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Immer wieder – auch Sonntags – Glockengeläut, oder: „Klageerzwingungsverfahren“ im OWi-Verfahren?

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So, heute im Kessel Buntes dann zunächst mal keine Entscheidung mit verkehrs- oder strafrechtlichem Bezug. Aber mit Bezug zum Sonntag. Und zwar geht es in dem Verfahren, das nun mit dem OVG Saarland, Beschl. v. 29.03.2018 – 2 D 5/18 – geendet hat, um sonntägliches Glockengeläut. Ein Nachbar der Kirche, von der dieses Geläut stammte, fühlt(e) sich dadurch gestört.  Er hat sich deshalb mit Schreiben vom 10.9.2017 an die Gemeinde A-Stadt gewandt und beantragt, gegen die Verantwortlichen der Katholischen Kirche in A-Stadt ein Ordnungsgeld zu verhängen. Dieses Schreiben sandte die Gemeinde A-Stadt an den Nachbarn mit dem Hinweis zurück, dass für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten der Antragsgegner (?) zuständig sei. Daraufhin wandte sich der Nachbar an diesen und beantragte die „Verfolgung der Lärmbelästigung, Ruhestörung, gesundheitliche Beeinträchtigung durch Schlafentzug durch die Verantwortlichen der Katholischen Kirche in A-Stadt.“ Der Antragsgegner teilte „dem Antragsteller mit, dass er nicht beabsichtige ein Bußgeld zu verhängen, weil seiner Ansicht nach keine Ordnungswidrigkeit vorliege.“

Daraufhin dann der Eilantrag des Nachbarn beim VG. Mit diesem beantragte er, „den Verfahrensgegner zur amtlichen Tätigkeit gerichtlich zu zwingen und seine Eingabe wegen OWiG-Lärmbelästigung zu bearbeiten. Des Weiteren beantragte er, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren. Zur Begründung führte er unter anderem aus, er wende sich seit Monaten ungehört an Verwaltungen wegen unzumutbarer und auch rechtswidriger Lärmbelästigung durch die Katholische Kirche St. P. und P. in A-Stadt. Er habe auf seine Anzeige weder eine Eingangsbestätigung noch eine Abhilfe der gesundheitsschädlichen Lärmbelästigung erhalten. Er sei 63 Jahre alt, lungenkrank und brauche seinen Schlaf. Auch sehe er sich hinsichtlich Art. 4 GG als Jude diskriminiert. Es werde offenbar zuwider Art. 3 GG die Amtspflicht der Sachbearbeitung hinter die Katholikenbegünstigung gestellt. Er werde auch am Wochenende um 6.30 Uhr durch rechtswidriges Glockenläuten aus dem Schlaf gerissen und habe deshalb Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und könne nicht mehr schlafen. Es gelte die verfassungsgarantierte Trennung von Kirche und Staat.“

Das VG hat die Anträge zurückgewiesen. Das OVG schließt sich dem an:

Die zum Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis setzt zum Zwecke des Ausschlusses von Popularklagen analog § 42 Abs. 2 VwGO voraus, dass der Antragsteller die zumindest mögliche Verletzung eigener Rechte geltend macht. Als Rechte, deren Verletzung geltend gemacht werden können und die Voraussetzung für die Antragsbefugnis sind, kommen alle Normen in Betracht, die entweder ausschließlich oder – neben anderen Zwecken – zumindest auch dem Schutz der Interessen des Antragstellers zu dienen bestimmt sind. Nicht ausreichend sind dagegen lediglich ideelle, wirtschaftliche oder ähnliche Interessen.

An einem solchen subjektiv öffentlichen Recht des Antragstellers fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anzeigeerstatter keinen durchsetzbaren Anspruch auf Tätigwerden der Bußgeldbehörde hat. Den objektiv-rechtlichen Verpflichtungen der Bußgeldbehörde bei Eingang einer Anzeige korrespondiert kein subjektives Recht des Anzeigeerstatters. Das Ordnungswidrigkeitenrecht kennt anders als das Strafverfahrensrecht keine subjektiven Rechtspositionen von Anzeigeerstattern, die auf eine Pflicht zur Bearbeitung, Durchführung eines Verfahrens und Ahndung eines festgestellten Verstoßes gerichtet wären. Insbesondere gibt es kein dem strafrechtlichen Klageerzwingungsverfahren entsprechendes „Ahndungserzwingungsverfahren“ (§ 46 Abs. 3 Satz 3 OWiG).22 Das Beschwerdevorbringen gibt zu keiner anderen Betrachtung Anlass. Daher ist die gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – aufgrund des Fehlens einer subjektiven Rechtsposition des Antragstellers hinsichtlich des Tätigwerdens des Antragsgegners als Bußgeldbehörde – zurückzuweisen.“

Klageerzwingungsverfahren, oder: Das OLG darf die GStA zu Ermittlungen anweisen…

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Heute dann mal ein wenig OLG-Rechtsprechung, und zwar zunächst der OLG Bremen, Beschl. v. 21.09.2017 – 1 Ws 55/17 -, der in einem sog. Klageerzwingungsverfahren ergangen ist. Die StA hatte den Anfangsverdacht einer Urheberrechtsverletzung durch im Ausland ansässige Händler abgelehnt und das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Dagegen dann die Einstellungsbeschwerde und dann später nach deren Zurückweisung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem.  § 172 Abs. 2 StP. Das OLG bejaht einen Anfnagsverdacht und weistdie GStA an, Ermittlungen durchzuführen:

Die dargelegten Umstände begründen nach Auffassung des Senats damit einen Anfangsverdacht im Sinne des Vorliegens der mit der Strafanzeige und dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung behaupteten strafbaren Handlung, ohne dass sich die Anweisung zur Erhebung der öffentlichen Klage im gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertigte, da Ermittlungen bisher nicht durchgeführt worden sind.

Beim Fehlen jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommt ausnahmsweise die Anordnung in Betracht, dass die Staatsanwaltschaft die nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 27.08.1982 – Ws 71/82, vom 10.07.1989 – Ws 22/89 sowie vom 18.07.2007 – Ws 50/07). Dies ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegend anerkannt (so bereits OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.02.1980 – 1 Ws 424/79, juris Rn. 10; KG Berlin, Beschluss vom 26.03.1990 – 4 Ws 220/89, juris Ls.; OLG Brauchschweig, Beschluss vom 23.09.1992 – Ws 48/91, juris Rn. 19; OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.1994 – 1 Ws 164/94, juris Ls.; OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.1998 – 1 Ws 227/98, juris Rn. 12 – 20; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.03.2001 – 1 Ws 83/01, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2002 – 1 Ws 85/02, juris Rn. 9; OLG München, Beschluss vom 27.06.2007 – 2 Ws 494/06 Kl, juris Rn. 8; OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.03.2008 – 1 Ws 125/07, juris Rn. 6; KG Berlin, Beschluss vom 11.04.2013 – 3 Ws 504/12, juris Rn. 19 – 20; OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2014 – 1 Ws 513/13, juris Rn. 7; OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.07.2015 – 6 Ws 2/15, juris Rn. 66; OLG Celle, Beschluss vom 05.02.2016 – 2 Ws 1/16, juris Rn. 21; OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.12.2016 – 4 Ws 284/16, juris Rn. 12).

Die Möglichkeit bzw. – wie im gegebenen Fall – die Notwendigkeit einer solchen Anordnung ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Sie folgt jedoch aus dem Sinn und Zweck der Regeln über das Klageerzwingungsverfahren. Das Gesetz geht dabei offensichtlich von dem Verfahrensgang aus, der bei der gerichtlichen Kontrolle des Legalitätsgrundsatzes nach den §§ 172 ff. StPO die Regel bildet, dass nämlich die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, die nach ihrer pflichtgemäßen Auffassung erforderlichen Ermittlungen durchgeführt und dann unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses das Verfahren eingestellt hat. Dabei weisen die §§ 172 ff StPO dem Gericht grundsätzlich lediglich die Kontrollfunktion zu, ob die Staatsanwaltschaft als verantwortliche Ermittlungsbehörde entsprechend dem Legalitätsprinzip verfahren ist. An dieser grundsätzlichen Aufgabenverteilung, die der Gesetzgeber durch Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung durch das 1. StVRG vom 09.12.1974 noch bestätigt hat, sollen die §§ 172 ff. StPO ersichtlich nichts ändern. In der Regel hat das Oberlandesgericht daher allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft in eigener Verantwortung geführten Ermittlungen zu entscheiden, ob diese das Ermittlungsverfahren zu Recht eingestellt hat oder ob Anklage zu erheben ist (vgl. OLG Hamm, a.a.O.)…..“

Wird teilweise in der Rechtsprechung anders gesehen…..

„Du musst mehr tun“, oder: Dienstrechtliche Ermahnung eines Richters als versuchte Nötigung durch die Präsidentin?

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So, der letzte Arbeitstag der Vorkarnevalswoche ist eingeläutet. Aber bevor es dann ggf. hoch her geht, muss noch ein wenig getan werden. Und dazu stelle ich den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.01.2017 – 2 Ws 336/16. Mit ihm wird ein weiteres Verfahren abgeschlossen, mit dem sich der RiOLG Thomas Schulte-Kellinghaus gegen eine Ermahnung „seiner“ Präsidentin gewendet hatte, die ihn 2012 dazu aufgefordert hatte, seine Erledigungszahlen zu verbessern. Da hatte es dienstrechtliche Verfahren gegeben und eben auch ein Strafverfahren gegen die Präsidentin. Das hatte der ermahnte Richter „eingeleitet“. Er warf seiner Dienstherrin versuchte Nötigung vor (sehr schön dargestellt alles hier bei LTO).

Die StA hatte die Einleitung eines Strafverfahrens abgelehnt. Dagegen dann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 172 StPO) des ermahnten Kollegen, den das OLG in dem o.a. Beschluss beschieden hat. Und – wie m.E. nicht anders zu erwarten: Der Antrag scheitert an der ([zu] hohen) Zulässigkeitshürde für diese Anträge. Dazu der Leitsatz des OLG – Rest gebe ich zum Selbststudium:

„Sieht ein Richter in einem – grundsätzlich zulässigen – Vorhalt und einer Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG eine versuchte Nötigung durch den Dienstvorgesetzten, umfasst die Darlegungsobliegenheit des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO auch die Mitteilung der in einem Widerspruchsbescheid enthaltenen Erwägungen des Dienstvorgesetzten sowie dessen Vorbringen in einem anschließenden gerichtlichen dienstrechtlichen Verfahren.“

Und das war es dann. Die dienstrechtlichen Verfahren sind allerdings noch nicht rechtskräftig.

Klageerzwingungsverfahren: Beschwerde gibt es nicht….

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Im Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) gibt es gegen die Entscheidung des OLG kein Rechtsmittel, und zwar nicht nur gegen die Entscheidung, durch die in der Hauptsache der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt wird, sondern auch gegen Nebenentscheidungen. Das ist – noch einmal – das Fazit aus dem BGH, Beschl. v.  10.08.2016 –  2 ARs 183/16 und 2 AR 97/16 – in einer Klageerzwingungssache wegen des Vorwurfes des Betruges:

„Die weitere Beschwerde des Anzeigeerstatters gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2016 ist unzulässig. Beschlüsse und Verfügungen des Oberlandesgerichts sind nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO grundsätzlich unanfechtbar.

Zwar sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO eine Ausnahme für bestimmte Entscheidungen in Sachen vor, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug für die Verhandlung und Entscheidung der Sache, d.h. die Durchführung der Hauptverhandlung und den Erlass eines Urteils, zuständig sind. Im Klageerzwingungsverfahren ist das Oberlandesgericht zwar als erstes Gericht mit der Sache befasst, jedoch nicht im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO im ersten Rechtszug zuständig. Dies ist vielmehr, wenn das Oberlandesgericht die Klageerhebung anordnet, ein Amts- oder Landgericht. Eine Anfechtbarkeit von Entscheidungen, die das Oberlandesgericht im Klageerzwingungsverfahren trifft, sieht das Gesetz nicht vor (Senat, Beschluss vom 28. Mai 2003 – 2 ARs 82/032 AR 53/03, NStZ 2003, 501). Dies gilt auch für Beschlüsse, durch welche – wie hier – die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig verworfen worden ist.“

Damit bleibt dann ggf. nur die Verfassungsbeschwerde.

Der Lebensgefährte der Mutter ist nicht „Verletzter“

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Ganz gut zum BVerfG, Beschl. v. 27.07.2016 – 2 BvR 2040/15 – betreffend die Anforderungen an die Antragsschrift im Klageerzwingungsverfahren passt der OLG Celle, Beschl. v. 22.02.2016, 1 Ws 67/16. In ihm spielen nicht die Fragen der ausreichenden Begründung des Antrags eine Rolle, sondern es geht um darum, ob der Antragsteller als Verletzter und damit als antragsbefugt i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO anzussehen ist. Den Antrag hatt nach einem Verkehrsunfall, bei dem ein Kind getötet worden war, der Lebenspartner der Mutter gestellt, der „mit der Mutter des getöteten Kindes seit dessen sechsten Lebensmonat in partnerschaftlicher Beziehung zusammenlebt und für den der Getötete wie ein „Ziehsohn“ war“. Er hatte am Unfalltag das getötete Kind an der Bushaltestelle, an der es zu dem Unfall gekommen ist, abholen wollen und war Zeuge des Unfallgeschehens geworden.

Das OLG Celle hat die Verletzteneigenschaft verneint:

a) Bezüglich der der Beschuldigten vorgeworfenen fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes E. T. I. fehlt es dem Antragsteller an der notwendigen Antragsbefugnis, weil er nicht Verletzter der der Beschuldigten zur Last gelegten fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes ist.

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Klageerzwingungsverfahren nur von dem durch die behauptete Straftat Verletzten betrieben werden. Verletzter ist, wer durch die Straftat – bei Unterstellung ihrer tatsächlichen Begehung – unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2008 – 1 Ws 32/08NJW 2008, 1463; ebenso KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rndr. 19; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 172 Rndr. 9; jew. m. w. N.). Dabei ist der Begriff des Verletzten zwar weit auszulegen, weil der Schutz des Legalitätsprinzips umfassend sein soll; andererseits besteht aber Einigkeit darüber, dass eine nur irgendwie geartete Betroffenheit nicht ausreichen kann, um eine vom Gesetz nicht gewollte Popularklage zu verhindern (vgl. Senat a. a. O.; KK-Moldenhauer a. a. O., Rndr. 18; Meyer-Goßner a. a. O., Rndr. 10; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rndr. 50; jew. m. w. N.). Entscheidend für die Verletzteneigenschaft ist, ob der von der behaupteten Straftat betroffene Antragsteller wegen einer Verletzung einer rechtlich anerkannten Position ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes hat (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1992, 2370; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 53). Im hier betroffenen Bereich der Straftaten gegen das Leben (§§ 211 bis 222 StGB) hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Nebenklagebefugnis in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zum Ausdruck gebracht, für welche Angehörigen des Opfers er ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes anerkennt; diese sind daher als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen (vgl. OLG Celle MDR 1959, 60; OLG Hamm NStZ 1986, 327; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 82; KK- Moldenhauer, a. a. O. Rndr. 21). Nach der Wertung des Gesetzgebers gehören nur diejenigen zum Kreis der Nebenklageberechtigten, die zum engsten Familienkreis zählen, wozu beispielsweise die Großeltern eines Opfers nicht mehr gehören (vgl. BGH NJW 1967, 454); der Gesetzgeber erkennt also bei ihnen im Falle der Tötung eines Enkelkindes ein spezielles Strafverfolgungsinteresse – unabhängig von ihrer persönlichen Betroffenheit – nicht an, so dass sie auch nicht als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen sind.

Soweit zum Teil die Ansicht vertreten wird, dass bei Straftaten gegen das Leben über die Nebenklageberechtigten hinaus auch andere, dem Getöteten nahe stehende Personen antragsbefugt sein können, „wenn eine enge Lebensgemeinschaft, insbesondere, aber nicht notwendig, eine häusliche Gemeinschaft dergestalt bestanden hat, dass die betroffene Person infolge ihres persönlichen Verhältnisses zum Getöteten in ihrem Leben selbst schwer betroffen ist und deshalb ein persönliches Leid empfindet“, wozu unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht genannten Verwandten, wie etwa die Großeltern, Verlobte, Nichten oder Neffen und auch Pflegeeltern bzw. Pflegekinder oder auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaftspartner gehören sollen (so LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O. Rndr. 83; ähnlich KMR-Plöd, StPO, Stand November 2014, § 172 Rndr. 24), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wollte man den Betriff des Verletzten so weit ausdehnen, so würde jeder, der aufgrund persönlicher Verbundenheit aufgrund eines Tötungsdeliktes emotional betroffen ist, unter den Verletztenbegriff fallen können. Dann würde aber die Grenze zum unzulässigen Popularklageerzwingungsverfahren überschritten werden (KG JR 1967, 392; so auch BGH, Beschluss v. 14. Februar 2012 – 3 StR 7/12 -, juris, zur fehlenden Nebenklageberechtigung des Stiefvaters eines Getöteten). Auch würde die Einordnung, wann eine „enge Lebensgemeinschaft“ bzw. eine „Betroffenheit infolge des persönlichen Verhältnisses“ einen Grad erreicht hat, der dem eines Angehörigen aus dem „engsten Familienkreis“ gleichsteht, im Einzelfall große Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hält daher an seiner Auffassung fest, dass der getöteten Person Nahestehende, die nicht zu den in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO genannten Personenkreis gehören, nicht Verletzte im Sinne von § 172 StPO sind.“