Schlagwort-Archive: Verjährung

Klatsche für den Verurteilten, oder: Wer die Musik bestellt, muss sie nicht unbedingt bezahlen…

Es gibt ja den Spruch, von der Strafe, die auf dem Fuße folgt. In dessen Abwandlung kann man sagen, dass es eine leider manchmal übersehene Klatsche für den Verurteilten gibt, die einer auch für ihn positiven Entscheidung im Strafvollstreckungsverfahren auf dem Fuße folgt. Nämlich die Frage/Problematik? Wer zahlt eigentlich die Gutachten, die eingeholt worden sind.

An sich müsste der Spruch gelten, wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen; so hat es das OLG Hamm (2 Ws 189/00) vor längerer Zeit mal versucht, sich damit aber nicht durchsetzen können. H.M. ist: Es handelt sich um Verfahrenskosten, die aufgrund der Kostenentscheidung im Urteil der Verurteilte zu zahlen hat. Das Urteil ist also eine vorausschauende Kostengrundentscheidung.

So jetzt auch das OLG Frankfurt in einem Beschl. v. 17.06.2010 – 2 Ws 134/09, in dem es allerdings nicht näher auf die Problematik eingeht, sondern sie offenbar als gelöst ansieht. Schade, dass die Frage nicht diskutiert wird. Mehr Platz wird dan aber auf die Frage verwendet, warum die Forderung der Staatskasse nicht verjährt ist/war. Da geht es dann ja auch ums Geld :-). Bei der Argumentation für die Kostentragungspflicht des Verurteilten wird leider m.E. übersehen, dass man ihn mit ggf. neuen Schulden, die erheblich sein können, in die Freiheit entlässt. Ggf. kann dann die gute Prognose wackeln.

Kein Schmerzensgeld für angeblichen Missbrauch im Beichtstuhl

dpa meldet am 06.07.2010: Eine angeblich als Kind in einem Beichtstuhl in Würzburg sexuell missbrauchte Frau bekommt kein Schmerzensgeld. Das hat die Zivilkammer des Landgerichts Würzburg am Dienstag entschieden. Die Ansprüche seien verjährt, erklärte der Anwalt des Bistums Würzburg, das die heute 49-Jährige auf 250.000 Euro verklagt hatte. Die Frau behauptet, ein katholischer Priester habe sich vor rund 40 Jahren zweimal wöchentlich in dem Beichtstuhl an ihr vergangen. Der angebliche Kinderschänder konnte aber nie gefunden werden. Auch für die Existenz des Beichtstuhls fehlen Beweise. Das Bistum hat stets alle Vorwürfe zurückgewiesen. Entscheidung vom 06.07.2010,  61 O 1534/06. Volltext würde mich mal interessieren. Mal sehen, ob man da dran kommt.

Wuppertal, BAB 01 W/01-373,0/DO 100 ist eine eindeutige Tatortbeschreibung, – oder vielleicht doch nicht??

Manchmal ist man ja erstaunt, wie im Bußgelbescheid der Tatort beschrieben wird, so z.B.  Wuppertal, BAB 01 W/01-373,0/DO 100. Man fragt sich dann natürlich, ist das so eindeutig, dass damit die Informationsfunktion des Bußgeldbescheides erfüllt, dieser also wirksam ist, und damit seine Zustellung die Verjährung unterbrochen hat.

Das OLG Düsseldorf sagt im Beschluss vom 24.02.2010 – IV – 3 RBs 29/10 ja, aber: Zugleich schreibt das OLG aber, wie man es besser machen könnte. Nämlich:

Indes wäre zur Verdeutlichung und zur Vermeidung formaler Einwände eine volltextliche Tatortbezeichnung zu bevorzugen, bei der die in die Kurzbezeichnung integrierte Messstellen- Nummer (hier: W/01-373,0/DO) unter Wegfall des Kürzels VV/01 nach Kilometerangabe und Fahrtrichtung aufgelöst wird (z. B. Wuppertal, Auto­bahn A 1, Kilometer 373,0, Fahrtrichtung Dortmund, 100 km/h).

Warum denn das, wenn es doch reicht.

Erneut Verfassungsbeschwerde gegen Auslieferung erfolgreich

Der Beschwerdeführer, der die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit besitzt, wehrt sich seit dreieinhalb Monaten gegen seine Auslieferung zur Strafverfolgung, um die griechische Behörden auf der Grundlage von mittlerweile drei Europäischen Haftbefehlen ersuchen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits im vorigen Monat 2009 (vgl. Pressemitteilung Nr. 101/2009 vom 4. September 2009) entschieden hatte, dass die Bewilligung der Auslieferung auf der Grundlage des ersten Europäischen Haftbefehls Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt hatte, erklärte das OLG München die Auslieferung wegen des
zweiten Europäischen Haftbefehls erneut für zulässig und ordnete Auslieferungshaft an. Die Generalstaatsanwaltschaft entschied wiederum, die Auslieferung zu bewilligen. Gegen beide Entscheidungen wandte sich der Beschwerdeführer mit seiner zweiten Verfassungsbeschwerde.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Bewilligungsentscheidung der Generalstaatsanwaltschaft und den Beschluss des Oberlandesgerichts München wendet, die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Strafverfolgung für zulässig zu erklären. Die Entscheidungen wurden aufgehoben und zur erneuten Entscheidung über die Auslieferung an ein anderes Oberlandesgericht zurückverwiesen. Nach wie vor beanstandet die Kammer nicht prinzipiell die Auslieferung eines  deutschen Staatsangehörigen nach Griechenland auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls, stellt aber fest, dass der Auslieferungsbeschluss des Oberlandesgerichts willkürlich das Grundrecht des Beschwerdeführers auf  Auslieferungsschutz verletzt. Der Beschluss unterschreitet die Mindesterfordernisse an Art und Tiefe der Begründung richterlicher Entscheidungen, weil er – wiederum mit Blick auf Verjährungsfragen – wesentliche Rechtsfragen übergeht und den Sachverhalt nicht hinreichend weit aufgeklärt hat.

Quelle: PM 116/09 v. 12.10.2009