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Auslieferungsverfahren, oder: Terminsgebühr für die Teilnahme an einer Anhörung beim AG?

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Den Gebührenfreitag beginn ich heute mit dem OLG Bremen, Beschl. v. 12.09.2018 – 1 Ausl. A 2/18. Er ist zu einer gebührenrechtlichen Problematik des Auslieferungsverfahrens ergangen, also zu Teil 6 VV RVG. Der Bereich ist an sich nicht der Bereich, aus/über dem/den ich sonst berichte. Da aber das Auslieferungsverfahren immer mehr an Bedeutung zunimmt, will ich den Beschluss heute hier vorstellen.

In dem Beschluss geht es um die Frage, ob der Rechtsanwalt, der im Auslieferungsverfahren als Beistand des Verfolgten an einer Anhörung seines Mandanten beim AG teilgenommen hat, eine Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV RVG abrechnen kann oder nicht. Das Problem wird seit Inkrafttreten des RVG in Rechtsprechung und Literatur diskutiert. Die Rechtsprechung hat die Frage (fast) einhellig verneint, nur das OLG Jena ist vor längerer Zeit mal anderer Auffassung gewesen, in der Literatur wird die Frage hingegen (teilweise) bejaht, so auch von Herrn Volpert in unserem RVG-Kommentar Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., der auch – was manchmal ein wenig übersehen wird – die mit Teil 6 VV RVG zusammenhängenden Fragen behandelt.

Das OLG Bremen hat sich den bekannten Argumenten der h.M. in der Rechtsprechung angeschlossen. Da die sattsam bekannt sind, stelle ich hier nur den Leitsatz ein. Rest dann bitte im Selbststudium:

„Für die Teilnahme des Beistands des Verfolgten im Rahmen des Auslieferungsverfahrens an einem Termin zur Vernehmung des Verfolgten vor dem Amtsgericht nach den §§ 21, 22 oder 28 IRG fällt keine Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV RVG an. Das Anfallen der Terminsgebühr nach Nr. 6102 VV RVG ist lediglich für die Teilnahme an mündlichen Verhandlungen vor dem Oberlandesgericht vorgesehen.“

Wie gesagt, über die Frage wird diskutiert. M.E. ist die h.M. nicht richtig, aber man kann gegen die versammelte Macht der OLg nichts (mehr) ausrichten.

Zutreffend ist allerdings, wenn das OLG Bremen die vom Beistand auch heltend gemachte Gebühr Nr. 6100 VV RVG nicht gewährt  hat. Die kann nämlich im Auslieferungsverfahren nicht anfallen:

„b) Zutreffend ist auch die Gebühr nach Nr. 6100 VV RVG durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle von den beantragten Gebühren abgesetzt worden. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 6100 VV RVG entsteht ausweislich der Überschrift dieses Unterabschnitts 1 und der Vorbemerkung 6.1.1. nur für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde in Verfahren nach den §§ 87 ff. IRG. Eine Verfahrensgebühr für das gerichtliche Auslieferungsverfahren entsteht dagegen lediglich, wie beantragt und zuerkannt, nach Nr. 6101 VV RVG (siehe OLG Dresden, Beschluss vom 01.12.2017 – OLG Ausl 111/16, juris Rn. 16, JurBüro 2018, 70; Mayer, in: Gerold/Schmidt, 23. Aufl., 6101, 6102 VV RVG Rn. 2; H. Schneider, in: Riedel/Sußbauer, 10. Aufl., 6101 VV RVG Rn. 3).“

Pflichtverteidiger bei richterlicher Vernehmung, nur Terminsgebühr, oder: Verteidigung zum Nulltarif

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Gebührenfreitag ist. Und das bedeutet: Es gibt gebührenrechtliche Entscheidungen. Die erste ist der OLG Celle, Beschl. v. 10.09.2018 – 3 Ws 221/18. Für mich ein Ärgernis.

Das OLG hat über folgenden Sachverhalt entschieden: Gegen den Beschuldigten war ein Verfahren wegen eines versuchten Tötungsdelikts anhängig. Für den Beschuldigten meldete sich Rechtsanwalt WX, der dem Beschuldigten gem. § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde. Er erklärte er, der Beschuldigte werde von seinem Schweigerecht Gebrauch machen; weitere Einlassungen würden nur über ihn erfolgen. Rechtsanwalt WX beantragte außerdem, dem Beschuldigten als Pflichtverteidiger gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 StPO für die anstehende Verkündung des Haftbefehls als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Sollte eine Terminsabstimmung mit ihm nicht möglich sein, benenne er Rechtsanwalt YZ oder Rechtsanwalt L. als Pflichtverteidiger für den anstehenden Vernehmungstermin. Zum Termin zur Verkündung des Haftbefehls erschien Rechtsanwalt L., ausweislich des Protokolls als Verteidiger/Terminsvertreter, und beantragte vorab Akteneinsicht, die ihm gewährt wurde. Hierzu wurde die Verhandlung für 5 Minuten unterbrochen. Die Akten hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von etwa 200 Seiten. Der Beschuldigte machte zur Sache keine Angaben. Rechtsanwalt L. beantragte sodann Aufhebung des Haftbefehls. Der Vollzug der Untersuchungshaft wurde aufrechterhalten. Sodann wurde Rechtsanwalt WX dem Beschuldigten als Pflichtverteidiger beigeordnet und wurde Rechtsanwalt L. „für die heutige Haftbefehlsverkündung als notwendiger Verteidiger“ beigeordnet. Im weiteren Verfahren war Rechtsanwalt L. nicht mehr tätig.

Rechtsanwalt L. hat für seine Teilnahme am Termin zur Verkündung des Haftbefehls eine Grundgebühr nach Nr. 4100, 4101 VV RVG, eine Terminsgebühr nach Nummer Nr. 4102, 4103 VV RVG, eine Verfahrensgebühr nach Nummer 4104 VV RVG sowie eine Auslagenpauschale nach Nummer 7002 VV RVG geltend. Festgesetzt worden ist lediglich die Terminsgebühr. Die Erinnerung hatte keinen Erfolg.

Der Leitsatz der OLG-Entscheidung:

„Wird ein Rechtsanwalt nach § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO für die Verkündung eines Haftbefehls (oder eine sonstige richterliche Vernehmung) beigeordnet, entsteht regelmäßig nur eine Terminsgebühr nach Nr. 4103 VV RVG; Verfahrens- und Grundgebühr sowie die Auslagenpauschale fallen in solchen Fällen regelmäßig nicht an.“

Wer mag, kann die falsche Begründung des OLG im Volltext nachlesen. Ich erspare es mir hier und stelle lieber meine Kommentierung der Entscheidung im RVGreport und im StRR ein:

1. „Alle Jahre wieder“ oder „Und immer grüßt das Murmeltier“ – so könnte man die Entscheidung auch überschreiben. Denn mit ihr wird eine alte Diskussion an einer Stelle wieder aufgefrischt, an der sie noch weniger passt als an der ursprünglichen Stelle. Nämlich die Frage: Erhält ein Terminsvertreter für einen beigeordneten Rechtsanwalt in der Hauptverhandlung nur die Terminsgebühr und/oder auch die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr? Das OLG Celle und einige andere OLG haben dazu in der Vergangenheit die Auffassung vertreten: Nur die Terminsgebühr (vgl. u.a. OLG RVGreport 2009, 226: wegen weiterer Nachweise Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4.1 VV Rn 25 ff.). Dass das falsch ist, habe ich bereits dargelegt (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4100 VV Rn 8 ff.). Die Argumentation gilt auch für den „Terminsvertreter“ bei einer richterlichen Vernehmung. Das OLG führt in seiner Entscheidung zu § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO nicht ein einziges neues Argument an, sondern zieht sich letztlich auf die „Argumentation“ „Das haben wir immer schon so gemacht“ zurück. Seine Auffassung wird auch nicht davon getragen, dass es offenbar meint, dass der bestellte Rechtsanwalt nicht in die Akten Einsicht nehmen müsse. Das Gegenteil ist der Fall und ist hier ja auch geschehen. Zudem verkennt das OLG, dass es eine isolierte Terminsgebühr nicht gibt. Mit der Tätigkeit des Rechtsanwalts ist das „Geschäft betrieben worden, was zur Grundgebühr und Verfahrensgebühr führt (Vorbem. 4 Abs. 2 VV RVG; Anm. zu Nr. 4100 VV RVG).

2. Wenn das OLG in seiner Entscheidung darauf hinweist, dass für den Fall einer ungewöhnlich umfangreichen Tätigkeit bei Teilnahme an einer richterlichen Vernehmung die Möglichkeit offen stehe, insoweit eine Pauschgebühr geltend zu machen, ist das schon fast zynisch. Denn, wenn der Verteidiger die Pauschgebühr nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG beantragt, wird man ihm angesichts der restriktiven Praxis zur Gewährung eines Pauschgebühr sicherlich entgegenhalten, die gesetzliche Gebühr Nr. 4102 VV RVG in Höhe von 166 € sei zumutbar.

3. Wenn außerdem darauf hingewiesen wird, dass es „in praktischer Hinsicht auch im Hinblick auf die hierdurch ausgelösten Gebühren angeraten [erscheint], im Falle einer Beiordnung nach Maßgabe von § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO klarzustellen, dass diese lediglich für die Teilnahme an der richterlichen Vernehmung. resp. am Termin zur Verkündung eines Haftbefehls erfolgt“, ist eine solche Beschränkung überflüssig. Es ist dem OLG offenbar entgangen, dass die Bestellung nach § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO immer nur für die Dauer der jeweiligen richterlichen Vernehmung erfolgt (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 8. Aufl., 2019, Rn. 3426 ff.; Schlothauer StV 2017, 557; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. 2018, § 141 Rn 5d). Im Übrigen würde die Beschränkung auch nicht das gebührenrechtliche Probleme lösen.

4. Ich rufe nicht oft nach dem Gesetzgeber, hier tue ich es aber mal. Es geht nämlich m.E. nicht an, dass im Strafverfahren – u.a. im Hinblick auf die Vorgaben der EU – immer weitere Rechte des Beschuldigten geschaffen und weitere Termine eingeführt werden, sich aber offenbar niemand im BMJV Gedanken darüber macht, wie eigentlich die Teilnahme von Rechtsanwälten an solchen Terminen honoriert werden: Aufgrund der immer mehr anzutreffend Knauserigkeit und Sparsamkeit der Gerichte nämlich im Zweifel gar nicht bzw. wird der (Pflicht)Verteidiger mit dem nicht zielführenden Hinweis auf die Möglichkeit eines Pauschgebühr abgespeist. Das führt letztlich in vielen Fällen zu einer Verteidigung zum „Nulltarif“. Daher wäre es m.E. mehr als an der Zeit, in dem anstehenden KostRMoG nun endlich auch diese Fälle zu lösen und dafür zu sorgen, dass auch Verteidiger für ihre Tätigkeit angemessen entlohnt werden. Der „Gemeinsame Katalog von DAV und BRAK“ (vgl. RVGreport 2018, 202 ff.) bringt dazu allerdings leider nicht viel Neues. Er ist in meinen Augen viel zu „zivilverfahrenslastig“. Die Verteidiger und/oder das Strafverfahren kommen mal wieder zu kurz.“

Das LG Aschaffenburg und die Rücknahme der Revision, oder: Wunder gibt es immer wieder

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den LG Aschaffenburg, Beschl. v. 02.05.2018 – Qs 44/18, den mir die Kollegin Waterstradt aus Aschaffenburg geschickt hat. Frage, die sich der ein oder andere Leser stellen wird: Warum ist die Entscheidung ein Wunder? Nun: Das LG – ein bayerisches LG – stellt sich mit seiner Auffassung gegen die wohl h.M. in der Rechtsprechung zum Anfall der Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG (Rücknahme der Revision) und damit auch gegen zwei bayersiche OLG. Schon bemerkenswert.  Das reicht m.E. für ein Wunder 🙂 .

Und das LG hat im Eregbnis recht. Die Nr. 4141 Vv RVG setzt nicht voraus, dass eine (Revisions)Hauptverhandlung nahe lag. Diese Voraussetzungen haben die OLG in die Vorschrift hineinkonstruiert. Das hatte der Gesetzgeber so nicht gewollt/vorgesehen.

Allerdings erscheint mir die Begründung des LG für seine im Ergebnis zutreffende Entscheidung ein wenig quer. Das LG unternimmt nämlich zwei Schritte: Zunächst Feststellung, dass die Gebühr Nr. 4141 VV RVG durch die Rücknahme entstanden ist, dann im zweiten Schritt die Prüfung, ob der Verteidiger eine über den Abgeltungsbereich der allgemeinen Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG hinausgehende Tätigkeit erbracht hat. Ist das nicht der Fall, „entfällt“ – so das LG – die entstandene Gebühr wieder.

Diese stufenweise Prüfung, die das LG vornimmt, lässt sich aber weder den Gesetzesmaterialien noch der zu Nr. 4141 VV RVG vorliegenden Rechtsprechung und Literatur entnehmen. Und im Grunde meint das LG das auch nicht so. Denn nur, wenn – so auch das LG – der Rechtsanwalt eine über den Abgeltungsbereich der Nr. 4141 VV RVG hinausgehende Tätigkeit in Form der Mitwirkung/Förderung des Verfahrens erbringt, steht ihm die Gebühr zu. Und das ist alles, was Mitwirkung am Entbehrlichwerden der Hauptverhandlung ist. Insoweit grenzt das LG zutreffend zwischen Nr. 4130 VV RVG und Nr. 4141 VV RVG ab. Liegt eine solche Tätigkeit/Mitwirkung nicht vor, entsteht die Gebühr Nr. 4141 VV RVG erst gar nicht. Insofern irrt das LG, wenn es meint, dass dann, wenn man eine solche Tätigkeit nicht feststellen könne, die entstandene Gebühr Nr. 4141 VV RVG wieder wegfalle. Denn durch welche Tätigkeit, wenn nicht Mitwirkung i.S. von Nr. 4141 Anm. 1 VV RVG soll die Gebühr entstanden sein?

Aber dennoch: Ein Wunder….

Und abschließend zur Klarstellung: Das LG macht die Nr. 4141 VV RVg nicht zu einer reinen „Rücknahmegebürh“. Es müssen schon Tätigkeiten erbracht sein, die über den Abgeltungsbereich der Nr. 4130 VV RVG hinausgehen….

Der Pflichtverteidiger bei der Haftprüfung, oder: Grund-, Verfahrens- und Terminsgebühr, richtig

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Die zweite Gebührenentscheidung des heutigen Tages habe ich vom Kollegen J. Glaser aus Halberstadt erhalten. Herzlichen Dank. Sie zeigt, dass der neue § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO – Pflichtverteidiger bei richterlicher Vernehmung – in der Praxis angekommen ist und nun die gebührenrechtlich Auswirkungen aufgearbeitet werden. Hier haben wir es mit einem – wie das LG meint – „Terminsvertreter“ eines Pflichtverteidigers bei einer Haftprüfung zu tun. Auf den wendet das LG die Rechtsprechung zum Terminsvertreter nicht an, sondern gewährt nicht nur die Terminsgebühr, sondern auch Grund- und Verfahrensgebühr, so der LG Magdeburg, Beschl. v. 19.03.2018 – 25 Qs 14/18.

„Die Dinge liegen jedoch hier gänzlich anders.

So bietet sich dem Terminsvertreter im Rahmen eines Hauptverhandlungstermins allenfalls ein beschränkter Prozessstoff, für dessen Bewältigung es gerade keiner eingehenden Einarbeitung in die Sache bedarf. Essentielle Dinge werden in solchen lediglich mit einem Terminsvertreter besetzten Hauptverhandlungstermin in der Regel nicht erörtert.

Anders verhält es sich jedoch im Rahmen eines Haftprüfungstermins, wie er am 20. Dezember 2017 durch Rechtsanwalt G‘ wahrgenommen wurde:

Im Rahmen dieses Haftprüfungstermins geht es um ein essentielles Gut des Beschuldigten, nämlich seine Freiheit. Der für diesen Haftprüfungstermin gemäß § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO beigeordnete Verteidiger muss den gesamten Akteninhalt beherrschen, um Stellung nehmen zu können sowohl zum Bestehen eines dringenden Tatverdachtes gegen den Mandanten als auch zum Vorliegen eines Haftgrundes. Zwar war hier der Prozessstoff zum Zeitpunkt des Haftprüfungstermins noch überschaubar, jedoch kann dies auch gänzlich anders gestaltet sein. In jedem Fall ist von dem im Rahmen des Haftprüfungstermins, der eine richterliche Vernehmung i. §. v. § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO darstellt, eine nicht nur punktuell vorhandene Aktenkenntnis, sondern vielmehr vollständige Einarbeitung in die Sache vonnöten. Deshalb erscheint es verfehlt und unangemessen, für die Durchführung eines Haftprüfungstermins lediglich eine Terminsgebühr anzusetzen. Vielmehr ist es allein sachgerecht, dem für diesen Haftprüfungstermin beigeordneten Verteidiger die vollen Gebühren, wie sie originäre Verteidiger beanspruchen könnten, zuzubilligen. Zwar ist dem Beschwerdeführer, Rechtsanwalt G nicht darin zuzustimmen, dass er als „Vollverteidiger“ bestellt wurde, da der Beschluss des Amtsgerichts Halberstadt gerade explizit die Beiordnung lediglich für den  Haftprüfungstermin vorsah, ebenso wie die Entpflichtung des eigentlichen Verteidigers, Rechtsanwalt F‘ nur für diesen Termin. Mithin sollte Rechtsanwalt G. exklusiv für die Durchführung des Haftprüfungstermins bestellt werden, so dass danach sein Beiordnungsverhältnis erneut erlöschen sollte. Gleichwohl ändert dies nichts an den oben getätigten Ausführungen.

Soweit dies eine Missbrauchsmöglichkeit eröffnet, ist das Gericht künftig gehalten zu vermeiden, einen anderen als den ursprünglich bestellten Verteidiger für den Haftprüfungstermin beizuordnen. Da es sich in Haftsachen für den Beschuldigten um einschneidende Maßnahmen handelt, ist dem Wunsch des Beschuldigten, einen Verteidiger zum Zwecke seiner ordnungsgemäßen Verteidigung bei sich zu wissen, in der Regel zu entsprechen. Soweit jedoch ein Haftprüfungstermin mit dem originär bestellten Verteidiger nicht möglich sein sollte, ist die Auslösung aller Gebührentatbestände wie für den originären Verteidiger hinzunehmen.

Im Ergebnis richtig, die Begründung „hinkt“ allerdings m.E. Das LG hätte die Klimmzüge m.E. nicht zu machen brauchen. Denn in § 141 Abs. 3 Satz 4 ist ausdrücklich mit „Verteidiger“ formuliert. Damit kann die Abrechnung nur über Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG laufen und sind Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr festzusetzen. Dass das den Vertretern der Staatskassen nicht gefallen würde, war zu erwarten. Daher wird die Entscheidung aus Magdeburg sicherlich nicht die einzige zu der Problematik bleiben…. Aber das schmälert die Freude über die Entscheidung nur ein wenig….

Verfahrensgebühr für die Berufung, oder: Wenig Mühe gemacht……

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Und als zweite Entscheidung dann der (unerfreuliche) AG Köthen, Beschl. v. 12.03.2018 – 5 Ds 393 Js 803/17 (33/17). Zu dem teilt mir der Kollege Gregor aus Aken, der ihn mir geschickt hat, mit:

„Zur Vorgeschichte: Ich hatte gegen ein Urteil Berufung eingelegt, durch dass mein Mdt. zu 4 Monaten FS ohne Bewährung verurteilt wurde. Dadurch drohte auch der Widerruf zweier Bewährungen (1 Jahr FS und 4 Monate FS). Zur Vorbereitung des Berufungstermins gab es mit dem Mandanten und v. a. dessen Betreuer mehrere Gespräche, um die Zeit zu nutzen. Das war erfolgreich, denn ich hatte die Berufung auf das Strafmaß – sprich Bewährung – beschränkt, die dann auch „gewährt“ wurde. Kosten und notwendige Auslagen zu Lasten der Staatskasse.

Dann habe ich bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr beantragt, die mir die Bezirkksrevisorin auf 200,00 € gekürzt hat. Begründung: deutlich unterdurchschnittliche Angelegenheit. Vielleicht sehe ich es ja auch verkehrt, aber ich habe dann zum einen meinen Arbeitsaufwand dargestellt, der vor allem in wiederholten Beratungen lag. Außerdem habe ich ausgeführt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung für einen Menschen micht deutlich unterdurchschnittliche Bedeutung hat, sondern wohl überdurchschnittlich. Denn mehr als seine Freiheit kann ihm der Staat nicht nehmen. Außerdem hängen da ja noch andere Folgen dran wie Verlust Arbeitsplatz, Wohnung etc.“

In dem Beschluss – eher ein Beschlüsschen :-), da man von den Argumenten des Kollegen dort nichts wiederfindet, heißt es kurtz und knapp:

„Die geltend gemachte Gebühr W 4124 RVG ist lediglich in Höhe von 200,00 € als erstattungsfähig anzusehen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit jm Rechtssinne ist vorliegend nicht mit einer üblichen Berufung gleichzusetzen. Die vom Verteidiger vorgetragene Begründung, wonach ein höherer Gebührenbetrag gerechtfertigt sei, mag nicht überzeugen. Die Bezirksrevisorin weist nach Auffassung des Gerichtes zu Recht darauf hin, dass es sich bei den vom Verteidiger in seiner Stellungnahme aufgeführten Tätigkeiten vorwiegend um Gespräche mit dem Betreuer handelt. Diese begründen jedoch keine durchschnittliche Tätigkeit im gebührenrechtlichen Sinn.“

Der Kollege wird ins Rechtsmittel gehen. m.E. zu Recht. Denn die Kriterien des § 14 RVG sind nicht ausreichend beachtet. Abgestellt wird lediglich auf die Schwierigkeit und auf mehr nicht….. Was schreibt man da nicht. Fast hätte ich geschrieben: Typisch Rechtspfleger, aber das wäre sicherlich nicht angemessen, da es auch andere – besser begründete – Entscheidungen gibt….. Vielleicht passt: wenig Mühe gemacht besser?