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Und dann war da noch: Die Einigung im Mediationsverfahren zwischen Max Josef Strauß und dem Freistaat Bayern

Ja, dann war da noch die PM des LG München I zur Einigung im Mediationsverfahren zwischen Max Josef Strauß und dem Freistaat Bayern, also zum „Schadensersatzprozess“: In der PM v. 10.06.2011 heißt es:

Die Parteien im oben genannten Verfahren haben eine gütliche Einigung erzielt.

Herr Max Josef Strauß wurde nach einem 12 – jährigen, wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung geführten Strafverfahren am 6.8.2007 vom Landgericht Augsburg in allen Punkten freigesprochen. In dem rechtkräftigen Urteil wurde gleichzeitig festgestellt, dass die Staatskasse nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) verpflichtet ist, Herrn Strauß aus Anlass eines Beschlusses über die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls vom 15.7.2004 bis 2.11.2005 sowie aus Anlass von insgesamt sechs Durchsuchungsbeschlüssen im Zeitraum von 1995 bis 2004 zu entschädigen.

Im Jahr 2008 erhob Herr Strauß vorsorglich zur Vermeidung der Verjährung eine Amtshaftungsklage (Az: 15 O 23666/08) auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, Schadensersatzfeststellung sowie Auskunft. Insbesondere beanstandete der Kläger, dass sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigende Informationen aus dem Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gelangt seien sowie die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft Augsburg.

Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft München am 18.8.2009 die Leistung einer Entschädigung nach dem StrEG abgelehnt hatte, da ein Schaden nicht ausreichend dargelegt worden sei, verfolgte der Kläger diese im Jahr 2009 mit einer zweiten Klage zum Landgericht München I weiter. Beide Verfahren wurden verbunden.

Nunmehr haben die Parteien in einem vom Landgericht München I angebotenen gerichtsinternen Mediationsverfahren nach längeren Verhandlungen eine Einigung erzielt. Dem Vorschlag der eingeschalteten Mediatorin folgend zahlt der Beklagte zur Abgeltung aller Ansprüche an den Kläger bei Aufhebung der Kosten € 50.000.

Bei diesem Betrag handelt es sich um einen Bruchteil des Streitwerts der verbundenen Verfahren. Neben den Prozessaussichten der Parteien und dem anfallendem Aufwand wurde insbesondere ein Interesse beider Parteien an einem baldigen Rechtsfrieden berücksichtigt. Das Einverständnis des Klägers war insbesondere auch durch gesundheitliche Erwägungen motiviert.

Vergleich vom 10.06.2011″

Die Hüter der Staatskasse haben (mal wieder) zugeschlagen…

Mich erreichte vor einigen Tagen die Mail eines Kollegen, der sich über die Abrechnungspraxis in seinem LG-Sprengel bitter beklagte, wenn es um die Erstattung der Wahlanwaltsgebühren nach einem Freispruch ging. Ich wollte an sich dazu sofort bloggen, habe dann aber doch lieber ein wenig gewartet, um erst mal meine Verärgerung über die Beispiele abklingen zulassen. Jetzt geht es, aber das vorweg: Manches ist schon abenteuerlich, was dem Kollegen da zugemutet wird; man kann es auch anders nennen, was ich mir hier aber verkneifen will.

Hier dann die Beispiele.

Weiterlesen

Hier dann der Volltext von OLG Hamm betreffend „Richter Gaspedal“

Über die Entscheidung des OLG Hamm v. 15.03.2011 – III-3 RBs 62/11 betreffend die Rechtsbeschwerde der StA gegen einen der „Massenfreisprüche“ durch das AG Herford hatten wir ja vor einigen Tagen schon berichtet. Wer nun genau wissen will, warum das OLG Hamm die Rechtsbeschwerde der StA aus formalen Gründen verworfen hat, kann das im Volltext des Beschlusses nachlesen. Die vom OLG angesprochene Frage hat ja auch nicht nur für Rechtsbeschwerden der StA Bedeutung.

Bei aller Schadenfreude 🙂 darüber, dass auch mal die StA den bitteren Becher der Unzulässigkeit einer Verfahrensrüge trinken darf, sollte der Verteidiger nicht übersehen, dass in vergleichbaren Fällen die vom OLG aufgestellten Maßstäbe auch für ihn gelten. Daher: lesen!

Augsburger Puppenkiste – oder doch: Hau den Lucas? – Gedanken zur Urteilsbegründung in Augsburg

Inzwischen ist ja schon einiges zur Begründung des Freispruchs des Kollegen Lucas geschrieben/berichtet worden, wobei sich der „Ärger“ der meisten Kommentatoren auf der Grundlage des Berichts von Spiegel-online an der Art und Weise entzündet, wie der Freispruch begründet worden ist und wie sich der Kammervorsitzende „aufgeführt“ hat. Der Kollege Feltus fragt sich z.B. „Was für Richter gibt es in Augsburg? Zweifelhafte mündliche Urteilsbegründung“. Der Kollege Hoenig sieht Augsburg hinter der Demarkationslinie.

In der Tat: Auch „meinem“ Prozessbeobachter – es handelt sich übrigens um meinen Sozius Dr. David Herrmann, der das Verfahren für die ARGE Strafrecht im DAV „begleitet“ hat – ist die „Gift und Galle“ sprühende Begründung aufgefallen, in der auch wir – wohl wegen des Begriffs „Augsburger Puppenkiste“ unser Fett wegbekommen haben (Letzteres freut mich, weil es zeigt, dass das Blog offenbar auch in Augsburg gelesen wird).

Bevor ich das zusammenfasse aus der mündlichen Urteilsbegründung, was mir wichtig erscheint, vorab zwei Dinge:

  1. Spiegel-online berichtet: „Das Gericht habe auch gerügt, dass Lucas „jede Möglichkeit zur Deeskalation [habe] vergehen lassen„. Das hat mich am meisten erstaunt/erschreckt. Denn das ist ja wohl noch immer das gute Recht eines jeden Angeklagten. Oder?
  2. Und: Das, was von der Urteilsbegründung berichtet wird, macht mir den Eindruck, als habe das Gericht Schwierigkeiten mit dem Freispruch. Denn wie anders soll man eine Formulierung verstehen, in der darauf hingewiesen wird, dass der Freispruch auch nicht der erwartete sei, sondern einer, der nur knapp wegen des Grundsatzes in dubio pro reo ergehe. Was ist ein knapper Freispruch? Es ist ein Freispruch und m.E. sollte eine Kammer die Größe haben, diesen Freispruch nicht zu kommentieren. Ganz oder gar nicht. Es hat für eine Verurteilung nicht gereicht. Dann muss ich frei sprechen. Basta! Und m.E. ohne Kommentar. So hört es sich an wie: Wir hätten Sie ja lieber verurteilt, aber leider ging es nicht.

Zur Sache – und darauf will ich mich beschränken, da zur „Stimmungsmache“ der Kammer schon berichtet ist – zitiere ich aus dem „Prozessbericht“ meines Kollegen:

„Der festgestellte Sachverhalt lasse sich wie folgt zusammenfassen: Am 1. HV-Tag habe es ein Gespräch der Verfahrensbeteiligten gegeben. Diese seien aber vom Revisionsvortrag des Angeklagten klar zu trennen. Denn in dem Gespräch sei es nur um die Vorstellungen der StA gegangen. Die Zeugenaussagen seien hierzu unterschiedlich. Der Sitzungsbericht habe zur Aufklärung beigetragen. Das Strafverfahren wäre sicher schon im Ermittlungsverfahren beendet gewesen, wenn der Sitzungsbericht früher vorgelegen hätte. Allerdings habe der Angeklagte Zahlen zum Strafmaß aus dem Dienstzimmer der Richter und nicht der Hauptverhandlung genannt. Wann dieses Gespräch stattgefunden hat, sei unklar.
Von zentraler Bedeutung seien die Angaben der Zeugin Lang. Denn diese habe bekundet, wie Lucas überlegt habe, was er tun solle. Die Annahme, dass Lucas das erfunden habe, um später eine Revisionsrüge zu erheben, sei abwegig. Allerdings sei eher unwahrscheinlich, dass Lucas tatsächlich Skrupel gehabt habe, das Gespräch nicht doch protokollieren zu lassen. Man habe in der Hauptverhandlung den Eindruck gewonnen, der Angeklagte suche für seinen Mandanten jede sich bietende Möglichkeit, um Konflikte mit dem Gericht auszutragen. Bestätigt werde dies durch Berichte aus der Zeitung zu diesem Verfahren, die davon sprechen, dass Lucas und Haeusler sich von Anfang an aneinander rieben und auf Konfrontation gingen. Andere Zeitungsberichte sprächen gar davon, dass Lucas eine – Zitat – „Plage für die Richter“ sei. Objektiv sei also der Revisionsvortrag falsch. Es sprächen verschiedene Argumente gegen eine sichere Zusage zur Strafhöhe durch das Gericht (wurde ausgeführt). Aber subjektiv muss davon ausgegangen werden, dass Lucas meinte, ein Angebot erhalten zu haben. An der insofern zentralen Aussage der Zeugin Lang komme auch die StA nicht vorbei. Hierbei sei unklar, ob Lucas die Richter falsch verstanden oder sich geirrt habe. Hätte man ihm eine bewusste Lüge nachweisen können, dann wäre hier eine hohe Geldstrafe angezeigt gewesen (Anmerkung: Anspielung auf den völlig überzogenen Antrag der StA). Eher sei aber wohl die subjektive Wahrnehmung von Lucas „4 Jahre und 6 Monate“ gewesen für „Geständnis + § 31 BtMG“. Allerdings habe er demgegenüber in der Revision etwas anderes vorgetragen. Dort sei die Rede von einem „Geständnis im Sinne der Anklage“. Der Revisionsvortrag und die Information an den Mandanten gehen hier auseinander, es fehlen Ausführungen zum § 31 BtmG. Es sei fraglich ob diese Abweichung bewusst erfolgt sei oder aus Unkenntnis des Unterschiedes und der gesetzlichen Vorgaben. Kannte Lucas also den Unterschied zwischen „Geständnis“ und „Geständnis + 31“? Dies sei nicht sicher beurteilbar. Das Gericht schrieb ihm ins Stammbuch, dass er sich ja mit Hilfe eines Kommentars oder Fachliteratur fortbilden könne. Im Ergebnis sei nicht sicher ausschließbar, dass Lucas sich aber geirrt habe. Schließlich habe er auch wegen einer anderen Revision unter erheblichem Zeitdruck gestanden und sich die Blöße gegeben, sogar bei ausgerechnet derjenigen Kammer, mit der er sich ein Jahr lang gestritten hatte, die Übersendung des Protokolls absprachegemäß verzögern zu wollen (wohl um so die Revisionsbegründungsfrist zu verlängern). Das Gericht habe hier ausdrücklich nicht „hau den Lucas“ spielen wollen und ihn deshalb freigesprochen
.“

Ups, jetzt ist es viel geworden. Na ja, war ja auch ein bedeutender Anlass. Abschließend nur die Frage: War es nicht doch „Hau den Lucas“? M.E. war es allerdings keine „Justizposse“ , wie Spiegel-online offenbar meint, wenn es seinen Beitrag beginnt mit: „Ende einer Justizposse“.

Wir bleiben hier im Übrigen am Ball. Es stellt sich ja noch die interessante Frage, ob die StA in die Revision geht. Und: Wie geht man mit den Zeugenaussagen aus dem Verfahren um? Da darf man gespannt sein, ob es ggf. Verfahren wegen Falschaussagen geben wird. Wir nehmen Wetten an :-).

Freispruch für RA Lucas – erste Reaktionen/Meldungen – Augsburger Puppenkiste in der Nachlese

Nach dem heutigen Freispruch im Augsburger Verfahren ./. Kollegen RA Lucas, über den wir ja schon heute mittag – live aus dem Gerichtssaal, na ja, fast :-), zumindest wohl als erste – berichtet hatten, gibt es erste Reaktionen/Meldungen.

Hinweisen darf ich auf den Bericht von Holzhaider in der SZ vom heutigen Tage (vgl. den Prozessbericht). Er zeigt eine erste Tendenz aus der Urteilsbegründung auf, auf die wir in den nächsten Tagen noch näher eingehen werden.

Und – ergänzt am 02.04.2011 – 10.05 Uhr – auf den Bericht von G.Friedrichsen bei Spiegel-online.