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Wegfall des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme, oder: Herrschende Meinung sagt: Neues Recht

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Im „Kessel Buntes“ dann heute zunächst der OVG Saarlouis, Beschl. v. 04.12.2018, 1 D 317/18 -, der passt auch in die Rubrik „Strafrecht meets Verwaltungsrecht“. Denn es es geht noch einmal/mal wieder um die Auswirkungen des „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ vom 17.08.2017 (BGBl I, S. 3202)“. genauer: Es geht um die Frage: Altes oder neues Recht bei der Prüfung der Frage, ob eine ohne Beachtung des Richtervorbehalts vor dem 24.08.2017 entnommene Blutprobe verwertet werden kann.

Das OVG sagt: Neues Recht. Hier der Leitsatz:

Ergeht eine Fahrerlaubnisentziehungsverfügung nach Inkrafttreten der Neufassung der §§ 81a Abs. 2 StPO, 46 Abs. 4 OWiG (24.8.2017), so unterliegt das Ergebnis einer zuvor ohne richterliche Anordnung entnommenen Blutprobe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der neugefassten Vorschriften keinem Verwertungsverbot.

Das hatten bisher u.a. auch schon entschieden der VGH München im VGH München, Beschl. v. 05.02.2018 – 11 ZB 17.2069 (dazu Blutentnahme nach neuem Recht, oder: Auch in Bayern wird “gesund gebetet”), das Bamberg im OLG Bamberg, Beschl. v. 26.10.2018 – 3 Ss OWi 1410/18 (StPO III: Wegfall des Richtervorbehalts bei der Blutentnahme, oder: Altes oder neues Recht) und das OLG Rostock im OLG Rostock, Beschl. v. 03.11.2017 – 1 Ss 94/17 (Blutentnahme nach altem Recht – “gesund gebetet” nach neuem Recht, oder: Asche auf mein Haupt). Da kann man dann wohl von einer herrschenden Meinung sprechen.

Und nochmals: Einziehungsgebühr nach neuem Recht, oder: Aller guten Dinge sind drei

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Und – wie heißt es immer: Aller guten Dinge sind drei. Daher bringe ich am „Gebührenfreitag“ dann noch einmal einen Beschluss des LG Berlin zur Nr. 4142 VV RVG nach neuem Recht. Ich habe darüber ja schon zweimal berichtet. Hier dann also der LG Berlin, Beschl. v. 13.04.2018 – (511 KLs) 255 Js 739/14 (11/17), den mir der Kollege K.Reese aus Berlin geschickt hat.

Der Kollege war Pflichtverteidiger. Im Verfahren hatte es einen dinglichen Arrest des AG in Höhe von 418.851,00 € gegeben. Der Kollege hat bei der Vergütungsfestsetzung dann auch Festsetzung der zuätzlichen Verfahrensgebühr gemäß der Nr. 4142 VV RVG nach einem Gegenstandswert von Euro 418.000,00, mithin in Höhe von 447,00 € geltend gemacht. Die Rechtspflegerin hat den Betrag nicht festgesetzt , weil der Arrest ausweislich seiner Begründung der Rückgewinnungshilfe gedient habe und eine solche Anordnung nicht unter den Gebührentatbestand der Nr. 4142 VV RVG falle. Dagegen die Erinnerung, die dann beim LG Berlin Erfolg hatte:

„a) Der Angeklagte pp. hatte sich vor dem Landgericht Berlin gegen eine drohende Einziehung gemäß §§ 73, 73c StGB neue Fassung, also gegen einen endgültigen Vermögensverlust im Sinne der Nr. 4142 VV RVG zu verteidigen. Infolge der Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB alte Fassung kann der Tatertrag oder ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen. Grundlegender Gedanke des neuen Rechts ist es, dass sich Straftaten nicht lohnen sollen. Entsprechend ist im Hauptverhandlungstermin am 18.12.2017 ein Hinweis erteilt worden, anhand welcher Kriterien die Höhe einer in Betracht kommenden Einziehung zu schätzen sein wird. Eine Einziehung nach §§ 73, 73c StGB unterfällt dem Gebührentatbestand der Nr. 4142 W RVG. Dieser Gebührentatbestand hat den Sinn und Zweck, den Verteidigeraufwand in Verfahren, in denen Abschöpfungsmaßnahmen infrage kommen, angemessen zu honorieren (vgl. KG, Beschluss vom 20.12.2017, 1 Ws 70/17, juris Rz. 3). Die Kammer schließt sich der Auffassung der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin im Beschluss vom 16.01.2018 (501 Qs 127/17) an. Danach kann der Umstand, dass die in Ansatz gebrachte Gebühr Nr. 4142 VV RVG Rechtsanwalt R. nach der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung geltenden Rechtslage nicht zugebilligt worden wäre, weil der dingliche Arrest der Sicherung von Rückgewinnungsansprüchen der verletzten Opfer diente (vgl. hierzu KG, Beschluss vom 15.04.2008, 1 Ws 309 — 310/07, juris), nicht zur Versagung des Gebührenansatzes nach neuem Recht herangezogen werden (vgl. LG Berlin, a.a.O., juris Rz. 7). Der Anwendungsbereich von § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG ist nicht eröffnet, da der Verteidiger nach altem Recht nicht etwa eine geringere, sondern überhaupt keine Gebühr hätte verlangen können.

b) Auch die von Rechtsanwalt R. angesetzte Höhe der Wertgebühr Nr. 4142 VV RVG ist berechtigt. Gemäß § 49 RVG ist bei einem Gegenstandswert von über Euro 30.000,00 eine Gebühr in Höhe von Euro 447,00 (netto) zu vergüten. Für die Bestimmung des Gegenstandswertes ist nach Ansicht der Kammer nicht maßgeblich, in welcher Höhe eine Einziehung im Urteil am 08.02.2018 angeordnet worden ist, sondern in welcher Höhe eine Einziehung drohte. Nach den Gründen des dinglichen Arrestes vom 19.10.2016 wurde die Höhe der zu sichernden Ansprüche nach der Anzahl der Bestellungen der verletzten Opfer durch Freier in den Bordellen „Kino 3″ und „Le Bar“ sowie im Escort-Service in der Zeit von Januar 2013 bis September 2016 berechnet. Unter Heranziehung des ebenfalls am 19.10.2016 erlassenen Haftbefehls des Amtsgerichts Tiergarten (Blatt 91 ff. Band Il Kostenband) dem Angeklagten pp. seinerzeit Taten zu Lasten von 1 1 Prostituierten vorgeworfenn nämlich zu Lasten der pp. In der Anklageschrift vom 06.03.2017 (Blatt 2 ff. Band I Kostenband) wurde zwar der Tatvorwurf zu Lasten der pp. nicht aufrechterhalten. Jedoch wurden dem Angeklagten pp. Tatvorwürfe zu Lasten weiterer 13 Prostituierter unterbreitet, so zu der pp. Die Tatvorwürfe zu Lasten der insgesamt 23 Prostituierten bestanden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung am 01.07.2017 fort. Nach allem ist nicht zu beanstanden, dass der Verteidiger die Verteidigung des Angeklagten pp. darauf ausgerichtet hat, eine drohende Einziehung in Höhe von insgesamt Euro 418.000,00 abzuwenden. Abgesehen davon hat die Staatsanwaltschaft in der Sitzung am 05.02.2018 in Bezug auf den Angeklagten pp.  eine Einziehung in Höhe von insgesamt Euro 291.930,40 beantragt. Aber selbst die im Urteil der Kammer angeordnete Einziehung eines Wertersatzes von insgesamt Euro 41.840,00 rechtfertigt einen Gebührenansatz in Höhe von Euro 447,00 netto.“

Ich wage – ist kein großes Wagnis 🙂 – die Behauptung: Das wird die Bezirksrevisorin (auch) nicht schlucken. Und damit wären dann wahrscheinlich drei Verfahren in der weiteren Beschwerde beim KG. Auf Leute, an die Arbeit….

Vermögensabschöpfung nach neuem Recht, oder: Schönes Osterei

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Nach der nicht so schönen Entscheidung des BGH nun ein erfreulicher Beschluss, nämlich der LG Berlin, Beschl. v. 26.03.2018 – 537 Qs 26/18, den mir der Kollege M. Greisner aus Berlin geschickt hat. Es geht noch einmal um das Entstehen der Nr. 4142 VV RVG in der Fällen der Einziehung nach neuem Recht. Da gibt es ja schon den LG Berlin, Beschl. v. 16.01.2018 – 501 Qs 127/17 und dazu: Achtung! Hier die erste Gebührenentscheidung zur (neuen) Einziehung nach neuem Recht….. Der in dem Beschluss geäußerten Ansicht schließt sich das LG Berlin nun an, also nichts Neues, aber erferulich:

„Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG liegen vor. Danach entsteht die Gebühr u. a. für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf eine Einziehung bezieht. Das ist hier der Fall. Der Verteidiger hat den Angeklagten in der Hauptverhandlung in vollem Umfang vertreten und ist daher auch hinsichtlich der vom Amtsgericht angeordneten Einziehung des Wertes des Erlangten nach §§ 73 Abs. 1, 73c, 73d StGB n. F. tätig geworden.

Es kann dahinstehen, ob die Einziehung des Wertersatzes hier den Charakter eines strafrechtlichen Schadenersatzes hat, wie das Amtsgericht meint. Dies steht einer Anwendung der hier in Rede stehenden Gebührenvorschrift jedenfalls nicht entgegen. Dem Wortlaut der Nr. 4142 VV RVG ist eine entsprechende Einschränkung nicht zu entnehmen. Der Sinn und Zweck der Neuregelung der Opferentschädigung im Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, das zum 1. Juli 2017 in Kraft getreten ist, spricht ebenfalls dafür, Schadensersatzansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außer Betracht zu lassen. Infolge der Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB kann der Tatertrag oder ein dessen Wert entsprechender Geldbetrag nunmehr auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen (vgl. BT Drucksache 18/9525 S. 49). Danach wird ein Verteidiger mit Fragen der Einziehung unabhängig davon befasst, ob Ansprüche von Tatgeschädigten in Betracht kommen, so dass es nur folgerichtig ist, diese Ansprüche bei der Anwendung der Gebührenvorschrift außen vor zu lassen.

Soweit vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung die Auffassung vertreten wurde, die Gebührenvorschrift der Nr. 4142 VV RVG sei nicht anwendbar bei Wertersatz, wenn er den Charakter eines zivilrechtlichen Schadensersatzes habe (vgl. Gerold/ Schmidt/Burhoff, RVG, 23. Aufl. 2017, VV 4142, Rn. 8; LG Saarbrücken, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 2 Qs 18/1 1 -, Rn. 7, juris•, a. A. OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. April 2014 – 1 Ws 212/13 – Rn. 11), dürfte dies angesichts der Gesetzesänderung überholt sein. Diese Auffassung beruhte im Wesentlichen auf der nach alter Rechtslage vorzunehmenden Unterscheidung zwischen Einziehung und Verfall, die sich infolge der unterschiedslosen Bezeichnung der Anordnungen gemäß §§ 73 ff. StGB n. F. als „Einziehung“ erledigt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 16. Januar 2018 — 501 Qs 127/17 —, Rn. 7, juris, mit zustimmender Anmerkung von Burhoff unter https://blog.burhoff.de/2018/01 /achtung-hier-die-erstegebuehrenentscheidung-zur-neuen-einziehung-nach-neuem-recht/).“

Wie gesagt: Nichts Neues, aber schönes Ostereier. Und: Eine h.M. zeichnet sich ab, zumindest in Berlin…..

Neues Recht bei der Vermögensabschöpfung, oder: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot

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Ab heute dann für einige Tage zunächst mal wieder normales Programm, bevor dann die „Jahresabschlussfeierlichkeiten“ beginnen. Und ich eröffne mit dem LG Kaiserslautern, Urt. v. 20.09.2017 – 7 KLs 6052 Js 8343/16 (3) -, auf das mich der Kollege Garcia vom DeLegisbusBlog während meines Urlaubs hingewiesen hat.

Es geht um die Neuregelung der Vermögenabschöpfung. Dazu die Leitsätze der Entscheidung, die für die Praxis von Bedeutung sein dürfte.

  1. Im Falle einer erstinstanzlichen Verurteilung vor dem 1. Juli 2017, die keine Entscheidung über eine Vermögensabschöpfung nach §§ 73 ff. StGB a.F. enthält und gegen die nur der Angeklagte in Revision gegangen ist, steht bei einer Zurückverweisung durch das Revisionsgericht § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO einer Anordnung der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB n F. entgegen (Fortentwicklung von BGH, Beschlüsse vom 28. April 2015, 3 StR 101/15 und vom 15. Mai 1990, 1 StR 182/90).
  2. Die in Art. 316h Satz 1 EGStGB angeordnete rückwirkende Anwendbarkeit der neuen Vorschriften zur Vermögensabschöpfung verstößt gegen das Rückwirkungsverbot aus Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK.
  3. Art. 316h Satz 2 EGStGB ist dahingehend auszulegen, dass jedenfalls eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalles oder des Verfalles von Wertersatz im dortigen Sinne auch dann vorliegt, wenn das vor dem 1. Juli 2017 ergangene Urteil hierzu weder positiv noch negativ eine explizite Entscheidung getroffen hat.

Vielleicht sagt der BGH ja (auch) etwas dazu 🙂 .

„Heiko-Maas-Gedächtnispark“, oder: Was ist das mildere Sexualstrafrecht?

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Bei den vielen gesetzlichen Änderungen der letzten Zeit – man könnte auch von mehr oder weniger großen,vor allem von mehr oder weniger gelungenen „Heiko Maas Denkmälern“ oder einem „Heiko-Maas-Gedächtnispark“ sprechen – verliert man bei der Anwendung schnell den Überblick, was denn nun angewendet werden muss. Es stellt sich also die Frage: Altes oder neues Recht. Und die Frage stellt sich vor allem auch im Bereich des Sexualstrafrechts. Dazu dann der BGH, Beschl. v. 16.05.2017 – 3 StR 43/17 – ergangen in einem Verfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person. Der Angeklagte hatte die nach nach einem gemeinsamen Gasthausbesuch massiv alkoholisierte Nebenklägerin sexuell missbraucht und war deshlab wegen schweren sexuellen Missbrauchs einer widerstandsunfähigen Person unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteil. Dagegen die Revision, die keinen Erfolg hatte. In der Revisionsentscheidung nimmt der BGH zu Frage des milderen Gesetzes Stellung:

„Das Landgericht hat dieses Verhalten rechtsfehlerfrei nach dem zur Tatzeit und noch zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung geltenden Recht als schweren sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person nach § 179 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB aF gewertet. Zwar ist danach das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460 ff.) in Kraft getreten, was der Senat bei seiner Entscheidung gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO zu berücksichtigen hat. Das angefochtene Urteil hat jedoch auch unter Beachtung der neuen Gesetzeslage Bestand, da sich diese im konkreten Fall nicht als milderes Recht im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB darstellt. Im Einzelnen:

a) Der Missbrauch widerstandsunfähiger Personen wurde durch § 179 Abs. 1 StGB aF im Grundtatbestand mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. Als widerstandsunfähig im Sinne der Vorschrift wurde angesehen, wer aus einem der dort genannten Gründe – wenn auch nur vorübergehend – keinen zur Abwehr ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des Täters bilden, äußern oder durchsetzen konnte (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. März 1989 – 2 StR 662/88, BGHSt 36, 145, 147; Beschlüsse vom 23. November 2010 – 3 StR 410/10, NStZ 2011, 210; vom 10. August 2011 – 4 StR 338/11, NStZ 2012, 150; Urteil vom 5. November 2014 – 1 StR 394/14, NStZ-RR 2015, 44, 45).

Das neue Recht enthält demgegenüber im Grundtatbestand differenzierende Regelungen. § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF erfasst die Fälle, in denen das Opfer nicht mehr fähig ist, einen der sexuellen Handlung entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern. Ist das Opfer infolge seines körperlichen oder psychischen Zustands nur erheblich eingeschränkt zur Bildung oder Äußerung eines derartigen Willens in der Lage und versichert sich der Täter nicht der Zustimmung des Opfers zu der sexuellen Handlung, so unterfällt die Tat § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB nF. Vermag das Opfer dagegen – wie hier – noch einen ablehnenden Willen zu bilden und zu äußern, setzt sich der Täter jedoch darüber hinweg, so greift § 177 Abs. 1 StGB nF ein. In allen diesen Fällen wird die Tat als sexueller Übergriff mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Infolge dieser geringeren Strafdrohung kann sich § 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder 2 StGB nF im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB als milderes Gesetz im Vergleich zu § 179 Abs. 1 StGB aF darstellen (BGH, Beschluss vom 4. April 2017 – 3 StR 524/16, juris Rn. 4).

b) Allerdings hat der Angeklagte mit der Geschädigten den Beischlaf vollzogen. In einem solchen Fall, für den der vom Landgericht zur Anwendung gebrachte Qualifikationstatbestand des § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB aF eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsah, enthält auch das neue Recht in § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nF ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 und Abs. 2 StGB nF, bei dessen Vorliegen dem Täter ebenfalls eine Mindeststrafe von zwei Jahren droht. Allerdings folgt hieraus nicht, dass der Strafrahmen für Taten, die nach früherer Rechtslage im Grundtatbestand von § 179 Abs. 1 StGB aF erfasst waren, nun aber § 177 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 StGB nF unterfallen, ohne weiteres identisch ist, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht. Denn während § 179 Abs. 5 StGB aF einen Qualifikationstatbestand enthielt, der bei Vollzug des Beischlafs – auch bei Annahme eines minder schweren Falles (vgl. § 179 Abs. 6 aF) – zwingend einen gegenüber dem Grundtatbestand des § 179 Abs. 1 StGB aF höheren Strafrahmen vorsah, stellt es eine allein dem Tatrichter obliegende Entscheidung der Strafzumessung dar, ob er es bei der Regelwirkung des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nF belässt. In einem solchen Fall ist das neue Recht nicht milder und es verbleibt bei der Anwendung des § 179 StGB aF, während sich bei einem Absehen von der Regelwirkung des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nF das neue Recht für den Angeklagten mit der Strafandrohung aus § 177 Abs. 1 StGB nF als günstiger darstellt, so dass es nach § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden ist.“