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Löschung der Eintragung als GmbH-Geschäftsführer, oder: Auch nur wegen Teilnahme (am Bankrott)?

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In der zweiten Entscheidung des Tages, dem BGH, Beschl. v. 03.12.2019 – II ZB 18/19 – geht es um eine Frage, die man als Verteidiger bei der Beratung des Mandanten beachten muss.

Ja, richtig abgelesen am Aktenzeichen, eine zivilrechtliche Entscheidung. Die hat aber Auswirkungen. Das fällt einem zunächst nicht auf, und zwar auch dann noch nicht unbedingt, wenn man den Leitsatz 1 der amtlichen Leitsätze der Entscheidung sieht:

„Das Registergericht hat die Eintragung eines Geschäftsführers einer GmbH von Amts wegen im Handelsregister zu löschen, wenn eine persönlicheVoraussetzung für dieses Amt gemäß §6 Abs.2 GmbHG nach der Eintragung entfällt. Amtsunfähigkeit eines GmbH-Geschäftsführers nach § 6 Abs. 2 GmbHG.“

Beim Leitsatz 2 wird es dann deutlicher. Der lautet nämlich:

„Auch wer nicht als Täter (§ 25 StGB), sondern als Teilnehmer (§§ 26, 27 StGB) wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat nach § 6 Abs.2 Satz 2 Nr.3 GmbHG rechtskräftig verurteilt worden ist, kann nicht Geschäftsführer einer GmbH sein.“

Die Frage war (bislang) umstritten, nun hat der BGH gesprochen:

„c) Der Beschwerdeführer hat mit Rechtskraft seiner Verurteilung wegen Beihilfe zum Bankrott seine Fähigkeit verloren, Geschäftsführer der G. GmbH zu sein. Unerheblich ist, dass die Verurteilung vorliegend durch Strafbefehl erfolgte (§ 410 Abs. 3 StPO; KG, ZIP 2019, 71 f.). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde setzt Amtsunfähigkeit nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 Buchst. b GmbHG auch nicht voraus, dass der Geschäftsführer als Täter (§ 25 StGB) einer Insolvenzstraftat verurteilt worden ist. Vielmehr kann auch derjenige nicht Geschäftsführer sein, der zu einer solchen Tat Hilfe geleistet hat (§ 27 Abs. 1 StGB).

aa) Die Frage ist allerdings streitig. Während eine Meinung im Schrifttum bei den vorsätzlich begangenen Straftaten des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG nicht zwischen Täterschaft (§ 25 StGB) und Teilnahme (§§ 26, 27 StGB) unterscheidet und beide Begehungsformen gleich behandelt (Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl., § 6 Rn. 21; Oetker in Henssler/Strohn, GesR, 4. Aufl., § 6 GmbHG Rn. 21; Paefgen in Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 26; Weiß, wistra 2009, 209, 210; ders., GmbHR 2013, 1076, 1077), soll die Vorschrift anderer Auffassung zufolge nur die Verurteilung als Täter erfassen (Ahlbrecht, wistra 2018, 241 ff.; zweifelnd auch Beurskens in Baumbach/Hueck, GmbHG, 22. Aufl., § 6 Rn. 16).

bb) Die erstgenannte Auffassung ist richtig.

Sie kann sich zunächst auf den Wortlaut des Gesetzes stützen, der in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG nicht zwischen Täterschaft und Teilnahme unterscheidet. Die Vorschrift lehnt sich mit der Formulierung „wegen … Straftaten … verurteilt worden ist“ an den Begriff der „strafgerichtlichen Verurteilung“ in § 3 Nr. 1, § 4 Nr. 1 BZRG an (vgl. OLG Naumburg, GmbHR 2017, 403, 404), der beide Begehungsformen umfasst. Die Bezugnahme auf das BZRG wird zudem am Anmeldeverfahren deutlich. Gemäß § 8 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 53 Abs. 2 BZRG ist der Geschäftsführer bei der Anmeldung dem Registergericht nach entsprechender Belehrung unbeschränkt auskunftspflichtig, was die Vermeidung erhöhten Verwaltungsaufwands durch ein gerichtliches Auskunftsersuchen gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG bezweckt (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des GmbHG usw. vom 15. Dezember 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 34; BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 – II ZB 5/10, ZIP 2010, 1337 Rn. 9).

Aus § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GmbHG lässt sich nichts gegen ein Teilnehmerverurteilungen einschließendes Begriffsverständnis ableiten (aA Ahlbrecht, wistra 2018, 241, 242). Zwar ist in dieser Vorschrift von „Täter“ die Rede. Der Begriff des Täters wird in der Gesetzessprache indes auch als Oberbegriff verwendet, der Täterschaft und Teilnahme umfasst. Entgegen der Behauptung der Rechtsbeschwerde handelt es sich dabei nicht nur um Vorschriften, die „ausschließlich positive Folgen“ für den Täter oder Teilnehmer haben. Schon die Grundnorm der Strafzumessung (§ 46 StGB) versteht unter „Täter“ sowohl Täter als auch Teilnehmer. Zudem regelt § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GmbHG im Hinblick auf den „Täter“ lediglich einen Sonderfall der Berechnung der fünfjährigen Ausschlussfrist. Obwohl die Vorschrift im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens redaktionell überarbeitet wurde, findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff des Täters i.S.v. § 25 StGB gemeint ist. Mit der Überarbeitung sollte die Vorschrift vielmehr entsprechend § 70 Abs. 4 Satz 2 StGB gefasst werden (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des GmbHG usw. vom 15. Dezember 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 5, 64 f., 70). Die Anordnung eines Berufsverbots nach § 70 StGB setzt als Anlasstat aber lediglich eine rechtswidrige Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB) voraus, worunter allgemeiner Auffassung zufolge sowohl Täterschaft als auch Teilnahme fallen (MünchKommStGB/Bockemühl, StGB, 3. Aufl., § 70 Rn. 6; LK/Hanack, StGB, 12. Aufl., § 70 Rn. 7).

Sinn und Zweck von § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG sprechen ebenfalls für die Einbeziehung von Verurteilungen wegen Teilnahmehandlungen. Die Vorschrift dient dem Schutz fremden Vermögens, insbesondere dem der Gesellschaftsgläubiger (Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des GmbHG usw. vom 15. Dezember 1977, BT-Drucks. 8/1347, S. 31). Angesichts dieses Schutzzwecks, der sich auf das Erfolgs-, nicht das Handlungsunrecht bezieht, lässt sich die Beschränkung auf Verurteilungen als Täter nicht rechtfertigen. Soweit die Rechtsbeschwerde dem mit der Begründung entgegentritt, bei den Katalogstraftaten handele es sich überwiegend um Sonderdelikte, die nur durch den Geschäftsführer begangen werden könnten, vermag dies nicht zu überzeugen. Die Deliktsnatur hat der Gesetzgeber ersichtlich für unmaßgeblich erachtet, da er auch Allgemeindelikte in den Straftatenkatalog in § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG aufgenommen hat (§§ 283d, 263, 263a, 264 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4, §§ 265b, 265c Abs. 2 und 4, § 265d Abs. 2 und 4 StGB). Aus dem Umstand, dass die Mehrzahl der Katalogstraftaten Sonderdelikte sind, lässt sich mithin nichts für die Begehungsform gewinnen. Die Rechtsbeschwerde vernachlässigt zudem die präventive Funktion der Vorschrift. Mit dem Ausschluss vom Geschäftsführeramt soll nicht zuletzt verhindert werden, dass der wegen einer Katalogstraftat Verurteilte die Gelegenheit erhält, als vertretungsberechtigtes Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) ein Sonderdelikt zu begehen. Diese Begehungsgefahr setzt nicht notwendig oder auch nur regelmäßig voraus, dass der Verurteilte kraft seiner Organbefugnisse bereits selbst ein Sonderdelikt begangen hat. Auch wer etwa als Berater oder Hintermann des Täters Teilnahmeunrecht verwirklicht hat, lässt nicht minder als der Täter besorgen, als Geschäftsführer Drittvermögen zu gefährden. Richtig ist zwar, dass die Strafe des Teilnehmers eines Sonderdelikts gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern ist, weil bei ihm das besondere persönliche Merkmal (§ 14 Abs. 1 StGB) fehlt, das die Strafbarkeit des Täters begründet. Im Fall der Beihilfe kommt es gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu einer zweifachen Strafrahmenmilderung, wenn nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft anzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115 Rn. 10). Auch dieser Gesichtspunkt lässt sich jedoch nicht für eine Beschränkung der Vorschrift auf Verurteilungen als Täter anführen, da der Gesetzgeber dem Strafmaß in den Fällen des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 Buchst. a bis d GmbHG keine Bedeutung beigemessen hat, wie ein Gegenschluss aus § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 Buchst. e GmbHG belegt.

cc) Schließlich kann der Rechtsbeschwerde auch nicht darin gefolgt werden, dass § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Wege verfassungskonformer Auslegung auf Verurteilungen als Täter einzuschränken ist.

Die Vorschrift greift als subjektive Berufswahlregelung in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ein. Der Eingriff ist aber angesichts des mit dem Geschäftsführeramt verbundenen erheblichen Missbrauchspotentials gerechtfertigt. Der mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 Nr. 3 GmbHG beabsichtigte Gläubigerschutz wäre – wie gezeigt – planwidrig lückenhaft, wenn die Verurteilung wegen einer Teilnahmehandlung keinen Ausschlussgrund darstellen würde. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wird jedenfalls durch die mit dem MoMiG erfolgte Beschränkung auf vorsätzlich begangene Straftaten gewahrt (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des GmbH-Rechts usw. vom 25. Juli 2007, BT-Drucks. 16/6140, S. 33; OLG München, ZIP 2016, 1863; Drygala, ZIP 2005, 423, 431; Fleischer, WM 2004, 157, 166; MünchKommGmbHG/Goette, 3. Aufl., § 6 Rn. 30 Fn. 119).

Soweit vornehmlich im aktienrechtlichen Schrifttum verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick insbesondere auf die Länge der Ausschlussfrist (§ 76 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 AktG) aufrechterhalten werden (Koch in Hüffer/ Koch, AktG, 13. Aufl., § 76 Rn. 62; Kort in Großkomm. AktG, 5. Aufl., § 76 Rn. 262; KK-AktG/Mertens/Cahn, 3. Aufl., § 76 Rn. 123, MünchKommAktG/ Spindler, 5. Aufl., § 76 Rn. 138; Kögel, GmbHR 2019, 384, 387 f.), teilt der Senat diese Bedenken nicht. Sie gründen sich im Kern auf einen Vergleich mit dem strafrechtlichen Berufsverbot in § 70 StGB, dessen Anordnung eine auf einer Gesamtwürdigung beruhende Gefahrprognose voraussetzt und dem Gericht einen Ermessensspielraum auch bei der Festlegung der Dauer eines Ausübungsverbots einräumt. Diese Vergleichsbetrachtung geht fehl. Das strafrechtliche Berufsverbot eignet sich nicht als Maßstab für die verfassungsrechtlichen Anforderungen für den Ausschluss von der Geschäftsleitung, weil der Anwendungsbereich des § 70 StGB umfassend ist, während § 6 Abs. 2 Satz Nr. 3 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AktG an das spezifische Missbrauchspotential anknüpfen, das mit der organschaftlichen Vertretung einer Kapitalgesellschaft zwangsläufig verbunden ist.“

Wie gesagt: Muss man bei der Beratung und Verteidigung im Auge haben. Und: Vielleicht geht es ja in Karlsruhe wegen der verfassungsrechtlichen Problematik noch zum Schloßplatz.

Unfallschadenregulierung, oder: Wenn der eigene Sachverständige an einer Nachbesichtigung teilnimmt

Und als zweite Entscheidung dann – damit es nicht zu bunt wird – das AG Saarlouis, Urt. v. 01.12.2017 – 28 C 891/17 (70), das mir der Kollege Gratz übersandt hat. Er wird die Entscheidung sicherlich auch noch in seinem VerkehrsrechtsBlog bringen. Es geht um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger verlangt Kosten für die Teilnahme seines Sachverständigen an einer Nachbesichtigung des Pkws des Klägers. Insgesamt waren rund 350 € im Streit, die das AG in diesem Fall nicht zuerkennt.

„1. Die Kosten der Teilnahme des Zeugen M an der Nachbesichtigung des PKWs des Klägers in Höhe von 349,50 € sind vorliegend nicht erstattungsfähig.

1.1 Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls darf einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenhöhe an seinem beschädigten Pkw beauftragen und von dem Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde (BGH in NJW 2014, 1947). Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadenbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung anzustellen, d. h. Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis-und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH aaO).

1.2  Dabei ist in der Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer des Landgerichts Saarbrücken auch anerkannt, dass der Geschädigte grundsätzlich die Einholung eines Ergänzungsgutachtens zur Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwendungen für sachdienlich halten und die dadurch entstandenen Kosten ersetzt verlangen kann, wenn der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vorgerichtlich technische Einwendungen gegen das vom Geschädigten eingeholte Kfz-Schadensgutachten erhebt und der Geschädigte ohne sachverständige Hilfe die Berechtigung der Einwendungen nicht beurteilen kann (Landgericht Saarbrücken in NJW-RR 2015,721). Darüber hinaus wird auch die Teilnahme des vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen an einer vom Haftpflichtversicherer initiierten Fahrzeuggegenüberstellung als ersatzfähig angesehen (Landgericht Bochum, Urteil vom 8. Juli 1997,9 § 60/97, Landgericht Hamburg, Urteil vom 9. Juli 2015, 323 § 13/15).

1.3 Vorliegend verlangt der Kläger demgegenüber Ersatz der Kosten, die durch die Teilnahme des von ihm beauftragten Sachverständigen zur Überprüfung des von ihm vorgelegten Gutachtens an der verlangten Nachbesichtigung seines Fahrzeuges anfallen. Solche Kosten sind nach Auffassung des Gerichts jedenfalls im vorliegenden Fall nicht erstattungsfähig. Es war weder erforderlich, dass der Sachverständige des Geschädigten bei der Nachbesichtigung möglicherweise auftretende Fragen beantwortet noch dass dieser den Gutachter des Versicherers überwacht. (so Landgericht München I, Schaden-Praxis 2011,188, a.A: Amtsgericht Kaiserslautern, ZfSch 2014,559, Amtsgericht Mainz, Urteil vom 31. Mai 2016,80 C 73/16).

Dabei kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Schädiger oder sein Versicherer nach der Vorlage eines Schadengutachtens überhaupt einen Anspruch auf Nachbesichtigung haben (FreymannNVellner/Lennartz,jurisPKStrassenverkehrsrecht,119 WG Rn 24,1.A.2016). Denn selbst wenn man einen solchen Anspruch verneint und die Gestattung einer Nachbesichtigung durch den Kläger als ein Entgegenkommen gegenüber dem Haftpflichtversicherer betrachtet, bleibt es für die Ersatzfähigkeit der durch die Beauftragung des eigenen Sachverständigen mit der Teilnahme an der Nachbesichtigung entstandenen Kosten dabei, dass diese nur ersetzt werden müssen, wenn sie erforderlich waren.

Diese Erforderlichkeit ergibt sich vorliegend nicht aus einem Beweissicherungsinteresse des Klägers (Landgericht München aaO). Der Zeuge M hatte für diesen bereits ein Schadensgutachten angefertigt und die Beschädigungen des Fahrzeuges ausführlich durch Lichtbilder dokumentiert. Eine weitere Beweissicherung hat der Zeuge zu diesem Zeitpunkt folglich nicht für notwendig erachtet. Weshalb sich dies durch ein Nach- besichtigungsbegehren des Haftpflichtversicherers geändert haben sollte, ist nicht erkennbar. Dieser beabsichtigte die Nachbesichtigung nach seinen Angaben lediglich, weil das Gutachten des Zeugen M ihm unplausibel erschien und um es demzufolge auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Konkrete Einwendungen gegen die Schadenshöhe hatte der Versicherer zu diesem Zeitpunkt nicht erhoben. Zwar kann Voraussetzung für eine Erforderlichkeit nicht sein, dass der vom Versicherer beauftragte Sachverständige zu einem anderen Ergebnis gelangt als der Sachverständige des Geschädigten, da auf die Sichtweise des Geschädigten im Zeitpunkt der Äußerung des Nachbesichtigungsverlangens abzustellen ist. Es wäre jedoch von vornherein ausreichend gewesen, wenn der Kläger im Falle von Beanstandungen des Sachverständigen der Dekra als Reaktion auf diese nachträglich eine Stellungnahme des Zeugen M      deren Kosten dann gegebenenfalls ersatzfähig gewesen wären, eingeholt hätte. Weitergehende Erkenntnisse, die sich gerade durch eine Teilnahme an einer Nachbesichtigung hätten ergeben können, hat der Kläger weder aufgezeigt noch sind diese für das Gericht ersichtlich. Hieran ändern auch mögliche Zweifel an der Unabhängigkeit und Neutralität des vom Versicherer beauftragten Sachverständigen nichts. Selbst wenn diese zutreffen sollten, kann auf Beanstandungen nachträglich angemessen und ohne Nachteil für den Geschädigten reagiert werden. Auf die vage Hoffnung, dass wegen der Anwesenheit des eigenen Sachverständigen auf Beanstandungen bzw. Nachfragen sofort reagiert und damit die Schadensabwicklung beschleunigt werden kann, kann es ebenfalls nicht ankommen.

Etwas anderes  gilt, wenn der Geschädigte die Teilnahme seines Sachverständigen und diesbezüglich eine Kostenerstattung zur Bedingung für die Zustimmung zur Nachbesichtigung macht, kann offenbleiben, denn der Kläger hat nicht vorgetragen, dies gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Geschädigten im Vorfeld der Nachbesichtigung so kommuniziert oder die beabsichtigte Hinzuziehung des Zeugen M auch nur erwähnt zu haben.

1.4 Soweit die Teilnahme des vom Geschädigten beauftragten Sachverständigen an einer Fahrzeuggegenüberstellung von Teilen der Rechtsprechung und Literatur als ersatzfähig angesehen wird, steht dies nicht im Widerspruch zu den vorstehenden Ausführungen……

Klein, aber fein III – Teilnahme ist nicht Täterschaft

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Klein, aber fein, heute aber mal nicht von einem LG, sondern vom BGH, nämlich der BGH, Beschl. v. 02.09.2015 – 2 StR 49/15. Er enthält eine Problematik, die in der Praxis immer wieder eine (große) Rolle spielt und bei der Revisionen i.d.R. „Selbstläufer“ sind. So auch die Revision in dem Fall, in dem das LG Darmstadt den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in zehn tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt hatte. Die Verfahrensrüge des Angeklagten ist dann durchgegangen.

„2. Die Revision rügt zu Recht eine Verletzung der Hinweispflicht aus § 265 Abs. 1 StPO durch das Landgericht.

a) Dem Angeklagten war in der Anklageschrift gewerbsmäßig begange-ner Betrug in 142 Fällen vorgeworfen worden, wobei es in drei Fällen beim Ver-such geblieben sei. Die Anklageschrift war durch den Eröffnungsbeschluss der Strafkammer unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen worden. In der Hauptverhandlung erfolgte eine Verfahrensbeschränkung gemäß § 154 Abs. 2 StPO. Anschließend wies das Landgericht darauf hin, dass auch eine Verurteilung des Angeklagten wegen einer einheitlichen Tat in Betracht komme. Ein Hinweis darauf, dass anstelle von Mittäterschaft auch Beihilfe in Betracht kommen kann, wurde hingegen nicht erteilt.

Dies war verfahrensfehlerhaft. Die Hinweispflicht gemäß § 265 Abs. 1 StPO gilt nicht nur in Bezug auf den Straftatbestand, sondern auch für die nach dem Urteil maßgebliche Zurechnungsnorm für Täterschaft oder Teilnahme (vgl. Senat, Urteil vom 6. Mai 2011 – 2 StR 590/10, BGHSt 56, 235, 237). Nach Erhebung und Zulassung einer Anklage wegen Mittäterschaft muss daher vor einer Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zu der von einem anderen begangenen Haupttat auf diese Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts hingewiesen werden. Das ist hier nicht geschehen.

b) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Die Möglichkeit einer anderen Verteidigung braucht dazu nicht nahe zu liegen. Es genügt, dass sie nicht mit Sicherheit auszuschließen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 StR 196/85, NJW 1985, 860, 861; SK/Velten, StPO, 4. Aufl., § 265 Rn. 67). Bei dem weiten Rahmen der Zurechnung eines uneigentlichen Organisationsdelikts kann der Senat im vorliegenden Fall nicht ausschließen, dass Anträge der Verteidigung des Beschwerdeführers vor dem Landgericht auf Erhebung entlastender Beweise, durch eine Ergänzung der Einlassung zur Sache oder durch rechtliche Argumente gegen den Vorwurf einer Beihilfe zum Betrug zu einem für den Angeklagten günstigeren Urteil geführt hätten.“

Kurz und zackig, aber was soll der BGH da auch viel anderes schreiben.

Ich habe da mal eine Frage: Wie bekomme ich die Teilnahme an einer Durchsuchung bezahlt?

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Ein Kollege hatte neulich eine ganz interessante Frage, die so oder ähnlich schon häufiger an mich herangetragen worden ist. Und zwar:

Sehr verehrter Herr Kollege Burhoff,
 
gibt es für eine dreistündige Durchsuchung, die im Hauptverhandlungstermin angeordnet wurde und im unmittelbaren Anschluss (Hauptverhandlung unterbrochen) stattfand und für die in einem weiteren Termin nach Freispruch dem Grunde nach eine Entschädigung zugesprochen wurde, für den an der Durchsuchung teilnehmenden Verteidiger keine andere Möglichkeit der Honorarberechnung als nach Nr. 4106 VV RVG (Burhoff: RVG, Vorbemerkung 4, Katalog der von der Verfahrensgebühr erfassten Tätigkeiten: Teilnahme an Durchsuchungsmaßnahmen) = bis 290,00 EUR?“

Nun, wer hat eine Idee/einen Lösungsvorschlag?

BtM-Geschäft – Täterschaft oder Teilnahme?

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Insbesondere für die Höhe der Strafe ist in BtM-Verfahren die Frage von Bedeutung: War der Angeklagte (Mit)Täter oder Teilnehmer? Die Antwort richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien für Täterschaft/Teilnahme. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Und ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Darauf weist noch einmal der 3. Strafsenat des BGH im BGH, Beschl. v. 04.09.2012 – 3 StR 337/12 hin und kommt im entschiedenen Fall zunächst mal nur zur Beihilfe:

„b) Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft. Zur Höhe der Entlohnung, die ihm zugesagt war, hat die Kammer keine Feststellungen treffen können; jedoch spricht das in der Beweiswürdigung zitierte Gespräch mit seinem Lieferanten, nach dem im Wesentlichen andere an dem Geschäft verdienen würden, gegen einen hohen Grad des eigenen finanziellen Tatinteresses. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft, die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiter-verkauf hatte der Angeklagte nicht; ebenso wenig sollte er die gehandelten Betäubungsmittel in Besitz nehmen. Sein Beitrag bei dem Erwerb und der Über-gabe des Heroins beschränkte sich auf das Dolmetschen zwischen den Käufern und dem Lieferanten, so dass auch insoweit keine hinreichend gewichtigen Aktivitäten festgestellt sind, die eine Täterschaft des Angeklagten belegen könnten.