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StPO I: BVerfG nochmals zur „Umgrenzungsfunktion“, oder: Wie oft muss sich das BVerfG dazu noch äußern?

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Und in die 34. KW. geht es dann mit zwei Entscheidungen zu Zwangsmaßnahmen, und zwar einmal von ganz oben – also BVerfG – und einmal „nur“ von oben, also BGH.

Ich beginne mit dem BVerfG, Beschl. v. 27.06.2024 – 1 BvR 1194/23. Es geht mal wieder um die nicht ausreichende Umgrenzung eines Durchsuchungsbeschlusses. Folgender Sachverhalt:

Die Staatsanwaltschaft führte gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hehlerei. Im November 2022 hatte der Marktleiter eines Baumarkts der Polizei mitgeteilt, dass in letzter Zeit häufiger hochwertige Baumarktartikel gestohlen worden seien. Bei Recherchen im Internet sei er auf einen eBay-Account gestoßen, auf dem u.a. die entwendeten Gegenstände angeboten worden seien. Die Polizei konnte den eBay-Account dem Beschulidgetn zuordnen. In den Wochen vor Einleitung der Ermittlungen waren über diesen Account 69 zum Großteil neuwertige und originalverpackte Baumarktartikel zum Kauf angeboten worden. Eine Liste aller inserierten Artikel wurde zu den Akten genommen.

Am 18.01.2023 ordnete das AG „wegen Hehlerei“ die Durchsuchung der Person, der Wohnung und der sonstigen Räume des Beschwerdeführers an. Die Durchsuchung habe insbesondere den Zweck, als Beweismittel „entwendete Badarmaturen“ und „sonstige entwendete Baumarktartikel“ aufzufinden. Die Beschlagnahme dieser Beweismittel wurde angeordnet. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dem Beschwerdeführer werde zur Last gelegt, über eBay-Kleinanzeigen unter seinem Account „diverse Artikel“ zum Verkauf anzubieten, die zuvor in dem näher benannten Baumarkt entwendet worden seien. Der Tatverdacht beruhe auf den Online-Ermittlungen der Polizei und der Auskunft des Marktleiters des Baumarktes. Nach den bisherigen Ermittlungen sei zu vermuten, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, die für die Ermittlungen von Bedeutung seien, führen werde. Es folgte eine kurze Feststellung der Verhältnismäßigkeit der Anordnung.

Die Durchsuchung wurde am 26.01.2023 vollzogen. Der Beschuldigte legte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ein, die vom LG verworfen wurde.

Dagegen dann noch die Verfassungsbeschwerde, die Erfolg hatte. Nach dem üblichen „allgemeinen Vorspann“ führt das BVerfG zur Sache aus:

„b) Danach genügt der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts den an seine Umgrenzung zu stellenden Anforderungen nicht. Seine Formulierung ist nicht dazu geeignet, sicherzustellen, dass der Eingriff in das Wohnungsgrundrecht des Beschwerdeführers messbar und kontrollierbar blieb.

Der Durchsuchungsbeschluss benennt die gesuchten Beweismittel für sich genommen nicht hinreichend konkret (aa). Eine hinreichende Umgrenzung der gesuchten Beweismittel kann auch der weitere Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses nicht leisten, weil er keine für eine hinreichende Umgrenzung ausreichend konkreten Angaben zum tatsächlichen oder rechtlichen Tatvorwurf einschließlich der konkreten vorgeworfenen Vortaten (bb) und insbesondere keinerlei Angaben zum Tatzeitraum (cc) enthält; ebenso fehlen für eine hinreichende Umgrenzung ausreichende Angaben zu Indizien, die den Tatvorwurf trügen (dd). Auch in einer Gesamtschau steckt der Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses den äußeren Rahmen der Durchsuchung nicht hinreichend ab (ee). Eine nähere Beschreibung der gesuchten Beweismittel wäre dem Amtsgericht schließlich auch nicht unmöglich oder unzumutbar gewesen (ff).

aa) Der Durchsuchungsbeschluss enthält für sich genommen keine hinreichend konkret umgrenzte Angabe der gesuchten Beweismittel. Diese gibt der Beschluss lediglich mit „entwendete Badarmaturen“ und „sonstige entwendete Baumarktartikel“ an. Dies allein genügt nicht, um dem Beschwerdeführer als Betroffenen und den Ermittlungspersonen präzise aufzuzeigen, wonach gesucht werden sollte. Denn insbesondere die Umschreibung als „sonstige entwendete Baumarktartikel“ ist erheblich zu weit, um die Durchsuchung eines Privathaushalts hinreichend mess- und kontrollierbar zu begrenzen. Umfasst sind ausdrücklich alle Artikel aus dem Sortiment eines Baumarktes. Darunter können eine Vielzahl von Gegenständen in diversen Stückelungen und sehr unterschiedlichen Preiskategorien fallen. Baumärkte verkaufen ein sehr breites und vielfältiges Sortiment. Darüber hinaus lässt die Umschreibung der gesuchten Beweismittel nicht erkennen, ob nur Baumarktartikel gesucht werden, die in einer bestimmten Art und Weise verpackt sind (etwa originalverpackt), einen bestimmten Zustand (etwa neuwertig) aufweisen, einen bestimmten Wert oder eine bestimmte Größe haben oder in einer bestimmten Anzahl aufgefunden werden. Eine solche Umgrenzung wäre insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil zu erwarten ist, dass sich in einem durchschnittlichen Privathaushalt eine Vielzahl von alltäglich genutzten Gegenständen befindet, die im Sortiment eines Baumarktes enthalten sein können und daher von der Beschreibung der gesuchten Beweismittel im Durchsuchungsbeschluss erfasst wären.

bb) Auch die im Durchsuchungsbeschluss enthaltenen Angaben zum Tatvorwurf, dem ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt oder den für eine Hehlerei erforderlichen Vortaten können die Mängel der Umgrenzung nicht hinreichend kompensieren, um Umfang und Tiefe der Durchsuchung mess- und kontrollierbar zu gestalten. Der Durchsuchungsbeschluss erwähnt weder § 259 Abs. 1 StGB, noch wird die dortige Beschreibung des Straftatbestands der Hehlerei wörtlich zitiert oder wenigstens paraphrasiert. Die einzige Erwähnung der „Hehlerei“ findet sich im Rubrum des Durchsuchungsbeschlusses. Darüber hinaus fehlen Angaben über die konkret entwendeten oder zum Verkauf angebotenen Gegenstände, die möglichen Täter, den möglichen Ablauf und die Anzahl etwaiger Vortaten. Statt einer auf Grundlage der vorhandenen Inserate-Liste oder der Zeugenaussage des Marktleiters formulierten Beschreibung der im Baumarkt entwendeten oder vom Account des Beschwerdeführers aus verkauften Gegenstände spricht der Durchsuchungsbeschluss nur von „diverse[n] Artikeln“. Auch der subjektive Tatbestand (Wissen und Wollen des Verkaufens gestohlener Gegenstände) ist nicht im Ansatz beschrieben. Dem konkreten Tatvorwurf im Durchsuchungsbeschluss lässt sich mangels subjektiven Tatbestands weder eine Verwirklichung eines Strafgesetzes noch eine Vollendung der Tat („zum Verkauf anzubieten“) entnehmen.

cc) Eine hinreichende Umgrenzung des Durchsuchungsbeschlusses ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen zeitlichen Eingrenzung des Tatvorwurfs, da eine solche fehlt. Die Formulierung des Tatvorwurfs im Präsens mag darauf hindeuten, dass dem Beschwerdeführer eine noch andauernde Handlung vorgeworfen wird. Das hilft aber über die mangelnde Eingrenzung nicht hinweg, weil nicht erkennbar ist, seit wann das vorgeworfene Handeln andauert (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2018 – 2 BvR 1260/16 -, Rn. 31). Die vorgeworfenen Taten sind auch keine Dauerdelikte, so dass es auf ihren Beginn nicht ankäme (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 1872/05 -, Rn. 11). Vielmehr werden dem Beschwerdeführer mehrere einzelne, aber nicht weiter konkretisierte Hehlereitaten vorgeworfen. Es ist aus dem Durchsuchungsbeschluss nicht einmal erkennbar, ob die vorgeworfenen Taten möglicherweise bereits verjährt sind (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2018 – 2 BvR 1260/16 -, Rn. 31). Das gilt insbesondere insofern, als die Wertung, ab welchem Zeitpunkt Taten in der Vergangenheit möglicherweise verjährt sind, mangels Angaben dazu, ob dem Beschwerdeführer versuchte oder vollendete Delikte als Täter oder Teilnehmer vorgeworfen werden, für Beschwerdeführer und Ermittlungspersonen auf Grundlage des Durchsuchungsbeschlusses nicht möglich ist; selbst aus einer angenommenen zeitlichen Beschränkung des Tatvorwurfs auf nichtverjährte Taten könnte sich daher keine mess- und kontrollierbare Begrenzung ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. April 2017 – 2 BvR 2551/12 -, Rn. 25).

dd) Soweit der Durchsuchungsbeschluss einige wenige Indizien (den Namen des verwendeten Accounts, Name und Anschrift des Baumarktes) nennt, können diese hier von vornherein keine mess- und kontrollierbare Umgrenzung der Durchsuchung leisten.

ee) Auch in einer Gesamtschau steckt der Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses den äußeren Rahmen der Durchsuchung nicht hinreichend ab. Weder die inhaltliche, zeitliche oder rechtliche Umschreibung des Tatvorwurfs und der Vortaten noch die Benennung der Beweismittel zeigt klar auf, welche Baumarktartikel gesucht werden sollen. Dadurch war es dem Beschwerdeführer auch praktisch nicht möglich, durch die Herausgabe von Gegenständen die Durchsuchung abzuwenden. Denn weder der Beschwerdeführer noch die Ermittlungspersonen hätten abschätzen können, welche Gegenstände der Beschwerdeführer freiwillig herausgeben müsste, um weitere Durchsuchungshandlungen abzuwenden.

ff) Die Anforderungen an eine Umgrenzung der gesuchten Beweismittel waren hier auch nicht deshalb abgesenkt, weil dem Amtsgericht eine nähere Beschreibung nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre (vgl. BVerfGE 20, 162 <224>; 42, 212 <220>; 96, 44 <51>; 103, 142 <151>). So gab es zum Zeitpunkt des Erlasses des Durchsuchungsbeschlusses zahlreiche Anhaltspunkte in den Akten, deren Aufnahme in den Durchsuchungsbeschluss den äußeren Rahmen der Durchsuchung hätten begrenzen können – ohne dass die Aufnahme dieser einzelnen Punkte für sich genommen verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre. Hervorzuheben ist hier insbesondere die praktisch übliche und im Regelfall unerlässliche (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. September 2004 – 2 BvR 2105/03 -, Rn. 11) Nennung des groben Tatzeitraums, die vorliegend eine deutliche Umgrenzung des Durchsuchungsbeschlusses ermöglicht hätte. Die hier fehlende zeitliche Eingrenzung ist nicht mit typischerweise fehlenden Details aufgrund des frühen Stadiums der Ermittlungen zu erklären. Vielmehr hatte die Polizei eine konkrete Auflistung von 69 verdächtigen Verkaufsanzeigen mit Erstellungsdatum zur Akte genommen. Auch die Angaben des Marktleiters als Zeugen, dass es „in den vergangenen Wochen vermehrt zu Diebstählen gekommen sei“, machen jedenfalls eine grobe Eingrenzung des Zeitraums sowohl der Vortaten als auch der konkret vorgeworfenen Hehlereitaten möglich. Auch durch eine bloß beispielhafte Nennung einiger der Artikel aus den 69 dokumentierten Inseraten sowie insbesondere durch eine ausdrückliche Beschränkung auf neuwertige oder originalverpackte Ware hätte sich die Durchsuchung bedeutend besser messen und kontrollieren lassen.

c) Der Beschluss des Landgerichts konnte diesen Mangel nicht heilen. Zwar kann das Beschwerdegericht einzelne Inhalte eines Durchsuchungsbeschlusses ergänzen oder bewerten, die zu einer hinreichenden Umgrenzung beitragen können. Das gilt insbesondere für die Begründung der Annahme eines Tatverdachts, wenn die für die Begründung verwendeten Indizien bereits bei Erlass des Durchsuchungsbeschlusses vorlagen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. April 2003 – 2 BvR 358/03 -, Rn. 19 m.w.N.; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2010 – 2 BvR 2561/08 -, Rn. 29), oder für Darlegungen zur Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. April 2003 – 2 BvR 358/03 -, Rn. 18). Mängel bei der ermittlungsrichterlich zu verantwortenden Umschreibung des Tatvorwurfs und der zu suchenden Beweismittel können aber, wenn die Durchsuchung – wie hier – bereits stattgefunden hat, im Beschwerdeverfahren nicht mehr geheilt werden. Die Funktion des Richtervorbehalts, eine vorbeugende Kontrolle der Durchsuchung durch eine unabhängige und neutrale Instanz zu gewährleisten, würde andernfalls unterlaufen (vgl. BVerfGK 5, 84 <88>). Auch kann eine Begrenzung der Durchsuchungsmaßnahme, die durch die Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses präventiv erreicht werden soll, durch eine erst nach der Durchführung ergehende Entscheidung nicht mehr herbeigeführt werden (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Juni 2018 – 2 BvR 1260/16 -, Rn. 29 m.w.N.).

Dies hat das Landgericht verkannt. Die Zurückweisung der Beschwerde verletzt daher den Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG (vgl. auch Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Juli 2020 – 2 BvR 1324/15 -, Rn. 30, und vom 19. Juni 2018 – 2 BvR 1260/16 -, Rn. 25, 30).“

Man fragt sich: Wie oft muss sich das BVerfG zu den Fragen denn noch äußern? Das haben wir doch schon alles so oder ähnlich gelesen. Für mich sind solche Entscheidungen von AG eine Unverschämtheit. immerhin geht es um die Unverletztlichkeit der Wohnung. Da wäre ein wenig Sorgfalt und Mühe wohl angebracht.

OWi I: Umgrenzungsfunktion des Bußgeldbescheides, oder: „völlig sprunghaft und ohne roten Faden“

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Und dann heute mal wieder ein paar OWi-Entscheidungen.

Ich starte mit dem AG Menden, Beschl. v. 26.06.2023 – 8 OWi 45/23 – zur Umgrenzungsfunktion des Bußgeldbescheides. Das AG hat das Bußgeldverfahren eingestellt und führt aus:

„Mängel des Bußgeldbescheides sind im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich unbeachtlich, wenn der Bescheid nicht unwirksam ist. Unwirksam ist der Bußgeldbescheid nur bei schwerwiegenden Mängeln, liegen solche vor, ist das Verfahren mangels Vorliegens einer Prozessvoraussetzung gemäß §§ 36 Abs. 1 OWiG, 206a, 260 StPO einzustellen. Die tatsächliche und rechtliche Bezeichnung der Tat gemäß § 66 Abs. 1 Ziff. 3 OWiG soll die Beschuldigung eindeutig kennzeichnen. Wesentlich für die Bezeichnung ist deshalb, dass der Betroffene erkennen kann, welches Tun oder Unterlassen den Gegenstand des Verfahrens bildet, gegen welchen Vorwurf er daher seine Verteidigung richten muss. Es kommt darauf an, wie wahrscheinlich es ist, dass der Betroffene zu der angegebenen Zeit und in dem angegebenen Raum weitere gleichartige Ordnungswidrigkeiten verübt hat und eine Verwechselungsgefahr besteht. Gemessen hieran ist der Bußgeldbescheid ausreichend, wenn nach seinem Inhalt kein Zweifel über die Tatidentität bestehen kann, also feststeht, welchen Sachverhalt er erfasst und ahnden soll (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 30.05.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 144/22).

Denn ob die im Bußgeldbescheid bezeichnete prozessuale Tat hinreichend genau bezeichnet ist, hängt davon ab, ob der Bußgeldbescheid seine diesbezügliche Aufgabe erfüllt, den Gegenstand des (gerichtlichen) Verfahrens in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht abzugrenzen sowie den Betroffenen ohne Akteneinsicht und Einholung von Rechtsrat in die Lage zu versetzen, zu erkennen, welcher konkrete Vorwurf gegen ihn erhoben wird (vgl. KG, Beschluss vom 31.01.2019 – 3 Ws (B) 42/19122 Ss 19/19).

II.

Vorliegend weist der Bußgeldbescheid derartige schwerwiegende Mängel auf.

Der Bußgeldbescheid benennt insgesamt vier Taten, welche sich um 22:10 Uhr in 1. Balve und 2. um 22:20 Uhr in Menden ereignet haben sollen, wobei 1. und 2. auf der B515 1. Hönnetalstraße und 2. Bessemerweg stattgefunden haben sollen.

Nachfolgend sind die einzelnen Taten tabellarisch dargestellt, insoweit wird auf den Bußgeldbescheid verwiesen.

Allein auf Grundlage des Bußgeldbescheides ist es schon dem Gericht ohne vorherigen intensives Aktenstudium nicht möglich gewesen, den einzelnen benannten Taten den jeweiligen Tatort zuzuordnen. Die Aufzählung ist völlig sprunghaft und ohne roten Faden, so dass schon nicht ersichtlich ist, welche der vorgenannten – lückenhaften – Tatorte, welchem Tatgeschehen zugeordnet werden soll. Abgesehen davon finet sich die vorbezeichnete Nummerierung in der tabellarischen Auflistung schlicht nicht wieder, vielmehr werden in der Bezeichnung der jeweiligen Taten – wahrscheinlich wegen der angenommenen Tateinheit – sämtliche Taten unter Ziffer 1 aufgeführt, so dass anhand der Ziffern keine konkrete Zuordnung möglich ist. Darüber hinaus ist jedoch noch zu beachten, dass die in der Tabelle genannten Taten nicht dem zuvor bezeichneten chronologischen Ablauf folgen, sondern – vermutlich – dem Schweregrad nach dem Bußgeldkatalog, was die Zuordnung von Tatzeit und Tatort noch unmöglicher macht.

Zudem ist zu beachten, dass allein in der Schilderung des Zeugen Michel von mehreren Überholmanövern die Rede ist bei einer Fahrtstrecke, die über mehrere Kilometer geht und über mehrere Lichtzeichenanlagen und Sperrflächen verfügt. Auch hieraus ergibt sich, dass ohne Zuhilfenahme des weiteren Akteninhaltes eine Zuordnung der Verstöße nicht möglich ist.

1. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die sich insbesondere aus § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG ergebenden und den gesetzlichen Anforderungen an die strafprozessuale Anklageschrift (§ 200 Abs. 1 S. 1 StPO) und den Strafbefehl (409 Abs. 1 S. 1 StPO) nachgebildeten Anforderungen an den Bußgeldbescheid als wirksame Verfahrensgrundlage für eine gerichtliche Sachentscheidung dürfen nicht überspannt werden dürfen. Entscheidend ist allerdings, dass der Betroffene anhand der Tatbeschreibung des Bußgeldbescheides, also namentlich aus den Angaben zum Begehungsort und zur Tatzeit erkennen kann, wegen welchem konkreten Fehlverhalten er zur Verantwortung gezogen werden soll und insoweit eine Verwechslung mit einer möglichen gleichartigen Ordnungswidrigkeit desselben Betroffenen ausgeschlossen ist. Deshalb genügt zur Bezeichnung der „Tat“ im Sinne von § 66 Abs. Nr. 3 OWiG etwa die schlichte Angabe der abstrakten gesetzlichen Tatbestandsmerkmale nicht. Vielmehr ist der Sachverhalt, in dem die Verwaltungsbehörde den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erblickt, unter Anführung der Tatsachen, die die einzelnen Tatbestandsmerkmale erfüllen, als geschichtlicher Lebensvorgang so konkret zu schildern, dass dem Betroffenen erkennbar wird, welches Tun oder Unterlassen Gegenstand der Ahndung sein soll. Denn nur dann ist ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet. Der Umfang der Tatschilderung wird allerdings auch hier maßgeblich von der Gestaltung des Einzelfalls und der Art der verletzten Vorschrift bestimmt. Da das Bußgeldverfahren eine schnelle und Verwaltungskosten einsparende Ahndung der Ordnungswidrigkeiten bezweckt, verbietet sich eine ausführliche Schilderung von selbst; auch ein in Rechtsfragen unerfahrener Bürger muss jedoch den Vorwurf verstehen können (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 12.08.2008 – 3 Ss OWi 896/08).

Diese Voraussetzungen erfüllt der hiesige Bußgeldbescheid – wie oben ausgeführt – schon nicht.

2. Die durch die unzulängliche Fassung des konkreten Tatgeschehens entstehenden Zweifel an der Tatidentität sind auch nicht unschädlich. Dies kann der Fall sein, wenn sowohl für den Betroffenen als auch für Dritte nicht offenbleibt, welcher Lebenssachverhalt durch den Bußgeldbescheid geahndet werden soll BeckOK OWiG/Sackreuther OWiG § 66 Rn. 29). Dies gilt beispielweise, wenn die, die Ordnungswidrigkeit beobachtenden Polizeibeamten den Betroffenen in unmittelbarer zeitlicher und/oder örtlicher Nähe mit der konkreten Bezeichnung des Fehlverhaltens konfrontieren.

Dies war jedoch hier gerade nicht der Fall, da der Zeuge pp. dem Betroffenen nur ganz allgemein auf sein Fahrverhalten angesprochen hat, ohne die konkreten Verstöße zu individualisieren.

3. Der vorbezeichnete Verstoß wird auch nicht durch Ergänzung der weiteren Akteninhalte „geheilt“. Wesentlich für den Bußgeldbescheid als Prozessvoraussetzung ist seine Aufgabe, den Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen. Diese Aufgabe erfüllt er in sachlicher Hinsicht, wenn nach seinem Inhalt kein Zweifel über die Identität der Tat entstehen kann, wenn also zweifelsfrei feststeht, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden soll. Mängel in dieser Richtung lassen sich weder mit Hilfe anderer Erkenntnisquellen, etwa dem Akteninhalt im Übrigen, ergänzen noch nachträglich, etwa durch Hinweise in der Hauptverhandlung, „heilen”. Der Bußgeldbescheid erwächst, sofern er nicht angefochten wird, in Rechtskraft. Er muss daher auch selbst die für seine Wirksamkeit notwendigen Voraussetzungen erfüllen, d.h. die Gefahr einer Verwechslung mit einer möglichen gleichartigen Ordnungswidrigkeit desselben Betroffenen ausschien (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16.09.2021 – 4 RBs 277/21).“

Bei einer so schönen Entscheidungsbegründung darf es hier auch mal etwas mehr Text sein. Und die Kosten- und Auslagenentscheidung ist auch richtig. Da muss die Staatskasse ran.

Ich nehme dann mal <<Werbemodus an>> diese Entscheidung auf „Burhoff (Hrsg.) Handuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 7. Aufl. 2024″ zu verweisen. Die Neuauflage liegt inzwischen vor und kann hier bestellt werden. In dem Buch sind die Fragen des Bußgeldbescheides eingehend erörtert. <<Werbemodus aus>>.

 

StPO I: Fehlt die Umgrenzungsfunktion der Anklage?, oder: Sammlermünzen als Objekt der Geldfälschung?

entnommen der Hompage des Bundesverwaltungsamtes

Und heute dann auch noch einmal StPO-Entscheidungen, heute dann aber „bunt“ gemischt.

Ich beginne mit einem schon etwas älteren Beschluss des OLG Celle, der sich zur Nichteröffnung des Hauptverfahrens äußert, wenn eine (vermeintlich) mangelhafte Anklage vorliegt.

Die StA wirft den Angeschuldigten mit ihrer Anklage vor, sich in der Zeit vom 07.11.2018 bis zum 30.09.2020 wegen gemeinschaftlich begangener Geldfälschung (§§ 146 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB) strafbar gemacht zu haben. Konkret wird den Angeschuldigten zur Last gelegt, als Geschäftsführer der B. V. GmbH die Herstellung und den Vertrieb von 750 Exemplaren eines Metallstücks mit der Prägung „250. Geburtstag Alexander von Humboldt“ veranlasst zu haben, wobei das Metallstück durch seine optische Gestaltung den Eindruck erweckt habe, dass es sich um von einer staatlichen Prägeanstalt herausgegebenes Münzgeld in Form einer Gedenk- und Sammelmünze handele, die im Zahlungsverkehr auch Zahlungsmittelfunktion erfülle.

Das LG hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Seine Entscheidung hat das LG damit begründet, dass ein hinreichender Verdacht wegen Geldfälschung nicht bestehe, weil das in der Anklage beschriebene Metallstück nicht geeignet sei, mit echtem Geld verwechselt zu werden, und sich zudem das Vorliegen des subjektiven Tatbestands nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen lassen werde. Die Frage, ob die Anklageschrift unwirksam sei, weil der in ihr dargestellte Sachverhalt nicht alle gesetzlichen Merkmale des angeklagten Tatbestandes, nämlich keine näheren Angaben zu einem gemeinsamen Tatentschluss bzw. einem arbeitsteiligen Vorgehen der Angeschuldigten, enthalte, hat das LG ausdrücklich dahinstehen lassen.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der StA. Sie macht insbesondere geltend, dass wegen der zentral auf dem Revers aufgebrachten Zahl „20“, die der Höhe des Verkaufspreises entspreche, und der weiteren Symbole und Beschriftungen „Adler, Deutschland, Europa, etc“, die in keinem Zusammenhang zu dem Medaillenthema ständen, die Gefahr der Verwechslung mit Sammlermünzen bestehe.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Das OLG hat es mit dem OLG Celle, Beschl. v. 07.08.2023 – 3 Ws 81/23 – zurückgewiesen:

„Die statthafte und zulässig erhobene (§§ 210 Abs. 2, 311 StPO) sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Recht abgelehnt, weil nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens die Angeschuldigten einer Straftat nicht hinreichend verdächtig sind. Hinreichender Tatverdacht besteht bei vorläufiger Tatbewertung nur dann, wenn die Verurteilung der oder des Angeschuldigten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO 64. Aufl. § 203 Rn. 2 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

Das Beschwerdevorbringen greift demgegenüber nicht durch.

1. Dabei war es dem Landgericht im vorliegenden Fall nicht verwehrt, trotz der erkannten Lücken in der Sachverhaltsdarstellung der Anklage den hinreichenden Tatverdacht zu verneinen. Zwar muss zur Wahrung der Umgrenzungsfunktion bei einem – wie hier – gegen mehrere Angeschuldigte gerichteten Vorwurf der gemeinschaftlichen Begehungsweise anhand der Anklage erkennbar sein, welcher individuelle Tatbeitrag dem einzelnen Angeschuldigten vorgeworfen wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 1986 – 1 StR 646/85, NStZ 1986, 329; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, NJW 2010, 308). Zudem scheidet bei fehlender Wahrung der Umgrenzungsfunktion der Anklage die Prüfung des Vorliegens eines hinreichenden Tatverdachts grundsätzlich aus, weil es insoweit an der erforderlichen Grundlage für die Prüfung fehlt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 8. Juni 2020 – 2 Ws 63/20). Im vorliegenden Fall besteht jedoch die Besonderheit, dass der Anklagevorwurf mit der Beschaffenheit eines bestimmten Tatobjekts – nämlich der Einordnung der in der Anklage beschriebenen 750 Metallstücke als Falschgeld – steht und fällt. Da diese Beschaffenheit gänzlich unabhängig von den Tatbeiträgen der Angeschuldigten zu beurteilen ist, fehlt es insoweit nicht an der notwendigen Prüfungsgrundlage für den hinreichenden Tatverdacht.

2. Das Landgericht hat aus zutreffenden Gründen, die der Senat sich in vollem Umfang zu eigen macht und auch seiner Entscheidung zugrunde legt, darauf erkannt, dass es sich bei den in der Anklage beschriebenen Metallstücken nicht um Falschgeld handelt…..“

Insoweit verweise ich dann auf die Leitsätze des OLG, die lauten:

    1. …….
    2. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass Sammlermünzen nicht als Tatobjekte der Geldfälschung (§ 146 StGB) in Betracht kommen, weil sie trotz ihrer Anerkennung als gesetzliche Zahlungsmittel zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr weder bestimmt noch geeignet sind und daher die herkömmliche Definition von „Falschgeld“ auf sie nicht anwendbar ist.
    3. Sieht man Sammlermünzen als taugliche Tatobjekte der Geldfälschung an, so ist als Vergleichsmaßstab nicht der „gewöhnliche Zahlungsverkehr“, sondern der „gewöhnliche Markt für Sammlermünzen“ heranzuziehen.
    4. Bei der Prüfung, ob Medaillen oder Münzstücke eine Verwechselungsgefahr mit echten Sammlermünzen begründen, kommt den Vorschriften der Medaillenverordnung und der Verordnung (EU) Nr. 651/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Ausgabe von Euro-Münzen (Amtsblatt L 201/135 vom 27. Juni 2012) eine indizielle Bedeutung dahin zu, dass bei deren Einhaltung eine Verwechselungsgefahr regelmäßig zu verneinen ist.

Vorenthaltung von Arbeitsentgelt, oder: Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift gewahrt?

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Auch schon etwas älter – aber ich musste ja auch für den Urlaub sparen – ist der BGH, Beschl. v. 26.04.2017 – 2 StR 242/16 -, der sich mal wieder mit den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anklage befasst hat. Ergangen ist er in einem Verfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt.  Der Angeklagte hatte gerügt, dass keine wirksame Anklageschrift vorgelegen habe. Ohne Erfolg:

1. Entgegen der Auffassung der Revision liegt dem Verfahren eine wirk-same Anklageschrift und – daran anknüpfend – ein wirksamer Eröffnungsbeschluss zugrunde, da die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main vom 21. Juli 2014 (noch) ihre Umgrenzungsfunktion erfüllt. Zwar benennt die Anklageschrift nicht im Einzelnen diejenigen Arbeitnehmer, welche die Angeklagte jeweils zu den Stichtagen „nicht bzw. nicht vollständig“ gegenüber der Einzugsstelle gemeldet haben soll; dies stellt die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift unter den hier gegebenen Umständen jedoch nicht in Frage (vgl. BGH, Beschluss vom 8. August 2012 – 1 StR 296/12, wistra 2012, 489, 490; siehe aber OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2015 – III-3 Ws 269/15, wistra 2016, 86, 87; OLG Celle, Beschluss vom 3. Juli 2013 – 1 Ws 123/13, juris Rn. 15).

a) Die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift dient dazu, den Pro-zessgegenstand festzulegen, mit dem sich das Gericht aufgrund seiner Kognitionspflicht zu befassen hat. Deshalb sind in der Anklageschrift neben der Be-zeichnung des Angeschuldigten Angaben erforderlich, welche die Tat als ge-schichtlichen Vorgang unverwechselbar kennzeichnen. Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsan-waltschaft zu urteilen hat (Senat, Urteil vom 2. März 2011 – 2 StR 524/10, BGHSt 56, 183, 186; BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 – 5 StR 628/93, BGHSt 40, 44 f.; KK-StPO/Schneider, 7. Aufl., § 200 Rn. 31). Jede einzelne Tat muss sich als historisches Ereignis von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen des Angeschuldigten unterscheiden lassen, damit sich die Reichweite des Strafklageverbrauchs und Fragen der Verfolgungsverjährung eindeutig beurteilen lassen.

Die Umstände, welche die gesetzlichen Merkmale der Straftat ausfüllen, gehören hingegen – wie sich schon aus dem Wortlaut des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO ergibt – nicht zur Bezeichnung der Tat. Wann die Tat in dem sonach umschriebenen Sinne hinreichend umgrenzt ist, kann nicht abstrakt, sondern nur nach Maßgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls festgelegt werden. Wird eine Vielzahl gleichartiger Einzelakte durch dieselbe Handlung des Angeschul-digten zu gleichartiger Tateinheit und damit prozessual zu einer Tat verbunden, genügt die Anklageschrift ihrer Umgrenzungsfunktion, wenn die Identität dieser Tat klargestellt ist und die Tat als historisches Ereignis hinreichend konkretisiert ist. Einer individualisierenden Beschreibung sämtlicher Einzelakte bedarf es bei einer solchen Fallgestaltung nicht, um den Prozessgegenstand unverwechsel-bar zu bestimmen. Darüber hinausgehende Angaben, die den Tatvorwurf näher konkretisieren, können zwar erforderlich sein, damit die Anklageschrift ihre Informationsfunktion erfüllt; ihr Fehlen lässt jedoch die Wirksamkeit der Anklage-schrift unberührt.

b) Gemessen hieran ist die Umgrenzungsfunktion durch die Anklageschrift (noch) gewahrt, auch wenn im Anklagesatz keine Angaben dazu enthal-ten sind, welche konkreten Arbeitnehmer die Angeklagte als verantwortliche Geschäftsführerin der A. GmbH (künftig: A. GmbH) zu den jeweiligen Tatzeitpunkten gegenüber der Einzugsstelle „nicht oder nicht vollständig“ gemeldet haben soll……“

So heute dann Rückreise/-flug. Morgen dann nur noch einmal vorbereitete Beiträge…..

Umgrenzungsfunktion der Anklage, oder: Das war dann nicht angeklagt

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Und als zweite Entscheidung des heutigen Tages verweise ich dann auf eine weitere „Anklageentscheidung“ des BGH, nämlich den BGH, Beschl. v. 31.05.2017 – 5 StR 108/17. Nichts Weltbewegendes, aber als (weiterer) Hinweis/Beleg darauf, dass die Revisionsgerichte mit den „Anklagefragen“ doch recht pingelig sind. Und das ist gut so 🙂 . Denn es handelt sich um Verfahrensvoraussetzungen, auf deren Einhaltung der Angeklagte einen Anspruch hat. Denn er soll ja schon wissen, um was es im Verfahren eigentlich geht. Und das war hier nicht gewährleistet:

„Die gegen den Angeklagten erhobene Anklage leidet an einem funktionellen Mangel. Sie genügt nicht den sich aus der Umgrenzungsfunktion ergebenden Mindestanforderungen an die Identifizierung der ihm vorgeworfenen Tat (§ 200 Abs. 1 StPO). Die Anklageschrift wirft dem Angeklagten D. vor, „eine Tat wie zu I. 1. begangen zu haben“ (Bd. VIII Bl. 60). Unter Ziffer I 1 bis 6 werden dem Mitangeklagten S. G. sechs selbständige Handlungen des unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt (Bd. VIII, Bl. 59 RS). Der Anklagesatz beschränkt sich hinsichtlich des Angeklagten D. auf die allgemeine Behauptung, er habe sich spätestens im Jahr 2014 mit den Mitangeklagten S. , A. , D. und F. G. zusammengeschlossen, um in der Folge gewinnbringend Betäubungsmittel zu vertreiben und den Erlös unter sich aufzuteilen (Bd. VIII Bl. 60 RS), er sei der Verkaufsebene der Bandenstruktur zuzurechnen und habe auch als Abwesenheitsvertreter fungiert (Bd. VIII Bl. 61 RS). An welcher konkreten (Banden-) Tat zu Ziffer I 1 bis 6 (Bd. VIII Bl. 62) der Angeklagte tatsächlich beteiligt gewesen sein soll, erschließt sich jedoch weder aus dem übrigen Anklagesatz noch aus dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen.

Da dieser Mangel im Eröffnungsbeschluss nicht behoben wurde (Bd. VIII Bl. 120), haftet er auch dem Beschluss selbst an (BGH, GA 80, 109). Die hieraus folgende Unwirksamkeit von Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss muss zur Einstellung des Verfahrens führen (vgl. Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 200 Rn. 26).

Hinzu kommt, dass die abgeurteilten Taten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln am 7., 11. und 13. Ju-ni2015 (Bd. XI Bl. 52 RS) nicht Prozessgegenstand waren, weil sie weder Gegenstand der durch den Eröffnungsbeschluss zugelassenen Anklage noch einer Nachtragsanklage gegen den Angeklagten D. waren. Der vom Landgericht Berlin erteilte rechtliche Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO (Bd. X Bl. 106) steht der Anklageerhebung nicht gleich (vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 260 Rn. 10).“

Und dann gibt es auch gleich noch „einen in der Sache mit“, wenn der BGH ergänzend bemerkt, „dass ein neu verhandelndes Tatgericht eine Annahme gewerbsmäßigen Handelns (§ 29 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 BtMG) sowie die Frage der Regelwirkung nach § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG sorgfältiger zu begründen haben wird, als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist.