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Außer der Reihe: Grenzwert für bedeutenden Schaden beim BayObLG, oder: Jedenfalls bei 1.903,89 EUR

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Ich hatte in der letzten Zeit ja einige Entscheidungen zum Grenzwert beim bedeutenden Schaden (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB) vorgestellt. Gestern erst die falsche vom LG Darmstadt mit 1.300 EUR und dann neulich zwei des LG Nürnberg-Fürth, das die Grenze bei 2.500 EUR zieht.

Heute habe ich nun vom BayObLG den BayObLG, Beschl. v. 17.12.2019 – 204 StR 204/19 – erhalten, in dem über die Frage entschieden ist. Na ja wie OLGs eben so sind – so richtig auch nicht. Man zieht keine klare Grenze, sondern sagt: Fremdschaden für Reparaturkosten in Höhe von 1.903,89 € ist  jedenfalls ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB dar, so dass ein Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegt; 2.500 EUR ist zu hoch:

„2. Die Revision ist unbegründet, denn das Amtsgericht hat die Maßregelanordnung rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass der bei dem Unfall verursachte Fremdschaden in Höhe von 1.903,89 € netto einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB darstellt, so dass ein Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis vorliegt.

a) Der Schadensbegriff des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nach dem Normzweck des § 142 StGB zu bestimmen, der dem Interesse der Unfallbeteiligten an der Aufklärung der Unfallursachen zur Klarstellung der privatrechtlichen Verantwortlichkeit und damit an der Sicherung bzw. Abwehr zivilrechtlicher Ersatzansprüche dient (BGH, NStZ 2011, 215, juris Rn. 9 m.w.N.). Ob ein „bedeutender Schaden“ vorliegt, bemisst sich somit alleine nach wirtschaftlichen Kriterien und beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird (OLG Hamm, NZV 2011, 356, juris Rn. 9 m.w.N.; StRR 2015, 112, juris Rn. 12; OLG Stuttgart, StRR 2018. Nr. 9, 22, juris Rn. 30). Das ist der Geldbetrag, der erforderlich ist, den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten (BGH, NStZ 2011, 215, juris Rn. 9 m.w.N.).

b) Die Frage, welche Schadenspositionen dabei außer den Reparaturkosten zu berücksichtigen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt, kann aber dahinstehen, da vorliegend allein die Reparaturkosten von 1.903,89 € ohne Mehrwertsteuer schon einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB darstellen.

aa) Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, für den Umfang des bedeutenden Schadens starre Schadensgrenzen festzulegen. Es handelt sich vielmehr um eine veränderliche Grenze, die als solche abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der allgemeinen Preis- und Einkommensentwicklung ist (OLG Stuttgart, StRR 2018, Nr. 9, 22, juris Rn. 30).

(1)     Seit dem Jahr 2002 wird in gefestigter Rechtsprechung auch der Oberlandesgerichte die Wertgrenze, ab der von einem bedeutenden Schaden auszugehen ist, bei etwa 1.300 € gezogen (vgl. OLG Dresden, NJW 2005, 2633, juris Rn. 12; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2013 – III-3 Ws 225/13, juris Rn. 6; OLG Hamburg, ZfS 2007, 409, juris Rn. 19; OLG Hamm, NZV 2011, 356 juris Rn. 9; Thüringer OLG, NStZ-RR 2005, 183, juris Rn. 5; LG Berlin, NStZ-RR 2007, 281, juris Rn. 9; LG Heidelberg, Beschluss vom 13.02.2006 – 2 Qs 9/06, juris Rn. 4; LG Paderborn, ZfS 2006, 112, juris Rn. 8; LG Wuppertal, DAR 2007, 660 juris Rn. 3; s.a. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 69 Rn 29; LK-StGB/Geppert, 12. Aufl., § 69, Rn. 85; MüKo-StGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 69 Rn. 71; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 29. Aufl., § 69 Rn. 7; Dölling/ Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl., § 69 StGB Rn. 8, jeweils mit einer Vielzahl weiterer Nachweise; Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 69 StGB Rn. 27: mindestens 1.300 €). Zum Teil wird diese Wertgrenze auch noch in jüngerer Zeit vertreten (vgl. OLG Hamm, StRR 2015, 112 juris Rn. 12; LG Mühlhausen, Beschluss vom 28.12. 2015 – 3 Qs 212/15, juris Rn. 27; LG Schwerin, Beschluss vom 21.10.2015 – 32 Qs 56/15, juris Rn. 4; AG Linz, DAR 2018, 41, juris Rn. 28).

(2)     Eine zunehmende Zahl von Beschwerde- und Berufungsgerichten nimmt jedoch inzwischen mit Rücksicht auf die allgemeinen Preissteigerungen einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erst bei höheren Beträgen an und hält es aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung unter Berufung auf den Verbraucherindex für angebracht, die Schadensgrenze erst bei 1.400,00 € (LG Frankfurt, StV 2009, 649, juris Rn. 11 und 23) bzw. 1.500 € beginnen zu lassen (vgl. etwa LG Braunschweig, DAR 2016, 596, juris Rn. 18; LG Dresden, DAR 2019, 527, juris Rn. 11 f.; LG Hamburg, VRR 2007, 403, juris Rn. 3, und DAR 2008, 219, juris Rn. 8; LG Lübeck, DV 2014, 130, juris Rn. 2; LG Offenburg, DV 2018, 85, juris Rn. 10; wohl auch AG Tiergarten, ZfS 2015, 589, juris Rn. 5; Schönke/Schröder/Kinzig, StGB, 30. Aufl.., § 69 Rn. 39 m.w.N.; weitere Nachweise zur Amts- und landgerichtlichen Rspr. bei Weiland in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 69 StGB, Rn. 53; zustimmend NK-StGB/Martin Böse, 5. Aufl., § 69 Rn. 13).

(3)     Vereinzelt wird die Wertgrenze in der jüngsten Rechtsprechung auch noch höher angesetzt, etwa auf 1.600,00 € (so LG Hanau, DV 2019, 68, juris Rn. 7; AG Stuttgart, Beschluss vom 08.08.2017 – 203 Cs 66 Js 36037/17 jug, juris Rn. 19 ff.; offen gelassen von OLG Stuttgart, StRR 2018, Nr. 9, 22, juris Rn. 30), da nach dem aktuell geltenden Verbraucherpreisindex für Deutschland mit dem Basisjahr 2010 der Wert von 1.300 € aus dem Jahre 2002 unter Zugrundelegung einer Preissteigungsrate von 25,73 % bis zum Jahr 2018 auf 1.634,49 € gestiegen sei (LG Hanau, a.a.O. juris Rn. 9).

(4)     In erheblichem Maße hiervon abweichend sprechen sich das Landgericht Nürnberg-Fürth, das schon seit dem Jahr 2008 eine Wertgrenze von 1.800 € für zutreffend hielt (Beschluss vom 11.04.2008 – 5 Qs 61/08 [unveröffentlicht]), ebenso wie bereits seit längerem das Landgericht Landshut nunmehr für deren Anhebung auf 2.500 € aus (Landgericht Nürnberg-Fürth, VD 2018, 276, juris Rn. 10, und StRR 2019, Nr. 1, 4, juris Rn. 7; LG Landshut, DAR 2013, 588, juris Rn. 9). Das Landgericht Landshut stellt etwa darauf ab, dass sich bei PKWs die Grenze zum bedeutenden Schaden im Sinne § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB infolge dort erheblich gestiegener Reparaturkosten und infolge bei den neuen Konstruktionen nicht immer oder insgesamt nach außen sichtbaren Schadensbildern erhöht hat. Zur einfacheren Abgrenzung der Bedeutungsschwere, die auch in die für den Täter erforderliche Erkennbarkeit der Schadenshöhe einfließt, könne deshalb die Grenze zum bedeutenden Schaden nunmehr bei circa 2.500 € für den PKW angesetzt werden, was aber keinen pauschalen Grenzwert darstelle und insbesondere eine Einzelfallbetrachtung nicht entbehrlich mache (LG Landshut, DAR 2013, 588, juris Rn. 9; zustimmend NK-StGB/Martin Böse, a.a.O., § 69 Rn. 13; MüKo-StVR/Kretschmer, 1. Aufl., § 69 StGB Rn. 49; als wenig überzeugend ablehnend Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, a.a.O., § 69 StGB Rn. 27).

(5)     Für eine Anhebung könnte sprechen, dass es sich bei der Wertgrenze für das Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB grundsätzlich um eine veränderliche Größe handelt, die maßgeblich von der Entwicklung der Preise und Einkommen abhängig ist. Hierbei mag die Orientierung an dem jährlich vom Statistischen Bundesamt berechneten und veröffentlichten Verbraucherindex ein Anhaltspunkt zu sein, um die Bestimmung vorzunehmen. Dies kann jedoch nicht allein ausschlaggebend sein, da ansonsten die Wertgrenze des bedeutenden Schadens jährlich oder in sogar noch kürzeren Zeiträumen jeweils neu festgesetzt werden müsste. Es verbietet sich daher eine schematische Anwendung. Vielmehr bedarf es der Betrachtung einer Mehrzahl von Kriterien, um die Annahme eines bedeutenden Schadens feststellen zu können. Insbesondere darf, da Rechtsgut der Vorschrift des § 142 StGB die Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüche ist, die allgemeine Einkommensentwicklung nicht außer Acht gelassen werden (OLG Stuttgart, StRR 2018, Nr. 9, 22, juris Rn. 30; MüKo-StGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, a.a.O., § 69 Rn. 71 m.w.N.). Weiter ist bei der Festsetzung der Grenze des bedeutenden Schadens die Relation innerhalb der Regelbeispiele des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB zu berücksichtigen (OLG Düsseldorf, NZV 1991, 237, 238). Insgesamt ist zu beachten, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Tatbestandsbestimmtheit, eine Anhebung der Wertgrenze nur bei einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht komme (vgl. BGH, NStZ 2011, 215, juris Rn. 11 zur Wertgrenze des § 315b Abs. 1 StGB; OLG Stuttgart, StRR 2018, Nr. 9, 22, juris Rn. 30 zu § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB).

bb) Der vorliegende Fall gibt indes keinen Anlass, diese Frage abschließend zu entscheiden und eine neue Wertgrenze konkret festzulegen.

Der vorliegende Fremdschaden von 1.903,89 € (ohne Mehrwertsteuer) überschreitet sowohl die seit dem Jahr 2002 in gefestigter Rechtsprechung angenommene Wertgrenze von 1.300 € als auch die neuerdings von zahlreichen Land- und Amtsgerichten sowie beachtlichen Stimmen der Kommentarliteratur befürwortete Wertgrenze von 1.500 € erheblich und liegt auch nicht unerheblich über den in den vereinzelten landgerichtlichen Entscheidungen (soweit solche veröffentlicht bzw. zitiert wurden) für zutreffend gehaltenen Wertgrenzen von 1.600 € und 1.800 €.

Die im Verfahren über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis der Angeklagten durch die 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth getroffene Entscheidung (Beschluss vom 05.11.2018 – 5 Qs 69/18), die in der Begründung im wesentlichen den veröffentlichten Beschlüssen dieser Strafkammer vom 28.08.2018 (5 Qs 58/18, VD 2018, 276) und vom 12.11.2018 (5 Qs 73/18, StRR 2019, Nr. 1, 4) entspricht, gibt keinen Anlass zur abschließenden Entscheidung über eine darüber hinausgehende Wertgrenze. Die 5. Strafkammer hatte bereits bisher von den sonst in der Rechtsprechung vertretenen Wertgrenzen nach oben abweichend einen bedeutenden Fremdschaden ab 1.800 € angenommen (vgl. etwa den unveröffentlichten Beschluss vom 11.04.2008 – 5 Qs 61/08). Sie hat nunmehr die Änderung des § 44 Abs. 1 StGB (im Beschluss wurde insoweit unzutreffend § 44 Abs. 1 StPO genannt) und damit die seit dem 24.08.2017 geschaffene Möglichkeit der Verhängung von Fahrverboten von bis zu sechs Monaten zum Anlass genommen, diese Wertgrenze nochmals deutlich auf 2.500 € netto anzuheben, und dies damit begründet, dass im Hinblick auf die in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeordnete Gleichsetzung des bedeutenden Fremdschadens mit der Tötung bzw. nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten zehn Jahren andererseits im Interesse der Rechtssicherheit, um eine wiederholte Anpassung um kleinere Beträge in kürzeren Zeitabständen möglichst zu vermeiden, eine großzügige Anpassung der Wertgrenze nach oben geboten sei. Sie hat hierbei die Entwicklung der Einkommen und der Kosten für die Beseitigung der Folgen von Verkehrsunfällen berücksichtigt und sich an einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Entwicklung orientiert, die sich im Anstieg der Verbraucherpreise für die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen in den Jahren von 2010 bis 2016 um 11,6 % ebenso widerspiegelt wie in der Steigerung des Reallohnindex von lediglich 7,8 %, und in den deutlichen Preissteigerungen für ein Standard-Bergungsfahrzeug zwischen den Jahren 2006 und 2016 von 35,5 % (vgl. LG Nürnberg-Fürth, VD 2018, 276, juris Rn. 10 und StRR 2019, Nr. 1, 4, juris Rn. 7).

Die vom Landgericht Nürnberg-Fürth zutreffend dargestellten Preisentwicklungen rechtfertigen auch im Zusammenhang mit den weiteren Erwägungen der 5. Strafkammer ungeachtet der Frage, ob die vom Landgericht bisher angenommene Wertgrenze von 1.800 € anzuerkennen ist, keinesfalls deren Anhebung auf 2.500 €. Soweit das Landgericht die Änderung des § 44 Abs. 1 StGB durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I 3202) zum Anlass für die Anhebung der Wertgrenze genommen hat, überzeugt dies nicht. Ziel dieser Neuregelung war es, die bisherigen Sanktionsmöglichkeiten durch Schaffung einer Sanktionsalternative für alle Straftaten zu erweitern (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11272, S. 14). Die Ausdehnung der Höchstfrist des Fahrverbots im Erwachsenenstrafrecht auf sechs Monate begründete der Gesetzgeber im Regierungsentwurf damit, dass dies einen für den Betroffenen noch hinreichend überschaubaren, seine Befolgungsbereitschaft noch nicht überstrapazierenden Zeitraum darstelle, eine solche Höchstfrist gleichzeitig lang genug wäre, um dem Gericht den mit der Öffnung für alle Straftaten erforderlichen erweiterten Bemessungsspielraum zu eröffnen und die von Teilen der Wissenschaft und Praxis wiederholt beklagte „Lücke“ zur mindestens sechs Monate währenden Entziehung der Fahrerlaubnis zu schließen (BT-Drucks. 18/11272, S. 17).

Hieraus lässt sich nicht ableiten, dass der Gesetzgeber mit der zeitlichen Ausdehnung des Fahrverbots auch nur mittelbar auf eine Steigerung der unfallbedingten Reparaturkosten reagieren wollte und demgemäß der „bedeutende Schaden“ im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB höher anzusetzen wäre als vor dieser Neuregelung.

Demgemäß kann sich der Senat einer Anhebung der Wertgrenze auf 2.500 € weder in der Begründung noch im Ergebnis anschließen.“

Entscheidudng läuft außerhalb des „normalen“ Programms.

OWi I: (Drogen)Grenzwert nicht erreicht, oder: Aber Ausfallerscheinungen usw.

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Ich hatte schon länger keinen OWi-Tag mehr, daher heute dann mal wieder, und zwar zur „Sonderproblematik“ des § 24a StVG.

Zunächst weise ich in dem Zusammenhang hin auf das – schon etwas ältere – AG Dortmund, Urt. v. 02.04.2019 – 729 OWi-254 Js 281/19 -63/19. Das hatte eine Drogenfahrt zu verhandeln. Nach einem Verkehrsunfall auf einer privaten Stichstraße mit anschließendem Garagenhof – das AG sieht den Bereich als „öffentlich“ an – ist der Betroffene von der Polizei  routinemäßig nach möglichem Drogenkonsum gefrgat worden. Der Betroffene hat den für den Vorabend bejaht, Schnelltests haben dann Hinweise auf Cannabiskonsum und Kokainkonsum ergeben. Der Betroffene hatte am Vorabend einen „Joint“ geraucht. Die Polizei ordnete daraufhin eine Blutprobeentnahme an, die ergab, dass der Betroffene eine THC-Konzentration von 0,9 µg/l aufwies. Im Rahmen der ärztlichen Blutprobeentnahme konnte eine fehlende Pupillenlichtreaktion bei dem Betroffenen festgestellt werden.

Das AG hat dann nicht nach § 24a Abs. 2 StVG – Drogenfahrt – verurteilt:

Der Betroffene hat den Unfall eingestanden.

Die Höhe der THC-Konzentration im Blut des Betroffenen konnte das Gericht feststellen durch – mit Zustimmung des Betroffenen und des Verteidigers – erfolgte Verlesung des Sachverständigengutachtens des Labors V, dort als Sachverständiger tätig: Dr. R. Das Gutachten datiert vom 02.11.2018 und ergab den genannten Drogenbefund. Festzustellen war, dass der Betroffene unter Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat. Die Nachweisgrenze von 1,0 µg/l Blut war jedoch noch nicht erreicht.

Das Gericht hat daher im Weiteren entsprechend der Entscheidung des OLG Bamberg vom 11.12.2018, 3 Ss OWi 1526/18 geprüft, ob drogentypische Verhaltensauffälligkeiten oder Ausfallerscheinungen festzustellen waren, die trotz Unterschreitung der Nachweisgrenze eine für eine Verurteilung ausreichende Drogenwirkung nahelegten.

Hierzu hat das Gericht den ärztlichen Bericht, der begleitend zur Blutprobeentnahme gestellt wurde, urkundsbeweislich verlesen und zudem den Polizeibeamten P, der den Betroffenen angetroffen hat und der auch den Drogentest genommen hat, als Zeugen vernommen.

Während in dem ärztlichen Bericht das Verhalten des Betroffenen als redselig eingestuft wurde, ergab sich aus der polizeilichen Aussage distanzloser Kontakt.

Der Zeuge P erklärte insoweit, dass der Betroffene laut gewesen sein und viel geredet habe. Dies könne sich auch seiner Ansicht nach aus der Situation vor Ort ergeben haben und sei wohlmöglich nicht drogenbedingt. Zum Gedankenablauf stellte der Zeuge P fest, dass dieser nach seinen Aufzeichnungen schwerfällig und langsam gewesen sei, wobei sich aus dem ärztlichen Bericht ein sprunghafter Gedankenablauf ergab.

Diese Feststellungen sind nach Ansicht des Gerichtes eher als widersprüchlich anzusehen.

Zur Sprache des Betroffenen konnten sowohl die Polizei, als auch der Arzt feststellen, dass diese deutlich war.

Lediglich zur Pupillenlichtreaktion konnte deren Fehlen in dem ärztlichen Bericht festgestellt werden.

Da der Zeuge P als tatnächster Zeuge jedoch ausgesagt hat, dass der Betroffene für ihn in keinster Weise dahin auffällig gewesen sei, das er Drogen konsumiert habe, sondern lediglich auf routinemäßige Nachfrage einen Drogenkonsum eingeräumt habe, reichen nach Ansicht des Gerichtes weder die Feststellungen in dem ärztlichen Bericht zur Blutprobeentnahme noch die übrigen Feststellungen der Polizei nicht aus, um bei Unterschreitung der Nachweisgrenze des § 24 a StVG gleichwohl eine Verurteilung im Sinne dieser Norm vornehmen zu können.

Dementsprechend war der Betroffene lediglich wegen des Unfallgeschehens gemäß §§ 1 Abs. II, 49 StVO, 24 StVG zu verurteilen. Hierfür war die Regelgeldbuße von 35,00 EURO festzusetzen.

Trennungsvermögen fehlt ab 1 ng/ml THC-Konzentration, oder: Das haben wir schon immer so gemacht

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Im Kessel Buntes heute dann zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit verkehrsrechtlichem Einschlag. Zunächst kommt der VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 03.01.2019 – VGH 10 S 1928/18, den mir der Kollege Urbanzyk aus Coesfeld vor einiger Zeit geschickt hat. Ergangen in einem Widerspruchsverfahren betreffend die Entziehung der Fahrerlaubnis. Es geht noch mal/mal wieder um den „Grenzwert“ betreffend das sog. Trennungsvermögen. Der VGH hält an der alten Rechtsprechung fest:

1. Der Senat geht trotz der neuen Empfehlungen der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalkohol 2015, 322) nach wie vor bereits ab einer festgestellten THC-Konzentration von 1 ng/ml im Blutserum von einem fehlen­den Trennungsvermögen im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV aus (vgl. Senatsbeschlüsse vom 07.03.2017 – 10 S 328/17VRS 132, 87 und vom 22.07.2016 – 10 S 738/16VRS 130, 272). Entscheidend ist insoweit – wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat (Beschlussabdruck, S. 5 f.) -, dass es sich hierbei um einen Risikogrenzwert handelt (vgl. BVerwG, Be­schluss vom 23.10.2014 – 3 C 3.13NJW 2015, 2439) und Verkehrsbeeinträch­tigungen sowie damit verbunden eine Gefährdung höchstrangiger Rechtsgüter auch nach Auffassung der Grenzwertkommission bereits ab diesem Wert nicht praktisch ausgeschlossen werden können. Die neueren Empfehlungen der Grenzwertkommission, erst ab einer THC-Konzentration von 3 ng/ml im Blutserum vom fehlenden Trennungsvermögen des Cannabiskonsumenten auszugehen, rechtfertigen es deswegen nicht, vom bisherigen Grenzwert abzuweichen (so auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.06.2018 – 4 MB 45/18 – Blutalkohol 55, 380; SächsOVG, Beschluss vom 12.12.2017 – 3 B 282/17 – Blut­alkohol 55, 266; OVG Hamburg, Beschluss vom 15.11.2017 – 4 Bs 180/17 ­VRS 132, 140; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.09.2017 – 3 M 171/17 ­Blutalkohol 55, 85; HessVGH, Beschluss vom 17.08.2017 – 2 B 1213/17 – Blut­alkohol 54, 390; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.2017 – 16 A 432/16 – Blutalkohol 54, 328; BayVGH, Beschluss vom 23.05.2016 – 11 CS 16.690 – VRS 130, 164).

2. Bis zur grundsätzlichen Klärung im anhängigen Revisionsverfahren hält der Senat jedenfalls im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes an seiner Recht­sprechung fest, derzufolge bei einem Betroffenen, der gelegentlich Cannabis konsumiert, die Kraftfahreignung nach Nummer 9.2.2 der Anlage 4 der FeV be­reits dann fehlt, wenn eine Fahrt mit einer THC-Konzentration ab 1,0 ng/ml im Blutserum belegt ist (vgl. hierzu bereits Senatsbeschluss vom 07.03.2017, a.a.O.). Die systematischen Erwägungen, mit denen der Bayerische Verwal­tungsgerichtshof dem entgegengetreten ist, zwingen nicht zu einer Abkehr von dieser Rechtsansicht, die von den anderen Obergerichten noch immer ganz überwiegend geteilt wird (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31.08.2018 – 3 M 290/18 – Blutalkohol 55, 449; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.06.2018, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 30.04.2018 – 2 75/18 – VRS 134, 31; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.03.2018 – 10 10060/18 – VRS 133, 47; SächsOVG, Beschluss vom 26.01.2018 – 3 B 384/17 – VRS 133, 44; HessVGH, Beschluss vom 21.09.2017 – 2 D 1471/17 ­VRS 132, 79; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.06.2017 – 1 S 27.17 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.2017, a.a.O.; NdsOVG, Beschluss vom 07.04.2017 – 12 ME 49/17 – Blutalkohol 54, 274). So verbleibt für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV auch danach ein Anwendungsbereich. Es fehlt überdies an Anhaltspunkten dafür, dass der Verordnungsgeber eine völ­lige Gleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum beabsichtigt hätte oder eine solche zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen erforderlich sein könnte.“

Haben wir schon immer so gemacht.

BTM: Die nicht „geringe Menge“/der Grenzwert bei „Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydrochlorid“

entnommen wikimedia.org
Urheber Leyo

Heute dann zunächst eine BGH-Entscheidungen zu BtM, und zwar der BGH, Beschl. v,. 26.06.2018 – 1 StR 233/18. Das LG München hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Dazu hatte es Folgendes festgestellt:

„Der Angeklagte betrieb im Februar und März 2016 einen Onlinehandel mit Betäubungsmitteln. Am 19. April 2016 bewahrte er in dem von ihm bewohnten Zimmer 54 LSD-Trips mit einem Wirkstoffgehalt von 2,448 mg und 49,45 g Alpha-Pyrrolidinovalerophenon mit einem Basengehalt von 72 % auf, was einer Menge von 35,6 g Base und 41,3 g Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydro-chlorid entspricht. Beide Stoffe waren für den Weiterverkauf bestimmt. Auf dem Schreibtisch des Zimmers lag griffbereit ein Dolch mit einer 9,5 cm langen und 2,2 cm breiten feststehenden, beidseitig geschliffenen Klinge und ein Kampfmesser mit einer 16,5 cm langen, einseitig geschliffenen Klinge, das über eine Länge von 9 cm über eine Rückenschneide verfügte. Auf dem Sideboard in unmittelbarer Nähe zur Zimmertür befand sich eine Machete in einer Lederscheide mit einer 36,5 cm langen und 6 cm breiten feststehenden und geschliffenen Klinge. Der Angeklagte wollte sich mit diesen Gegenständen im Falle einer Entdeckung zur Wehr setzen und die im Zimmer befindlichen Betäubungsmittel damit verteidigen.“

Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Menge des Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydrochlorid um eine nicht geringe Menge handelt, da der Grenzwert für diesen Wirkstoff bei sechs Gramm anzusetzen sei. Im Rahmen der Strafzumessung hat es das Überschreiten der Grenze zur nicht geringen Menge um das etwa siebenfache strafschärfend gewertet.

Dem BGH passt das so nicht:

„1. Zwar sind die Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen und haben deshalb Bestand; dennoch konnte der Schuldspruch der auf die Sachrüge hin gebotenen Überprüfung des Urteils nicht standhalten. Die Bestimmung des Grenzwerts zur nicht geringen Menge ist nicht tragfähig begründet, so dass dem Schuldspruch nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG die Grundlage fehlt. Dies zieht die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich.

a) Das Landgericht legt der Bestimmung der nicht geringen Menge zugrunde, dass es sich bei Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydrochlorid um ein Struktur-Analogon des früheren Arzneimittelwirkstoffes Pyrovaleron handele und den synthetischen Cathinon-Derivaten zuzuordnen sei. Es werde als Hydrochlorid-Salz oral, intranasal, inhalativ, intravenös und rektal appliziert. Es führe zu einer erhöhten Aktivität des Sympathikus, die zu einer Steigerung der Herzfrequenz, der Kontraktionskraft und des Blutdrucks führe. Die stimulierenden Wirkungen führten zu Reizbarkeit, Unwohlsein, Verwirrtheit, Angstzuständen, Depressionen, Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen und Schwindelgefühl, in körperlicher Hinsicht seien Zähneknirschen, verkrampfte Kiefermuskulatur, Augenzittern, Gänsehaut, Schüttelfrost, Tachykardie, Herzklopfen, Hypertonie, erektile Dysfunktion, Obstipation, Schwitzen, präkardiale Schmerzen die Folge.

Da keine gesicherten Erkenntnisse zu einer äußerst gefährlichen oder gar tödlichen Dosis vorliegen, hat das Landgericht den Grenzwert ausgehend von einer durchschnittlichen Konsumeinheit bestimmt. Diese hat es anhand von Angaben in Internetforen auf 30 mg bestimmt. Die Maßzahl hat es auf 200 festgelegt und so den Grenzwert auf sechs Gramm bestimmt.

b) Diese Berechnung des Grenzwerts ist nicht nachvollziehbar begründet.

aa) Das Tatgericht hat nach der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Methode (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134 ff. Rn. 35; Beschlüsse vom 13. Oktober 2016 – 1 StR 366/16 Rn. 7, NStZ-RR 2017, 47 und vom 5. November 2015 – 4 StR 124/14, StraFo 2016, 37) den Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs (BGH, Urteile vom 22. Dezember 1987 – 1 StR 612/87, BGHSt 35, 179 und vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134 ff. Rn. 35). Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seines Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden Potentials zu bemessen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 – 2 StR 86/08, BGHSt 53, 89). Lassen sich auch zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen (vgl. BGH, Urteile vom 24. April 2007 – 1 StR 52/07, BGHSt 51, 318; vom 17. November 2011 – 3 StR 315/10, BGHSt 57, 60 und vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134 ff. Rn. 35).

bb) Zwar hat sich das Landgericht an dieser Vorgehensweise orientiert; es hat aber die Bestimmung der durchschnittlichen Konsumeinheit auf keine tragfähige Tatsachengrundlage gestellt und das Vielfache, die sogenannte Maßzahl, ohne weitere auf den Stoff bezogene Begründung festgesetzt.

(1) Soweit sich das Landgericht auf die in Internetforen berichteten „szenetypischen Durchschnittsdosierungen … für die genannten Applikationsformen“ stützt, stellt dies keine geeignete Erkenntnisgrundlage (vgl. Urteil vom 14. Januar 2015 – 1 StR 302/13, BGHSt 60, 134 ff. Rn. 51) zur durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Konsum des Stoffes gewöhnten Konsumenten dar. Dies gilt zum einen, weil es sich bei Einträgen in User-Foren nicht um wissenschaftlich gesicherte Daten handelt (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 4. April 2016 – 2 OLG 8 Ss 173/15 zum Wirkstoff 3,4-Methylendioxypyro-valeron), diese Angaben häufig auf erfahrene Konsumenten zurückgehen, bei denen bereits mit einer Toleranzentwicklung zu rechnen ist und interindividuelle Unterschiede in der Reaktion auf den Wirkstoff unberücksichtigt bleiben. Wieso sich das Landgericht vor diesem Hintergrund angesichts der Angaben in den Foren zu „szenetypischen Durchschnittsdosierungen“ in der Lage sah, auf eine durchschnittliche Konsumeinheit als wirksame Dosis für einen „Drogenunerfahrenen“ zu schließen, bleibt unerörtert. Zum anderen beziehen sich ausweislich der Urteilsgründe diese Angaben in den Foren auf die „genannten Applikationsformen“, mithin die orale, intranasale, inhalative, intravenöse und rektale Konsumform. Dies lässt sowohl die Gebräuchlichkeit der jeweiligen Konsumform als auch deren jeweiligen Einfluss auf die Wirkungsweise offen. Es ist nicht dargelegt, wieso auf dieser, undifferenziert auf verschiedenste Konsumformen bezogenen Grundlage auf die durchschnittliche Konsumeinheit für die orale und nasale Applikation geschlossen werden kann.

(2) Zur Maßzahl hat das Landgericht nur angeführt, dass damit die bekannten pharmakologischen und forensischen Erkenntnisse zu „ATS“ eingebunden und auch das Gefährdungspotential gewichtet worden sei. An anderer Stelle ist angeführt, die „zentral stimulierenden Wirkungen beträfen u.a. die bekannten psychischen und körperlichen Störungen, die im Zusammenhang mit ATS (Amphetamine-Type-Stimulants) beobachtet werden“. Dies ist nicht ausreichend, um die für die Maßzahl relevante Gewichtung der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere das Abhängigkeits- und Gesundheitsschädigungspotenzial (vgl. BGH, Urteile vom 9. Oktober 1996 – 3 StR 220/96, BGHSt 42, 255, 267, dort auch zur Berücksichtigung der die Gefährlichkeit steigernden szenetypischen Begleitumstände des Konsums und vom 17. November 2011 – 3 StR 315/10, BGHSt 57, 60, 64 ff. Rn. 11 ff.) im Vergleich zu anderen Stoffen nachvollziehbar darzulegen.“

Also auf ein Neues. Und dafür gilt:

Wcc) Da der aufgezeigte Fehler die Feststellungen nicht betrifft, konnten diese bestehen bleiben. Das neu zuständige Tatgericht muss den Grenzwert für die nicht geringe Menge Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydrochlorid unter Hinzuziehung eines Sachverständigen klären. Dabei wird es in den Blick zu nehmen haben, dass das OLG Nürnberg für den Wirkstoff 3,4-Methylen-dioxypyrovaleron unter ausführlicher Begründung bereits nach der oben aufgezeigten Methode einen Grenzwert festgesetzt hat (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 4. April 2016 – 2 OLG 8 Ss 173/15 zum Wirkstoff 3,4-Methylen-dioxypyrovaleron) und ob zwischen diesem Stoff, der große chemisch strukturelle Ähnlichkeiten zum früher als Arzneimittel verwendeten Pyrovaleron aufweisen soll, und Alpha-Pyrrolidinovalerophenon-Hydrochlorid relevante Unterschiede bestehen oder sich neuere Erkenntnisse insoweit ergeben haben.“

Zur OLG Nürnberg-Entscheidung hier: BtM: Die “nicht geringe Menge” bei JWH-210 und bei MDPV

Regelentziehung nach Unfallflucht, oder: 1.500 EUR Schaden müssen es sein

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Und als dritte Entscheidung dann der LG Offenburg, Beschl. v. 19.06.2017 – 3 Qs 31/17 – über den der Vollege Gratz vor ein paar Tagen ja auch schon berichtet hat. Von ihm habe ich mir den Beschluss „geliehen“ 🙂 .

Das LG nimmt im Beschluss zum bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB Stellung. Der beschuldigte hatte bei einem Unfall einen Schaden in Höhe von 1.321,84 € angerichtet und hatt sich dann unerlaubt entfernt. Das LG sagt: Reicht nicht für die  Entziehung der Fahrerlaubnis. Die Grenze liege bei mindestens 1.500 €:

„Gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, wenn die rechtswidrige Tat ein Vergehen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142) ist und der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. Ob ein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vorliegt, bemisst sich nach wirtschaftlichen Kriterien. Die Grenze für einen bedeutenden Sachschaden wird in der herrschenden Kommentarliteratur und auch in der obergerichtflehen Rechtsprechung auf 1.300 Euro festgesetzt (vgl. Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 69 StGB Rdnr. 29; Geppert in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Auflage 2007, § 69, Rn. 85 „Schäden ab 1.300 Euro (tendenziell wachsend)“; Stree/Kinzig, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 69 Rdnr. 39; OLG Hamm. Beschluss vom 06.11.2014 – 5 RVs 98/14 -, Rdnr 23, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2013-3 Ws 225/13 -. juris, Rdnr. 6; OLG Hamburg, Beschluss vom 08. März 2007-2 Ws 43/07 -, Rdnr. 19, juris). Andererseits befindet sich in der aktuellen untergerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung im Vordringen, die Wertgrenze auf 1.500 Euro festzusetzen (vgl. LG Braunschwelg, Beschluss vom 03. Juni 2016-8 Qs 113/16-. juris, Rdnr. 15; LG Lübeck, Beschluss vom 14. März 2014- 4 Qs 60/14 -, juris, Rdnr. 2; AG Tiergarten, Beschluss vom 15. Mai 2015-288 Gs 48/15-. Rdnr. 5, juris).

Dieser Ansicht schließt sich die Kammer mit Blick darauf, dass die allgemein anerkannte Wertgrenze von 1.300 Euro seit dem Jahr 2002 allgemein gelten dürfte (vgl. Fischer, a.a.O., Rdnr. 29), an. In der Kommentarliteratur ist anerkannt, dass der „bedeutende Schaden“ von der wirtschaftlichen Entwicklung bzw. der allgemeinen Geldentwicklung abhängt (vgl. Fischer, a.a.O ., Rdnr. 28; Stree/Kinzig, a.a.O; Geppert, a.a.O.). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Teuerungsrate für sämtliche Verbrauchsgüter ist es sachgerecht, die Wertgrenze nach nunmehr 15 Jahren ohne Veränderung anzuheben. Denn auch in der Vergangenheit wurden die Wertgrenzen in der Rechtsprechung der Obergerichte regelmäßig angehoben. So sah das Oberlandesgericht Karlsruhe im Jahr 1977 einen Schaden in Höhe von 600 DM noch nicht als bedeutend im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB an (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15. Junl1977- 2 Ss 162/77-, juris), setzten das Oberlandesgericht Frankfurt im Jahr 1982 die Wertgrenze für seinen Bezirk auf 1.300 DM (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 01. Februar 1982-2 Ss 555/81 -, juris) und das Oberlandesgericht Düsseldorf im Jahr 1991 für seinen Bezirk auf 1.800 DM (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Januar 1991-2 Ss 1/91 -3/91 III-, juris ), während Stimmen in der Literatur bis ins Jahr 2002 von einer Wertgrenze von 2.000 DM ausgingen (vgl. Fischer, StGB, 56. Auflage 2009, § 69 Rdnr. 29, m. w. N.). Auch das Oberlandesgericht Köln etwa erhöhte die Wertgrenze für seinen Bezirk zwischen den Jahren 1991 und 2002 von 1.225 DM auf 2.000 DM (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 05. November 1991 – Ss 495/91 – 257 -. juris: 1.225 DM; OLG Köln, Beschluss vom 12. März 2002- Ss 54/02-. juris: 2.000 Dm). Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, die Wertgrenze im Landgerichtsbezirk Offenburg nach nunmehr 15 Jahren zu erhöhen.
Um die Höhe des neuen Grenzwertes zu bestimmen, ist die prozentuale Erhöhung des durchschnittlichen Verbraucherpreisindex vom Jahr 2002 (88,6) bis zum Jahr 2016 (107,4) zu ermitteln (vgl. zu den Durchschnittswerten der Verbraucherpreisindizes die Internetseite des Statistischen Bundesamtes: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/PreiseVerbraucherpreisindizes/Tabellen_/VerbraucherpreiseKategorien.html). Der Verbraucherpreisindex hat sich vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2016 um 21,22 % ((107,4- 88,6) : 88,6) erhöht. Unter Berücksichtigung dieser Teuerungsrate errechnet sich ein Wert von exakt 1.575,85 Euro für das Jahr 2016. Es ist daher angemessen, den für einen bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB maßgeblichen Grenzwert ab dem Jahr 2017 auf zumindest 1.500 Euro festzusetzen (vgl. zum Ganzen auch: LG Braunschweig, a.a.O.).

Bei der Bestimmung der konkreten Schadenshöhe ist der Betrag maßgeblich, um den das Vermögen des Geschädigten unmittelbar infolge des Unfalls gemindert ist. Unter Berücksichtigung des geschützten Rechtsguts (Feststellung und Sicherung der durch einen Unfall entstandenen zivilrechtliehen Ansprüche bzw. Schutz vor unberechtigten Ansprüchen) dürfen im Rahmen des zugrundeliegenden wirtschaftlichen Schadensbegriffes nur solche Schadenspositionen herangezogen werden, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind (vgl. OLG Hamm, a.a.O}. Zu berücksichtigen sind daher die Reparaturkosten, Bergungs- und Abschleppkosten sowie der merkantile Minderwert (vgl. Fischer, a.a.O., Rdnr. 28; Stree/Kinzig a.a.O.). Die Mehrwertsteuer bezüglich der Reparaturkosten ist hingegen nur dann berücksichtigungsfähig, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, vgl. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Geschädigte vorsteuerabzugberechtigt ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dieser Umstände beläuft sich der für die Frage eines bedeutenden Schadens berücksichtigungsfähige Schaden daher nach dem Haftpflichtschadengutachten der Generali Versicherung AG vom 20.03.2017 auf insgesamt 1.321,84 Euro. Dies entspricht den Reparaturkosten ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer zuzüglich des merkantilen Minderwerts in Höhe von 200 Euro. Die Reparaturkosten und der merkantile Minderwert waren zu berücksichtigen, da der Angeklagte anhand der objektiven Umstände hätte erkennen können, dass diese Schadenspositionen entstanden sind. Die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % war hingegen nicht zu berücksichtigen, da angesichts der Unternehmereigenschaft und damit Vorsteuerabzugsberechtigung der Fahrzeughallerin nahe liegt, dass bei einer etwaigen (im Übrigen auch nach derzeitigem Stand der Ermittlungen nicht feststellbaren) Reparatur die Mehrwertsteuer in Höhe von 19% nicht anfällt. Angesichts der für den Landgerichtsbezirk Offenburg geltenden Wertgrenze von 1.500 Euro liegt daher noch kein bedeutender Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor.“