelassen in KG, Beschluss vom 23. November 2017 – [4] 161 Ss 158/17 [213/17] – juris Rdn. 3 f.; OLG München, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 5 OLG 15 Ss 543/16 – juris Rdn. 14).

c) Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Vollmacht nicht. Obgleich sie deutlich nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 329 StPO erteilt wurde, findet die Berufungshauptverhandlung darin keine besondere Erwähnung. Ihr Wortlaut spricht sogar dafür, dass diese gerade nicht von der Vertretungsvollmacht umfasst sein sollte. Im Hinblick auf Abwesenheitsvertretungen bezieht sich die Vollmacht explizit nur auf das Strafbefehlsverfahren (§ 411 Abs. 2 StPO) sowie die Vorschriften der §§ 233 Abs. 1, 234 StPO, wobei sie keinen Hinweis enthält, dass es sich bei den erwähnten Vorschriften nur um beispielhafte Anwendungsfälle halten soll. Vielmehr legt die Aufzählung der Normen das Verständnis nahe, im Hinblick auf Abwesenheitsvertretungen beschränke sich die Vollmacht auf die in den darin genannten Vorschriften geregelten Fälle (anders wohl OLG Hamm, Beschluss vom 6. September 2016 – 4 RVs 96/16 – juris Rdn. 7).

d) Auch der Verweis auf § 234 StPO verhilft der erteilten Vertretungsvollmacht nicht zur Erstreckung auf die Abwesenheitsvertretung in der Berufungshauptverhandlung. Bereits nach der früheren Rechtsprechung, die die vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 329 StPO am 25. Juli 2015 bestehende Rechtslage betraf, reichte ein derartiger Verweis nicht aus, sondern es wurde für erforderlich erachtet, dass die Vertretungsvollmacht sich ausdrücklich auf die – damals nicht gesetzlich vorgesehene, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber zulässige – Abwesenheitsvertretung in der Berufungshauptverhandlung erstreckte (vgl. etwa KG, Beschlüsse vom 16. September 2015 und 16. Mai 2014, jeweils a.a.O.). Obgleich die Strafprozessordnung nunmehr die Abwesenheitsvertretung in der Berufungshauptverhandlung ermöglicht, handelt es sich bei § 329 Abs. 2 StPO auch weiterhin um keinen Fall, der dem Anwendungsbereich des § 234 StPO unterfiele. Hierfür sprechen bereits gesetzessystematische Erwägungen: § 234 StPO befindet sich im zweiten Buch der Strafprozessordnung, das das Verfahren im ersten Rechtszug regelt. Inhaltlich knüpft die Vorschrift an die in §§ 231 Abs. 2, 231a Abs. 1, 231b, 232 Abs. 1 und 233 Abs. 1 StPO geregelten Fälle der Abwesenheitsverhandlung an. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich auf die dort genannten Verfahrenskonstellationen (vgl. Becker in LR-StPO 26. Aufl., § 234 Rdn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 60. Aufl., § 234 Rdn. 1; Gorf in BeckOK StPO, 28. Ed. 1.1.2018, § 234 Rdn. 2; Pfeiffer, StPO 5. Aufl., § 234 Rdn. 1; a.A.: Arnoldi in MüKo-StPO 1. Aufl., § 234 Rdn. 2, der auch § 329 Abs. 2 StPO als von dem Anwendungsbereich der Norm umfasst sieht). Soweit das Gesetz spezielle Vorschriften etwa für das Strafbefehlsverfahren (§ 411 Abs. 2 StPO), das Revisionsverfahren (§ 350 Abs. 2 StPO) und nunmehr auch das Berufungsverfahren kennt, bedarf es des Rückgriffs auf § 234 StPO dagegen nicht. So enthält die letztgenannte Vorschrift keinerlei Regelung, die sich für das Berufungsverfahren nicht bereits aus § 329 Abs. 1 und 2 StPO ergäbe. Der in § 332 für die Berufungshauptverhandlung enthaltene Verweis auf die Vorschriften über die erstinstanzliche Hauptverhandlung gilt nur, soweit nicht Spezialregelungen vorgehen. So sind die §§ 230 ff. StPO im Berufungsverfahren nur anwendbar, soweit nicht § 329 und § 330 StPO speziellere Regelungen enthalten (vgl. Gorf in BeckOK StPO, 28. Ed. 1.7.2017, § 332 Rdn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 332 Rdn. 1 m.w.N.), was für die Abwesenheitsvertretung in der Berufungshauptverhandlung in § 329 Abs. 1 und 2 StPO aber der Fall ist.“

Ich kann dann nur das wiederholen,w as ich schon ein paar Mal geschrieben habe: Bitte einen Blick in die eigenen Vollmachtsformulare werden und schauen, ob die Formulierungen stimmen = in dem obigen Sinn ausreichend sind.

Abtretung in der Vollmacht, oder: Dann aber aufgepasst bei der Gestaltung der Vollmacht

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Ich hoffe die Vatertagsgänger sind alle wieder zu Hause :-), so dass ich mit den freitäglichen Gebührenpostings starten kann.  Zunächst der OLG Rostock, Beschl. v. 30.04.2018 – 20 Ws 78/18.  Ein „zweigeteilter Beschluss“ = mit zwei Problembereichen, von denen ich hier nur eins darstellen will. Das andere ist ein wenig kompliziert und daher gut fürs Selbststudium geeignet.

Das Problem, das ich aus dem Beschluss hier aufgreifen will, hängt mit § 43 RVG zusammen, und zwar geht es um die Frage: Wirksamkeit der Abtretung der Kostenerstattungsansprüche in der Vollmacht.  Da geht es ja in der Rechtsprechung immer noch ein wenig hin und her. Ich erinnere da an den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 -, über den ich hier ja auch berichtet habe: Verteidiger aufgepasst: Keine Abtretung in der Vollmacht.

Das OLG Rostock grenzt sich von dem Beschluss ab. Es sieht in dem von ihm entschiedenen Fall die Abtretung als wirksam an, und zwar:

Weder dem Kostenfestsetzungsantrag vom 28.08.2015 noch dem Rechtsmittel steht entgegen, dass sie nicht im Namen des früheren Angeklagten Te. als Kostengläubiger angebracht wurden, sondern von Rechtsanwalt J. im eigenen Namen. Denn der Angeklagte hat seine zukünftigen Kostenerstattungsansprüche gegen die Staatskasse bereits mit der Rechtsanwalt J. am 13.11.2013 erteilten und von diesem zu den Akten gereichten Vollmacht wirksam und unwiderruflich zur Abgeltung von dessen Honoraransprüchen (= Kosten und Auslagen) an diesen abgetreten (vgl. zur Wirksamkeit einer in die Vollmachtsurkunde aufgenommenen Abtretungserklärung Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 43 Rdz. 12; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 – jeweils m.w.N.). Diese Abtretungserklärung scheitert auch nicht an der Vorschrift des § 305c BGB, denn die betreffende Textpassage war in der Vollmachtsurkunde gegenüber den übrigen darin enthaltenen Regelungen eigens durch Fettdruck besonders hervorgehoben worden, weshalb der Senat davon ausgehen kann, dass sie für den Mandanten nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages klar erkennbar und deshalb nicht überraschend war.

Die Wirksamkeit dieser Abtretung wurde durch die spätere Kündigung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags und den Widerruf der Vollmacht nicht berührt. Insoweit ist zwischen der vertraglich vereinbarten Forderungsabtretung einerseits (§ 398 BGB) und der einseitig erteilten Verteidigervollmacht andererseits zu unterscheiden (§ 168 Satz 2 BGB). Während die Vollmacht auch durch einseitige Erklärung des Angeklagten gegenüber dem Gericht wirksam widerrufen werden konnte (§ 167 Abs. 1, § 168 Satz 3 BGB), gilt dies für die Abtretungsvereinbarung nicht.

Auch die nochmalige Abtretung seiner gegen die Staatskasse bestehenden Ansprüche auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen durch den vormals Angeklagten vom 16.04.2015 an seinen Pflichtverteidiger Rechtsanwalt T. lässt die Wirksamkeit der früheren Abtretung an Rechtsanwalt J. unberührt (vgl. Burhoff a.a.O. Rdz. 11).“

Also: Abtretung in der Vollmacht ist möglich, wenn man die zivilrechtlichen Vorgaben beachtet. Das war hier der Fall.

Und wenn die Abtretung wirksam ist, dann treten alle zivilrechtlichen Folgen ein, also z.B. wie hier, dass eine nachfolgende weitere Abtretung unwirksam ist = ins Leere geht. Und im Verfahren ist dann die Aufrechnung der Staatskasse unwirksam. Das betrifft alle Ansprüche der Staatskasse, also die betreffend bezahlte Pflichtverteidigergebühren, eine Pauschvergütung oder Gerichtskosten. Voraussetzung ist dann aber natürlich, dass die Abtretungsurkunde zur Akte gereicht worden ist.

Eindeutiger Meldeschriftsatz für Schadenregulierung eines Verkehrsunfalles, oder: Keine Verteidigervollmacht

entnommen openclipart.org

Bei der zweiten Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich ebenfalls um eine AG-Entscheidung, und zwar um den AG Tiergarten, Beschl. v. 07.03.2018 – (297 OWi) 3022 Js-OWi 1116/18 (110/18). Er kommt aus der Rubrik/dem Reservoir: Vollmacht und Verjährung. Ergangen ist er in einer Bußgeldsache, die in Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gegen den Betroffenen anhängig war. In der Sache wird der Bußgeldbescheid an den Rechtsanwalt als Verteidiger des Betroffenen zugestellt. Der hatte sich bis dahin aber nur mit einem  „Meldeschriftsatz“ gemeldet, in dem es geheißen hat, „von seiner „Mandantschaft … in der Schadenregulierung des Verkehrsunfalles vom 17.07.2017 … mit der Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Interessen beauftragt“ worden zu sein.“

Das AG sagt: Das reicht nicht, um als „Verteidiger“ ausgestattet mit einer Zustellungsvollmacht angesehen zu werden:

„Aus dieser eindeutigen Formulierung – die auch nicht dem bewusst missverständlichen Vorgehen von Verteidigern in den Fällen der sog. „Verjährungsfalle“ entspricht (vgl. hierzu Göhler, OWiG, 17. Aufl. 2017, § 33 Rdnr. 35) – ergab sich unmissverständlich, dass eine Vertretung nur für zivilrechtliche Fragen vorliegt, nicht jedoch auch für ein Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Einen Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt im Zweifel immer als Verteidiger auftritt, gibt es nicht (Göhler a.a.O. § 51 Rdnr. 44a).

Daran ändert auch nichts, dass in der hierzu mit Schriftsatz vom 15.08.2017 nachgereichten Vollmachtsurkunde formularmäßig „zur Vertretung und Verteidigung in Strafsachen und Bußgeldsachen …“ aufgeführt ist. In Fällen, in denen – wie hier – die Vollmachtsurkunde eine Vertretung in weiteren Bereichen ausweist als im Meldeschriftsatz angegeben, geht der Wortlaut des Meldeschriftsatzes vor. Denn für eine wirksame Vertretung genügt es nicht, dass der Mandant den Rechtsanwalt mandatiert und eine entsprechende schriftliche Vollmacht unterzeichnet, sondern die Mandatierung muss erst noch von dem Rechtsanwalt angenommen werden, um wirksam zu werden. In welchem Umfang sie angenommen wurde, ergibt sich in aller Regel aus dem Schriftsatz, mit dem sich der Rechtsanwalt erstmals zum Verfahren meldet (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, Vorb. § 137 Rdnr. 4).

Erst mit dem Einspruchsschreiben vom 19.10.2017, dem eine formularmäßige „Strafprozessvollmacht“ vom 18.10.2017 beigefügt war, hat sich der Rechtsanwalt zum hiesigen Ordnungswidrigkeitverfahren als Verteidiger des Betroffenen gemeldet. Diese spätere Verfahrensentwicklung vermag jedoch nicht die unzulässigerweise an ihn erfolgte Zustellung des Bußgeldbescheides nachträglich zu heilen, weil vorliegend nicht von einem Fall der sog. „Verjährungsfalle“ auszugehen ist (vgl. dazu OLG Düsseldorf NJW 2008, 2727).“

Nun ja, so weit so gut…. Allerdings: Warum eigentlich noch eine Vollmacht „nachgereicht“…..?

Ausdrückliche Vollmacht für die Rücknahme des Nebenklägerrechtsmittels erforderlich?, oder: Nein, sagt der BGH

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Im Rechtsmittelverfahren gibt es immer wieder Streit/Ärger/Probleme, wenn es um die Rücknahme des Rechtsmittels durch den Verteidiger geht und die Rücknahme den Mandanten – häufig nach einem Verteidigerwechsel – dann später reut. Dann wird um die Wirksamkeit der Rücknahme gestritten und es geht um die Frage, ob der Verteidiger die nach § 302 Abs. 2 StPO ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme hatte. Häufig entscheidet die Frage dann den Streit – sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Mandanten.

In dem Zusammenhang hinzuweisen ist jetzt auf den BGH, Beschl. v. 12.12.2017 – 2 StR 34/17. In dem Verfahren war aber nicht die Wirksamkeit der Rücknahme der Revision durch den Verteidiger im Streit, sondern es ging um die Rücknahme der Revision der Nebenklägerin. Um die Revision dr Nebenklägering war es in dem Verfahren ein wenig hin un her gegangen. Zuletzt hatte das LG die Revision erneut als unzulässig verworfen, weil in der Frist gemäß § 345 Abs. 1 StPO keine Begründung abgegeben worden sei. Es hat ausgeführt, die Zurücknahme sei unwirksam. Diese bedürfe „gemäß § 302 Abs. 2 StPO“ einer ausdrücklichen Ermächtigung. Die Vorschrift sei auf Nebenklagevertreter entsprechend anzuwenden. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 346 Abs. 2 StPO. Der hatte Erfolg. Der BGH sagt:

Die Zurücknahme der Revision war wirksam. Dies steht der nachfolgenden Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig entgegen.

302 Abs. 2 StPO bestimmt, dass ein Verteidiger zur Zurücknahme ei-nes Rechtsmittels, das zugunsten des Angeklagten eingelegt wurde, einer ausdrücklichen Ermächtigung bedarf. Diese Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut nicht für Verfahrensbevollmächtigte von Nebenklägern (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27. Oktober 1964 – 2 Ws 372/64, JMBl. NW 1965, 23; MüKoStPO/Allgayer, 2016, StPO § 302 Rn. 40; SK-StPO/Frisch, 5. Aufl., § 302 Rn. 68; LR/Jesse, StPO, 26. Aufl., § 302 Rn. 90; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 302 Rn. 29; ohne Begründung anders OLG Oldenburg, Beschluss vom 18. April 2000 – 1 Ws 197/99, NStZ-RR 2001, 246). Eine entsprechende Anwendung kommt nicht in Betracht.

Mit der Sonderregelung des § 302 Abs. 2 StPO wird im Hinblick auf die Wirkung der Zurücknahme des Rechtsmittels, das zugunsten des Angeklagten eingelegt worden war, dessen Schutz vor den Folgen einer unerwünschten Zurücknahme bezweckt. Dieselbe Erwägung liegt der Regelung des § 302 Abs. 1 Satz 3 StPO zugrunde, dass ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel nicht ohne dessen Zustimmung zurückgenommen werden kann (vgl. RG, Urteil vom 22. Mai 1896 – Rep. 1788/96, RGSt 28, 385, 386). § 302 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 StPO sind spezielle Vorschriften zum Schutz des Angeklagten. § 302 Abs. 2 StPO gilt hingegen nicht für den Vertreter des Nebenklägers. Es besteht kein Grund zu einer entsprechenden Anwendung, weil der Normzweck des Schutzes des Angeklagten vor dem Eintritt der Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Strafurteil, auf den Nebenkläger nicht ebenso zutrifft.

Das Strafurteil gegen den Angeklagten wird bei Eintritt der Rechtskraft durch Zurücknahme des Rechtsmittels gemäß § 449 StPO vollstreckbar. Die Zurücknahme entfaltet daher für ihn eine besondere Wirkung, die nach Einlegung des Rechtsmittels zu seinen Gunsten nur dann durch dessen Zurücknahme eintreten soll, wenn er dies ausdrücklich wünscht. Der Nebenkläger erstrebt dagegen mit seinem Rechtsmittel eine Änderung der Entscheidung zum Nachteil des Angeklagten. Die Zurücknahme dieses Rechtsmittels beschwert den Nebenkläger weniger. Die Interessenlage ist deshalb nicht derart gleich gelagert, dass eine Analogie zu der Sonderbestimmung des § 302 Abs. 2 StPO gerechtfertigt wäre.“