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Gebühren nach Rücknahme des Strafbefehlsantrags, oder: Entsteht ggf. auch die „Befriedungsgebühr“?

Daumen

Das zweite Posting ist dann auch ein „Noch-einmal-Posting“. Denn es geht noch einmal um die Gebühren des Verteidigers nach Rücknahme des Strafbefehlsantrags. Darüber habe ich ja schon häufiger berichtet.

Dem dazu ergangegen LG Gießen, Beschl. v. 04.11.2024 – 7 Qs 147/24 – liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Rechtsanwalt hat den Beschuldigten in einem gegen diesen geführten Verfahren wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruchs vertreten. Gegen den Mandanten war in einem Strafbefehl des AG vom 12.04.2021 eine Geldstrafe festgesetzt worden. Mit Schriftsatz vom 21.04.2021 zeigte der Beschwerdeführer unter beigefügter Vollmacht vom 21.04.2021 die Verteidigung des Mandanten an, beantragte Akteneinsicht und legte gleichzeitig Einspruch gegen den Strafbefehl ein.

Mit Schriftsatz vom 01.02.2022 hat der Rechtsanwalt für den Beschuldigten zu den Tatvorwürfen Stellung genommen und beantragt, die Klage gemäß § 411 Abs. 3 StPO zurückzunehmen sowie das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einzustellen, da das seinem Mandanten vorgeworfene Verhalten keine Straftat darstelle. Unter dem 23.02.2022 nahm die Staatsanwaltschaft die öffentliche Klage nach Maßgabe des § 411 Abs. 3 S. 1 StPO unter Bezugnahme auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen des Rechtsanwalts zurück. Mit Schreiben vom 29.03.2022 und 16.05.2022 erkundigte sich der Rechtsanwalt bei der Staatsanwaltschaft nach dem Sachstand und verwies darauf, dass das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO ohne Verzögerungen einzustellen sei und dieses nicht in der Schwebe gehalten werden dürfe. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 01.02.2022 Bezug genommen. Mit Verfügung vom 24.08.2022 hat die Staatsanwaltschaft dann das Verfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Das AG hat am 01.02.2023 die notwendigen Auslagen des Beschuldigte der Staatskasse auferlegt.
Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat der Rechtsanwalt die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, die Verfahrensgebühr Nr. 4106 VV RVG, die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und eine Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren nach Nr. 4104 VV RVG sowie die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht. Die Vertreterin der Staatskasse hat ablehnend Stellung genommen. Nach ihrer Auffassung soll die Nr. 4104 VV RVG nicht entstanden sein, weil der Verteidiger keine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren ausgeübt habe.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts hatte Erfolg:

„Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG ist in Höhe von 181,50 € netto entstanden.

Die Gebühr Nr. 4104 VV RVG entsteht für eine Tätigkeit des Verteidigers im vorbereitenden Verfahren bis zum Eingang u.a. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht. Der Beschwerdeführer wurde hier zwar erstmals nach Eingang des Antrages auf Erlass eines Strafbefehls bei Gericht für den Mandanten tätig.

Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wird ein Verfahren jedoch nach Rücknahme des Antrags auf Erlass des Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurückversetzt (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., 2023, § 411 Rn. 8). War der Verteidiger bereits zuvor tätig, kann er die Gebühr für das vorbereitende Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG nicht erneut verdienen (§ 15 Abs. 2 RVG), da es sich insoweit um dieselbe Angelegenheit handelt. War der Anwalt dagegen — wie hier — im vorbereitenden Verfahren noch nicht tätig, dann verdient er mit der „Zurückversetzung“ des Verfahrens in das Ermittlungsverfahren nunmehr die dortige Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV-RVG, wenn er entsprechend tätig wird.

Nicht einheitlich beurteilt wird hingegen die Frage, welche Anforderungen an das erneute Tätigwerden des Verteidigers in diesem Stadium zu stellen sind, und ob hierunter auch eine Tätigkeit fallen kann, welche zugleich die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG auslöst. Das Landgericht Nürnberg-Fürth geht diesbezüglich (wohl) davon aus, dass es nach der Rücknahme des Strafbefehls zunächst erneuter Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft bedarf und erst ein hierauf reagierendes Verhalten des Verteidigers die Verwirklichung des Tatbestands des Nr. 4104 VV RVG begründen kann und daher ein etwaiges Gespräch des Verteidigers mit seinem Mandanten oder der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die Einstellung des Verfahrens hierfür nicht genügt, sondern gebührenrechtlich vielmehr in Nr. 4141 VV RVG als die dort erforderliche Mitwirkung abgegolten ist (vgl. LG Nürnberg-Fürth Beschl. v. 13.10.2020 — 7 Qs 56/20, BeckRS 2020, 28998 Rn.10-12).

Die vorgenannte Auffassung teilt die Kammer jedoch nicht. Vorliegend hat der Beschwerdeführer in dem „wiederaufgelebten“ Ermittlungsverfahren, also nach Rücknahme der öffentlichen Klage am 23.02.2022, gegenüber der Staatsanwaltschaft auf die Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO hingewirkt und diese erneut unter Verweis auf die zuvor dargelegte Rechtsauffassung beantragt. Insoweit handelt es sich zutreffend auch um eine Mitwirkung i.S. der Nr. 4141 VV RVG. Das RVG honoriert auf diesem Weg Tätigkeiten des Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Terminsgebühr führen (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl. 2023, RVG VV 4141 Rn. 1, 2.). Es ist jedoch nicht ersichtlich, warum dieser Umstand verhindern sollte, dass zusätzlich eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4104 VVRVG ausgelöst werden kann. Diesbezügliche Anhaltspunkte sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Vielmehr gilt, dass die Verfahrensgebühr Nr. VV 4104 RVG grundsätzlich unabhängig von der Wertigkeit oder dem Umfang der Tätigkeit entsteht. Die Verfahrensgebühr entsteht für alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts, also zum Beispiel auch für Besprechungen/Telefonate mit dem Mandanten, die sich gerade nicht aus der Verfahrensakte ergeben. Es werden insoweit keine hohen Anforderungen gestellt (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 26. Aufl. 2023, RVG VV 4104 Rn. 6, 7). Daher überzeugt es nicht, diese Anforderungen deshalb und nur für den Fall zu stellen, weil es sich hier nicht um ein „originäres“, sondern vielmehr um ein nachträgliches/ zurückversetztes Ermittlungsverfahren handelt. Demzufolge dürften bereits die Entgegennahme der Mitteilung über die Rücknahme des Strafbefehlsantrags und die daraufhin stattfindende Besprechung oder Unterrichtung des Mandanten hinsichtlich des weiteren Verfahrensverlaufs genügen, um die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4104 VV RVG auszulösen.

In der Folge kann die Entgeltpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen auch in diesem Verfahrensstadium zusätzlich eingefordert werden, da Nr. 7002 Anm. 1 VV RVG vorgibt, dass diese in jeder Angelegenheit gefordert werden kann und § 17 Nr. 10 RVG klarstellt, dass das Ermittlungsverfahren/vorbereitende Verfahren und das erstinstanzliche Verfahren verschiedene Angelegenheiten sind.“

Zutreffend: So z.B. auch: LG Bamberg, Beschl. v. 8.11.2023 – 13 Qs 79/23, AGS 2023, 556 ; LG Berlin, RVGreport 2017, 106 = AGS 2017, 80) und ja grds. auch das LG Nürnberg-Fürth im zitierten LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.10.2020 – 7 Qs 56/20, AGS 2021, 174. Nur bei der Nr. 4141 VV RVG irrt das LG Nürnberg-Fürth aus den dargelegten Gründen.

Abgeltungsbereiche Grund-/Verfahrensgebühr, oder: Grundkenntnissemangel beim LG Koblenz/LG Siegen

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Und dann Gebühren. Zunächst hier mit zwei „unschönen“ Entscheidungen. Die eine kommt vom LG Koblenz, die andere stammt vom LG Siegen.

Es geht noch einmal um das Zusammenspiel von Grundgebühr und Verfahrensgebühr in Zusammenhang mit der Erstreckung. Im LG Koblenz, Beschl. v. 18.11.2024 – 3 Qs 45/24 – wird nach Verbindung und Erstreckung – zum Sachverhalt bitte im Volltext nachlesen – um die Grund- und Verfahrensgebühr in mehreren der hinzuverbundenen Verfahren gestritten. Die waren nur zum Teil festgesetzt worden. Das AG hatte das damit begründet, dass es sich zum Teil um jeweils eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne gehandelt. Darüber hinaus habe der Verteidiger in drei verfahren auch keine Tätigkeit entfaltet. Die allgemein gehaltene Formulierung, er bestelle sich für alle weiteren Verfahren, stelle keine auch für diese Verfahren eine  gebührenauslösende Tätigkeit des Verteidigers dar. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger Erinnerung eingelegt, die durch das AG zurückgewiesen wurde. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verteidigers hatte nur teilweise Erfolg:

„Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG entsteht nach Übernahme des Mandats und soll den Aufwand für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall abgelten. Die Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren nach Nr. 4104 VV RVG soll dagegen nach der Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information abgelten. Die Verfahrensgebühr entsteht zwar nach Anmerkung 1 zu Nr. 4100 VV RVG neben der Grundgebühr. Abgegolten werden mit ihr im vorbereitenden Verfahren allerdings nur Tätigkeiten nach der Erstinformation des Rechtsanwalts, d.h. alle Tätigkeiten nach erstem Mandantengespräch und erster Akteneinsicht. Die erste Akteneinsicht ist dagegen bereits von der Grundgebühr umfasst. Wird das Verfahren nach erfolgter Erstinformation zu einem anderen Verfahren verbunden, besteht für die Annahme einer neben der Grundgebühr stets entstehenden Verfahrensgebühr (Nr. 4104) daher kein Raum (OLG Celle, Beschluss vom 26.01.2022, 2 Ws 19/22, juris Rn. 18 m.w.N.).

Danach steht dem Beschwerdeführer über die für das führende Verfahren zuerkannten Gebühren hinaus ein Anspruch auf die Grundgebühr in den Verfahren zu den Fallakten 2, 4 und 5 zu. In diesen Verfahren ist der Pflichtverteidiger durch Stellung eines Akteneinsichtsgesuchs tätig geworden. Eine über die Beantragung und Durchführung der Akteneinsicht hinausgehende Tätigkeit ist für keines der hinzuverbundenen Verfahren dargetan. Die Verfahrensgebühr ist daher nicht entstanden. Darüber hinaus kann der Pflichtverteidiger die insoweit entstandene Post- und Telekommunikationspauschale verlangen.

Da die Verbindung des Verfahrens 2040 Js 82971/23 (Fallakte 2) noch vor der Beiordnung des Beschwerdeführers als Pflichtverteidiger erfolgte, ergibt sich der Gebührenanspruch für die vorangehende Tätigkeit des Beschwerdeführers insoweit bereits aus § 48 Abs. 6 Satz 1 RVG. Für die Verfahren 2040 Js 14516/23 (Fallakte- 4)und 2040 Js 14518/23 (Fallakte 5)folgt er gemäß § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG aus dem Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 11.06.2024 (131. 83 d.A.).“

Die Entscheidung zeigt mal wieder: Manche lernen es nie. Denn: Hinsichtlich des Verhältnisses und zum Anfall von Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und der Verfahrensgebühr, hier der Nr. 4104 VV RVG, macht das LG allerdings einen Fehler, den auch schon vor kurzem das LG Siegen gemacht hat (LG Siegen, Beschl. v. 19.2.2024 – 10 Qs 4/24 – dazu gleich mehr) und der auch dem OLG Celle in dem vom LG zitierten Beschluss unterlaufen ist (OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2022 – 2 Ws 19/22). Gerade die Bezugnahme des LG auf die letzte Entscheidung zeigt, wie schnell falsche Ansichten ein „Eigenleben“ entwi-keln. Das insbesondere, wenn sie offenbar ohne nähere Prüfung übernommen werden, wofür m.E. spricht, dass das LG keine anderen Entscheidungen und/oder Kommentare zitiert, sondern sich nur auf die – an dieser Stelle – falsche OLG-Entscheidung bezieht.

Daher noch einmal: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und die Verfahrensgebühr – hier die Nr. 4104 VV RVG für das vorbereitende Verfahren – entstehen nach der Anm. zur Nr. 4100 VV RVG immer nebeneinander (vgl. Burhoff AGS 2021, 433). Voraussetzung für das Entstehen der/dieser Gebühren des Rechtsanwalts sind von ihm für den Mandanten erbrachte Tätigkeiten. Dazu stellt das LG auf die Akteneinsichtsgesuche des Pflichtverteidigers ab und meint, da der Pflichtverteidiger (offenbar) weitere Tätigkeiten nicht erbracht hat, sei die Verfahrensgebühr nicht entstanden bzw. deren Anwendungsbereich nicht erreicht. Dabei übersieht es aber, dass die jeweilige Verfahrensgebühr als sog. Betriebsgebühr immer mit der ersten Tätigkeit des Rechtsanwalts entsteht und daneben zugleich die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. Diese honoriert (nur) den zusätzlichen Aufwand, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt. Sie ist eine Art Verfahrensgebühr mit dem Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert (BR-Drucks. 517/12, S. 439 = BT-Drucks. 1771471, S. 281; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4100 VV Rn 26 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Es ist nicht so, wovon offenbar das LG ausgeht, dass, wenn der Verteidiger nur Tätigkeiten erbringt, die vom Anwendungsbereich dieser Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG erfasst werden, die Verfahrensgebühr – hier die Nr. 4104 VV RVG – wieder wegfällt. Vielmehr verlagert sich die Problematik in den Bereich der Bemessung der Verfahrensgebühr, die ggf., wenn weitere Tätigkeiten „zum Betreiben des Geschäfts„ nicht erbracht werden, nur in Höhe der Mindestgebühr anfällt (so zutreffend LG Hagen, Beschl. v. 23. 4.2018 – 43 Qs 14/18). Die hätten hier also in den in den Verfahren Fallakten 2, 4 und 5 also mindestens auch noch fest-gesetzt werden müssen.

Ob und welche Tätigkeiten der Verteidiger erbracht hat, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen; ich folge dem LG allerdings darin, dass dass die angeführten pauschalen Formulierungen in Schreiben in anderen gegen den Beschuldigten gerichteten Verfahren nicht ausreichen dürften. Dazu muss der Verteidiger vortragen, sollte sich das nicht aus der Akte ergeben. Ein Mandantengespräch oder ähnliches reicht. Beim Pflichtverteidiger entsteht dann aber die gesetzliche Gebühr als Festbetragsgebühr.

Ich hoffe, dass das jetzt aber auch reicht. Aber: Offenbar nich. Denn ähnlich hatte ich auch zu dem oben angeführten LG Siegen, Beschl. v. 19.02.2024 – 10 Qs 4/24  – kommentiert (Erstreckung II: Voraussetzungen der Erstreckung, oder: Grundkenntnisse fehlen beim LG Siegen/der StA Siegen) und dem Einsender vorgeschlagen, gegen die falsche Entscheidung des LG Gegenvorstellung einzulegen – die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.  Aber leider ist sie gestorben. Das LG weiß es im LG Siegen, Beschl. v. 19.09.2024 – 10 Qs 4/24, mit dem die Gegenvorstellung zurückgewiesen worden ist, nach wie vor besser und man setzt noch einen drauf, wenn man ausführt:

„Soweit sich der Vortrag des Verteidigers zu seinen Tätigkeiten in den allgemeinen Behauptungen erschöpft, sich in Akten eingearbeitet zu haben und Besprechungen mit der Mandantin geführt zu haben, begründet dies weder die Geltendmachung einer Grundgebühr, noch einer Verfahrensgebühr. Der Vortrag des Verteidigers ist unsubstantiiert und kann nicht nachvollzogen werden. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass Tätigkeiten – abgesehen von Akteneinsichten – nicht aktenkundig sein müssen. Entscheidend ist, ob der Verteidiger die Tätigkeiten erbracht hat. Da er sich tatsächlich vor der Verbindung der Verfahren in die Akten nicht hat einarbeiten können und seine Anträge vorrangig auf eine Beiordnung zielten, hätte es ergänzender Ausführungen auch zu den Besprechungen mit der Mandantin bedurft. Trotz Nachfragen erfolgte dies nicht, so dass Gebührenansprüche nicht festgestellt werden konnten.“

Was soll er denn bitte im Hinblick auf seine Schweigepflicht noch vortragen? Alles mehr als unschön.

Nur für den Vorführtermin bestellter Pflichtverteidiger, oder: Grund-, Verfahrens-, Terminsgebühr

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Und dann – es ist Freitag – heute Gebührenentscheidungen.

Zunächst kommt hier der AG Braunschweig, Beschl. v. 27.09.2024 – 4 Ds 210 Js 8094/24 (33/24) , der sich mal wieder/noch einmal zur Frage des Umfangs des Gebührensanspruchs des Pflichtverteidgers, der nur für die Wahrnehmung eines Vorführtermins beigeordnet wird, äußert. Das AG sagt: Der Verteidiger verdient alle Gebühren:

„Die Erinnerung ist zulässig und begründet.

Dem Verteidiger stehen vorliegend auch im Rahmen einer auf die Haftbefehlsverkündung gemäß § 115 StPO beschränkten Beiordnung sowohl die Terminsgebühr Nr. 4103 VV RVG als auch die Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV RVG und die Grundgebühr Nr. 4101 VV RVG nebst Auslagenpauschale zu.

Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG regelt die Vergütung des Verteidigers. Liegt ein Verteidigungsverhältnis vor, macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob sich die Tätigkeit insbesondere auch in den Fällen des sogenannten Terminvertreters auf die Wahrnehmung eines einzelnen Termins beschränkt. Die Beiordnung, auch für einen Termin, begründet ein eigenständiges Beiordnungsverhältnis in dessen Rahmen der Pflichtverteidiger die Verteidigung umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Eine gebührenrechtlich unterschiedliche Behandlung dieses Verteidigers gegenüber dem Hauptverteidiger ließe eine Entwertung des Instituts der Pflichtverteidigung und damit einhergehend des Rechts des Angeklagten auf eine effektive rechtsstaatliche Grundsätzen genügend Verteidigung besorgen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2010, 2 Ws 129/10 Juris, Randnr. 6; OLG München, Beschluss vom 23.10.2008 — 4 Ws 140(08) NStZ-RR 2009, 32 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Diese Grundsätze gelten vorliegend auch für die Verteidigung im Rahmen einer Haftbefehlseröffnung nach § 115 StPO. Es besteht kein sachlich gerechtfertigter Anlass, die Verteidigung im Verfahren nach § 115 StPO gebührenrechtlich anders zu beurteilen, als eine solche im Rahmen der Hauptverhandlung. Die Freiheit des Betroffenen stellt ein Grundrecht dar. Der in seinem Grundrecht durch die Haftanordnung verletzte Betroffene hat ein Recht auf effektive Verteidigung sowohl hinsichtlich des Tatvorwurfs als auch hinsichtlich der Annahme der Haftgründe (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 24.01.2024 — 3 Ws 50/23; OLG Koblenz, Beschluss vom 04.07.2024 — 2 Ws 412/24).

Vorliegend war eine Erstberatung noch nicht erfolgt; daher war — unabhängig von der später erfolgten Beiordnung eines Verteidigers für das Verfahren — eine umfassende Beratung zur Verteidigungsstrategie im Rahmen der Vorführung nach § 115 StPO zwingend geboten. Es war zu entscheiden, ob der Beschuldigte sich durch eine Einlassung bereits zum frühen Zeitpunkt verteidigt und dadurch gegebenenfalls das Verfahren abkürzt oder sich eine geständige Einlassung auf die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls auswirken kann bzw. ob andere Umstände hier geringe Tatbeute, eine Außervollzugsetzung rechtfertigen. Die gewählte Vorgehensweise kann sich gegebenenfalls bestimmend für das Verteidigungsverhalten im weiteren Verfahrensverlauf auswirken.“

Die Entscheidung ist zutreffend. Wir werden in der Sache dann abersicherlich noch einmal etwas lesen. Das wird die Landeskasse nicht hinnehmen.

Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, oder: Abwicklungstätigkeiten des Rechtsanwalts?

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Und als zweite Entscheidung dann hier der AG Nürnberg, Beschl. v. 14.02.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22. Der liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Rechtsanwalt ist dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden  nd hat ihn seither im ersten, zweiten sowie dritten Rechtszug vertreten. Die Revision des Angeklagten gegen das landgerichtliche Berufungsurteil war teilweise erfolgreich und die Sache wurde mit Beschluss des BayObLG vom 23.11.2023 im Umfang der erfolgten Aufhebung an eine andere Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Dort ging die Sache am  29.12.2023 wieder ein und wurde mit dortiger Verfügung vom 03.01.2024 an die 15. Strafkammer übertragen. Als erste Verfahrenshandlung dieser Kammer wurde mit Beschluss vom 10.01.2024 die Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 143 Abs. 2 StPO aufgehoben.

Der Rechtsanwalt hat in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 13.01.2024 die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG samt einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG geltend. Der Rechtspfleger des AG hat die Gebühr nicht festgesetzt:

„Grundsätzlich können mehrere Angelegenheiten im Falle einer Verweisung entstehen. Zu unterscheiden ist dabei danach, ob an ein Gericht desselben oder eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen wird. Bei einer Verweisung an das Gericht desselben Rechtszugs zählt das weitere Verfahren noch zur selben gebührenrechtlichen Angelegenheit (§ 20 S. 1 RVG). Wird dagegen – wie vorliegend – an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen, handelt es sich bei dem weiteren Verfahren nach Verweisung um eine neue Angelegenheit i. S. d. § 15 RVG (§ 20 S. 2 RVG).

Damit die Gebühr nach VV Nr. 4124 RVG entsteht, muss allerdings auch eine entsprechende, die Gebühr auslösende Tätigkeit des Anwalts erfolgt sein. In seinen Ausführungen gibt Rechtsanwalt pp. auf Nachfrage des Gerichts hierzu an, er habe seinem Mandanten mit Schreiben vom 13.01.2024 die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer etwaigen sofortigen Beschwerde gegen die Entpflichtungsentscheidung erläutert. Er habe seinen Mandanten weiterhin mit Schreiben vom 27.11.2023 auch über das Ergebnis der erfolgreichen Revision und den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens informiert.

Grundsätzlich gilt für die Gebühr VV-Nr. 4124 RVG, dass die Einlegung einer Berufung und die Besprechung der erstinstanzlichen Entscheidung noch durch die Verfahrensgebühr der ersten Instanz abgedeckt sind. Analog auf das Verfahren nach Zurückverweisung angewendet ist demnach die im Schreiben vom 27.11.2023 entfaltete Tätigkeit noch von der – bereits am 23.01.2024 aufgrund eines anderen Kostenfestsetzungsantrages des Antragstellers – festgesetzten Verfahrensgebühr der dritten Instanz abgedeckt. Eine allgemeine Information über den grundsätzlichen weiteren Verlauf der neuen Berufungsinstanz vor der eigentlichen Anhängigkeit bei der 15. Strafkammer löst ebenfalls noch keine neue Verfahrensgebühr aus. Es ist üblich, dass sich nach der Kenntnisnahme einer Entscheidung der Prozessbevollmächtigte gegenüber dem Mandanten mündlich oder schriftlich äußert. Diese Tätigkeit ist jedoch noch der gerade zu Ende gegangenen Instanz zuzurechnen.

Die Erläuterung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer etwaigen sofortigen Beschwerde gegen die erfolgte Entpflichtung erfolgte zeitlich nach der Entpflichtungsentscheidung. Allein deshalb ist bereits keine Grundlage mehr für eine Festsetzung gegen die Staatskasse gegeben. Zudem ist jedoch anzumerken, dass die im Schreiben vom 13.01.2024 entfaltete Tätigkeit m.E. an der Stelle in der neuen Berufungsinstanz die Gebühr VV-Nr. 4124 RVG generell auch noch nicht ausgelöst hat: Die von Rechtsanwalt pp. Fundstelle „Burhoff, Nr. 4124 VV, Rn. 13″ listet zwar unter den von VV-Nr. 4124 RVG erfassten, allgemeinen Tätigkeit u.a. „Pflichtverteidigerbestellung und damit ggf. zusammenhängende Rechtsmittel“, meint m.E. damit aber auch explizit Tätigkeiten in Bezug nur auf eine Bestellungs- und eben gerade nicht auf eine Entpflichtungsentscheidung. Die Prüfung von Erfolgsaussichten dazu sind m.E. vielmehr zunächst nach den VV-Nr. 2100 ff RVG durch den Mandanten selbst zu tragen. Wäre ein Rechtsmittel eingelegt worden, würden dafür dann die üblichen Anrechnungsmodalitäten auf später entstehenden Gebühren gelten.

Die Post- und Telekommunikationspauschale war ebenfalls abzusetzen, da diese grundsätzlich nur entstehen kann, wenn auch eine Gebühr in einer Angelegenheit entstanden war.“

M.E. falsch. Die Argumentation ähnelt der, die wir bei der Frage nach der Erstattung der Gebühren kennen, wenn die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel vor Begründung zurücknimmt. Zudem ist die Revisionsinstanz mit der Entscheidung des Revisionsgerichts beendet und es liegt eine neue Angelegenheit vor, die eben nicht mehr von der Gebühr für das Revisionsverfahren honoriert wird. Die Tätigkeiten des Rechtsanwalts gehen m.E. auch erheblich über bloße Abwicklungstätigkeiten hinaus. Also: Die Gebühr hätte festgesetzt werden müssen.

Pflichtverteidigerbestellung „für den heutigen Termin“, oder: Echternacher Springprozession beim OLG Koblenz

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Ich hatte Mitte Juni über den LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 12.05.2024 – 2 Qs 14/24 – berichtet, in dem über den Gebührenanspruch eines Pflichtverteidigers entschieden worden ist, der nur für einen Vorführtermin bestellt worden ist (vgl. Pflichtverteidigerbestellung „für den heutigen Termin“, oder: Alle Gebühren, auch die Nr. 4142 VV RVG). In dem Posting hatte ich darauf hingewiesen, dass ich, da das LG die weitere Beschwerde zum OLG zugelassen hatte, gespannt bin, was das OLG Koblenz dazu sagt. Und inzwischen hat das OLG Koblenz sich geäußert, und zwar so, dass ich angenehm überrascht bin (was bei Entscheidungen vom OLG Koblenz nicht so häufig der Fall ist 🙂 . Denn das OLG hat die weitere Beschwerde, die die Bezirksrevisorin natürlich nicht eingelegt hat – „es kann doch nicht sein, dass …..“ 🙂 – mit dem OLG Koblenz, Beschl. v. 04.07.2024 – 2 Ws 412/24 – als unbegründet zurückgewiesen:

„a) Im Ansatz zutreffend geht die Bezirksrevisorin davon aus, dass maßgebend für das Kosten-festsetzungsverfahren der insofern bindende Beiordnungsbeschluss ist (BGH, Beschluss vom 11. April 2018 – Az. XII ZB 487/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Mai 2018 – Az. III – 1 Ws 274/17; OLG Koblenz, Beschluss vom 26. Januar 2015 – Az. 13 WF 67/15 – alle zitiert nach juris). Für die Abgrenzung zwischen einem „Vollverteidiger“ und einem mit einer Einzeltätigkeit beauftragten Rechtsanwalt ist gemäß § 48 Abs. 1 RVG der Wortlaut der Verfügung des Vorsitzenden oder des Gerichtsbeschlusses maßgebend, durch den die Bestellung zum Pflichtverteidiger erfolgt ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 23. Januar 2023, Az. 4 Ws 13/23 – zitiert nach juris). Dem Wortlaut des hier vorliegenden Beiordnungsbeschlusses vom 21. Dezember 2022 ist eine Bei-ordnung „für den heutigen Termin“, mithin die Vorführung vor den Haftrichter gemäß § 115 StPO, zu entnehmen. Damit enthält der Beschluss eine zeitliche Beschränkung auf den Termin der Vorführung. Ob eine solche Beschränkung im Hinblick auf § 143 StPO zulässig ist, kann auf Grund der Bindungswirkung des Beiordnungsbeschlusses für das Kostenfestsetzungsverfahren dahinstehen. Eine inhaltliche Beschränkung auf die Haftfrage ist dem Beschluss dagegen nicht zu entnehmen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 9. Februar 2023 – Az. 2 Ws 13/23 – zitiert nach juris; aA für den – hier nicht vorliegenden – Fall eines schon beauftragten Wahlverteidigers: OLG Stuttgart, aaO).

Demzufolge ist bei der Festsetzung der Gebühren von der für den Termin der Vorführung erforderlichen, tatsächlich angefallenen anwaltlichen Tätigkeit auszugehen, soweit sie sich im Rahmen dieses Beiordnungsbeschlusses hält. Dies ist jedenfalls dann, wenn wie vorliegend noch kein anderer Verteidiger bestellt ist, sondern ein solcher bloß die Bereitschaft zur Übernahme der Verteidigung erklärt hat, beim Vorführungstermin jedoch verhindert ist, nicht allein die Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 VV RVG. Nach Absatz 1 der Vorbemerkung 4.3 VV RVG entstehen die Gebühren für einzelne Tätigkeiten, ohne dass dem Rechtsanwalt sonst die Verteidigung oder Vertretung übertragen ist. Der Verteidiger war hier jedoch nicht nur „für den Termin“ mit einer einzelnen Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 der Vorbemerkung zu 4.3 beauftragt, sondern ihm wurde vielmehr eine Vollverteidigung übertragen. Die Tätigkeit im Rahmen des Vorführtermins erschöpft sich nämlich nicht alleine in der insofern in Betracht zu ziehenden Betätigung nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG (Beistandsleistung für den Beschuldigten im Rahmen einer richterlichen Vernehmung). Die richterliche Vernehmung ist zwar gemäß § 115 Abs. 2 StPO Teil einer Eröffnung eines Haftbefehls, diese geht jedoch darüber hinaus. Vorliegend war eine Erstberatung noch nicht erfolgt. Daher war – unabhängig von der später erfolgten Beiordnung eines anderen Verteidigers – eine umfassende Beratung zur Verteidigungsstrategie im Termin zur Vorführung nach § 115 StPO zwingend geboten. So war beispielsweise bereits zu diesem Zeitpunkt zu entscheiden, ob sich durch eine Einlassung ein dringender Tatverdacht ausräumen lässt oder sich eine (geständige) Einlassung auf die Frage einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls auswirken kann. Die gewählte Vorgehensweise kann sich gegebenenfalls bestimmend für das Verteidigungsverhalten im weiteren Verfahrensverlauf auswirken. Dies gilt ebenso für die Frage der Beratung zu einer drohenden Einziehung.

Diesen Gegebenheiten wird bei bislang noch nicht erfolgter Erstberatung trotz zeitlicher Beschränkung der Aufgabenwahrnehmung nur durch eine volle Pflichtverteidigung Rechnung getragen (vgl. auch K. Sommerfeldt/T. Sommerfeldt in: BeckOK RVG, 64. Ed. § 48 Rdn. 121). Durch die Beiordnung eines Verteidigers für die Wahrnehmung eines Termins wird daher ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat.

b) Daraus folgt, wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat: die Grundgebühr nebst Haftzuschlag (Vorbemerkung 4 Ziffer 4 VV RVG) gemäß Nummer 4101 VV RVG deckt die erforderliche Einarbeitung in den Fall ab, daneben fällt die Verfahrensgebühr gemäß Nummer 4105 VV RVG an. Der Vorführungstermin zur Verkündung des Haftbefehls gemäß § 115 StPO erfüllt ohne weiteres die Voraussetzungen von Nummern 4102 Ziffer 3, 4103 VV RVG, wonach die Terminsgebühr mit Zuschlag für die Teilnahme an Terminen außerhalb der Hauptverhandlung anfällt, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft verhandelt wird. Gleiches gilt – im Hinblick auf die drohende Einziehung – gemäß Nummer 4142 VV RVG.

Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Gebührentatbestand der Nummer 4301 Ziff. 4 VV RVG herleiten. Dieser regelt die Vergütung für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen Vernehmung im Rahmen einer Einzeltätigkeit. Die Einzeltätigkeit setzt voraus, dass dem Rechtsanwalt nicht die Verteidigung übertragen worden ist. Dies ist hier aber gerade nicht der Fall (vgl. oben 2. a)).

Hiergegen kann auch nicht angeführt werden, dass der Gebührentatbestand Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG ins Leere laufe, da als Anwendungsfall zumindest die Tätigkeit im Rahmen des § 140 Abs. 1 Nr. 10 StPO verbleibt.“

Anzumerken ist: Eine weitere (obergerichtliche) Entscheidung in der Frage, welche Gebühren für den nur für einen Vorführtermin bestellten Pflichtverteidiger anfallen. Allmählich kann man die Auffassung, die in diesen Fällen nicht nur von einer Einzeltätigkeit ausgeht, sondern den Pflichtverteidiger als „vollen Verteidiger“ ansieht, der nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG alle (Verteidiger)Gebühren abrechnen kann, als herrschende Meinung ansehen.

Mit der Begründung des OLG Koblenz kann ich mich allerdings nicht so richtig anfreunden, da das OLG das gefundene Ergebnis offenbar sogleich wieder einschränken will. Denn das OLG will – so ist es m.E. zu verstehen – von Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG und damit vom Anfall aller Gebühren wohl nur dann ausgehen, „wenn wie vorliegend noch kein anderer Verteidiger bestellt ist, sondern ein solcher bloß die Bereitschaft zur Übernahme der Verteidigung erklärt hat.“ Diese Sicht der Dinge ist m.E. falsch. Denn auch, wenn bereits ein Verteidiger bestellt ist oder sich bestellt hat, muss der Verteidiger im/für den Vorführtermin die vom OLG beschriebenen Verteidigertätigkeiten erbringen. Das ist/wäre aber originäre volle Verteidigertätigkeit und geht weit über das hinaus, was über eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Ziff. 4 VV RVG abzurechnen wäre. Von daher ist die Entscheidung „unschön“ und mutet ein wenig wie die Echternacher Springprozession: Zwei Schritte vor, einer zurück.