Schlagwort-Archive: OLG Celle

Erstreckung, oder: Antragstellung? Und wenn ja: Wann?

© weyo – Fotolia.com

Am letzten Gebührenfreitag im Jahr 2019 kommen hier dann zwei gebührenrechtliche Entscheidungen des OLG Celle.

Die erste behandelt Fragen der Erstreckung (§ 48 Abs. 6 RVG), also ein Problem der Pflichtverteidigung. Die Fragen spielen in der Praxis immer wieder eine große Rolle.

Von dem OLG Celle, Beschl. v. 04.09.2019 – 2 Ws 253/19 – reichen m.E. die Leitsätze. Wenn man die liest, weiß man, worum es gegangen ist:

1. Die Vorschrift des § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG gilt für alle Fälle der Verfahrensverbindung, unabhängig davon, ob die Beiordnung als Pflichtverteidiger vor oder nach der Verbindung erfolgt ist.

2.  Eine Erstreckung der Beiordnung nach § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG setzt nicht zwingend voraus, dass vor der Verbindung bereits ein Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger in dem hinzuverbundenen Verfahren gestellt wurde.

Die in Leitsatz 2 dargestellt Auffassung ist richtig, die aus Leitsatz 1 m.E. nicht. Auf diese Auffassung, die auch von einigen anderen OLG vertreten wird, muss man sich aber einstellen. Und kann das auch, indem man nämlich den Erstreckungsantrag immer stellt.

EV III: (Keine) Akteneinsicht für Nebenklägerin, oder: Aussage-gegen-Aussage-Konstellation

© vegefox.com – Fotolia.com

Und die dritte Entscheidung, der OLG Celle, Beschl. v. 13.08.2019 – 3 Ws 243/19, den mir der Kollege Lorenzen aus Bremen gesandt hat, behandelt eine Problematik, die in der Praxis immer wieder eine (große) Rolle spielt, nämlich: Akteneinsicht für Nebenkläger und/oder deren Versagung, vor allem in den Fällen der Aussage-gegen-Aussage Konstellation..

Ergangen ist der Beschluss in einem Verfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern. Hier hatte die Vertreterin der Nebenklägerin Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vorsitzenden der Jugendschutzkammer, mit welcher ihr Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht nach Maßgabe von § 406e Abs. 2 StPO mit der Begründung versagt worden war, die Akteneinsicht gefährde vor dem Hintergrund der jedenfalls in einzelnen Fällen vorliegenden Aussagegegen-Aussage-Konstellation den Untersuchungszweck und sei zum Vermeiden einer Beeinflussung von Zeugen daher geboten.

Das OLG hat die Entscheidung der Vorsitzenden der Jugendschutzkammer bestätigt:

„Die Entscheidung der Vorsitzenden der Jugendschutzkammer, der Nebenklägerin Akteneinsicht zu versagen, ist nicht zu beanstanden. Nach § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Akteneinsicht versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint. Nach überwiegender Auffassung ist dies insbesondere der Fall, wenn durch die Aktenkenntnis eines resp. einer Verletzten etwa bei Vorliegen einer Aussagegegen-Aussage-Konstellation eine Beeinträchtigung der gerichtlichen Sachaufklärung zu besorgen ist (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 62. Aufl., § 406e Rn. 12 m.w.N.). Die Entscheidung, ob Akteneinsicht verweigert wird, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint, erfolgt hierbei im pflichtgemäßen Ermessen, wobei der Gesetzgeber dem für die Entscheidung Zuständigen einen weiten Entscheidungsspielraum eröffnet hat (BGH HRRS 2005, Nr. 367) und es hierbei bereits genügen kann, dass nur schwache Anhaltspunkte für eine mögliche Gefährdung vorliegen (LR-Hilger, StPO 26. Aufl., § 406e Rn. 12 m.w.N.). Bei Vorliegen einer Aussagegegen-Aussage-Konstellation kann das Ermessen des Gerichts bereits auf Null reduziert sein (OLG Hamburg NStZ 2015,105 mit zust. Anmerkung von Radtke, NStZ 2015, 108; KK-StPO-Zabek, 8. Aufl., § 406e StPO Rn. 7). Die Gründe der angefochtenen Entscheidung zeigen, dass die Vorsitzende sich des anzulegenden Beurteilungsmaßstabs bewusst war und dass sie sich hierbei innerhalb des ihr zustehenden, weiten Ermessens- und Entscheidungsspielraums bewegt hat. Dass die Entscheidung der Vorsitzenden eher knapp begründet ist, könnte seine Rechtfertigung in der Regelung des § 406e Abs. 4 Satz 5 StPO finden.

Im Hinblick auf die Möglichkeit einer nur teilweisen Akteneinsicht hat die Vorsitzende im Rahmen ihrer Nichtabhilfeentscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die vier mutmaßlich Geschädigten nach Aktenlage in Kontakt stehen und sich miteinander austauschen. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Zuschrift ausgeführt, dass auch eine Einsicht nur in bestimmte teile der Akten, die den Untersuchungszweck nicht gefährden würde, wegen der fehlenden Bereitschaft der Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zur Abgabe einer Versicherung, mit der Beschwerdeführerin den Akteninhalt nicht zu erörtern, weder möglich noch in praktischer Hinsicht durchführbar sei. Dieser Einschätzung schließt der Senat sich an.“

Der Gebührenanspruch des Nebenklägers, oder: Im Grunde ganz einfach

Am heutigen Gebührenfreitag erinnere ich an die Gebührenfrage der vergangenen Woche: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit den Kosten der Nebenklage?; vgl. dazu Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit den Kosten der Nebenklage?),

Dazu habe ich dann heute noch eine Entscheidung in der es auch um Kosten und Auslagen des Nebenklägers geht, nämlich den OLG Celle, Beschl. v. 20.09.2019 – 2 Ws 281/19.

Da hatte in einem Verfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung die Nebenklägerin gegen die Kostenentscheidung des Berufungsurteils, die eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin nicht enthielt, sofortige Beschwerde eingelegt. Das OLG hat über diese (zunächst) noch nicht entschieden, sondern zunächst einige Hinweise erteilt:

„Die sofortige Beschwerde vom 22.02.2019 gegen die Kostenentscheidung des Urteils der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Lüneburg vom 21.02.2019 dürfte sich als unzulässig erweisen.

Die Beschwerde wäre gemäß §§ 464 Abs. 3 S.1, 311 Abs. 2 StPO zulässig, wenn durch die – versehentlich, vgl. UA S. 4 – unterlassene Entscheidung über die Auferlegung der notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auf den Angeklagten dieser eine Beschwer entstanden ist, die die Beschwerdesumme des § 304 Abs. 3 StPO (200,- EUR) erreicht. Betrifft die Beschwerde – wie hier – nur die Kostengrundentscheidung, ergibt sich der Beschwerdebetrag aus dem voraussichtlich sich ergebenden Kosten- und Auslagenbetrag (MüKoStPO/Neuheuser, 1. Aufl. 2016, StPO § 304 Rn. 44).

1. Eigene, in der Berufungsinstanz entstandene Auslagen der Nebenklägerin in dieser Höhe sind nicht ersichtlich. Im Antrag werden keine durch das Berufungsverfahren begründeten Auslagen der Nebenklägerin mitgeteilt. Die Nebenklägerin ist zur Berufungshauptverhandlung ausweislich des Protokolls auch nicht erschienen.

2. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft der Ansicht ist, dass die Zulässigkeitsbeschwer bereits durch die entstandene Verfahrensgebühr der nach § 397a Abs. 1 StPO gerichtlich bestellten Nebenklägervertreterin – für das Berufungsverfahren gemäß Nr. 4124 VV-RVG 256,- EUR – erreicht sei, handelt es sich dabei unter keinen Umständen um Auslagen der Nebenklägerin.

Der anwaltliche Gebührenanspruch gemäß § 397a Abs. 1 StPO richtet sich gegen die Staatskasse (§ 45 Abs. 3 RVG) oder den Verurteilten (§ 53 Abs. 2 S. 1 RVG). Ein Gebührenanspruch gegen den Nebenkläger selbst besteht gerade nicht (KG Berlin, Beschluss vom 13.05.2009, 1 Ws 37/09 Rn. 11 nach juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 397 a, Rn. 17a). Den Nebenkläger trifft damit kein Kostenrisiko (Wenske in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2014, § 397a, Rn. 30). Tritt die Staatskasse in Vorleistung, entfällt insoweit der Anspruch gegen den Verurteilten (§ 53 Abs. 2 S. 2 RVG). Der Verurteilte hat die Zahlungen der Staatskasse zu erstatten, soweit diese in Anspruch genommen wird, da die insoweit von der Staatskasse gezahlte Vergütung – entsprechend der Vergütung des gerichtlich bestellten Verteidigers gem. KV GKG Nr. 9007 – zu den Kosten des Strafverfahrens nach § 464a StPO gehört (MüKoStPO/Grommes, 1. Aufl. 2019, StPO § 464a Rn. 11; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl. 2019, StPO § 464a Rn. 4b). Die Kosten der Berufungsinstanz hat der Verurteilte aufgrund der nach § 473 StPO ergangenen Kostentscheidung zu tragen. Zur gesetzlichen Vergütung nach § 45 Abs. 3 RVG gehören schließlich gemäß § 1 RVG außer den Gebühren grundsätzlich auch die nach § 46 RVG erforderlichen Auslagen und Aufwendungen des Rechtsanwalts (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 24. Aufl. 2019, RVG § 46 Rn. 2).

In Höhe der durch die Bestellung nach § 397a Abs. 1 StPO entstandenen Verfahrensgebühr für die Nebenklägervertreter sowie der nach § 46 RVG notwendigen Auslagen und Aufwendungen ist daher eine eigene Beschwer der Nebenklägerin nicht gegeben.

3. Auslagen – und damit eine Beschwer – der Nebenklägerin könnten allerdings bestehen, soweit diese aus einem vor oder neben der Bestellung nach § 397a Abs. 1 StPO begründeten, privatrechtlichen Mandatsverhältnis mit der Nebenklägervertreterin eine höhere als die gesetzlichegeschuldete Vergütung schuldet. Für die Bestellung nach § 397a Abs. 1 StPO ist es – anders als in § 140 StPO – nicht erforderlich, dass der Rechtsanwalt sein Wahlmandat niederlegt. Durch die (nachträgliche) Einfügung der einschränkenden Worte „aufgrund seiner Bestellung“ in § 53 Abs.?2 RVG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Rechtsanwalt durch § 53 Abs.?2 RVG nicht gehindert ist, aus einem parallel zur Bestellung bestehenden Wahlanwaltsvertrag seine vertraglich geschuldete Vergütung vom Mandanten zu fordern (Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, RVG § 53 Rn. 3, beck-online).

Insoweit fehlt es aber derzeit ebenfalls an entsprechendem Vortrag.

 

„Sekt“ und alkoholfreies Bier im Maßregelvollzug?, oder: Auch für nicht Suchgefährdete nicht erlaubt

entnommen wikimedia.com
By Ray eye – Own work, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3834179

Die 47. KW eröffne ich mit zwei vollzugsrechtlichen Entscheidungen, ein Bereich, der hier im Blog immer ein wenig zu kurz kommt.

Ich stelle zunächst den OLG Celle, Beschl. v. 21.09.2018 – 3 Ws 205/18 (MVollz) – vor, schon etwas älter, aber ich habe ihn erst vor kurzem übersandt bekommen. Wie aus dem Aktenzeichen ersichtlich, handelt es sich um eine Maßregelvollzugsache.

Der Verurteilte ist nach § 63 StGB untergebracht. Der Unterbringung lag ursprünglich ein Urteil des LG Bremen vom 30.10.2009 zu Grunde. Im Juli 2016 wurde vom LG Göttingen rechtskräftig eine weitere Unterbringung gemäß § 63 StGB angeordnet. Eine Alkoholproblematik besteht bei dem Verurteilten nicht. Zusammen mit dem Verurteilten sind jedoch eine Vielzahl von Personen mit verschiedenen Suchtproblematiken gemäß § 64 StGB untergebracht.

Dem Verurteilten wird die Möglichkeit geboten, seine Lebensgefährtin regelmäßig in einem zu diesem Zweck vorhandenen Apartment zu treffen und mit dieser Zeit zu verbringen. Für einen solchen Langzeitbesuch vom 29.12.2017 bis zum 01.01.2018 erwarb der Antragsteller im Rahmen eines Gemeinschaftsausganges eine Flasche von einem schäumenden Getränk aus alkoholfreiem Wein/Sekt. Hierbei handelt es sich um ein Getränk, welches auf alkoholischer Weinbasis hergestellt und dem anschließend durch Weiterverarbeitung Alkohol entzogen wird. Aufgrund dieses Herstellungsverfahrens enthält das Getränk ggf. einen Alkoholrest, der jedoch 0,5 Promille im Regelfall nicht überschreitet. Insoweit unterscheidet sich das Getränk etwa von alkoholfreiem Punsch, der auf Fruchtsaftbasis hergestellt wird. Der Verzehr solchen Punsches wurde dem Verurteilten und weiteren Untergebrachten im Rahmen eines Besuchs des Göttinger Weihnachtsmarktes gestattet.

Der Verurteilte hat bei der Anstalt, in der er untergebracht ist, die Zulassung des „Sektes“ und darüber hinaus die Erlaubnis zum Erwerb vollständig alkoholfreien Bieres beantragt. Das wurde abgelehnt. Um die Frage wird nun gestritten. Das OLG hat sich der Auffassung der StVK, die die Zulassung und den Erwerb (ebenfalls) nicht gestattet hat, angeschlossen:

„Die Strafvollstreckungskammer hat rechtsfehlerfrei Feststellungen getroffen, die das Verbot des Erwerbs des streitgegenständlichen Bieres bzw. den Entzug des Sekts rechtfertigen und dieses auch rechtlich beanstandungsfrei begründet.

Rechtsgrundlage ist § 19 Nds.MVollzG. Hiernach können Sachen der untergebrachten Person vorenthalten oder entzogen werden bzw. ihr Erwerb beschränkt werden. Bei allen nach dem Nds. MVollzG zugelassenen Beschränkungen ist jedoch nach § 18 Nds. MVollzG Voraussetzung, dass die der untergebrachten Person auferlegte Beschränkung erforderlich ist, um das Ziel der Unterbringung auch der anderen Untergebrachten zu fördern oder um die Sicherheit oder Ordnung aufrechtzuerhalten.

Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer stände die Erlaubnis der streitgegenständlichen Getränke der Erreichung des Vollzugsziels entgegen.

Soweit der Antragsteller vorbringt, er selber habe kein Alkoholproblem und seine Tat stehe auch nicht im Zusammenhang mit Alkohol, kommt es hierauf nicht an. Aus der Formulierung „auch der anderen Untergebrachten“ ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, dass es bei der Beschränkung nicht nur auf den Untergebrachten ankommt, dem die Beschränkung auferlegt wird. Vielmehr ist generell auf sämtliche, also auch die nach § 64 StGB untergebrachten Personen abzustellen.

Das Vollzugsziel der nach § 64 StGB untergebrachten Personen ist nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nds.MVollzG, die untergebrachte Person von ihrem Hang zu heilen und die zugrundeliegende Fehlhaltung zu beheben.

Insoweit geht die Strafvollstreckungskammer zu Recht davon aus, dass ein konkreter positiver Nachweis, dass eines der streitgegenständlichen Getränke einen Suchtrückfall verursachen wird, nicht erforderlich ist. Vielmehr ist eine realistische und nicht vollständig einschätzbare, also eine abstrakt generelle Gefahr ausreichend (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 1994 – 2 BvR 2731/93 –, Rn. 11, juris).

Diese Gefahr ist darin zu sehen, dass nach den von der Strafvollstreckungskammer eingeholten wissenschaftlichen bzw. ärztlichen Stellungnahmen selbst bei den alkoholfreien Getränken und auch bei den Getränken, bei denen der Alkohol vollständig entzogen wurde, die nicht fernliegende Möglichkeit eines suchtbedingten Rückfalls besteht. Dieser Reiz kann durch den Geschmack oder aber auch aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes geweckt werden. Dass eine solche Gefahr auch im Allgemeinen als realistisch eingeschätzt wird, zeigt auch bereits die Warnung des Bierherstellers. Danach wird vor dem Genuss alkoholfreien Biers durch „trockene“ Alkoholiker gewarnt, da der reine Biergeschmack Suchtreize auslösen könnte.

Durch die Weitergabe eines der streitgegenständlichen Getränke bzw. das Beobachten des Konsums durch nach § 64 StGB untergebrachte Personen würde sich diese Gefahr auch realisieren.

Auch ist die Annahme der Strafvollstreckungskammer, die Weitergabe könne nicht durch zumutbare Kontrollmaßnahmen verhindert werden, nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob die abstrakt generelle Eignung zur Gefährdung des Vollzugsziels eines Gegenstandes durch zumutbare Kontrollmaßnahmen derart vermindert werden kann, dass eine Aushändigung vertretbar erscheint (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 1994 – 2 BvR 2731/93 –, Rn. 11, juris).

Zu Recht weist die Strafvollstreckungskammer darauf hin, dass hinsichtlich zumutbarer Kontrollmaßnahmen nicht auf den Antragsteller isoliert abzustellen ist, sondern auf die Gruppe der nicht suchtgefährdeten Untergebrachten. Bereits der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 GG würde es verbieten, lediglich dem Antragsteller zu gestatten, die streitgegenständlichen Getränke zu besitzen bzw. zu erwerben. Aufgrund dieses Umstandes wäre es nahezu unmöglich und insbesondere nicht mit zumutbaren Kontrollmaßnahmen zu verhindern, dass Personen aus der Gruppe der nicht suchtgefährdeten Untergebrachten die streitgegenständlichen Getränke in Gegenwart suchtgefährdeter Untergebrachter konsumieren bzw. solche Getränke unkontrolliert weitergeben.

Soweit das Oberlandesgericht Karlsruhe in ähnlicher Konstellation einen Beschluss einer Strafvollstreckungskammer aufgehoben hat, beruhte dieses insbesondere auf einem Aufklärungsmangel. Das Oberlandesgericht warf insoweit die zu klärende Frage auf, ob der Konsum alkoholfreien Biers bei alkoholkranken Personen als den Suchtdruck in einer die Anstaltsordnung gefährdenden Weise steigernd angesehen werden kann (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Juli 2016 – 2 Ws 211/16 –, Rn. 14, juris). Diese Frage hat die Strafvollstreckungskammer hier rechtsfehlerfrei aufgeklärt und bejaht.“

OWi III: Fahrstreifenbenutzungsverbot, oder: Welche Geschwindigkeit ist einzuhalten?

© digitalstock – Fotolia.com

Und als dritte OWi-Entscheidung bringe ich dann noch den OLG Celle, Beschl. v. 05.08.2019 – 1 Ss (OWi) 11/19 – zur Frage, welche Beschränkungen eigentlich auf der Fahrspur einer mehrspurigen Autobahn bestehen, für die ein Fahrstreifenbenutzungsverbot angeordnet ist. Die Frage ist ja für die Annahme der und des Maßes einer Geschwindigkeitsüberschreitung von Bedeutung.

Das OLG Celle sagt dazu – hier der Leitsatz 1 der o.a. Entscheidung:

Ist für einen Fahrstreifen einer mehrspurigen Autobahn nach § 37 Abs. 3 Satz 2 StVO durch ein Dauerlichtzeichen „rote gekreuzte Schrägbalken“ ein Fahrstreifenbenutzungsverbot angeordnet worden, gelten für diesen Abschnitt nicht die auf benachbarten Fahrspuren oder auf dem zuvor freigegebenen Abschnitt mit dem Verkehrszeichen 274 der Anlage 2 zur Straßenverkehrsordnung (StVO) angeordneten Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

Aber hinsichtlich der Rechtsfolgen zu früh gefreut, denn:

Die Höhe der gefahrenen Geschwindigkeit kann jedoch bei der Bemessung der Rechtsfolge berücksichtigt werden und eine Sanktionierung oberhalb von der Regelahndung nach der Anlage zu § 1 Abs. 1 des Bußgeldkatalogs (BKatV) sowie die Verhängung eines Fahrverbotes außerhalb vom Regelfahrverbot nach § 4 BKatV rechtfertigen.

Volltext bitte selbst lesen, ist ziemlich üppig = lang 🙂 .