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Verwerfung der Revision – Kosten für den Verteidiger – geht das?

Ja, man ist auf den ersten Blick erstaunt, aber das geht. Denn nach § 473 Abs. 1 StPO hat die Kosten eines unzulässigen oder unbegründeten Rechtsmittels derjenige zu tragen, der es eingelegt hat. Und hat der Verteidiger im eigenen Namen ohne Vollmacht des Angeklagten das Rechtsmittel eingelegt, dann treffen ihn die Kosten. So der BGH, Beschl. v. 22.06.2011 -2 StR 97/11 mit einem zumindest merkwürdigen Sachverhalt:

Das angefochtene Urteil ist seit 27. März 2009 rechtskräftig, weil der Verurteilte, sein Verteidiger Rechtsanwalt W. und die Staatsanwaltschaft im Anschluss an die Verkündung des Urteils auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dieser Verzicht ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1999, 2449, 2451; NStZ-RR 2002, 114). Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts hätten führen können, sind nicht ersichtlich. Der Verurteilte selbst betreibt die Revision nicht. Die Revision kann daher durch einen Verteidiger nicht mehr rechtswirksam eingelegt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 297 Rn. 5; Paul im KK StPO, 6. Aufl. § 297 Rn. 3 mwN).

Rechtsanwalt D. fehlt es zudem bereits an einer Bevollmächtigung als Verteidiger im Zeitpunkt der Revisionseinlegung. Er handelte zwar zunächst als Wahlverteidiger des Verurteilten und wurde anschließend als dessen Pflichtverteidiger bestellt. Mit Beschluss vom 16. August 2008 hat ihn jedoch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Verteidiger des Verurteilten ausgeschlossen. Die dagegen eingelegten sofortigen Beschwerden hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22. Oktober 2008 (2 ARs 206/08) verworfen. Ungeachtet dessen, dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, wirkt diese Ausschließung mangels zwischenzeitlich erfolgter Aufhebung fort.

Wenn man das liest, fragt man sich schon, was hinter der Revisionseinlegung für Überlegungen stecken.

Wochenspiegel für die 28. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten über

  1. eine mit dem Gesetz verhinderte Durchsuchung beim Rechtsanwalt.
  2. die Affäre Schlie in Schleswig-Holstein, vgl. auch hier,
  3. ein Loch in einer Kreissstraße, vgl. auch hier,
  4. die Untätigkeitsbeschwerde, hier und hier, zwar Familienrecht, aber die Gedanken kann man übertragen,
  5. das Auskunftsverweigerungsrecht,
  6. das Fahrverbot bei einem Verstoß gegen Richtlinien,
  7. die staatsanwaltliche Bewertung der Loveparade 2010,
  8. den Griff in die Vereinskasse,
  9. den designierten (?) GBA,
  10. und dann war da noch die Freude über die von der Steuer absetzbaren Kosten des Rechtsstreits, hier, hier und hier – ja, sicher nur Zivilrecht, aber ggf. so oder so zu früh gefreut, hier?

Wer die Musik bestellt…

muss sie nicht immer bezahlen… Das folgt aus OLG Jena, Beschl. v. 16.11.2011 – 1 Ws 74/11, auf den ich nach den Wirrungen und Irrungen zwischen BGH und BVerfG (vgl. hier) hinweisen will.

Also wieder herab in die Niederungen des Alltagsgeschäftes und ein Hinweis auf  ein in der Praxis häufigeres Problem/eine häufigere Frage, die in dem Beschluss behandelt wird. Nämlich: Wer trägt eigentlich die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht dem Verurteilten aufgegeben worden sind? Dazu das OLG:

  1. Die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht durchgeführt werden, hat grundsätzlich der Verurteilte zu tragen.
  2. Diese Kostentragungspflicht des Verurteilten wird jedoch durch die Zumutbarkeitsklausel des § 68b Abs. 3 StGB begrenzt.
  3. Unzumutbare Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten werden dann gestellt, wenn dessen finanzielle Leistungsfähigkeit durch die von ihm zu tragenden Kosten für Alkohol- und Drogenkontrollen nach § 68b Abs. 1 Nr. 10 oder Abs. 2 Satz 4 StGB überfordert wird.

Wer zahlt das Prognosegutachten?

Für den Verurteilten ist die Frage von Bedeutung, wer eigentlich die Gutachter-/Pflichtverteidigerkosten zu zahlen hat im Falle des positiven Ausfalls eines Prognosegutachtens und der Aussetzung der Vollstreckung einer Maßregel zur Bewährung. Er oder die Staatskasse? In dem Bereich geht es schnell um sehr viel Geld bzw. eine erhebliche Belastung, die auf den ggf. gerade frei Gelassenen zukommt.

Die Antwort auf die Frage ist in der Rechtsprechung der OLG nicht ganz unstrittig. Das OLG Hamm hatte vor einiger Zeit diese Kosten bei der Staatskasse gesehen.

Anders jetzt (erneut) das OLG Koblenz, Beschl. v. 24.02.2011 – 2 Ws 110/11. Danach hat auch dann, wenn ein Prognosegutachten gem. § 454 Abs. 2 StPO positiv ausfällt und die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt wird, der Verurteilte die Gutachter-/Pflichtverteidigerkosten gem. § 464a Abs. 1 StPO zu tragen; die Auferlegung sei nicht unbillig, eine nicht mehr zu vertretene Beeinträchtigung des aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitenden Anspruchs auf Resozialisierung sei nicht gegeben.

Das OLG bestätigt damit die Entscheidung des LG Koblenz v. 30.12.2010 – 1 AR 3/10.

Mietwagenkosten: Die Nebenleistung des Vermieters

Gelegentlich darf es ja auch mal ein wenig Zivilrecht sein. Heute daher der Hinweis auf das LG Stuttgart, Urt. v. 13.04.2011 – 4 S 278/10, dass sich mit der Geltendmachung eines abgetretenen Anspruchs auf Ersatz von Mietwagenkosten durch das Nietwagenunternehmen befasst. Das LG sagt:

„Die Geltendmachung eines abgetretenen Anspruchs auf Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall stellt keine zulässige Nebenleistung des Mietwagenunternehmens dar; sie verstößt vielmehr gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz. Mithin ist das Mietwagenunternehmen im Rahmen einer Klage auf Zahlung der Mietwagenkosten nicht aktivlegitimiert. Dabei mag zwar ein Zusammenhang mit der Hauptleistung eines Mietwagenunternehms insoweit bestehen, als dass das Mietwagenunternehmen den Rechnungsbetrag gegenüber dem Kunden rechtfertigen muss. Dies stellt aber noch keine rechtliche Beratung dar. Es besteht keine Nebenleistungspflicht des Mietwagenunternehmens, eine streitige Schadensersatzforderung des Kunden in eigenem Namen geltend zu machen.“

LG Stuttgart, Urt. v. 13.04.2011 – 4 S 278/10