Der ein oder andere Leser wird sich noch an den KG, Beschl. v. 17.01.2018 – 4 Ws 159 u. 160/17 – und mein Posting dazu: “Sieben Monate beim BGH ist zu lang”, oder: Klatsche für den 1. Strafsenat vom KG erinnern. Das endete mit: „Nachdem meine Frage 2 aus dem Posting: Gut (?) Ding, will (lange) Weile haben, oder: Sieben Monate beim BGH ist auch in einer Haftssache nicht so schlimm, beantwortet ist, bleibt dann noch, wie der BGH nun mit der Verfahrensverzögerung umgehen wird. Vor allem: Sagt er überhaupt etwas dazu?“
Nun, die Frage ist jetzt mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2018 – 1 Str 36/17, der erst sein ein paar Tagen auf der Homepage des BGH veröffentlicht worden ist, beantwortet. Der BGH hat etwas gesagt, und dann gleich etwas für BGHSt: Und man merkt dem Beschluss m.E. deutlich an, wie angefressen der BGH über die Rüge aus Berlin, dass es bei ihm zu lange gedauert hat, ist/war. Der Leitsatz der BGH-Entscheidung:
„Der Bundesgerichtshof hat das Beschleunigungsgebot in Haftsachen eigenständig – unter den spezifischen Bedingungen des Revisionsverfahrens – zu wahren; er ist nicht gehalten, Einzelheiten zum internen Arbeitsablauf des Senats den mit der Haftkontrolle befassten Gerichten mitzuteilen.“
Hintergrund dieses Leitsatzes ist der Umstand, dass das KG moniert hatte, dass nicht bzw. nicht ausreichend Auskunft aus Karlsruhe bekommen hatte. Das mag der BGH nun gar nicht, oder: Mia san mia. Und wir werden doch nicht einem OLG Auskunft = Rechenschaft geben – was wir im Übrigen auf der Grund der gesetzlichen Konstruktionen der Zuständigkeiten auch gar nicht müssen. Wir passen selbst auf den Beschleunigungsgrundsatz auf und haben den im Blick (hoffen wir es).
Und: Zu langsam ist es bei uns auch nicht gegangen, denn:
„c) Eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes ist – entgegen der Auffassung des Kammergerichts – nicht erkennbar.
(1) Das angefochtene Urteil ist am 8. April 2016 ergangen, zugleich wurde bezüglich beider Angeklagten die Haftfortdauer angeordnet. Das schriftliche Urteil und das Protokoll über die Hauptverhandlung wurden den Verteidigern der Angeklagten K. am 6. bzw. 7. September 2016 zugestellt. Gegen das Urteil haben der Angeklagte E. , der Angeklagte A. sowie die Staatsanwaltschaft Berlin und drei Verfallsbeteiligte Revision eingelegt. Die Verteidiger der Angeklagten E. und A. haben ihre Rechtsmittel mit zahlreichen Verfahrens- und Sachrügen begründet. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und der revidierenden Verfallsbeteiligten richten sich – nach Teilrücknahme – nur noch gegen die Verfallsentscheidungen.
(2) Bei dem gegenständlichen Revisionsverfahren handelt es sich um ein sehr komplexes und umfangreiches Wirtschaftsstrafverfahren wegen Steuerhinterziehung, bei dem ohne weiteres erkennbar ist, dass bereits die Vorbereitung der Senatsberatung erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand erfordert. Dies zeigt sich schon am Umfang der Verfahrensakten des Revisionsverfahrens mit zehn Stehordnern, die neben dem angefochtenen Urteil mit 1.001 Seiten Revisionsbegründungen der Beschwerdeführer mit zahlreichen Verfahrens- und Sachrügen, der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten sowie Anträge des Generalbundesanwalts und Gegenerklärungen von Verfahrensbe-teiligten enthalten. Dabei umfassen die Revisionsbegründungen der Beschwerdeführer jeweils drei Stehordner; weitere drei Stehordner beinhalten die Revisi-onsbegründungen der Staatsanwaltschaft Berlin und von drei Verfallsbeteiligten, die Antragsschriften des Generalbundesanwalts und Revisionsgegenerklärungen.
Beide Angeklagte waren aufgrund der Haftbefehle des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 1. Juli 2014 – 348 Gs 1872/14 – am 14. Juli 2014 festgenommen worden und befanden sich seither ununterbrochen in dieser Sache bis zum Beschluss des Kammergerichts vom 17. Januar 2018 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Moabit.
(3) Bei diesem Ablauf liegt eine Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen nicht vor, sodass auch eine überlange Verfahrensdauer, die nach dem Vollstreckungsmodell der Rechtsprechung zu kompensieren wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 – GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 135 ff.), nicht gegeben ist. Eine Bearbeitungsdauer von etwa acht Monaten nach Ablauf der Frist in § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO bis zur Entscheidung durch den Senat über die Revisionen der Angeklagten ist in Anbetracht des Umfangs des Verfahrens nicht als erhebliche, vermeidbare Verzögerung anzusehen. Es bedarf dabei keines weiteren Eingehens auf die (teilweise kleinteiligen) Erwägungen des Kammergerichts.“
Ah, „teilweise (kleinteilige) Erwägungen des Kammergerichts„. Nun zumindest das hätte man sich als letzten Schlag ersparen können/sollen. Immerhin ging es um das Freiheitsgrundrecht des Angeklagten. Und „kleinteilig“ – ich weiß nicht bzw. wie war das noch mit den Steinen und dem Glashaus.
Zu dem Beschluss des KG hatte übrigens auch schon VorsRi BGH a.D. Th. Fischer im StraFo Stellung genommen. Der war auch „not amused“.