Schlagwort-Archive: Sachrüge

Hallo Herr Verteidiger, so schwierig ist die Erhebung der Sachrüge ja nun nicht

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Ein Nachtrag zum OLG Hamm, Beschl. v. 19.11.2012 -III-3 RBs 268/12 -, über den ich gestern bereits berichtet hatte (vgl. hier: Verteidiger will eine “Betriebserlaubnis” sehen. Was ist das?, fragt das OLG.

Der Verteidiger hatte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Da vom AG  eine Geldbuße von nicht mehr als 100 € verhängt worden war, kam die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur nach §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 OWiG in Betracht, wenn es also geboten war/ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.

Die Zulassung nach 80 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 OWiG setzt natürlich voraus, dass eine ordnungsgemäße Sachrüge erhoben ist. Aber, was liest man im OLG-Beschluss:

1. Die Erhebung der Sachrüge lässt sich den Verteidigerschriftsätzen, mit denen der Betroffene die Rechtsbeschwerde begründet hat, auch bei wohlwollender Auslegung nicht entnehmen.

Also wohl doch schwierig? Nun, es reicht der einfache Satz: Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts. Mehr muss nicht sein. Mich würde schon interessieren, warum der Verteidiger das in seinen „Verteidigerschriftsätzen“ (!!!) nicht auf die Reihe bekommen hat.

 

 

Revision ohne Begründung? – Da war das LG wohl etwas zu schnell…

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Das LG Essen hat die Revision einen Angeklagten als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht fristgerecht begründet worden sei. Dagegen der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO), der zur Aufhebung des Verwerfungsbeschlusses durch den BGH, Beschl. v. 20.10.2012 – 4 StR 443/12 – führt, denn:

„1. Der Antrag des Angeklagten B. auf Entscheidung des Revisionsgerichts ist zulässig und hat die Aufhebung des Beschlusses zur Folge, mit dem die Revision als unzulässig verworfen wurde (§ 346 Abs. 2 StPO). Das Landgericht hat übersehen, dass der Angeklagte bereits mit Einlegung der Revision die allgemeine Sachrüge erhoben hat. Damit ist das Rechtsmittel ordnungsgemäß begründet. In der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge ist regelmäßig die Erklärung zu sehen, dass das Urteil insgesamt angefochten wird. Eines besonders hervorgehobenen Revisionsantrags bedarf es dann nicht. Eine Begründung der Sachrüge ist nicht vorgeschrieben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 344 Rn. 3 und 17).

Nun: Da war das LG wohl etwas zu schnell und/oder hat nicht richtig hingeschaut. Allerdings: Im Ergebnis hatte die Revision dann keinen Erfolg. Der BGH hat sie nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Anmerkung: Ich ahne, welche Kommentare eingehen werden.

Nicht schon wieder – die Revision des Nebenklägers, leider doch

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Es scheint doch schwieriger zu sein, als man glaubt: Die Begründung der Revision des Nebenklägers. Das beweisen m.E. die vielen Entscheidungen des BGH, die es zu dieser Frage gibt, und in denen der BGH fast gebetsmühlenartig immer wieder wiederholen muss: Der Nebenkläger kann seine Revision nicht nur mit der allgemeinen Sachrüge begründen. Das sollte sich bei Verteidigern herumgesprochen haben. Hat es aber nicht :-(. Und dabei steht es doch in allen Handbüchern/-reichungen zur Revision. Demnächst auch in unserem neuen „Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe„.

Zu der Problematik noch mal der BGH im BGH, Beschl. v. 28.08.2012 – 3 StR 360/12 – die Senate haben sicherlich einen Textbaustein:

„Die Revision des Nebenklägers ist unzulässig. Gemäß § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger ein Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt oder dass der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt. Die Begründung der Revision  des Nebenklägers muss daher erkennen lassen, dass er mit seinem Rechtsmittel ein zulässiges Ziel verfolgt, also einen bisher unterbliebenen Schuldspruch des Angeklagten (auch) wegen einer Straftat, die die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluss an das Verfahren be-gründet; wird eine derartige Präzisierung bis zum Ablauf der Revisions-begründungsfrist nicht vorgenommen, ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 400 Rdn. 6 m.w.N.). So liegt es hier. Der Nebenkläger hat lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben. Weitere Ausführungen, aus denen sich das Ziel seines Rechtsmittels entnehmen ließe, sind bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht eingegangen. Die Revision des Nebenklägers ist daher zu verwerfen.“

Au Backe, unzulässige Revision – das muss/darf nicht sein. Blamabel für den Verteidiger.

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Es steht in allen Anleitungsbüchern zur Revision, man erzählt es auf Fortbildungen immer wieder, und doch: Immer wieder gibt es Revisionen, die der BGH als unzulässig verwirft, weil zwar die Verfahrensrüge erhoben worden ist, aber die Sachrüge nicht. Ist dann die Verfahrensrüge unzulässig, ist die Revision insgesamt unzulässig. So (noch einmal) der BGH, Beschl. v. 03.07-2012 –  5 StR 284/12:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
Soweit der Angeklagte beanstandet, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft Beweisanträgen der Verteidigung auf Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens und eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht stattgegeben, erhebt er zwei Verfahrensrügen (§ 344 Abs. 2 Satz 1 StPO); diese sind, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 5. Juni 2012 zutreffend ausgeführt hat, unzulässig, weil die Revision weder den vollständigen Inhalt der Beweisanträge noch den der ablehnenden Beschlüsse der Strafkammer mitteilt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Unzulässigkeit der Verfahrensrügen führt, weil die Sachrüge nicht erhoben worden ist, zur Uulässigkeit der Revision insgesamt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 2009 – 5 StR 323/09 mwN).

Und dass zu ordnungsgemäßen Rüge der unzulässigen Ablehnung von Beweisanträgen gehört, dass ich deren Inhalt und den Inhalt des gerichtlichen Ablehnungsbeschlusses mitteile, sollte ich als Verteidiger, der Revisionsrecht betreibt, auch wissen. Sonst lasse ich lieber, nehme einen Revisionsspezialisten und vermeide so, dass ich mich blamiere. Es ist Anfängerwissen.

 

Die Sachrüge, das unbekannte Wesen? Oder, weniger ist mehr…

Dass es nicht einfach ist, im Hinblick auf § 344 Abs. 2 S. 2 StPO eine Verfahrensrüge ordnungsgemäß zu begründen, ok, das kann ich noch nachvollziehen. Aber, dass es offenbar auch schwierig ist, die Sachrüge ordnungsgemäß zu begründen, das erstaunt dann doch. Dabei reicht der einfache Satz: Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts. Mehr muss nicht sein, da daraus die Beanstandung von Rechtsfehlern schon deutlich wird. Wenn der Verteidiger mehr vortragen will, dann sollte er vorsichtig sein, wenn es um Angriffe gegen die gerichtliche Beweiswürdigung geht. Denn er kann nicht seine Beweiswürdigung an die des Gerichts stellen wollen. Das führt dann ggf. zu Unzulässigkeit seiner Rüge/der Revision.

So noch einmal das OLG Hamm, Beschl. v. 20. 12. 2011 – III 3 RVs 106/11, in dem es heißt:

Eine zulässige Sachrüge liegt hingegen nicht vor, wenn der Beschwerdeführer in Wahrheit nicht die Rechtsanwendung beanstanden, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Richtigkeit der tatsächlichen Urteilsfeststellungen angreifen will (BGH, NJW 1956, 1767; Meyer-Goßner, a.a.O.). So liegt der Fall hier. Das Vorbringen des Angeklagten zur Sache erschöpft sich in dem revisionsrechtlich untauglichen Versuch, seine Sicht des Sachverhaltes in den Vordergrund zu rücken und die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der angeblich unrichtigen des Tatrichters zu setzen. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung liegt hierin nicht.“