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Verfahrenserledigung der besonderen Art II: Rechtsschutzversicherung zahlt Bußgeld

© Fotolia - fotomek

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Und hier dann der zweite Versuch der Verfahrenserledigung der besonderen Art (zum ersten hier: Verfahrenserledigung der besonderen Art I, oder: Rührende Fürsorge). Dieser zweite Versuch stammt von einem Kollegen, der ungenannt bleiben möchte. Übersandt hat er mir das anonymisierte Schreiben einer Rechtsschutzversicherung, das ihn bzw. den Mandanten in einer Bußgeldsache erreicht hat. Da heißt es:

Sehr geehrter Herr ppp.
in dieser Bußgeldsache besteht grundsätzlich Versicherungsschuiz im Rahmen des abgeschlossenen Versicherungsvertrages und der ihm zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen.

Zur allseitig schnellen und wirtschaftlichen Erledigung bieten wir deshalb an, das Bußgeld und die Verfahrenskosten zu übernehmen, wenn dieser Rechtsschutzfall damit für uns kostenmäßig erledigt ist.

Eine vereinbarte Selbstbeteiligung werden wir für den Fall der Annahme dieses Angebotes nicht in Abzug bringen_

Sofern bereits eine anwaltliche Vertretung vorliegt, sind wir zusätzlich bereit, die Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr (jeweils Mittelgebühren) sowie die Auslagen zu übernehmen.

Mit Zahlung dieser Beträge sind sämtliche Ansprüche in dieser Angelegenheit uns gegenüber abgegolten.

Sofern noch nicht geschehen, übersenden Sie uns bitte eine Kopie des Anhörungsbogens bzw. des Bußgeldbescheids,
Zum Zeichen ihres Einverständnisses bitten wir Sie, uns dieses Schreiben unterzeichnet zurückzusenden. Bitte teilen Sie uns vorsorglich die vollständigen Bankdaten mit. Nach Erhalt werden wir den Betrag unverzüglich auszahlen.
 
Bitte beachten Sie, dass wir zwar die angedrohte bzw. verhängte Geldbuße begleichen können,
eine mögliche Androhung bzw. Verhängung von Punkten oder eines Fahrverbots bleibt davon unberührt.“

Auch irgendwie rührend, nicht wahr? Lassen wir mal die rechtliche Zulässigkeit außen vor, die habe ich jetzt nicht geprüft – zu § 153a StPO gab/gibt es eine Diskussion, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Geldbuße erstattet. Aber: Ist es Aufgabe einer RSV so zur Verfahrenserledigung beitragen zu wollen? Auch hier: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Immerhin hat man aber erkannt, dass Punkte und ggf. ein Fahrverbot beim Betroffenen bleiben, wenn er sich das Verfahren abkaufen lässt. Wäre ja sonst auch schlecht für den Sachbearbeiter.

Auch das kommt in „Amüsantes“.

VW-Abgasskandal: Rechtsschutz und/oder PKH, oder: Ohne Moos nix los….

entnommen wikimedia.org Urheber User: High Contrast

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Urheber User: High Contrast

Die Entscheidungen zum VW-Abgasskandal – Stichwort: „Schummelsoftware“ – mehren sich. ich habe ja auch schon häufiger darüber berichtet (zuletzt über den OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 –  7 W 26/16 mit VW-Abgasskandal: OLG Celle – ja, aber, oder: Nachbesserung erfolgreich möglich? mit Links zu weiteren Entscheidungen). Heute will ich zwei Entscheidungen vorstellen, die sich mit „Randproblemen“ dieser Thematik befassen, und zwar mit der Frage der „Prozessfinanzierung“. Für die Betroffenen Eigentümer natürlich kein Randproblem, sondern von großer Bedeutung, denn: Ohne Moos, nix los.

Und darauf scheint mal wieder eine Rechtsschutzversicherung gebaut zu haben. Denn die RSV hatte Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag abgelehnt. Der Versicherungsnehmer war Eigentümer eines VW und wollte gegenüber dem Autohaus, bei dem der Pkw gekauft worden war vom Vertrag zurücktreten bzw. denselben wegen arglistiger Täuschung anfechten. Daneben wollte er gegenüber der VW-AG Schadensersatzansprüche geltend machen. Die RSV hatte die Deckung wegen „Mutwilligkeit“ abgelehnt. Die dagegen gerichtete Deckungsklage hatte beim LG Essen im LG Essen, Urt. v. 18.05.2016 – 18 O 68/16 – Erfolg:

„Der Anspruch des Klägers bezüglich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen das Autohaus K & Co ist insbesondere nicht gem. § 3a Abs. 1 b) ARB wegen Mutwilligkeit ausgeschlossen.

Mutwilligkeit liegt gem. § 3a Abs. 1 b) ARB dann vor, wenn der durch die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen voraussichtlich entstehende Kostenaufwand unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Versicherungsgemeinschaft in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg steht. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall.

Der angestrebte Erfolg der vom Kläger beabsichtigten Klage gegen das Autohaus K & Co. liegt in der Rückabwicklung des Kaufvertrages über den vom Abgasskandal betroffenen PKW. Den Kostenaufwand für ein entsprechendes Verfahren beziffert die Beklagte im Schreiben vom 11.01.2016 mit 7.700,69 €. Sie stellt diesem Betrag ein Nutzen des Klägers in Höhe von 60,00 – 200,00 € gegenüber (Kosten der Sachmängelbehebung).

Eine solche Gegenüberstellung geht jedoch fehl. Der Kläger möchte mit der angestrebten Klage gerade nicht die Nachbesserung durch das Autohaus K & Co. erreichen, sondern die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrages. Dieser angestrebte Nutzen kann nicht gleichgesetzt werden mit den Nachbesserungskosten im Falle der Nacherfüllung durch den Verkäufer.

Der pauschale Vortrag der Beklagten, dass in einem Verfahren, wie es der Kläger anstrebt, Kosten in einem bis zu sechsstelligen Bereich anfallen würden ist nicht einlassungsfähig. Dieser Vortrag der Beklagten entbehrt insoweit jeder Substantiierung.“

In der zweiten Entscheidung geht es um PKH. Leider habe ich von dem OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – 28 W 14/16 – noch keinen Volltext, sondern nur die PM. Es eght um die Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs. Das LG  Essen hat Prozesskostenhilfe unter Hinweis darauf, dass das gekaufte Fahrzeug zwar mangelhaft, die verlangte Nachlieferung aber unverhältnismäßig sei, abgelehnt, das OLG hat sie bewilligt. Dazu aus der PM – geht so ein bisschen in Richtung der o.a. OLG Celle-Entscheidung:

„Ihren Anspruch auf Nachlieferung eines Neufahrzeugs habe die Antragstellerin, so der Senat, schlüssig vorgetragen. Sie habe mit hinreichender Erfolgsaussicht einen bereits bei der Fahrzeugübergabe vorhandenen Sachmangel geltend gemacht. Durch die Installation der Manipulationssoftware, die die korrekte Messung der Stickoxidwerte verhindere und im Prüfbetrieb niedrigere Ausstoßmengen vorspiegele, dürfte das Fahrzeug von der bei vergleichbaren Fahrzeugen üblichen Beschaffenheit abweichen.

Ob die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin gewählte Art der Nacherfüllung aufgrund unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfe, sei derzeit noch nicht abschließend und sicher festzustellen. Über diesen Einwand sei im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Dabei müsse der Antragsgegnerin nicht nur die von der Antragstellerin gewünschte Nachlieferung, sondern auch die von ihr, der Antragsgegnerin, favorisierte Nachbesserung tatsächlich möglich sein. Insoweit sei u. a. zu berücksichtigen, dass der Antragsgegnerin bislang keine Freigabe des Kraftfahrtbundesamtes für die von ihr beabsichtigte technische Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugmodells vorliege. Bislang sei auch nicht vorgetragen, wann mit der Freigabe zu rechnen sei und bis zu welchem Zeitpunkt die technische Maßnahme dann ggf. an dem Fahrzeug der Antragstellerin umgesetzt werden könne. Es erscheine zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Hinweis auf die Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung auf eine Nachbesserung verweisen könne, wenn ihr diese nicht binnen angemessener Frist möglich sei. Die rechtliche und tatsächliche Bewertung dieses Gesichtspunkts sowie der zwischen den Parteien umstrittenen Frage der Kosten, die bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit zu berücksichtigen seien, sei allerdings nicht bereits im Rahmen des summarischen Prozesskostenhilfeverfahrens vorzunehmen.“

Es bleibt spannend.

Rückforderung des Rechtsschutzversicherers – „venire contra factum proprium“

Werden die Rechtsschutzversicherer nicht gerne gelesen haben, was das LG Wuppertal ihnen in LG Wuppertal, Urt. v. 26.07.2011 – 16 S 10/11 ins Stammbuch geschrieben hat.

Danach gilt: Wird von der Rechtsschutzversicherung eine Gebühr, über deren Voraussetzungen in Rechtsprechung und Literatur Streit besteht, ohne Vorbehalt gezahlt, dann kann sich die RSV nach einer streitentscheidenden höchstrichterlichen Entscheidung nicht darauf berufen, es sei zu Unrecht gezahlt worden. Mit einem Rückforderungsbegehren verhält sie sich dann widersprüchlich und setzt sich in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten.

In der Sache ging es um den unseligen Streit um das Entstehen der Nr. 4141 VV RVG, wenn ein Strafverfahren eingestellt und das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben wird. Der BGH hatte in den Fällen gegen die gesamte h.M. entschieden, was die RSV wohl überrascht hatte. Da wollte man sich das Geld dann schnell wiederholen. Das hat das LG Wuppertal zutreffend abgelehnt.

Aber vielleicht tröstet es die RSV:  Die dem Verfahren zugrunde liegende Streitfrage, ob in vergleichbaren Konstellationen die Nr. 4141 VV RVG entsteht oder nicht, hat sich die für die Zukunft wohl erledigt. Der Referentenentwurf für das 2. KostRMoG sieht vor, dass in Nr. 4141 VV RVG eine Klarstellung dahin erfolgt, dass die Nr. 4141 VV RVG auch in diesen Fällen anfällt.

Wochenspiegel für die 13. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten – jetzt immer Sonntags – was aus der vergangenen Woche berichtenswert ist:

  1. Gutes Ergebnis beim Jugendrichter.
  2. Über die Öffentlichkeitsarbeit der Strafverfolger.
  3. Über unverbrauchte Zeugen.
  4. Über Einspruchsrücknahme nur mit Vollmachtsurkunde?
  5. Über PoliscanSpeed, oder auch hier.
  6. Über ein Autorennen.
  7. Über das schwer verständliche Verhalten einer RSV.
  8. Über die Haftung von Eilrichtern.

Der rechtsschutzversicherte Rechtsanwalt im Straf- und Bußgeldverfahren

Es ist ja in den vergangenen Tagen schon an einigen Stellen über das BGH-Urt. v. 10.11.2010 – IV ZR 188/08 berichtet worden, vgl. hier und hier. Danach erfasst das in § 5 (1) a) Satz 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers auch die Rechtsanwaltsvergütung, die durch die Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit entsteht.

Das Wichtige für das Strafverfahren: Der BGH hat die Erstattung der Gebühren bei Selbstvertretung nur für das Zivilverfahren bejaht. Für das Strafrecht ist die Erstattung hingegen abzulehnen. Ein Rechtsanwalt, der sich selbst verteidigt, hat keinen Anspruch gegen seinen Rechtschutzversicherer. In der StPO fehlt eine § 78 Abs.4 ZPO entsprechende Regelung. Eine Doppelrolle von Beschuldigter/Angeklagter/Betroffener und Verteidiger ist hier nicht vorgesehen. Dies sei auch von der Verfassung her nicht geboten (BVerfG NJW 1998, 2205). Eine solche Doppelrolle sei auch mit dem Verständnis des Verteidigers als einem selbständigen Organ der Rechtspflege nicht zu vereinbaren. Darauf weist der BGH ausdrücklich hin. Deshalb schuldet der Rechtschutzversicherer eben nicht die Erstattung von Verteidigergebühren bei einer Selbstverteidigung des Versicherungsnehmers/Versicherten.

Schade 🙂