Schlagwort-Archive: LG München

Pflichti III: Bestellung in der Strafvollstreckung, oder. Exequaturverfahren und inhaftierter Mandant

© ernsthermann – Fotolia.com

Und dann zum Tagesschluss und zum Ende des „Pflichtverteidigungsmarathons“ noch zwei Beschlüsse zur Bestellung eines Pflichtverteidigers im (Straf)Vollstreckungsverfahren.

Zunächst der KG, Beschl. v. 03.02.2022 – 2 Ws 12/22 -, der sich zur  Bestellung im sog. Exequaturverfahren nach dem IRG ablehnend äußert:

„Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers liegen nicht vor; der entsprechende Antrag des Beschwerdeführers war daher abzulehnen.

Im Vollstreckungsverfahren hat sich der Gesetzgeber darauf beschränkt, für wenige Einzelfälle – vor allem in Bezug auf die Sicherungsverwahrung (vgl. § 463 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 8 StPO) – die Bestellung eines Pflichtverteidigers vorzuschreiben. Jenseits dessen wendet die Rechtsprechung die für das Erkenntnisverfahren geltende Generalklausel des § 140 Abs. 2 StPO entsprechend an, wenn und soweit dies verfassungsrechtlich geboten ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Verfahren außergewöhnliche Schwierigkeiten aufweist oder der Verurteilte aufgrund besonderer, in seiner Person liegender Umstände ersichtlich nicht in der Lage ist, sich selbst angemessen zu äußern (vgl. Senat NJW 2015, 1897 und Beschluss vom 11. Februar 2015 – 2 Ws 29/15 – m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen jedoch im Vollstreckungsverfahren nur ausnahmsweise vor, weil dieses – anders als das Erkenntnisverfahren – nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist. Der Verurteilte muss sich hier auch nicht gegen einen Tatvorwurf verteidigen, vielmehr ist das Vollstreckungsgericht an die rechtskräftigen Feststellungen des Tatrichters in dem der Vollstreckung zugrunde liegenden Urteil gebunden. Schließlich ergehen im Vollstreckungsverfahren gerichtliche Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung (vgl. dazu Senat a.a.O. m.w.N.). Insgesamt besteht danach im Vollstreckungsverfahren in deutlich geringerem Maße ein Bedürfnis für die Mitwirkung eines Pflichtverteidigers. Maßgeblich ist letztlich, in welchem Umfang die vollstreckungsrechtliche Entscheidung in die Rechte des Verurteilten eingreift.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe sind vorliegend die Voraussetzungen für eine Beiordnung ersichtlich nicht gegeben. Das Beschwerdeverfahren wirft angesichts der eindeutigen Rechtslage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine Fragen auf, die über die Probleme hinausgehen, die in einem die Anrechnung von Haftzeiten betreffenden Verfahren regelmäßig zu beurteilen sind. Schwierige Fragestellungen – etwa psychiatrischer Art –, die das Verständnis des Verurteilten und seine Fähigkeit über-stiegen, sich damit angemessen auseinanderzusetzen (vgl. Senat NStZ-RR 2006, 211 und Beschluss vom 23. September 2005 – 5 Ws 469-470/05 –), fehlen.

Es ist auch nicht über eine sehr lange (Rest-)Strafdauer zu entscheiden, die für eine Pflichtverteidigerbestellung sprechen könnte. Zwar beträgt die in Deutschland zu ver-büßende Restfreiheitsstrafe 7396 Tage. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist jedoch nicht diese – rechtskräftig verhängte – (Rest-)Strafe, sondern lediglich der Anrechnungsmaßstab der nach der Entscheidung des Landgerichts vom 12. Mai 2020 auf die Strafe anzurechnenden ausländischen Haft. Ungeachtet dessen ist die von der Rechtsprechung für die Pflichtverteidigerbestellung im Erkenntnisverfahren als bedeutsam erachtete Grenze von einem Jahr Freiheitsstrafe aus den vorgenannten Gründen nicht ohne weiteres auf das Vollstreckungsverfahren übertragbar (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. April 2016 – 2 Ws 111/16 – und vom 11. Februar 2015 – 2 Ws 29/15 –). Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer, der sich in seinem Antrag auf Neuberechnung der Strafzeit selbst ausführlich und nachvollziehbar zur Sache geäußert hat, aufgrund persönlicher Defizite nicht in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, fehlen.“

Und dann noch der LG München I, Beschl. v. 16.10.2020 – 23 Qs 30/20. Er ist schon etwas älter, aber in der Begründung interessant. Das LG München I hat beigeordnet und begründet das wie folgt:

„Der rechtliche Anknüpfungspunkt ist § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO. Nach dieser Vorschrift ist dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn der Beschuldigte sich aufgrund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet. Hierunter ist insbesondere auch die Strafhaft zu verstehen (Schnitt In Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl., StPO § 140 Rn. 16). Zwar regelt diese Vorschrift die Bestellung eines Pflichtverteidigers im Erkenntnisverfahren, sie findet jedoch im Strafvollstreckungs- bzw. im Bewährungsverfahren entsprechende Anwendung, soweit dies im Lichte der Besonderheiten des Bewährungs- und Vollstreckungsverfahrens geboten ist. Die Rechtsmittelmöglichkeiten des Verurteilten sind hier aufgrund der öffentlichen Zustellung des Widerrufsbeschlusses – wie bereits dargestellt – stark eingeschränkt und mit der Inhaftierung weiter in tatsächlicher Hinsicht – auch weiter durch die besonderen Quarantäneregelungen während der andauernden Covid-19-Pandemie beschnitten, sodass die Beiordnung hier im konkreten Einzelfall auch im Licht der Besonderheiten des konkreten Bewährungsverfahrens geboten ist.“

Völlige Unkenntnis – oder: Ein Blick ins Gesetz hätte genügt…

in zumindest einer gebührenrechtlichen Grundfrage beweist der von einer Strafkammer stammende Beschl. des LG München v. 02.09.2011 – 2 KLs 100 Js 3535/10, auf den mich gestern eine Kollegin angesprochen hat und den sie mir heute hat zukommen lassen. Und ich schließe an: Ich fasse es nicht.

Kurz zum Sachverhalt: Die Kollegin fährt von München aus zur JVA Amberg, um dort ein Anbahnungsgespräch zu führen. Sie wird später als Pflichtverteidigerin beigeordnet und macht bei der Vergütungsfestsetzung dann auch die Fahrtkosten für diesen „Ausflug“ und das Abwesenheitsgeld geltend.

Diese Auslagen (vgl. Teil 7 VV RVG) wurden von der Kostenbeamtin des LG ab­gesetzt mit der Begründung, diese Fahrt habe zur Mandatsanbahnung gedient und sei deshalb durch die Grundgebühr abgegolten. Die Kollegin geht in die Erinnerung und bekommt jetzt vom LG mitgeteilt:

„Ein Kostenerstattungsanspruch incl. Abwesenheitsgeld für die Fahrt in die JVA Amberg am 06.09.2010 besteht nicht. Wie RAin Y.  selbst vorträgt, handelte es sich um den Erstbesuch, der zur Erteilung des Mandats als Wahlverteidigerin führte. Dies ist von der Grund­gebühr umfaßt, ohne dass weitere Erstattungsansprüche entstehen (Gerold/Schmidt, RdNr. 9 zu VV 4100, 4101).

Wie gesagt: Ich fasse es nicht. Und ich weiß nicht, wie ich das nennen soll: Völlige Unkenntnis ist noch gelinde ausgedrückt bei der abenteuerlichen Begründung. Es ist in der Tat nicht zu fassen, dass

  1. ein Kostenbeamter offensichtlich nicht den Unterschied zwischen Gebühren und Auslagen kennt,
  2. auch eine mit drei Berufsrichtern besetzte StK  den Unterschied offenbar nicht kennt,

Beiden sei ein Blick in § 1 Abs. 1 RVG empfohlen, man muss also gar nicht lange blättern.

Die Kollegin hatte es dem LG auch einfach und einleuchtend erklärt:

„Bei den Fahrtkosten und der Abwesenheitsgebühr für den 06.09.2011 handelt es sich um Auslagen, die gemäß Teil 7 des RVG zu erstatten sind. Diese Auslagen sind angefallen im Zusammenhang mit dem Mandatsanbahnungsgespräch. Für dieses Mandatsanbahnungsgespräch wurde keine Gebührenfestsetzung beantragt, da eine solche vom Gesetz nicht vorgesehen ist. Diese wird insoweit von der Grundgebühr erfasst. Nicht erfasst werden hingegen von der Grundgebühr die im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit von mir bereits vorgestreckten Auslagen. Die zitierte Fundstelle im Kommentar bei Gerold/Schmidt bezieht sich auch nur auf die Tätigkeit, nicht hingegen auf die Auslagen. Die Auslagen sind nicht mit der Grundgebühr abgegolten.

Dies macht auch bereits deshalb keinen Sinn, da aufgrund der großen Distanz von München zur JVA Amberg die Grundgebühr nahezu vollständig verbraucht wäre, alleine durch Fahrtkosten. Der Mandant befand sich aufgrund von Trennungsbeschlüssen in der JVA Amberg, Gerichtsort war München.“

Und sie hatte darauf hingewiesen, dass die 162 €, die die Grundgebühr in diesem Fall bringt, durch Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder fast völlig aufgebraucht wäre. Fazit wäre, dass die Kollegin für die Einarbeitung kein Honorar verdienen würde. Dass das nicht richtig sein kann, hätte man vielleicht merken können.

Zum Abschluss eine Bitte: Nehmt nicht meine Kommentierung bei Gerold/Schmidt zu Nr. 4100, 4101 VV in Rn. 9 als Beleg für solchen Blödsinn, der da verzapft worden ist. Das steht da nämlich nicht. Ich kenne den Unterschied zwischen Gebühren und Auslagen.

Kleider machen Leute – gilt das auch für Verteidiger? – Münchner Krawattenstreit

„Kleider machen Leute“ heißt die Novelle von Gottfried Keller. Sie beschreibt den Werdegang des Schneiders, der zum Grafen wird. Übertragen kann man den Titel auch auf den offenbar neu entbrannten Krawattenstreit im Gerichtssaal, über den der Münchner Merkur, aber auch in verschiedenen Blogs schon berichtet worden ist (vgl. hier von der Krawattenfront, hier das Lawblog und hier).

Als ich den Zeitungsbericht gelesen habe, habe ich nur gedacht: Hatten wir doch alles schon – hatten wir in der Tat schon, den Streit um die Tragen der Robe und aber auch den Streit um das Tragen der Krawatte. So gibt es den Braunschweiger und den Kassler Robenstreit, auch das OLG München hat sich zum Tragen der Robe schon geäußert. Bei der Krawatte ist es m.E. schwieriger, denn § 20 BerufsO nennt die Krawatte nicht, sondern spricht von „als Berufstracht die Robe“.

Einige Gerichte, so das LG Mannheim und das VG Berlin zählen aber dennoch zur Amtstracht auch die Krawatte. Und nun offenbar auch das LG München mit der Folge, dass wir sicherlich dann bald eine bahnbrechende Entscheidung 🙂 des OLG München zu der wichtigen Frage erhalten werden, ob die Krawatte nun zur Amtstracht des Rechtsanwalts gehört oder nicht. Als Autor freut mich das natürlich, kann ich doch dann dem entsprechenden Stichwort in meinem „Handbuch für die Strafrechtliche Hauptverhandlung“ eine neue Entscheidung einfügen :-).

Im Übrigen fragt man sich, was es eigentlich bringen soll, wenn sich Richter und Rechtsanwalt/Verteidiger in dieser Frage streiten.  Schnell fällt einem da der Satz ein: „Wenn es denn der Rechtsfindung dient“. Oder wie es der Kollege von der „Krawattenfront“ so schön formuliert hat: „Unter uns gesagt: ich will mich hier jetzt nicht (von mir eingesetzt) entscheiden müssen, ob in diesen Fällen jetzt der Richter oder der Anwalt kindischer ist.“ In der Sache bringt es m.E. in der Tat nichts. Weder für den angeklagten Mandanten noch für das Gericht. Der Rechtsanwalt ist bzw. wird ja im Übrigen nun auch nicht Verteidiger, weil er eine Krawatte trägt.

Und schließlich: Ob das Gericht ihn zurückweisen und die Hauptverhandlung aussetzen kann, auch da habe ich erhebliche Zweifel. Die h.M. sagt wohl zutreffend nein, so lange nicht eine Störung der Hauptverhandlung durch das Nichttragen der Krawatte vorliegt (§ 176 GVG). Man darf gespannt sein, wie das OLG München die Fragen, mit denen es sicherlich befasst werden wird, lösen wird.

Nachtrag 22.08.2011 – 11.30: Ein freundlicher Leser weist mich gerade darauf hin, dass die o.a. Kurzinhaltsangabe nicht ganz richtig ist. Sorry. Hier dann zur Inhaltsangabe (hoffentlich habe ich jetzt im Internet) das Richtige geunden.

Und dann war da noch: Die Einigung im Mediationsverfahren zwischen Max Josef Strauß und dem Freistaat Bayern

Ja, dann war da noch die PM des LG München I zur Einigung im Mediationsverfahren zwischen Max Josef Strauß und dem Freistaat Bayern, also zum „Schadensersatzprozess“: In der PM v. 10.06.2011 heißt es:

Die Parteien im oben genannten Verfahren haben eine gütliche Einigung erzielt.

Herr Max Josef Strauß wurde nach einem 12 – jährigen, wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung geführten Strafverfahren am 6.8.2007 vom Landgericht Augsburg in allen Punkten freigesprochen. In dem rechtkräftigen Urteil wurde gleichzeitig festgestellt, dass die Staatskasse nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) verpflichtet ist, Herrn Strauß aus Anlass eines Beschlusses über die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls vom 15.7.2004 bis 2.11.2005 sowie aus Anlass von insgesamt sechs Durchsuchungsbeschlüssen im Zeitraum von 1995 bis 2004 zu entschädigen.

Im Jahr 2008 erhob Herr Strauß vorsorglich zur Vermeidung der Verjährung eine Amtshaftungsklage (Az: 15 O 23666/08) auf Zahlung eines Schmerzensgeldes, Schadensersatzfeststellung sowie Auskunft. Insbesondere beanstandete der Kläger, dass sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigende Informationen aus dem Ermittlungsverfahren an die Öffentlichkeit gelangt seien sowie die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft Augsburg.

Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft München am 18.8.2009 die Leistung einer Entschädigung nach dem StrEG abgelehnt hatte, da ein Schaden nicht ausreichend dargelegt worden sei, verfolgte der Kläger diese im Jahr 2009 mit einer zweiten Klage zum Landgericht München I weiter. Beide Verfahren wurden verbunden.

Nunmehr haben die Parteien in einem vom Landgericht München I angebotenen gerichtsinternen Mediationsverfahren nach längeren Verhandlungen eine Einigung erzielt. Dem Vorschlag der eingeschalteten Mediatorin folgend zahlt der Beklagte zur Abgeltung aller Ansprüche an den Kläger bei Aufhebung der Kosten € 50.000.

Bei diesem Betrag handelt es sich um einen Bruchteil des Streitwerts der verbundenen Verfahren. Neben den Prozessaussichten der Parteien und dem anfallendem Aufwand wurde insbesondere ein Interesse beider Parteien an einem baldigen Rechtsfrieden berücksichtigt. Das Einverständnis des Klägers war insbesondere auch durch gesundheitliche Erwägungen motiviert.

Vergleich vom 10.06.2011″

Falschparken – das kann teuer werden

Das LG München berichtete in der vergangenen Woche über ein Verfahren, in dem es um die Kosten für Falschparken bzw. für die Vorbereitung eines Abschleppvorgangs ging. In der PM v. 08.04.2011 hieß es:

„Falschparker muss auch Kosten für Vorbereitung eines Abschleppvorgangs zahlen

Die 15. Zivilkammer hat in dieser Woche in einem Rechtsstreit zwischen einem Falschparker und einem – bundesweit tätigen – Parkraumüberwachungsunternehmen das Urteil verkündet.

Der Kläger parkte seinen PKW anlässlich eines Krankentransportes in der Feuerwehranfahrtszone eines Münchner Klinikums im Halteverbot. Das Klinikum hat die Beklagte mit der „Parkraumbewirtschaftung“, insbesondere dem Entfernen von Falschparkern, beauftragt. Aus dem Falschparken entstehende Schadensersatzansprüche waren an die Beklagte abgetreten.

Der Kläger bezahlte neben den Kosten für den Abschleppwagen auch die von der Beklagten geltend gemachte Pauschale für die „Fahrzeugvorbereitung“ in Höhe von € 90,00 (netto) sowie Anfahrtskosten des Mitarbeiters der Beklagten, um sein Fahrzeug wiederzuerhalten. Mit der Klage machte er die Rückzahlung der Abschleppkosten, der Pauschale sowie der Anfahrtskosten geltend (ca. 185,00 €).

Das Amtsgericht hatte die Beklagte zur Rückzahlung der Pauschale sowie der Anfahrtskosten verurteilt und die Berufung zugelassen. Das Landgericht hat der Berufung teilweise stattgegeben. Zwar habe die Beklagte nicht nachgewiesen, dass die Anfahrtskosten tatsächlich für die Entfernung des PKW angefallen seien. Die Beklagte habe aber einen Anspruch auf Erstattung der Pauschale.

Die Kammer führt insoweit aus:

„Gemäß § 249 Abs. 2 BGB kann der Geschädigte die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen ersetzt verlangen […]. Die Ersatzpflicht erstreckt sich auf Aufwendungen des Geschädigten, soweit er sie nach den Umständen des Falles als notwendig ansehen durfte […]. Die Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Kosten kann daher nicht allein daran gemessen werden, welche Kosten für den reinen Abschleppvorgang angefallen wären. Daneben sind die Kosten im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs und der Feststellung des Fahrers, insbesondere Personalkosten und Kosten der Beweissicherung, ersatzfähig […]. Der Schadensersatzanspruch soll die wirtschaftlichen Folgen eines unerlaubten Eingriffs ausgleichen. Dazu können auch Aufwendungen des Geschädigten zur Schadensbeseitigung bzw. zur Verhinderung des Eintritts eines konkret drohenden Schadens gehören. Erforderlich ist jedoch immer, dass die Aufwendungen die Folge eines bestimmten ersatzpflichtigen Verhaltens sind […]“.

Nach Überzeugung der Kammer handelt es sich bei der Pauschale für die „Fahrzeugvorbereitung“ in Höhe von € 90,00 nicht um Kosten für Schadensverhütungsmaßnahmen, sondern um Kosten, die aufgrund des konkreten Schadensereignisses entstanden und daher ersatzfähig sind.

Wegen der bundesweiten Bedeutung des Falles hat die Kammer die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Urteil vom 06.04.2011, Az.: 15 S 14002/09, nicht rechtskräftig“