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Dieselskandal I: Kleine Rechtsprechungsübersicht, oder: Der BGH war fleißig

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Heute dann der „Kessel-Buntes-Tag“. Und den eröffne ich mit einerm Reigen von Entscheidungen zum Dieselskandal, und zwar alles, was derzeit in meinem Blogordner gehangen hat. Das ist – man merkt, dass die Gerichte „aufarbeiten“ – eine Menge. Dazu kann man nicht Einzelpostings bringen. Daher diese Übersicht von Entscheidungen, die ich auch nur mit Leitsatz einstellt:

1. Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.

2. Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort.

Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Fahrzeughersteller in einem sogenannten Dieselfall.

Zum Umfang der Haftung eines Motorenherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Ersatzfähigkeit von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, Deliktszinsen).

1. Die Annahme grober Fahrlässigkeit (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) setzt im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal zumindest in einem ersten Schritt die Feststellung voraus, dass der geschädigte Fahrzeugerwerber von dem sogenannten Dieselskandal Kenntnis erlangt hat.

2. Die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB setzt lediglich voraus, dass die Musterfeststellungsklage selbst innerhalb der Verjährungsfrist erhoben wird. Dagegen kann die Anspruchsanmeldung zum Klageregister – im zeitlichen Rahmen des § 608 Abs. 1 ZPO – auch später erfolgen.

2. Die Berufung auf den Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB verstößt nicht allein deshalb gegen Treu und Glauben, weil der Gläubiger seinen Anspruch ausschließlich zum Zweck der Verjährungshemmung zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet hat.

1. Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Motortyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19 Rn. 19, ZIP 2021, 297 und Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20 Rn. 28, VersR 2021, 661).

2. Bei einer Abschalteinrichtung, die – wie hier – im Grundsatz auf dem Prüfstand in gleicher Weise arbeitet wie im realen Fahrbetrieb und bei der die Frage der Zulässigkeit nicht eindeutig und unzweifelhaft beantwortet werden kann, kann bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die für die Beklagte handelnden Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, so dass es bereits an der objektiven Sittenwidrigkeit fehlt.

3. Allein aus der hier zu unterstellenden objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters folgt kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer.

Zum Inhalt und zur Reichweite einer Beschaffungspflicht des Verkäufers beim Verbrauchsgüterkauf im Nacherfüllungsfall bei Einstellung der Produktion der ursprünglichen Kaufsache und Markteinführung eines Nachfolgemodells (hier: Neufahrzeug) – im Anschluss an Senatsurteil vom 21. Juli 2021 – VIII ZR 254/20, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt.

So, damit ist der Ordner derzeit von der Problematik befreit.

Auslagen nach Einstellung wegen Verjährung?, oder: Zauberwort „Schuldspruchreife“/Unschuldsvermutung

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In der zweiten Entscheidung mit gebühren- bzw. kostenrechtlichem Hintergrund nimmt das LG Magdeburg im LG Magdeburg, Beschl. v. 06.10.2021 – 28 Qs 31/21 – noch einmal zur Kosten-/Auslagentragungspflicht Stellung, wenn das Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt wird.

Gegen die Betroffene war ein Bußgeldbescheid wegen Nichteinhaltens des erforderlichen Mindestabstands ergangen. Dagegen hatte die Betroffene durch ihren Verteidiger Einspruch eingelegt. Die Bußgeldstelle hat die Sache über die Staatsanwaltschaft dem AG vorgelegt. Es wurde Hauptverhandlung anberaumt. Die Termine wurden dann mehrfach — zumeist auf Antrag des Verteidigers — verlegt., zuletzt auf den 29.06.2021. Zwischenzeitlich wurde zudem ein Sachverständigengutachten zur Ordnungsmäßigkeit der Abstandsmessung eingeholt. Nachdem durch die zuständige Richterin dann festgestellt wurde, dass in der Sache inzwischen Verjährung (§ 31 OWiG) eingetreten war, wurde der Hauptverhandlungstermin aufgehoben.

Das AG hat dann das Verfahren gemäß 206a StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG wegen der Verjährung auf Kosten der Staatskasse eingestellt. Die notwendigen Auslagen der Betroffenen wurden der Staatskasse nicht auferlegt (§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Eintritt der Verjährung aus § 31 Abs. 2 OWiG folge und sich die Kostenfolge aus der aufgrund des Gutachtens hohen Verurteilungswahrscheinlichkeit rechtfertige. Dagegen hat die Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hatte Erfolg:

„Gemäß § 467 Abs. 1 StPO fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last, soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. Nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO kann das Gericht davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht, es aber bei Hinwegdenken dieses Hindernisses mit Sicherheit zu einer Verurteilung gekommen wäre (BGH NStZ 1995, 406). Dabei handelt es sich allerdings um eine Ausnahmevorschrift, welche eng auszulegen ist (OLG Stuttgart BeckRS 2015, 00337; BeckOK StPO/Niesler, 40. Ed. 1.7.2021, StPO § 4:7 Rn. 11; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 467 Rn. 10; MüKoStPO/Grommes, 1. Aufl. 2019 StPO § 467 Rn. 20). Auf ein vorwerfbares Verhalten kommt es indes nicht an (OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2015, 294).

Eine solche Schuldspruchreife kann nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts indes nur nach vollständig durchgeführter Hauptverhandlung und dem letzten Wort des Angeklagten eintreten (BVerfG NJW 1992, 1612 (1613)), so dass die Vorschrift des § 467 Abs. 3 Satz l; Nr. 2 StPO nur Anwendung findet, wenn das Verfahrenshindernis nach dem letzten Wort des Angeklagten bekannt wird (KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 467 Rn. 10a; Hilger NStZ 2000, 332).

Nach insoweit anderer Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH NStZ 2000, 330 (331)) hat eine solche Schuldspruchreife auch dann eintreten, wenn nach weitgehend durchgeführter Hauptverhandlung ein erheblicher Tatverdacht besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur Feststellung der Tatschuld in Frage stellen würden.

Die Kammer muss diesen Streit vorliegend allerdings nicht entscheiden, da gegen die Betroffene jedenfalls keine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bernburg stattgefunden hat. Das Verfahrenshindernis der Verjährung ist vorliegend bereits eingetreten, bevor eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, sodass eine für die Anwendung des § 467 Abs. 3 :Satz 2 Nr. 2 StPO erforderliche Schuldspruchreife sowohl nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundesgerichtshofes nicht vorliegt. Soweit Seitens des Amtsgerichts Bernburg im Rahmen des Beschlusses vom 13.08.2021 auf die hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit aufgrund des eingeholten Gutachtens abgestellt wurde und dass sich daraus die Kostenfolge zu Lasten der Betroffenen rechtfertige, teilt die Kammer diese Auffassung vorliegend nicht. Insoweit ist nicht ausgeschlossen, dass die Betroffen das eingeholte Gutachten im Rahmen der Hauptverhandlung — eventuell erfolgreich — angegriffen hätte. Jedenfalls eine für die Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO erforderliche Schuldspruchreife lässt sich insoweit nicht herleiten.“

OWi III: Verjährungseintritt, oder: Welche Vorschriften gelten für die Fristberechnung?

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Und als dritte Entscheidung des Tages stelle ich dann noch den AG Hermeskeil, Beschl. v. 14.08.2020 – OWi 8112 Js 854/20 – vor. Es geht um den (Ab)Lauf der Verjährungsfrist und die Frage der Anwendbarkeit der §§ 42, 43 StPO.

Tatzeit war am 20.06.2019. Schriftlich Anhörung des Betroffenen am 23.07.2019 unter seiner Büroadresse, später dann noch einmal an der Privatanschrift angehört. Erlass des Bußgeldbescheides am 23.10.2019. Das AG sagt:  Verjährung ist eingetreten. Es stellt ein:

„Das Verfahren wurde eingestellt, da einer weiteren Strafverfolgung des Betroffenen die Verjährung entgegensteht. Abweichend von § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG verjähren Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten vor dem Erlass des Bußgeldbescheides gemäß § 26 Abs. 3 StVG i.V.m. § 24 Abs. 1 StVG innerhalb von drei Monaten. Die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat ereignete sich gemäß dem Bußgeldbescheid am 20.06.2019. Dem Betroffenen wurde mit Schreiben vom 23.07.2019 unter seiner Kanzleiadresse ein an ihn gerichteter Anhörungsbogen übersandt, welcher gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 O“iG zu einer Unterbrechung der Verjährung führte, sodass ab diesem Zeitpunkt eine weitere Frist von drei Monaten bis zum Eintritt der Verjährung lief. Diese Frist endete am 22.10.2019. Auf die Verfolgungsverjährung sind die Regelungen zur Fristberechnung aus §§ 42, 43 StPO nicht anwendbar. Stattdessen ist bei der Berechnung der Frist der Tag, auf den das Ereignis fällt, welches zur Verjährungsunterbrechung führt, mit einzurechnen. Die Verjährungsfrist endet daher mit Ablauf des Tages, der seiner kalendermäßigen Bezeichnung nach dem Tag vorausgeht, auf den das für den Verjährungsbeginn maßgebliche Ereignis fällt (Mitsch in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, 4. Auflage 2020, § 78 StGB, Rn. 20). Diese für die Verfolgungsverjährung gemäß §§ 78 ff. StGB anzuwendenden Regelungen, finden auch im Bußgeldverfahren entsprechend Anwendung (OLG Karlsruhe Beschluss vom 28.6.2019, 2 Rb 8 Ss 486/19). Zwar wurde dem Betroffenen unter seiner Privatadresse mit Schreiben vom 26.08.2019 ein weiterer Anhörungsbogen zugesandt, doch führt die Wiederholung einer Maßnahme gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG nicht zu einer erneuten Unterbrechung der Verjährung (OLG Braunschweig , Beschluss vom 10.10.2007 – Ss OWi 95/07). Der Bußgeldbescheid wurde am 23.10.2019 erlassen. Da die Verjährung jedoch bereits am 22.10.2019 eingetreten war, konnte er nicht mehr rechtzeitig eine weitere Unterbrechung der Verjährung herbeiführen. Der Betroffene

Den Beschluss hat mit der Kollege Gratz geschickt. Er hat leider auch nur das „Fragment“.

„Verjährung contra Einziehung“, oder: Einziehung nach Verjährung geht nicht

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Die 3. KW., eröffne ich mit zwei BGH-Entscheidungen zur Einziehung.

In dem Zusammenhang stelle ich zunächst den BGH, Beschl. v. 24.10.2019 – 1 StR 173/19 – vor. Der BGH nimmt Stellung zum Zusammenspiel Verjährung und Einziehung. Das LG hatte den Angeklagten mit Urteil vom 17.10.2018 u.a. wegen Umsatzsteuerverkürzung in den Jahren 2001 und 2002 verurteilt und insoweit die Einziehung des Wertes von Taterträgen für die Umsatzsteuerverkürzungen in den Jahren 2001 (47.633,50 EUR) und 2002 (45.832,38 EUR)

Der BGH sagt:

„Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis waren zum Zeitpunkt des Urteilserlasses (§ 78c Abs. 3 Satz 3, § 78b Abs. 3 StGB) bereits verjährt (§ 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO) mit der Folge, dass sie nach § 47 AO, § 73e Abs. 1 StGB erloschen sind und daher die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB nicht mehr in Betracht kommt. Gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog entscheidet der Senat in der Sache selbst und stellt insoweit das selbständige Einziehungsverfahren ein; hinsichtlich der betroffenen Beträge entfällt die Einziehung.

a) Die Hinterziehung der Umsatzsteuer für die Besteuerungszeiträume 2001 und 2002 war jeweils mit dem Eingang der Steuererklärung vom 22. August 2002 bzw. 13. Juni 2003 beim Finanzamt vollendet und beendet. Denn aus der jeweiligen Umsatzsteuerjahreserklärung ergab sich eine zu niedrige Zahllast; mit ihrem Eingang war eine zu geringe Umsatzsteuerschuld festgesetzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 168 Satz 1, § 150 Abs. 1 Satz 3 AO, § 18 Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 UStG, vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2019 – 1 StR 265/18 Rn. 18 mwN). Da die maßgebliche Wertgrenze von 50.000 Euro (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28 Rn. 32 ff.) jeweils unterschritten war, konnte von einem besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO nicht mehr ausgegangen werden. Somit galt die fünfjährige Verjährungsfrist aus § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, § 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO.

b) Die Strafverfolgungsverjährung hinsichtlich des Einziehungsbeteiligten und damit auch die Verjährung aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO) trat vorliegend spätestens 15 Jahre (vgl. § 78b Abs. 4 StGB) nach Tatbeendigung ein. Ein Urteil des ersten Rechtszuges war zu diesen Zeitpunkten, bezogen auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer für die Besteuerungszeiträume 2001 und 2002, gegen den Einziehungsbeteiligten noch nicht ergangen (§ 78b Abs. 3 StGB).

c) Entgegen den Ausführungen des Landgerichts führt das Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 47 AO: hier wegen Verjährung) zum Ausschluss der Einziehung des Tatertrages oder des Wertersatzes nach § 73e Abs. 1 StGB (aA: Madauß NZWiSt 2018, 28, 33 f.; 2019, 49, 52). Nach dieser Vorschrift kann eine Einziehung nach den §§ 73 bis 73c StGB nicht erfolgen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Der Auslegung von § 73e Abs. 1 StGB durch die Strafkammer, dass der „Anspruch der Staatskasse auf Zahlung der Steuern“ aber bereits auf dem jeweiligen Steuergesetz beruhe und „dem Fiskus folglich nicht aus der Tat erwachsen“ sei, kann nicht gefolgt werden. Der sich aus dem Steuerschuldverhältnis ergebende Steueranspruch (§ 37 Abs. 1 AO) bezieht sich vielmehr konkret auf die geschuldete Steuer als Geldleistung (Ratschow in Klein, AO, 14. Aufl., § 37 Rn. 4). Durch die über steuerlich erhebliche Tatsachen mittels unrichtiger oder unvollständiger Angaben bewirkte Steuerverkürzung erspart sich der Täter Aufwendungen, für die er – sofern ihm ein wirtschaftlicher Vorteil zugeflossen ist – nach § 73c StGB im Wege der Einziehung in Anspruch genommen werden kann. Die nicht entrichteten und geschuldeten Steuern aus dem Steuerschuldverhältnis (vgl. § 37 AO) können als ersparte Aufwendungen des Täters das von ihm Erlangte im Sinne von § 73e Abs. 1 StGB darstellen, auf den sich der Rückgewähranspruch bezieht. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist daher der Begriff des Erlöschens im Sinne von § 47 AO und § 73e Abs. 1 StGB schon wegen des untrennbaren sachlichen Inhalts einheitlich auszulegen. Der eindeutige Wortlaut beider Normen verbietet eine gegensätzliche Auslegung über deren Wortsinn hinaus (Art. 103 Abs. 2 GG). Die Strafgerichte sind gehalten, den Gesetzgeber beim Wort zu nehmen; ihn zu korrigieren, ist ihnen verwehrt (BGH, Beschluss vom 7. August 2019 – 4 StR 189/19 Rn. 16 mwN). Soweit der Gesetzgeber die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB mit Wirkung vom 1. Juli 2017 in das Strafgesetzbuch eingefügt und § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF gestrichen hat, ergibt sich daraus nichts Gegenteiliges. Es sollte nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 18/9525, S. 69) zwar weiterhin verhindert werden, dass der Täter bei Erlöschen der Forderung des Geschädigten doppelt in Anspruch genommen werden kann. Eine Aussage zu dem (Nicht-)Erlöschen von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis enthalten die Gesetzesmaterialien jedoch nicht.“

Verjährung des Kostenanspruchs, oder: Lang, lang ist es her

Und als zweite „Friday for money“ 🙂 – Entscheidung dann noch ein BGH-Beschluss, und zwar der BGH, Beschl. v. 06.08.2019 – 4 StR 315/13. In ihm geht es auch um einen Kostenansatz.

Der BGH hat mit Beschluss vom 12.09.2013 die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des LG Aachen als unbegründet verworfen. Vom Ansatz der Kosten hatte die Kostenbeamtin des BGH gemäß § 10 KostVfg. in der Folge zunächst abgesehen. Nachdem die JVA – der Angeklagte war also wohl in Strafhaft – mitgeteilt hatte, der Verurteilte verfüge über pfändbares Eigengeld, brachte die Kostenbeamtin die Kosten für das Revisions- und das Entschädigungsverfahren mit der dann angefochtenen Kostenrechnung in Ansatz.

Dagegen hat der Verurteilte geltend macht, die Forderungen seien bereits verjährt. Und er hatte damit Erfolg:

„2. Die Erinnerung des Verurteilten hat Erfolg. Der Anspruch auf Zahlung der im Revisionsverfahren entstandenen Kosten ist verjährt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GKG).

…..

c) Die Erinnerung des Verurteilten ist begründet. Dem Ansatz der im Revisionsverfahren entstandenen Kosten steht die Verjährung des Zahlungsanspruchs entgegen, die auf die ausdrücklich erhobene Einrede des Verurteilten zu berücksichtigen war (§ 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 GKG). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten beendet ist. Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Zahlung der Kosten, die in dem im September 2013 rechtskräftig beendeten Revisionsverfahren entstanden, endete danach mit Ablauf des 31. Dezember 2017. Umstände, die gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GKG in Verbindung mit §§ 203 ff. BGB bzw. nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GKG zur Hemmung oder zum Neubeginn der Verjährung geführt hätten, sind nicht gegeben. Vielmehr sah die Kostenbeamtin in zutreffender Anwendung des § 10 KostVfg. bis zum Erlass der angefochtenen Kostenrechnung vom Ansatz der Kosten ab.“