Schlagwort-Archive: JM NRW

Kraft-Akt in NRW: So könnte das neue rot/grüne Kabinett aussehen

Der Bär ist in NRW  noch nicht erlegt, da wird das Fell schon verteilt und es kursieren die ersten Listen, wer in einem Kraft-Kabinett Minster(in) werden könnte.

Uns Juristen interessiert natürlich besonders, wer JM wird (ups, da schreibe ich doch lieber JuMin, damit der Kollege Melchior nicht wieder kommentieren muss :-). Im Gespräch bzw. auf der Liste ist die Grünen-Politikerin Anne Lütkes, eine Kölner Rechtsanwältin.

Allerdings: Man sollte sich als Rechtsanwalt nicht zu früh darüber freuen, dass der JM 🙂 aus dem eigenen Stall kommt. Die derzeitige Ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter war Richterin und hat nach Meinung der (ehemaligen) Richterkollegen für die Richter auch nicht viel Neues/Gutes gebracht.

JM lässt sich 2 Jahre mit der Entscheidung Zeit – Aussetzung der Sicherungsverwahrung dann ggf. auch ohne ausreichende Vollzugslockerungen

Der 4. Strafsenat des OLG Hamm hatte sich vor kurzem in seinem Beschl. v. 12.05.2010 – 4 Ws 114/10 mit der Aussetzung einer Sicherungsverwahrung zu befassen. Das LG hatte die Ausssetzung beschlossen. Dagegen die Beschwerde der StA, die damit begründet worden ist, dass der Verurteilte noch nicht ausreichend durch Vollzugslockerungen erprobt sei. Das OLG dazu: Der Umstand fehlender Erprobung könne bei der Entscheidung über die Aussetzung einer Strafe zwar grundsätzlich nicht unberücksichtigt bleiben. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn die Versagung von Vollzugslockerungen ersichtlich rechtswidrig war. Davon ist das OLG m.E. zu Recht ausgegangen. Dem JM NRW war es nämlich über zwei Jahre nicht gelungen, eine Entscheidung über die Lockerungen zu treffen.

Im zweiten Teil der Entscheidung befasst sich das OLG dann mit den Auswirkungen der Entscheidung des EGMR v. 17.12.2009 und schließt daraus: Nach Rechtskraft der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 (Az.: 19359/04) am 11.05.2010 verstosse die Vollstreckung von Sicherungsverwahrung über den 10-Jahres-Zeitpunkt hinaus sowohl gegen Art. 5 EMRK als auch gegen Art. 7 EMRK.

OLG Hamm watscht JM NRW. Begründung von 3 Ss 293/08 liegt vor.

In den vergangenen Tagen ist in der Presse schon über das Urteil des OLG Hamm vom 18.08.2009 – 3 Ss 293/08 berichtet worden. Ich habe es gesucht und der Kollege Brüntrup, der es erstritten hat, hat es mir heute morgen zur Verfügung gestellt. Wenn man es liest, sagt man schnell: Boh, eih. An sich ein Feld Wald und Wiesen-Fall, aber: Er wird weit reichende Folgen haben. Im JM NW ist man sicherlich schon am rotieren und wird sich über die „Watschen“ aus Hamm nicht freuen. Denn das OLG hat mit ziemlich deutlichen Worten das JM NRW darauf hingewiesen, dass es seit Jahren den Richtervorbehalt bei nächtlichen Durchsuchungen missachtet und – zumindest im LG Bezirk Bielefeld – ein richterlicher Eildienst auch nachts hätte eingerichtet werden müssen.  Das OLG Hamm kommt dann zu einem Verwertungsverbot, das es vor allem damit begründet:

Insbesondere unter Berücksichtigung des besonderen Gewichts des verfassungsrechtlich angeordneten Richtervorbehalts bei Wohnungsdurchsuchungen führt dessen gröbliche Verletzung durch die Justizverwaltung zu einem Verwertungsverbot der bei einer Durchsuchungsmaßnahme, die unter Verletzung der Zuständigkeitsregelungen der StPO durchgeführt worden ist.

Wenn man das vom OLG ausgewertete und beigezogene Zahlenmaterial liest, fragt man sich, wie blauäugig muss man eigentlich sein, um nicht erkennen zu können, dass bei einer durchgeführten Befragung etwas nicht stimmen kann, wenn als Ergebnis herauskommt, dass im Bezirk der StA Esssen über einen längeren Zeitraum keine nächtlichen Zwangsmaßmnahmen angefallen sein sollen.

Das Urteil befasst sich mit der Durchsuchung, hat aber natürlich, worauf  das OLG Hamm ausdrücklich hinweist, auch Auswirkungen auf nächtliche Blutentnahmen. Der Richtervorbehalt ist nicht teilbar.

Die Diskussion wird jetzt einsetzen. Die Aufschreie werden nach diesem Urteil lauter werden. Man wird den Richtervorbehalt nach Möglichkeit für „geringere Eingriffe“ abschaffen wollen. Das Land Niedersachsen hat ja schon eine Gesetzesinitiative angemeldet. Lasst uns mitdiskutieren.