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Zusätzliche Verfahrensgebühr, oder: Na bitte, geht doch….Igel aus der Tasche :-)

© Orlando Florin Rosu - Fotolia.com

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Und zum Schluss des heutigen „Gebührenreigens“ dann der Hinweis auf den OLG Braunschweig, Beschl. v. 08.03.2016 – 1 Ws 49/16. In ihm geht es – mal wieder – um die in Rechtsprechung und Literatur höchst streitige Frage, wann die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG durch Rücknahme der Revision entsteht. Die OLG sind da recht – in meinen Augen zu streng – und gewähren die Gebühr im Zweifel nur, wenn die Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins nahe lag. Aus dem Gesetz folgt das nicht.

Anders jetzt das OLG Braunschweig, allerdings in einer besonderen Verfahrenskonstellation, aber immerhin :-). Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten. Dieser wurde vom LG wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dagegen haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Rechtsanwalt und der Wahlverteidiger des Angeklagten Revision eingelegt. Die Revisionen wurden begründet. In der Folge nahmen zunächst der Pflichtverteidiger des Angeklagten als auch kurz danach sein weiterer Wahlverteidiger, nachdem Erstgenannter zwischenzeitlich mit dem zuständigen Staatsanwalt telefonisch eine beiderseitige Revisionsrücknahme erörtert hatte, die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegten Revisionen zurück. Nach Kenntnisnahme dieser Revisionsrücknahmen erklärte auch die Staatsanwaltschaft die Rücknahme ihres Rechtsmittels. Zu diesem Zeitpunkt war noch keine Übersendung der Akten an das Rechtsmittelgericht bzw. an die bei diesem ansässige Staatsanwaltschaft erfolgt. Der Rechtsanwalt hat dann auch eine zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. VV RVG geltend gemacht. Die hat ihm dann auf seine Beschwerde das OLG festgesetzt.

Leitsatz der Entscheidung:

Nimmt der Rechtsanwalt nach Gesprächen mit dem zuständigen Staatsanwalt, in welchen die Möglichkeit einer beiderseitigen Revisionsrücknahme erörtert wurde, die Revision des Angeklagten zurück und nimmt im Hinblick darauf dann auch die Staatsanwaltschaft ihre bereits begründete Revision zurück, entsteht für den Rechtsanwalt die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Satz 1 Nr. 3 VV RVG, ohne dass es darauf ankommt, ob das Rechtsmittel bei Rechtsmittelgericht anhängig geworden ist.

Ist zutreffend, denn auf den o.a. Streit kommt es nicht an, wenn der Rechtsanwalt daran mitwirkt, dass die Staatsanwaltschaft ihre Revision zurücknimmt. Das gilt zumindest dann, wenn diese bereits begründet worden ist (KG AGS 2009, 324).

Na bitte, geht doch….Igel aus der Tasche 🙂 .

Vollzug III: Keine „Stütze“/kein Taschengeld in der Unterbringung….

© mpanch - Fotolia.com

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Und dann noch die dritte Entscheidung mit vollzugsrechtlichem Einschlag (zum heutigen Tagesthema dann schon der KG, Beschl. v. 19.01.2016 – 2 Ws 15/16 Vollz und dazu: Vollzug I: Pflichtverteidiger/Beiordnung in (Disziplinar)Vollzugssachen? – Nein und der KG, Beschl. v. 11.01.2016 – 2 Ws 303/15 Vollz und dazu:Vollzug II: Religionsfreiheit im Strafvollzug). Den Abschluss macht jetzt der OLG Braunschweig, Beschl. v. 09.02.2016 – 1 VAs 7/15 zur Frage: Hat ein (einstweilig) Untergebrachter einen Anspruch auf die Gewährung von Sozialleistungen durch die Vollzugsbehörde im Rahmen der einstweiligen Unterbringung nach § 126 a StPO?

Es geht um folgende Problematik: Der Antragsteller ist auf der Grundlage eines Unterbringungsbefehls einstweilig gem. § 126a StPO in einem Maßregelvollzugszentrum untergebracht. Er hat die Übernahme der nicht näher bezifferten Kosten seiner Mietwohnung sowie die Zahlung eines Barbetrages (§ 11 Nds. MVollzG) beantragt. Diesen Antrag hat das Maßregelvollzugszentrum abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 23 ff. EGGVG. Das OLG hat den Antrag als unzulässig angesehen, aber auch Ausführungen zur Begründetheit gemacht:

Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet. Dem Antragsteller steht gegen den Vollzugsträger kein auf die Gewährung von Sozialleistungen gerichteter Anspruch zu. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 04. Januar 2016 Folgendes ausgeführt:

„Er kann die begehrten Sozialleistungen im Hinblick auf den Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB AT nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung geltend machen, die die Antragsgegnerin zur Leistung verpflichtet hätte (vgl. OLG Stuttgart, ZfStrVo 1994, 247 (248), sowie Keck, ZfStrVo 1990, 18 (19) bei Fußn. 22). § 31 SGB AT selbst enthält keine Anspruchsgrundlage, sondern schreibt vor, dass Sozialleistungen nur gewährt werden können, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Übertragen auf den vorliegenden Fall heißt dies, dass eine Vollzugsbehörde nicht berechtigt ist, einem einstweilig nach § 126a StPO Untergebrachten Taschengeld zu gewähren, wenn auf ein solches kein Rechtsanspruch besteht. Hierdurch wird abgesichert, dass keine Willkürentscheidungen getroffen werden und die Ansprüche haushaltsrechtlich abgesichert werden können. Die für die Gewährung von Geldleistungen erforderliche, in einem Gesetz geregelte Anspruchsgrundlage existiert jedoch nicht (vgl. hierzu die ausführliche Begründung im Beschluss des OLG Celle vom 18.03.1997, NStZ-RR 1998, 89; OLG Hamm, NStZ 1993, 608; BverwG DVBl 1994, 425).

Das Nds. MVollzG enthält keine rechtliche Grundlage, die es der Vollzugseinrichtung erlaubt, dem Antragsteller in seinem gegenwärtigen Status die von ihm beantragten Sozialleistungen zu gewähren. § 11 Nds. MVollzG sieht zwar die Gewährung von Taschengeld als Sozialleistung vor. Diese Norm gilt allerdings nur für die Personen, die von dem Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst sind. Nach § 1 Nds. MVollzG regelt das Gesetz den Vollzug der durch strafrichterliche Entscheidung angeordneten freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Unterbringung). Bei der Unterbringung nach § 126a StPO handelt es sich jedoch nicht um eine Maßregel der Besserung und Sicherung, sondern lediglich um eine Sicherungsmaßnahme, die dem Ziel dient, eine strafrichterliche Maßregelentscheidung in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren erst zu ermöglichen. Eine Verweisungsnorm, die die ergänzende Heranziehung des Maßregelvollzugsgesetzes in Niedersachsen auch für einstweilig Untergebrachte vorsieht, fehlt.

Auch § 138 StVollzG trifft keine Regelung zum Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach  § 126 a StPO, sondern setzt die rechtskräftige Anordnung einer Maßregelunterbringung voraus und bestimmt insoweit, dass sich der Vollzug nach Landesrecht richtet, soweit Bundesgesetze nichts anderes bestimmen. Ein Landesgesetz, welches über die StPO hinaus konkrete Regelungen zum Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach § 126 a StPO trifft, existiert in Niedersachsen bis heute nicht, sodass insoweit ausnahmslos die Regelungen der StPO gelten. Diese Regelungen befassen sich allerdings nur mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Gefangenen bzw. einstweilig Untergebrachten Beschränkungen auferlegt werden können. Einen Anspruch auf Sozialleistungen sieht die StPO für einstweilig nach § 126 a StPO Untergebrachte nicht vor. Die vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seinem Beschluss vom 07.06.2006 – L 7 AS 423/05 ER (zitiert nach juris) vor Geltung des NJVollzG auch für Untersuchungsgefangene angesprochene Lücke ist bezogen auf einstweilig nach § 126 a StPO Untergebrachte bis heute nicht geschlossen. In jener Entscheidung vertrat das Landessozialgericht die auf das Maßregelvollzugsgesetz übertragbare Auffassung, dass § 46 StVollzG nur für rechtskräftig verurteilte Gefangene, nicht jedoch für Untersuchungsgefangene gilt und der Untersuchungsgefangene keinen Anspruch darauf hat, dass diese im Strafvollzugsrecht gegenwärtig bestehende Lücke durch ein Tätigwerden des (Landes-)Gesetzgebers geschlossen wird. Es war deshalb der Meinung, dass der Untersuchungsgefangene, der in jenem Fall einen Antrag auf Gewährung eines Taschengeldes gestellt hat, sich an den Sozialleistungsträger nach dem SGB II zu wenden hat. Die Lücke ist für Untersuchungsgefangene durch § 43 NJVollzG zwischenzeitlich geschlossen worden, besteht mangels einer vergleichbaren Regelung für einstweilig nach § 126a StPO Untergebrachte aber weiterhin fort.“

Also – ein wenig flapsig: Keine „Stütze“ in der Unterbringung….

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Hilfe vom OLG

entnommen wikidmedia.org Fotograf Faßbender, Julia

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Fotograf Faßbender, Julia

Vor einiger Zeit habe ich über den BGH, Beschl. v. 17.12.2015 – 4 StR 483/15 berichtet (siehe Eigene Revisionsbegründung des „Reichsbürgers“: Auch da ist der UdG nicht nur Schreibkraft). Gegenstand der Entscheidung war eine zu Protokoll der Geschäftsstelle begründete Revision, bei der der UdG nur als reine Schreibkraft aufgetreten war. Die Revision war unzulässig. Ich hatte in dem Posting ja schon auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen, die dort aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht gegeben war.

Daran knüpfe ich nun mit dem OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.02.2016 – 26.02.2016 – 1 Ss 6/16 – an. Das OLG Braunschweig hatte es ebenfalls mit einer unzulässigen Revision zu tun. Es hat zwar nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, aber einen deutlichen Hinweis gegeben, wie zu verfahren ist. Worauf es ankommt, ergibt sich aus den (amtlichen) Leitsätzen der Entscheidung, die lauten:

1. Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) RPflG ist die Aufnahme von Erklärungen über die Einlegung und Begründung der Revision in Strafsachen zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 345 Abs. 2 StPO) allein dem Rechtspfleger übertragen, der die Belehrungs- und Fürsorgepflichten gemäß Nr. 150 Abs. 2 bis Abs. 6 RiStBV zu beachten hat.

2. Ist eine zu Protokoll der Geschäftsstelle angebrachte Revisionsbegründung deshalb unwirksam, weil die Erklärungen des Angeklagten durch einen unzuständigen Beamten aufgenommen wurden, besteht grundsätzlich die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen.

3. Auch im Falle einer ausschließlich auf Fehlern der Justiz beruhenden Unzulässigkeit eines Rechtsmittels kann die Wiedereinsetzung von Amts wegen nur dann gewährt werden, wenn die versäumte Handlung nachgeholt wurde, worauf der Angeklagte hinzuweisen ist.

4. Zur Nachholung der versäumten Handlung steht dem Angeklagten die Monatsfrist aus § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO (und nicht nur die Wochenfrist aus § 45 Abs. 1 S.1, Abs. 2 S. 2 StPO) zur Verfügung.

Sollte man als Verteidiger ggf. „auf dem Schirm“ haben….

Fleißkärtchen für den Pflichtverteidiger

FleisskaertchenEin Fleißkärtchen in Form von Euros/einer Pauschvergütung (§ 51 RVG) hat es für den Kollegen Siebers aus Braunschweig beim OLG Braunschweig gegeben. Der Kollege hatte in einem Verfahren wegen Urkundenfälschung als Pflichtverteidiger beim LG Braunschweig verteidigt und nach Abschluss des Verfahrens dann eine Pauschgebühr beantragt. Die hat das OLG dann im OLG Braunschweig, Beschl. v. 15.02.2016 – 1 AR 10/16 – bewilligt, und zwar anstelle der gesetzlichen Gebühren von 845,– € eine Aufstockung auf 1.485,– €. Begründung:

„Der Pflichtverteidiger, dem gesetzliche Gebühren i.H.v. 845,–€ zustehen, beantragt die Aufstockung dieser Gebühren um 640,–€. Der Bezirksrevisor bei dem Landge­richt Braunschweig unterstützt den Antrag.

Zur Begründung und Berechnung des vorstehenden Betrages nimmt der Senat zu­nächst auf den Antrag des Verteidigers vom 15.09.2015 Bezug. Danach war das Verfahren umfangreich und schwierig, konnte aber aufgrund der guten Vorbereitung durch den Verteidiger an nur einem Verhandlungstag letztlich ohne die andernfalls notwendig gewordene Vernehmung von weiteren Zeugen – was aber mehrere zu­sätzliche Verhandlungstage bedeutet hätte – beendet werden. Demgemäß hat auch der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Braunschweig gegen die beantragte Pausch­vergütung keine Einwände erhoben.“

Liest sich wirklich so wie ein „Fleißkärtchen“, das der Vorsitzende des Senats hier austeilt. Muss dann aber auch wohl berechtigt gewesen sein, wenn auch der Bezriksrevisor den Antrag unterstützt. 🙂

Die Entscheidung liegt übrigens auf der Linie der Rechtsprechung der OLG zur Pauschgebühr: Diese berücksichtigen prozessökonomische Tätigkeiten des Pflichtverteidigers, wenn der durch diese Tätigkeiten zur Abkürzung des Verfahrens beigetragen hat (OLG Hamm StraFo 2005, 173 = AGS 2005, 112; NJW 2006, 75 = JurBüro 2006, 138 = StV 2006, 203; JurBüro 2005, 535; OLG Hamm, Beschl. v. 27.03.2014 – 5 RVGs 8/14; OLG Karlsruhe, RVGreport 2005, 315= StV 2006, 205 = NStZ-RR 2005, 286).

Mit 62 km/h telefonierend durch die Tempo-30-Zone, oder: (dann) Vorsatz, Vorsatz, Vorsatz

entnommen wikimedia.org Urheber Mediatur

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Urheber Mediatur

Und, da aller guten Dinge drei sind, gibt es heute dann noch ein owi-rechtliches Posting. Und zwar mal wieder Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung. Ein Vorsatzverurteilung muss man als Verteidiger auf jeden Fall zu vermeiden versuchen, weil sonst das Absehen vom Fahrverbot schier unmöglich wird. Allerdings war das in dem vom OLG Braunschweig im OLG Braunschweig, Beschl. v. 08.12.2015, 1 Ss (Owi) 163/15 – ein schweres Stück Arbeit für den Verteidiger, was dann ja auch nicht gelungen ist. Allerdings hatte der Betroffene innerorts auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in einer Tempo-30-Zone um satte 32 km/h, also um mehr als 100 % überschritten. Und dabei dann auch noch telefoniert. Das trägt ihm dann eine Geldbuße von 350 € und ein Fahrverbot ein. Das OLG macht es kurz:

„Insbesondere ist die Annahme einer vorsätzlichen Begehungsweise der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht zu beanstanden. Bei einer innerorts erfolgten relativen Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 100 % in einer Tempo-30-Zone ist gegen die Annahme vorsätzlichen Handelns nichts zu erinnern, sofern – wie hier – keine besonderen Umstände vorliegen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31. Juli 2006 – 2 Ss OWi 401/06, NZV 2007, 263; OLG Braunschweig, Beschluss vom 07. Februar 2011, Ss (OWiZ) 225/10, DAR 2011, 406 und Beschluss vom 13. Mai 2015, 1 Ss (OWiZ) 85/13, juris). Ein Kraftfahrer, der im Straßenverkehr ohne Freisprecheinrichtung telefoniert, nimmt in Kauf, dadurch so abgelenkt zu sein, dass es zu Verkehrsverstößen kommt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. Mai 2001 – 333 Ss 38/01 OWi, NZV 2001, 354).“

Da war nicht viel zu retten für den Verteidiger.