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Durchsuchung beim Insolvenzverwalter – nun mal nicht so schnell!!!

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Entscheidungen zu Durchsuchung und Beschlagnahme haben vor einige Jahren die Rechtsprechung zum Ermittlungsverfahren beherrscht, inzwischen ist die Flut aber deutlich zurück gegangen. Das bedeutet allerdings nicht, dass – wie das Verfahren Edathy beweist – Durchsuchungen nicht immer noch von erheblicher Brisanz sind bzw. sein oder haben können. Das gilt sicherlich vor allem auch dann, wenn es um die Durchsuchung von Rechtsanwaltskanzleien und oder um Durchsuchungen bei unbeteiligten Dritten, wie z.B. einem Insolvenzverwalter, geht. Da spielen die mit der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung zusammenhängenden Fragen eine erhebliche Rolle. Beim Insolvenzverwalter geht die landgerichtliche Rechtsprechung im Grunde davon aus, dass die Durchsuchung quasi „ultima ratio“ ist und ein Herausgabeverlangen vorgeht. Darauf weist jetzt der LG Dresden, Beschl. v. 27. 11. 2013 – 5 Qs 113/13 – noch einmal hin:

„..c) Allerdings verletzt der angegriffene Beschluss den bei Durchsuchungen stets zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Beschwerdeführer zu 1 hätte nach § 95 StPO zur Herausgabe der gesuchten Unterlagen aufgefordert werden können.

Die Durchsuchung muss im Hinblick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck nicht nur erfolgversprechend, sondern zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat auch erforderlich sein; das ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachts stehen (BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2011, 2 BvR 1011/10, zitiert nach juris). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet in jedem Verfahrensstadium das jeweils mildeste Mittel anzuwenden. Kann ein Ermittlungserfolg auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden, so muss dasjenige Mittel gewählt werden, welches den Betroffenen unter den Umständen des Einzelfalles bestmöglich schont.

Vorliegend wäre ein auf § 95 StPO gestütztes Herausgabeverlangen ausreichend und gleich erfolgversprechend gewesen. Ein Vorgehen der Ermittlungsbehörden nach § 95 StPO bietet sich immer dann als strafprozessuales Instrument an, wenn anzunehmen ist, dass der Herausgabepflichtige die gesuchten Beweisgegenstände freiwillig herausgibt und weder das Gebot der Verfahrensbeschleunigung entgegensteht noch ein das Ermittlungsverfahren bedrohender Verlust der begehrten Sache oder gar Verdunkelungsmaßnahmen zu besorgen sind (LG Saarbrücken, Beschluss vom 2. Februar 2010, 2 Qs 1/10, zitiert nach juris, m. w. N.).

Ein Insolvenzverwalter – wie der Beschwerdeführer zu 1 – als geschäftskundige, unabhängige Rechtsperson (§ 56 Abs. 1 InsO), die Amtspflichten trifft, ist verpflichtet, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren. Es waren vorliegend weder ein Verlust der gesuchten Unterlagen noch Verdunkelungsmaßnahmen von Seiten des Beschwerdeführers zu 1 zu befürchten. Allein der Wunsch nach einem zeitgleichen Vorgehen gegen alle (vermeintlichen) Gewahrsamsinhaber von Beweismitteln rechtfertigt es wegen des bei einer Durchsuchung betroffenen Grundrechts aus Art. 13 Abs. 1 GG nicht, ohne vorheriges Herausgabeverlangen nach § 95 StPO die Durchsuchung der Geschäftsräume des betroffenen Insolvenzverwalters anzuordnen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer zu 1 im Fall eines Herausgabeverlangens den Insolvenzschuldner hierüber – ggfs. entgegen einer ausdrücklichen Aufforderung der Ermittlungsbehörde – informiert hätte oder gar Unterlagen zurückgehalten hätte, liegen nicht vor. Ersterem hätte zudem mit einem Zuwarten bis nach Durchführung der sonstigen Maßnahmen begegnet werden können. Dass eine zeitgleiche Beschaffung aller Unterlagen relevante ermittlungstaktische Vorteile versprach, ist in Bezug auf den Beschwerdeführer zu 1 nicht dargetan. Angesichts der Dauer des Ermittlungsverfahrens hätte selbst ein erfolgloses Herausgabeverlangen zu keiner Verzögerung des Verfahrens geführt.“

Also: So schnell schießen die Sachsen nun doch nicht.

 

Manches geht eben nur am Nikolaustag, sonst: Verspätung

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Dem Tag – dem 06. Dezember, also dem Nikolaustag – angemessen, wollen wir heute den Auftakt machen mit einer Entscheidung, die wenigstens entfernt etwas mit Nikoöaus zu tun hat. War gar nicht so einfach etwas zu finden, das strafrechtlichen Bezug zum Nikolaus hatte. Natürlich hätten wir über den LG Koblenz, Beschl. v. 19.12.2012 – 2090 Js 29.752/10 -12 KLs berichten können, wo ein „genialer Schöffe“ Nikoläuse verteilt hatte. Aber die Entscheidung war, da wir darüber ja schon berichtet haben, leider verbrannt (vgl. dazu Nicht Rosen, sondern Schoko-Nikoläuse gibt es beim LG Koblenz für den Staatsanwalt). Auch konnten wir nicht allein noch einmal den Nikolaus im Osternest nehmen, den hatten wir auch schon: Frohe (vorweihnachtliche) Ostergrüße, oder: Der Nikolaus im Osternest.

Aber bei der Recherche bin ich dann auf den OVG Niedersachsen, Beschl. v. 24.10.2017 – 11 ME 309/07 gestoßen, der (entfernt) auch mit Nikolaus zu tun. Im Verfahren geht es um die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung (§ 81b StPO). Dazu führt das OVG dann allgemein aus:

Voraussetzung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist, dass die angeordneten Maßnahmen für Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19. 10. 1982 -1 C 29.79 -, BVerwGE 66, 192 = NJW 1983, 183) ist die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung dann gegeben, wenn der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles -insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftaten, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist -Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen -den Betroffenen schließlich überführend oder entlastend -fördern könnten. Da Maßnahmen für Zwecke des Erkennungsdienstes tief in die Rechte des Beschuldigten eingreifen, kommt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine erhebliche Bedeutung zu (Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechtes, 4. Aufl., 2007, G Rdnr. 265).

Nach der in diesem Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung bestehen zumindest zur Zeit Bedenken, ob die angeordnete Maßnahme dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht….“

Und bei einer der Taten, mit denen die Erforderlichkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung begründet worden ist, hat der Betroffene dann „Glück“.

….Dem Verfahren 1161 Js 111408/06 (StA Hannover) lag ein Vorfall vom 6. Dezember 2006 zugrunde. Ausweislich der von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren überreichten Presseberichte (GA Bl. 68 ff.) hatten an dem Tag über 50 Atomkraftgegner aus den Standorten Gorleben, Asse und Schacht Konrad im und am Landtag in Hannover gegen die Endlagerpolitik der Niedersächsischen Landesregierung protestiert und u. a. im Plenarsaal ein Transparent entrollt und versucht, sich am Rednerpult anzuketten, während andere als Nikoläuse verkleidet mit symbolischen Atommülldosen die Eingangstür zum Landtagsgebäude versperrten. Hierbei handelt es sich jedoch schon aufgrund des Datums (Nikolaustag) um einen singulären Vorfall, der nicht zur die Annahme einer die erkennungsdienstliche Behandlung rechtfertigenden Wiederholungsgefahr führt…“

Also: Zur richtigen Zeit demonstriert, allerdings: Was will man auch an anderen Tagen als Nikolaus :-). Da muss man sonst mit dem „Verspätungseinwand“ rechnen.

Fahrtenbuchauflage: Wann wird sie unverhältnismäßig?

© a_korn - Fotolia.com

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Gegen einen Kraftfahrzeughalter wird eine Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) festgesetzt: Grund: Mit seinem Pkw wurde ein Geschwindigkeitsverstoß – innerhalb geschlossener Ortschaft mehr als 25 km/h über den zulässigen 50 km/h – begangen, der Fahrzeugführer konnte nicht ermittelt werden. Dagegen klagte der Kraftfahrzeughalter, hatte damit aber weder beim VG noch beim OVG Erfolg. Der Halter hatte geltend gemacht, dass zwischen dem Verkehrsverstoß bzw. der Einstellung des Bußgeldverfahrens und dem angefochtenen Bescheid mehr als 15 Monate verstrichen seien, deshalb sei die Fahrtenbuchanordnung nicht mehr zulässig gewesen.

Dazu der OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.08.2013 – 12 LA 156/12:

Dieser Vortrag verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. Zwar trifft der Einwand des Klägers zu, dass die vom Verwaltungsgericht genannten Entscheidungen des Senats (Urt. v. 13.9.1993 – 12 L 7041/91 – und v. 12.6.1995 – 12 L 3139/95 -) vorliegend nicht einschlägig sind. In den Fällen, in denen wegen der Erhebung der Klage gegen den Bescheid und ggf. des anschließenden Rechtsmittelverfahrens ein erheblicher Zeitraum seit Tatbegehung bis zur endgültigen Entscheidung verstreicht, wird die weiter bestehende Verhältnismäßigkeit nämlich insbesondere damit begründet, dass es anderenfalls der Kläger in der Hand hätte, allein durch das Ausschöpfen von Rechtsmitteln die streitige Anordnung zu Fall zu bringen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.7.1995 – 11 B 18.95 -, NJW 1995, 3402 für einen Zeitraum von fast 3 1/2 Jahren zwischen Verkehrsverstoß und Berufungsverhandlung). Dagegen ist denkbar, dass für die Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage der zwischen der Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit/Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens und der Anordnung der Fahrtenbuchauflage verstrichene Zeitraum relevant sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.12.1991 – 3 B 108.91 -, zfs 1992, 286) und eine Fahrtenbuchauflage als Mittel der Gefahrenabwehr nach Vergehen eines erheblichen Zeitraums als unverhältnismäßig anzusehen ist. Dieses ist aber vorliegend, da zwischen der Begehung des mit einem Punkt zu wertenden Verkehrsverstoßes (6. August 2009) und dem angefochtenen Bescheid (16. März 2011) gut 19 Monate und zwischen der Einstellung des Bußgeldverfahrens (5. November 2009) und der Fahrtenbuchanordnung gut 16 Monate liegen, (noch) nicht der Fall. Der zeitliche Abstand hält sich vielmehr im Rahmen dessen, was der Senat in vergleichbaren Konstellationen als (noch) verhältnismäßig angesehen hat (zu einem Zeitraum v. 18. Monaten vgl. Beschl. v. 23.7.2013 – 12 LA 154/12 -; v. 16 Monaten: Beschl. d. Sen. v. 26.4.2013 – 12 LA 267/12 -, v. 31.1.2013 – 12 LA 149 /12 – und v. 6.2.2012 – 12 LA 74/11 -; v. 15 Monaten: Beschl. d. Sen. v. 12.8.2013 – 12 LA 253/12 -; v. 13.11.12 – 12 LA 22/12 – und v. 21.3.2012 – 12 LA 71/11 -). Der Umstand, dass es innerhalb dieses Zeitraums offenbar nicht zu einem weiteren vergleichbaren Vorfall gekommen ist, erlaubt nicht die Annahme, das Führen des Fahrtenbuchs sei funktionslos (geworden). Hier sind keine Umstände dargetan oder sonst ersichtlich, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Vor dem Hintergrund, dass – wie dargelegt – ab einem gewissen Zeitraum die Auferlegung eines Fahrtenbuchs tatsächlich unverhältnismäßig sein kann, ist es auch nicht willkürlich, dass sich der Beklagte – wie der Kläger geltend macht – offenbar entschieden hat, Vorfälle aus dem Jahr 2008 im Jahr 2011 nicht mehr zu verfolgen.

Auch eine Verwirkung mit Blick auf den Vertrauensgrundsatz kommt vorliegend nicht in Betracht. Der bloße Zeitablauf vermag eine Verwirkung nicht zu begründen. Vielmehr muss neben das Zeitmoment ein schutzwürdiges Vertrauen begründendes Umstandsmoment treten. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte aber kein Verhalten gezeigt, aus dem der Kläger den Schluss ziehen konnte, es solle von einer Fahrtenbuchauflage abgesehen werden.“

Also: Ja, der Zeitablauf kann Auswirkungen auf die Fahrtenbuchauflage habe, aber erst nach einem erheblichen Zeitraum….und das sind mehr als 19 Monate. Ich habe das jetzt nicht näher geprüft: Aber nach zwei Jahren dürfte – wie beim Fahrverbot – Schluss sein.

Haft II: Auch Richter dürfen Urlaub machen, aber sonst bitte mehr als ein HV-Tag/Woche

HaftraumEbenfalls eine „klassische“ Verfahrenskonstellation behandelt der KG, Beschl. v. 29.06.2013 –  4 Ws 92/13 (vgl. zu klassischen Haftfragen zuletzt das Posting Haft I: Keine Doppelakten – kein Haftbefehl). Da hatte das LG dem Angeklagten Haftverschonung gewährt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das KG verworfen. Begründung: Die Außervollzugsetzung war aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten.

„b) Darüber hinaus ist die Haftverschonung mittlerweile auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit veranlasst. Die Hauptverhandlung ist unter Berücksichtigung der von Verfassungs wegen zu beachtenden Anforderungen (vgl. nur BVerfG StV 2008, 198) – bei objektiver Betrachtung, bei der es auf eine wie auch immer geartete Vorwerfbarkeit oder ein Verschulden nicht ankommt, sondern allein zu prüfen ist, ob eine Verfahrensverzögerung der Sphäre des Staates zuzurechnen ist oder nicht (vgl. BVerfG NJW 2006, 672, 673 f.; StV 2006, 703, 704, 705) – nicht in der gebotenen konzentrierten Form durchgeführt worden.

Anfangs war dies allerdings noch der Fall. Der Senat hat die Fortdauer der Untersuchungshaft im Januar 2013 (auch) mit Blick darauf angeordnet, dass sich gegen die vorgesehene Gestaltung der Hauptverhandlung (zehn Hauptverhandlungstage in der Zeit vom 8. März bis 19. April 2013) keine Bedenken ergaben. In der Zeit danach kam es jedoch innerhalb eines Zeitraums von 13 Wochen zu lediglich sechs Verhandlungstagen, von denen einer nur eine knappe halbe Stunde und zwei weitere nur zwei Stunden bzw. wenig mehr als zwei Stunden dauerten und damit die Anforderungen an die gewöhnliche Verhandlungsdauer (vgl. dazu etwa BVerfG StraFo 2013, 160 m.w.N.) verfehlten.

Zwar war in den Monaten Mai und Juni ein Teil der Verhandlungspausen durch die Erkrankung eines Gerichtsmitglieds veranlasst und müssen auch Berufsrichter (wie auch weitere notwendige Verfahrensbeteiligte) nicht auf ihren Erholungsurlaub, der hier im Juli zu einer Verhandlungspause von drei Wochen geführt hat, verzichten. Überdies ist das Bestreben der Strafkammer erkennbar und anzuerkennen, ungeachtet ihrer Belastung mit weiteren Verfahren und der überraschenden Konfrontation mit neuen Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft die Hauptverhandlung in möglichst konzentrierten Form fortzusetzen, wobei allerdings in der bereits geplanten Zeit bis zum 19. September 2013 eine Hauptverhandlungsdichte von durchschnittlich mehr als einem ganztägigen Termin in der Woche nur knapp erreicht werden und somit ein Ausgleich für bereits eingetretene Verzögerungen nicht möglich sein wird. Soweit es die Belastung des Gerichts mit anderen umfangreichen Verfahren angeht, die einer bestmöglichen Verfahrenförderung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG entgegenstand und -steht, wirkt sich dieser Gesichtspunkt, der Folge der gegebenen Ausstattung der Justiz mit personellen und sächlichen Mitteln ist, aber nicht zu Lasten des Angeklagten aus (vgl. nur BVerfG NJW 2006, 668, 671 m.w.N.). Hinzu kommt, dass in Fällen schon länger andauernder Untersuchungshaft die Anforderungen an die Verfahrensförderung im Regelfall besonders hoch sind; hier können schon kleinere Verzögerungen die Annahme eines Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das hinsichtlich seiner begrenzenden Wirkung auf die Dauer der Untersuchungshaft zugleich im Zusammenhang mit dem Beschleunigungsgebot steht (vgl. BVerfG NJW 2006, 1336, 1337), begründen (vgl. hierzu BVerfG NJW 2006, 677, 679; StV 2006, 703, 704). In derartigen Fällen ist die Fortdauer der Untersuchungshaft bei Verzögerungen, die der staatlich verfassten Gemeinschaft zuzurechnen sind, jedenfalls für Angeklagte, die nicht ihrerseits durch unangemessenes Prozessverhalten vermeidbare Verzögerungen verursachen, nicht mehr vertretbar.“

M.E. hätte das LG sogar noch weiter gehen müssen. Denn ist der Haftbefehl nicht mehr verhältnismäßig, stellt sich immer auch die Frage, ober er überhaupt aufrecht erhalten werden darf. M.E. nicht. Das hatte das KG aber hier aufgrund der Verfahrenslage – Beschwerde der StA – nicht zu prüfen.

Verfahren kann nicht zeitnah beendet werden – es gibt den Führerschein zurück

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Folgender Verfahrensablauf in einem Verfahren wegen Straßenverkehrsgefährdung:

04.05.2012 vermeintliche Tat
08.05.2012 Anzeige des Zeugen X und dessen polizeiliche Vernehmung
14.06.2012 Anhörung des Angeklagten
27.09.2012 Eingang des Anzeigevorgangs bei der Staatsanwaltschaft
08.11.2012 Auftrag für Nachermittlungen
06.12.2012 Eingang der Ergebnisse
09./11. 01.2013 Antrag auf Erlass eines StB und für den Fall des Einspruchs die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
15.01.2013 Erlass des Strafbefehls
21.01.2013 Einspruch eingelegt
07.,02.2013 vorläufige Entziehung der Fahrererlaubnis

Dem LG Stuttgart reicht der Verfahrensablauf nicht (mehr) um die Verhältnismäßigkeit der weiteren Dauer der vorläufigen Entziehung zu bejahen, zumal eine Hauptverhandlung wegen Verhinderung des Tatzeugen erst im Juni 2013, ggf. Ende April 2013 durchgeführt werden kann. Dazu der LG Stuttgart, Beschl. v. 13.03.2013 – 18 Qs 14/13:

…Unbeschadet des fortbestehenden dringenden Tatverdachts und unabhängig von der Frage, ob der mutmaßliche Eignungsmangel im Sinne des § 69 StGB weiter besteht und deshalb – was zu bejahen ist – gemäß § 111 a StPO dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis zu entziehen sein wird, erscheint die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegend aber wegen auf einer sachwidrigen Behandlung unter Verletzung des Beschleunigungsgebots beruhenden Verzögerung des Verfahrens unverhältnismäßig (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NStZ 2005, 402 f.).

Die Belastung aus einem Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich muss in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenen Vorteilen stehen. Das gilt bei der Anordnung, Vollziehung und Fortdauer derartiger Maßnahmen, auch bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis….

Ihn auf – aus derzeitiger Sicht – unabsehbare Zeit auf der Grundlage vorläufiger Erkenntnisse ohne Fahrerlaubnis zu belassen, widerspricht jedenfalls vor dem Hintergrund der bereits vor dem 07.02.2013 zögerlichen Sachbehandlung dem Rechtsstaatsgebot.“

Das LG setzt damit Rechtsprechung, die es im Haftrecht gibt, um, ohne es ausdrücklich auszuführen. Nämlich, dass bereits dann, wenn eine Verfahrensverzögerung absehbar ist, der Haftbefehl ggf. aufgehoben werden muss.