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PoliscanSpeed und kein Ende, oder: Die PTB hat immer Recht, auch beim OLG Braunschweig

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Urheber KarleHorn

Ich hatte gestern über den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 26.05.2017 – 2 Rb 8 Ss 246/17 betreffend Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät PoliScan Speed berichtet (vgl. PoliscanSpeed, oder: „ein bisschen schwanger“ bzw. Trauerspiel/Worthülse „standardisiertes Messverfahren“), mit dem m.E. das „standardisierte Messverfahren abgeschafft wird bzw. der Weg zur Abschaffung weiter gegangen wird. Zu dem Beschluss hätte ganz gut der OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.06.2017 – 1 Ss (OWi) 115/17 – gepasst. Auf den bin ich aber erst gestern Abend gestoßen. Ich schiebe ihn dann heute hier nach. Nicht, weil ich ihn gut finden, sondern nur der Vollständigkeit halber.

In dem Beschluss steht auch nichts Neues, so dass m.E. die Leitsätze reichen. Die lauten:

  1. Bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät PoliScan Speed handelt es sich um die Anwendung eines standardisierten Messverfahrens (Anschluss an OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.01.2017, 1 OWi 1 Ss Bs 53/16; juris).
  1. Es ist nicht zu befürchten, dass das Messergebnis durch Rohmessdaten verfälscht wird, die in einem der Bauartzulassung nicht entsprechenden Messbereich erfasst werden.
  1. Solange konkrete Einwände gegen die Messung und das Messergebnis nicht erhoben werden, besteht kein Anlass, den Messvorgang sachverständig überprüfen zu lassen.

Und wenn man den Beschluss liest: Das Übliche. PoliscanSpeed ist standardisiert und bleibt standardisiert. Die PTB hat immer Recht. Ihre Bauartzulassung ist ein „antizipiertes Sachverständigengutachten“. Und das führt dazu, dass der Betroffene im Grunde genommen beantragen kann, was er will: Die PTB hat schon vorher gesagt: Nein, alles richtig. Und nicht zu vergessen: AG Mannheim ist Käse.

Das einzig Erfreuliche an dem Beschluss: Der Hinweis auf: „Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Auflage 2015, Rn. 2322“. Dadurch aber bitte nicht irritieren lassen. Natürlich setzt der Beweisantrag konkrete Anhaltspunkte für Messfehler voraus. M.E. sind die aber gegeben. Nur: Die OLG sehen es im Schulterschluss mit der PTB anders.

Na dann doch noch etwas Erfreuliches: Zumindest schnell sind sie in Niedersachsen. Der Beschluss datiert vom 13.06.2017. Und er war schon am 14.06.2017 online.

Und bevor ich es vergesse: Für alle die, die heute Feiertage haben: Trotzdem schönen Tag.

Schriftliche Urteilsgründe, oder: Soll der Angeklagte sie nicht kennen?

© Maksim Kabakou Fotolia.com

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Nach dem LG Freiburg, Beschl. v. 17.06.2016 – 3 Qs 127/15 – zu der Übersetzungsproblematik bei der Zustellung eines Strafbefehls (vgl. Nochmals: Strafbefehl -nur mit Übersetzung ist Zustellung wirksam….) dann der OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.05.2016 – 1 Ws 82/16. Auch er hat eine Übersetzungsproblematik zum Gegenstand, nämlich die Frage, wann ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Angeklagter einen Anspruch auf Übersetzung des schriftlichen Urteils hat. der Angeklagte ist Pole und der deutschen Sprache nicht mächtig. Er ist im Verfahren durch einen Pflichtverteidiger verteidigt worden, der auch bei der Erörterung der mündlichen Urteilsgründe anwesend war. Diese wurde dem Angeklagten durch eine Dolmetscherin übersetzt. Dre Angeklagte hat Revisione eingelegt und die Übersetzung der schriftlichen Urteilsgründe in die polnische Sprache beantragt. Das OLG sagt: Nein, gibt es nicht.

„Zwar sieht § 187 Abs. 2 Satz 1 GVG zur Ausübung der prozessualen Rechte des Beschuldigten in der Regel die Übersetzung von nicht rechtskräftigen Urteilen vor, es liegen jedoch die Voraussetzungen der in § 187 Abs. 2 Satz 4 und 5 GVG vorgesehenen Ausnahmen vor.

Nach § 187 Abs. 2 Satz 4 GVG kann an die Stelle der schriftlichen Übersetzung eine mündliche Übersetzung oder eine mündliche Zusammenfassung des Inhalts treten, wenn die prozessualen Rechte des Beschuldigten gewahrt werden. Das ist gemäß § 187 Abs. 2 Satz 5 GVG in der Regel anzunehmen, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat.

Die prozessualen Rechte des Angeklagten, insbesondere auch der Anspruch auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchstabe e) EMRK, werden dadurch hinreichend gewahrt, dass dem verteidigten Angeklagten die mündliche Urteilsbegründung von einem Dolmetscher übersetzt worden ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016, 1 Ws 8/16, RN 3, zitiert nach juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11. März 2014, 2 Ws 40/14, NStZ-RR 2014, 217; OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.01.2014, 6 – 2 StE 2/12, StV 2014, 536 f.). Ob die schriftliche Übersetzung auch dann entbehrlich ist, wenn der Betroffene und sein Verteidiger bei der Urteilsverkündung anwesend gewesen sind, dem nicht ausreichend sprachkundigen Angeklagten die Urteilsgründe jedoch nicht durch einen Dolmetscher übersetzt worden sind, kann im vorliegenden Fall dahinstehen (so OLG Celle, Beschluss vom 22.07.2015, 1 Ss (OWi) 118/15, NStZ, 2015, 720).

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll keine Verpflichtung zur schriftlichen Urteilsübersetzung bestehen, wenn eine effektive Verteidigung des nicht ausreichend sprachkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet wird, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung zuständige Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt (vgl. BT-Drucksache 17/12578, S. 12). Die Rechte des verteidigten Angeklagten werden dadurch gewahrt, dass er die Möglichkeit hat, das schriftliche Urteil mit seinem Verteidiger unter Hinzuziehung eines Dolmetschers zu besprechen und sich soweit auch die schriftliche Begründung übersetzen zu lassen. Der Anspruch des verteidigten Angeklagten auf umfassende Verdolmetschung umfasst auch die Gespräche mit seinem Verteidiger nach Urteilsverkündung, etwa zur Vorbereitung der Begründung eines Rechtsmittels. Soweit die Hinzuziehung eines Dolmetschers für einen solchen Termin erforderlich ist, kann der Angeklagte dies jederzeit beantragen.

Da diese Voraussetzungen hier vorliegen, ist davon auszugehen, dass der Angeklagte – auch ohne schriftliche Übersetzung des Urteils – über ausreichende Möglichkeiten verfügt, die gegen ihn ergangene Entscheidung inhaltlich nachzuvollziehen.

Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen im Strafverfahren, da diese durch das Gesetz der Stärkung von Verfahrensrechten von Beschuldigten im Strafverfahren mit Wirkung vom 6. Juli 2013 vollständig in das deutsche Recht umgesetzt worden ist. Die Ausnahmeregelung des § 187 Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 GVG entspricht auch den Vorgaben der in Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2010/64/EU aufgeführten Ausnahmen von der in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie statuierten Regel der grundsätzlichen schriftlichen Übersetzung aller wesentlichen Unterlagen (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016, 1 Ws 8/16, RN 4, zitiert nach juris). Die Umsetzung der Richtlinie, insbesondere das in § 187 Abs. 2 Satz 5 genannte Regelbeispiel des verteidigten Angeklagten, steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983, 2 BvR 731/80BVerfGE 64, 135,150 ff.), auf welche auch die Gesetzesbegründung zu § 187 GVG Bezug nimmt (BT-Drucksache 17/12578, S. 12).“

Wenn man/die OLG wollten, könnten sie auch anders – aber sie wollen nicht. Für mich ist jedenfalls die schriftliche Übersetzung der Urteilsgründe etwas anderes und sicherlich auch Besseres als eine „Verdolmetschung“ eines Gesprächs oder die Übersetzung in einem Gespräch. Denn die schriftliche Übersetzung vereinfacht es m.E. für den Angeklagaten erheblich, in Ruhe Angriffspunkte selbst zu finden. Aber vielleicht soll er das ja gar nicht………… (vgl. auch OLG Hamm, Beschl. v. 11.03.2014 – 2 Ws 40/14 und dazu Nochmals Dolmetscher – (Immer) Übersetzung der schriftlichen Urteilsbegründung?).

Das Akteneinsichtsrecht des Insolvenzverwalters, oder: Yes, he can…

© Haramis Kalfar - Fotolia.com

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Im Strafverfahren gibt es immer wieder Streit/Diskussion um die Akteneinsicht Dritter. Hintergrund ist, dass die Beschuldigten, was verständlich ist, so viele Informationen wie möglich zurück/geheim halten möchten. Der Weg zur Akteneinsicht führt dann über § 475 StPO. Der spielte auch in einem Insolvenzverfahren in Braunschweig eine Rolle. In dem war ein Rechtsanwalt als Sachverständiger beauftragt worden, ein Gutachten gemäß § 5 InsO zu erstellen,  um u.a. festzustellen ob ein Auslandsbezug vorliegt, insbesondere ein grenzüberschreitender Bezug im Sinne der EUInsVO gegeben ist, ob und gegebenenfalls welche Sicherungsmaßnahmen zu treffen sind, welche Verfahrensart einschlägig ist, insbesondere ob der Schuldner, gegen den ein Strafverfahren anhängig war, zurzeit der Stellung des vorliegenden Eröffnungsantrages eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Unter Vorlage des Bestellungsbeschlusses hatte sich der  Rechtsanwalt im Strafverfahren gemeldet und beantragt die Übersendung von Abschriften der Anklageschrift sowie des Arrestbeschlusses beantragt, um seine Aufgabe als Sachverständiger erfüllen zu können. Die Akteneinsicht ist ihm gewährt worden. Dazu der OLG Braunschweig, Beschl. v. 10.03.2016 – 1 Ws 56/16 mit den Leitsätzen:

1. Der im Insolenzverfahren bestellte Sachverständige ist zu einer umfassenden Einsicht in die über den Insolvenzschuldner geführten Strafakten berechtigt, wenn sich daraus Hinweise dazu ergeben können, ob mit der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Insolvenzschuldner zu rechnen und mit welcher Wahrscheinlichkeit von einer Durchsetzung behaupteter Ansprüche Dritter auszugehen ist.

2. Weil der gerichtlich bestellte Sachverständige im Insolvenzverfahren gem. § 203 Abs. 2 Nr. 5 StGB zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, gilt dies auch für aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ansonsten Dritten nicht zugänglichen Aktenbestandteilen.

Elterlicher „Kampf“ um die Spardose des Kindes – Raub?

© PhotoSG - Fotolia.com

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Sicherlich nicht alltäglich war der Sachverhalt, den das OLG Braunschweig im OLG Braunschweig, Urt. v. 04.03.2016 – 1 Ss 65/15 – zu entscheiden hatte. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen Raubes verurteilt. Grundlage war folgender Sachverhalt: Bei einem Streit mit seiner Ehefrau, der Zeugin D., hatte die den Angeklagten aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen. Da der Angeklagte kein Geld für die Bahn­fahrt zur Verfügung hatte, begab er sich in das Kinderzimmer des Sohnes H. und bat ihn, ihm Geld aus dessen Spardose zu geben. Die Mutter D. wollte das verhindern. In der folgenden Auseinandersetzung stieß der Angeklagte die sich wehrende D. zunächst gegen einen Tisch, dann mit ihrem Rücken gegen die Türgriffe eines Schrankes im Kinderzimmer, schubste sie sodann zu Boden und würgte sie schließlich mehrere Sekunden, woraufhin D. für ca. 5 Minu­ten das Bewusstsein verlor. Der Angeklagte forderte nun von dem Kind, ihm die Spardose zu holen, was der Sohn, der Angst um seine Mutter hatte, auch tat. Der Ange­klagte öffnete die Spardose mittels eines Dosenöffners. Das Kind gab dem Angeklagten 24,00 €. Dagegen die Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft, die beide erfolgreich waren.

Zur Veurteilung wegen Raubes führt das OLG aus, nachdem es sehr schön, die Fragen des über- und untergeordneten Mitgewahrsams „dekliniert“ hat. :

„Nach den getroffenen Feststellungen befand sich das vom Angeklagten an sich ge­nommene Geld in einer verschlossenen Spardose, die wiederum im Kinderzimmer des 11jährigen gemeinsamen Sohnes des Angeklagten und der Zeugin D. stand und diesem gehörte („dessen Spardose“). Das Kinderzimmer war Teil der gemeinsam von den Vorgenannten genutzten Wohnung, sodass sowohl das Kind als auch beide Eltern zum Kinderzimmer und folglich ebenso zur Spardose jederzeit ungehin­derten Zutritt hatten. Nach der Verkehrsanschauung hatten neben dem kindlichen Zeugen H.M. somit auch die Zeugin D. und der Angeklagte Mitgewahrsam an der in ihrer Wohnung aufbewahrten Spardose ihres minderjährigen Sohnes und damit — trotz ihrer Beweglichkeit — auch an deren Inhalt. Allerdings ist der Mitgewahr­sam des Angeklagten und der Zeugin D. im Verhältnis zu dem Mitgewahrsam des Zeugen H.M. bei Zugrundelegung der vom Landgericht getroffenen Feststellungen — nach der Verkehrsanschauung als untergeordnet zu qualifizieren. Er war der Eigentümer und Verwahrer des fraglichen Geldes. Zudem stand er dieser Sache am nächsten und hatte die unmittelbare räumliche Einwirkungsmöglichkeit auf sie. Eine tatbestandliche Wegnahme scheidet daher nach oben Gesagtem aus, wenn die mit dem Ansichnehmen des Geldes durch den Angeklagten verbundene Aufhebung des bis dahin bestehenden übergeordneten Gewahrsams des Zeugen H.M. nicht gegen dessen — frei gebildeten (vgl. BGHSt 18, 221) — Willen erfolgte. Dies teilt das Urteil aber nicht mit. Auf Seite 6 des Urteils findet sich lediglich die Feststellung, dass der Angeklagte, nachdem die Zeugin D. nicht bereit war, ihm Geld für den Er­werb einer Bahnfahrkarte zu überlassen, sich in das Kinderzimmer des Zeugen Hak begab und diesen bat, ihm Geld aus seiner Spardose zu geben. Ob der Zeuge H.M. der Bitte nachkommen wollte, d.h. mit einem Gewahrsams­wechsel bezüglich der erbetenen 24,00 Euro einverstanden war, bleibt offen. Dies war der Kammer auch bewusst, denn sie führt im Rahmen ihrer rechtlichen Würdi­gung auf Seite 24 ihres Urteils aus: „Ein etwaiges Einverständnis des Zeugen H.M. ist unerheblich, da es sich bei der Spardose um eine solche von Mutter und Sohn handelte, so dass die Zeugin D. mindestens Mitgewahrsam an der Spardose hatte“. Diese Urteilspassage versteht der Senat im Hinblick auf die bereits wiederge­gebene Feststellung auf Seite 6 des Urteils, dass es sich um die Spardose des Zeugen H.M. („dessen Spardose“) handelte, dahingehend, dass die Zeugin D. lediglich auch Geld in diese eingezahlt hat, damit der Zeuge H.M. sich seinen Wunsch nach einem eigenen Handy erfüllen kann. Andernfalls hätte das Landgericht insoweit widersprüchliche Feststellungen getroffen.

Da das Urteil nicht feststellt, dass der Angeklagte bei der Ansichnahme des Geldes gegen (bzw. ohne) den Willen des Zeugen H.M. handelte, trägt es die An­nahme der Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der Wegnahme und damit eine Verurteilung wegen Raubes insgesamt nicht. Daran ändert auch die festgestellte, dem Gewahrsamswechsel vorausgegangene körperliche und verbale Auseinander­setzung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin D. nichts. Zwar wäre unter dem Eindruck dieser Auseinandersetzung für eine auf einer freien Willensbildung beruhenden Aushändigung des Geldes vom Zeugen H.M. an den Angeklagten kein Raum. Die Feststellungen auf Seite 6 des Urteils ermöglichen aber keine Prü­fung, ob der Zeuge M., der selbst das Geld der Spardose entnommen und dem Angeklagten übergeben hat, erst nach dem Beginn der von ihm beobachteten Ausei­nandersetzung mit dem Gewahrsamswechsel einverstanden war. Vielmehr legen die Feststellungen „Als die Zeugin D. dies durch Festhalten des Angeklagten verhindern wollte, …“ nahe, dass der Zeuge M. auf die vorangegangene Bitte des Ange­klagten nach der Übergabe von Geld aus der Spardose zu erkennen gegeben hatte, dieser nachkommen zu wollen und erst dann die körperliche Auseinandersetzung einsetzte. Jedenfalls ist das nach den Urteilsfeststellungen nicht auszuschließen. Dies wirkt sich auch auf den subjektiven Tatbestand des Raubes aus. Denn dieser setzt voraus, dass dem Angeklagten im Zeitpunkt der Ansichnahme des Geldes bewusst war, dass er damit gegen den Willen des Zeugen H.M. handelt. Hiervon kann bei einem vor der Auseinandersetzung vom Zeugen M. signalisierten Einverständnis mit dem Gewahrsamswechsel nicht ohne Weiteres ausgegangen werden und hätte dann entsprechend festgestellt werden müssen.“

Also nochmal. Und bei der Gelegenheit kann das LG sich dann auch mit der Frage des schweren Raube nach § 250 Abs. 1 Nr. 1c StGB auseinander setzen. Insoweitz hatte nämlich die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Ist mein Pauschvergütungsanspruch verjährt?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Meine Frage vom vergangenen Freitag hat nur eine Antwort bekommen. Was soll/kann ich daraus schließen? Entweder die Frage war so puppig/einfach, dass sich eine Antwort nicht lohnt :-), oder: Die Problematik interessiert nicht. Sollte sie aber, denn in der (richtigen) Antwort kann eine Menge Geld stecken. Das zeigt der Fall im Ausgangsposting. Beantragt hatte der Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr von 15.000 €, bewilligen werden sollten nach Auffassung der Bezirksrevisorin nur. 1.500 € für die Revisionsinstanz.

Bewilligt hat dann aber das OLG Braunschweig im OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.04.2016 – 1 ARs 9/16, dem der Sachverhalt der Frage nachgebildet ist, 14.000 €. Das OLG hat sich – unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung – auf den Standpunkt gestellt, dass der sich aus § 51 RVG ergebenden Anspruch auf Bewilligung einer Pauschgebühr für das gesamte Verfahren  erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fällig wird. Daher beginnt dann § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB die nach § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist auch erst mit dem Ende dieses Jahres. Ablauf der Verjährungsfrist im Fall also der 31.12.2015. Aber die Verjährung ist durch den Pauschgebührenantrag des Verteidigers vom 22.12.2015 unterbrochen worden.

Nachdem nun das OLG Braunschweig seine frühere anders lautende – für den Pflichtverteidiger nachteilige – Rechtsprechung aufgegeben hat, wird die Verjährungsfrage in der obergerichtlichen Rechtsprechung einheitlich gesehen. Vor kurzem hatte ja auch das KG im KG, Beschl. v. 15.04.2015 – 1 ARs 22/14 – seine frühere Rechtsprechung aufgegeben (vgl. dazu News aus Berlin: Neues zur Verjährungsfrist bei der Pauschgebühr).

Also: Ende gut, alles gut. Nun ja. Aber: Das war dann doch knapp für den Pflichtverteidiger. Denn, wenn das OLG nicht seine Rechtsprechung geändert hätte, wären ihm fast 14.000 € verloren gegangen. Und selbst unter Geltung der neuen Rechtsprechung des OLG wäre fast Verjährung eingetreten, wenn nicht noch kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2015 der Pauschgebührantrag gestellt worden wäre. Das führt schon zu dem Hinweis, dass mit den Pauschgebührenanträgen auf keinen Fall so/zu lange gewartet werden sollte.