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Hier mal richtig was zum Lesen – 24 Seiten BGH-Beschluss, ua. zur SV-Ablehnung

Manchmal sind die Entscheidungen, die der BGH auf seiner HP einstellt, mehr als kurz und es erschließt sich mir auch nicht so recht, welchen Sinn es macht, eine „OU-Entscheidung“ einzustellen. Dann aber ist man auch wieder überrascht, wie viel der BGH manchmal schreiben muss und schreibt.

So über den BGH, Beschl. v. 14.04.2011 -1 StR 458/10, den ich in meinen „Handbuch-Ordnern“ an mehreren Stellen habe abheften müssen. Denn der Beschluss behandelt Fragen der Sachverständigenablehnung, der Absprache, des rechtlichen Hinweises, des Beweisantrages und auch materielle Fragen.

Erstaunt hat mich die vom BGH beurteilte landgerichtliche Entscheidung zur Befangenheit des Sachverständigen. Da schreibt der von der Strafkammer beauftragte Sachverständige einem anderen SV:

„In diesem Zusammenhang ist es vielleicht noch hilfreich zu wissen, dass Herr S. [Verteidiger des Angeklagten H. ] früher durch Anlagebetrüger geschädigte Privatpersonen in Zivilverfahren vertreten hat, inzwischen jedoch die Seiten gewechselt hat und seit einiger Zeit potenzielle, zum Teil bandenmäßige Diamant-Anlagebetrüger verteidigt.“

und die Kammer hat keinen Grund an der Unbefangenheit zu zweifeln. Der BGH schon.

Step by Step – nach dem Psychologen auch einen Psychiater?

In Verfahren, in denen bereits ein SV-Gutachten zur Glaubwürdigkeit eines Zeugen/einer Zeugin vorliegt, stellt sich häufig die Frage, ob nicht auch noch ein psychiatrische Untersuchung erfolgen muss/soll.

Der BGH, Beschl. v. 15.02.2011 – 1 StR 19/11 setzt sich mit dieser Frage und der Ablehnung eines entsprechenden Beweisantrages des Angeklagten auseinander. Der BGH verneinte die Notwendigkeit bzw. hatte keine Bedenken, dass das Tatgericht in dem Verfahren (Vorwurf der Vergewaltigung) den Antrag auf Einvernahme eines psychiatrischen Sachverständigen zur Frage der Glaubwürdigkeit der Geschädigten mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde des Gerichts abgelehnt hatte. Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Geschädigten und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sei bereits eine forensisch erfahrene Psychologin herangezogen worden, die aus nervenärztlicher Sicht keine Einschränkungen hinsichtlich der Aussagefähigkeit und -tüchtigkeit festgestellt habe. Der Begutachtung durch einen psychiatrischen Sachverständigen bedürfe es in einem solchen Falle nicht (mehr).

Anthropologisches SV-Gutachten = Pflichtverteidiger erforderlich

Für die Praxis m.E. ganz interessante Entscheidung des AG Eckernförde v. 05.01.2011 – 51 Gs 1/11 – dass uzur Beiordnung eines Pflichtverteidigers schon im Stadium des Ermittlungsverfahrens kommt, wenn ein anthropologisches SV-Gutachten eingeholt werden soll.

Wochenspiegel für die 44. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten über:

  1. Kachelmann, vgl. hier, hier und hier.
  2. Das Rechtsempfinden der Frauen, vgl. hier und hier und hier.
  3. Diese Tricks der Polizeibeamten sollte man kennen, vgl. hier.
  4. Der Richter und die Punkte, vgl. hier.
  5. Sicherlich nicht nur für Studenten interessant, Der Online-Diebstahl, vgl. hier.
  6. In der Tat nicht so häufig: Rückwärts Einparken und einen Fußgänger anfahren, hier.
  7. Mit der Auswahl von Sachverständigen beschäftigt man sich hier.
  8. Immer wieder ein Problem: Wahllichtbildvorlage und Wahlgegenüberstellung
  9. Dürfen Falschparker abgeschleppt werden?, vgl. hier.
  10. Und mit dem Bahnstreik hat man sich hier beschäftigt, war insofern aber im Fernverkehr nicht ganz so schlimm war, weil man dann einfach den „fahrplanmäßg verspäteten Zug“ nehmen konnte 🙂

Die Rechtsbeschwerde/Revision als Selbstläufer…..und täglich grüßt das Murmeltier

Der Beschluss des KG v. 27.08.2010 – 3 Ws (B) 434/10 – 2 Ss 231/10 passt gut zu unserem Posting: Kardinalfehler beim Sachverständigengutachten. Denn auch das KG beanstandet dort, dass der Tatrichter nicht genügend zum SV-Gutachten mitgeteilt hat. Der Leitsatz lautet:

Hat das Tatgericht ein Sachverständigengutachten eingeholt und seine Überzeugungsbildung hierauf gestützt, so muss es die Ausführungen des Sachverständigen in einer – gegebenenfalls gestrafften- zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerung insoweit wiedergeben, als dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner gedanklichen Schlüssigkeit erforderlich ist, um dem Rechtsbeschwerdegericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen.

Man kann schon sagen: Und täglich grüßt das Murmeltier. Die Rechtsbeschwerden/Revisionen sind dann Selbstläufer….