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StPO I: Ohne Einlassung, Feststellungen und Beweise, oder: Setzen, ungenügend!!

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Heute ist hier ein StPO-Tag mit drei BGH-Entscheidungen.

Ich stelle zunächst das BGH, Urt. v. 11.09.2024 – 5 StR 236/24 – vor. Ergangen ist es im Sicherungsverfahren. Das LG Leipzig hat die Unterbringung des Beschuldigten im psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. Das Rechtsmittel hatte Erfolg:

„Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Antragsschrift der Staatsanwaltschaft Leipzig vom 21. November 2022 liegt dem Beschuldigten zur Last, als Heranwachsender im Zustand der Schuldunfähigkeit in der Nacht vom 14. auf den 15. März 2020 die Tochter der Nebenkläger, Ze., getötet zu haben. Das Landgericht hat sich nicht von der Täterschaft des Beschuldigten überzeugen können und deshalb seine Unterbringung aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die Revisionsführerin beanstandet zu Recht, dass das Urteil in mehrfacher Hinsicht den rechtlichen Anforderungen nicht entspricht.

1. Das Urteil teilt schon nicht mit, wie sich der Beschuldigte zur Sache eingelassen hat. Dies stellt – auch im Sicherungsverfahren – einen auf die Sachrüge hin zu beachtenden Fehler der Beweiswürdigung dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2020 – 4 StR 371/20, NStZ 2022, 228; vom 12. Dezember 2019 – 5 StR 444/19, NStZ 2020, 625).

2. Das Urteil enthält keinen Feststellungsteil, so dass unklar bleibt, von welchem Geschehensablauf sich das Landgericht überzeugt hat und wovon es sich nicht überzeugen konnte. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, muss es regelmäßig in einer geschlossenen Darstellung die als erwiesen angesehenen Tatsachen feststellen, bevor es in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können; nur so kann das Revisionsgericht die Entscheidung auf mögliche Rechtsfehler nachprüfen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. April 2021 – 5 StR 102/20 Rn. 23 mwN). Nichts Anderes kann gelten, wenn das Tatgericht – wie hier – im Sicherungsverfahren die Unterbringung eines Schuldunfähigen wegen Nichterweislichkeit von Anlasstat oder Täterschaft ablehnt. Demgegenüber vermischt das landgerichtliche Urteil einzelne Feststellungen zur Sache mit einer Darstellung von Ergebnissen der Beweisaufnahme, mit deren Würdigung und mit Schilderungen zum Verfahrensgang zu einem letztlich unübersichtlichen Konglomerat. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe wird nicht klar, wovon sich das Landgericht überzeugt hat.

3. Schließlich werden die für eine Täterschaft des Beschuldigten sprechenden Indizien nicht in der gebotenen Gesamtschau gewürdigt, sondern lediglich einzeln abgehandelt. Der Beweiswert einzelner Indizien ergibt sich jedoch regelmäßig erst aus dem Zusammenhang mit anderen Indizien, weshalb ihrer Inbezugsetzung zueinander im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht zukommt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Februar 2022 – 2 StR 442/21, NStZ-RR 2022, 213 mwN).

4. Auf diesen Rechtsfehlern beruht das Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Soweit es Feststellungen enthält, waren diese schon deshalb aufzuheben, weil der Beschuldigte sie mangels Beschwer nicht angreifen konnte.“

Wenn man das liest, fragt man sich: Was machen die in Leipzig? Ist denn kein Kammermitglied da, dass die Notleine zieht und darauf hinweist, dass man so ein Urteil nicht begründen kann. In der Schule würde man sagen: Setzen sechs.

StGB III: Ausreichende Feststellungen beim Diebstahl, oder: Wenn im Urteil nichts drin steht

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Und dann habe ich hier noch etwas vom BayObLG.

Das hat im  BayObLG, Beschl. v. 03.06.2024 – 203 StRR 172/24 – zu den erforderlichen Feststellungen beim Diebstahl (§ 242 StGB) Stellung genommen, und zwar wie folgt:

Beschränkt sich die Feststellung des erstinstanzlichen Tatrichters darauf, dass der Angeklagte am Tattag in den Geschäftsräumen eines Verbrauchermarkts Lebensmittel im Wert von 34.00 Euro entwendete, um diese ohne Bezahlung für sich zu behalten, erweist sich in der Revision die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen als unwirksam, sofern nicht das Berufungsgericht eigene weitere Feststellungen zum Tatablauf getroffen hat.

Verkehrsrecht I: Straßenverkehrsgefährdung, oder: Flucht vor Polizeikontrolle

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Heute gibt es dann einen „Verkehrsrechts-Donnerstag“.

An dem macht der BGH, Beschl. v. 19.06.2024 – 4 StR 73/24 – den Opener. Das LG hatte den Angeklagten auch wegen (vorsätzlicher) Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB verurteilt. Insoweit hat der BGH aufgehoben:

2. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten A. hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand. Die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB im Fall II.4. der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.

a) Nach diesen steuerte der Angeklagte im öffentlichen Straßenverkehr einen Mietwagen, in dessen Besitz er unrechtmäßig gelangt war und der außer ihm mit drei weiteren Insassen besetzt war. Als das Fahrzeug einer Polizeikontrolle unterzogen werden sollte, flüchtete der Angeklagte mit stark überhöhter Geschwindigkeit und unter Missachtung von Verkehrsregeln. Während seiner Fluchtfahrt hielt er es für möglich, dass seine gefährliche Fahrweise zu einem Unfall und damit zu einer Verletzung seiner Mitinsassen führen könnte, ordnete deren Gesundheit jedoch seinem Fluchtziel unter. Im Bereich einer rechtwinklig verlaufenden Linkskurve, wo die Einsicht in die nach links weiterführende Straße durch eine „heckenähnliche Anpflanzung verschiedener Bäume“ am Straßenrand fast vollständig verdeckt war, befand sich eine Verkehrsinsel, über die ein Fahrradweg führte. Dort kam der Angeklagte „aufgrund seiner grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Fahrweise in Form einer nach wie vor deutlich überhöhten Geschwindigkeit“ von der Fahrbahn ab und der von ihm gesteuerte Mietwagen kollidierte mit dem Bordstein der Verkehrsinsel, wodurch beide rechte Reifen des Fahrzeugs beschädigt wurden. Der Angeklagte verlor die Kontrolle über dieses, so dass es beinahe zu der Kollision mit einem weiteren Verkehrsteilnehmer gekommen wäre. Er setzte seine Flucht gleichwohl fort, konnte kurz darauf aber von der Besatzung des ihn verfolgenden Polizeiwagens gestellt werden, wobei eine Polizeibeamtin verletzt wurde.

b) Diese Feststellungen belegen die Voraussetzungen einer (vorsätzlichen) Gefährdung des Straßenverkehrs im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB nicht. Denn sie ergeben nicht, dass der von dem Straftatbestand vorausgesetzte Gefahrerfolg eingetreten und gerade durch die Tathandlung bewirkt worden ist.

aa) Die Vorschrift des § 315c Abs. 1 StGB setzt in allen Tatvarianten eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist die Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“, also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei „noch einmal gut gegangen“ (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen nur BGH, Beschluss vom 2. Februar 2023 – 4 StR 293/22 Rn. 5 mwN).

Hieran gemessen fehlt es an Feststellungen, die den tatbestandsmäßigen Gefährdungserfolg belegen. Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Würdigung darauf abgestellt, dass der Kontrollverlust des Angeklagten über das Fahrzeug dessen Kollision mit dem Bordstein der Verkehrsinsel zur Folge gehabt habe, was zum Platzen zweier Reifen geführt „und damit Leib und Leben der Fahrzeuginsassen in die konkrete Gefahr einer Verletzung gebracht“ habe. Dabei hat das Landgericht zwar zutreffend angenommen, dass die Mitfahrer des Angeklagten A.    – anders als das von ihm geführte fremde Fahrzeug – vom Schutzbereich des § 315c Abs. 1 StGB erfasst waren, denn sie hatten nach den Feststellungen weder in die Rechtsgutsgefährdung eingewilligt noch waren sie tatbeteiligt (vgl. zu beiden Tatobjekten nur BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 435/12 Rn. 5 f. mwN). Letzteres würde auch dann gelten, wenn der festgestellte Umstand, dass einer der Mitfahrer das Geschehen mit seinem Mobiltelefon filmte, die Annahme einer psychischen Beihilfe tragen sollte; denn diese würde eine Tatbeteiligung jedenfalls der weiteren Mitinsassen des Fahrzeugs nicht begründen können.

Allerdings kann den Urteilsfeststellungen nicht entnommen werden, dass das Kollisionsgeschehen an der Verkehrsinsel oder eine andere während der Fahrt eingetretene Situation die Fahrzeuginsassen in eine den obigen Anforderungen entsprechende Schadensnähe brachte, sie also nicht nur abstrakt, sondern konkret an Leib oder Leben gefährdet waren. Feststellungen dazu, welche körperliche Wirkung der Anstoß des Fahrzeugs an den Bordstein der Verkehrsinsel – der zwar zu einem Reifenschaden führte, die Fahrtauglichkeit des Mietwagens aber nicht aufhob – auf die Mitfahrer des Angeklagten hatte, hat das Landgericht nicht getroffen.

bb) Ungeachtet dessen kann den Urteilsgründen auch nicht entnommen werden, dass ein etwaiger Gefährdungserfolg gerade auf der Tathandlung des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB beruhte. Diese hat die Jugendkammer zwar rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Urteilsgründe ergeben ohne weiteres, dass der Angeklagte A.   im Bereich der Verkehrsinsel grob verkehrswidrig und rücksichtslos zu schnell fuhr und – in ihrem Gesamtzusammenhang – auch dass es sich hierbei um eine unübersichtliche Stelle im Sinne der Strafvorschrift handelte. Der objektive Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB („und dadurch“) setzt aber darüber hinaus voraus, dass die konkrete Gefahr in einem inneren Zusammenhang mit den Risiken steht, die von der unübersichtlichen Stelle typischerweise ausgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juni 2019 – 4 StR 130/19 Rn. 16 mwN). Dieser Gefahrverwirklichungszusammenhang ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts nicht. Danach kam der Angeklagte im Bereich der Kurve, in der sich die Verkehrsinsel befand, aufgrund seiner deutlich überhöhten Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und kollidierte mit dem Bordstein. Dass diese Kollision durch die Unübersichtlichkeit der Unfallstelle – etwa durch ein hieraus resultierendes Übersehen der Verkehrsinsel – wenigstens mitverursacht wurde, ist damit nicht festgestellt.

cc) Der Senat schließt aus, dass in einem zweiten Rechtsgang hinsichtlich des Eintritts einer konkreten Gefahr im Sinne von § 315c Abs. 1 StGB und ihrer Verursachung noch ergänzende Feststellungen getroffen werden können, die zur Annahme einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 315c Abs. 1 Nr. 2 d) StGB führen. Er lässt daher die tateinheitlich erfolgte Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs im Wege der Schuldspruchänderung analog § 354 Abs. 1 StPO entfallen.“

StGB I: Missbrauch im Arzt-Patienten-Verhältnis, oder: Berufsverbot?

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Urheber Rieser Bauernmuseum Maihingen

Vor dem morgien Gebührenfreitag heute dann StGB-Entscheidungen, und zwar zu Nebenrechtsfolge,

Hier zunächst etwas vom BGH zum Berufsverbot (§ 70 StGB), und zwar der BGH, Beschl. v. 26.03.2024 – 4 StR 416/23. Das LG hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ferner hat es ihm für die Dauer von fünf Jahren untersagt, den Beruf des Arztes auszuüben. Dagegen die Revision, die wegen des Berufsverbots Erfolg hatte:

„1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte ist von Beruf Arzt. Er absolvierte erfolgreich zwei Facharztausbildungen. Nachdem er seit 2006 – unter anderem als leitender Oberarzt – in verschiedenen Krankenhäusern tätig gewesen war, gründete er im Jahr 2018 eine eigene orthopädische Praxis. Am 16. Oktober 2020 suchte die unter Depressionen leidende Nebenklägerin wegen anhaltender starker Rückenschmerzen absprachegemäß die Praxis des Angeklagten auf und wurde zur manuellen Therapie in ein dafür vorgesehenes Behandlungszimmer geführt. Nach Schmerzmittelgabe mittels Injektion massierte der Angeklagte die auf der Seite liegende und ihm den Rücken zuwendende Nebenklägerin am Gesäß, nachdem er hierzu ihre Hose ein Stück heruntergezogen hatte. Anschließend verließ er den Raum. Nach einer Weile kehrte er zurück, zog die in unveränderter Position liegende Nebenklägerin an ihrer Hüfte zu sich an den Rand der Liege und trat so dicht an sie heran, dass die Nebenklägerin – hiervon völlig überrascht – seinen erigierten Penis spürte. Nach einem erneuten kurzzeitigen Verlassen des Behandlungszimmers zog der Angeklagte die Nebenklägerin, die in der Zwischenzeit versucht hatte, von der Kante der Liege abzurücken, wieder zu sich heran. Er öffnete seine Hose und drückte seinen erigierten Penis zwischen die Pobacken der perplexen Nebenklägerin. Anschließend schob er ihren Slip zur Seite und begann Stoßbewegungen zu vollziehen. Sodann zog der Angeklagte ihr Bein hoch und rieb seinen Penis bis zur Ejakulation zwischen den Gesäßhälften der Nebenklägerin, die das Geschehen „wie paralysiert“ weitestgehend wort- und regungslos über sich ergehen ließ. Der Angeklagte setzte sich dabei über den entgegenstehenden Willen der Nebenklägerin hinweg und hatte zudem erkannt, dass diese wegen der „Überrumpelung“ in der Behandlungssituation zu keiner Abwehr in der Lage war.

2. Der Maßregelausspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht bei der Gefährlichkeitsprognose im Sinne des § 70 Abs. 1 StGB nicht alle maßgeblichen Gesichtspunkte in die gebotene Gesamtwürdigung eingestellt hat.

a) Das Berufsverbot ist ein schwerwiegender Eingriff, mit dem die Allgemeinheit, sei es auch nur ein bestimmter Personenkreis, vor weiterer Gefährdung geschützt werden soll. Es darf nur dann verhängt werden, wenn die Gefahr besteht, dass der Täter auch in Zukunft den Beruf, dessen Ausübung ihm verboten werden soll, zur Verübung erheblicher Straftaten missbrauchen wird. Voraussetzung hierfür ist, dass eine – auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung abgestellte – Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat(en) das Tatgericht zu der Überzeugung führt, dass die Wahrscheinlichkeit künftiger ähnlicher erheblicher Rechtsverletzungen durch den Täter besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2023 – 2 StR 144/23 Rn. 5; Beschluss vom 9. Oktober 2018 – 1 StR 418/18 Rn. 8, jew. mwN). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass an die Annahme einer weiteren Gefährlichkeit im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB ganz besonders strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn der Täter erstmalig wegen einer Anlasstat straffällig wird; insbesondere ist zu prüfen, ob bereits die Verurteilung zur Strafe den Täter von weiteren Taten abhalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 – 4 StR 296/12 Rn. 7; Beschluss vom 12. September 1994 – 5 StR 487/94, NStZ 1995, 124).

b) Zur Gefährlichkeitsprognose hat das Landgericht ausgeführt, dass es auch künftig zu vergleichbaren Kontakten mit psychisch labilen Patientinnen kommen werde, bei denen das Risiko einer Aufdeckung und Aburteilung etwaiger Sexualstraftaten reduziert erscheinen könnte. Im Lichte der festgestellten Tatmodalitäten und der Persönlichkeit des Angeklagten lägen daher zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung ähnlich erhebliche Rechtsgutsverletzungen in der Zukunft nahe.

Damit hat das Landgericht maßgebliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen. So hat es nicht bedacht, dass der Angeklagte zur Zeit der Begehung der hier abgeurteilten Tat strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war. Das Landgericht lässt weiter unerörtert, dass gegen ihn mit dem angefochtenen Urteil eine empfindliche Freiheitsstrafe verhängt worden ist und es daher naheliegt, dass die Verurteilung und die (bevorstehende) Vollstreckung den Angeklagten bereits nachhaltig beeindrucken. Auch hat es insoweit nicht in den Blick genommen, wie der 50 Jahre alte und seit 2006 als Arzt tätige Angeklagte seinen Beruf im Übrigen ausgeübt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2018 – 1 StR 418/18 Rn. 8).“

VerkehrsR II: Beweiswert des Nachtrunk und Revision, oder: Feststellungen zur Fahruntüchtigkeit

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Und als zweite Entscheidung dann noch einmal etwas vom OLG Frankfurt am Main, nämlich der OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 16.10.2023 – 3 ORs 26/23. Es geht um Nachtrunk und die Feststellungen zur Fahruntüchtigkeit:

„2. Die Sachrüge des Beschwerdeführers ist unbegründet.

Insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, der Tatrichter habe pflichtwidrig davon abgesehen, einen Sachverständigen mit einer Begleitstoffanalyse zur Überprüfung des Nachtrunks zu beauftragen, kann dies nicht mit der Sachrüge geltend gemacht werden. Eine Verfahrensrüge der Verletzung des § 244 Abs. 2 StPO ist aber nicht erhoben worden.

Ein sachlich-rechtlicher Mangel läge nur dann vor, wenn Darstellung und Würdigung des festgestellten Sachverhalts unklar, widersprüchlich oder ersichtlich nicht vollständig wäre, Denkfehler enthielte oder Erfahrungssätze missachtete (st. Rspr., vgl. nur OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.09.2006 – 2 St Ss 170/06, BeckRS 2006, 11724; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl. 2023, § 337 Rn. 21 m.w.N.).

a) Angesichts dieses Prüfungsmaßstabs ist die Beweiswürdigung, welche die konkrete Nachtrunkbehauptung des Beschwerdeführers als unglaubhaft würdigt, nicht zu beanstanden. Zwar ist der Beweiswert einer zweiten Blutentnahme im Einzelnen umstritten (MüKo-StGB/Pegel, 4. Aufl. 2022, § 316 Rn. 83; Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 316 Rn. 20), gleichwohl bildet sie hier für die Beweiswürdigung des Tatrichters eine tragfähige Grundlage, da sie neben die Widersprüche in der Einlassung des Angeklagten zu seinem Trinkverhalten und die Aussagen der Zeugen V und W tritt, die zudem durch die Angaben des Zeugen POK X bestätigt wurden.

b) Schließlich halten auch die Feststellung der Fahruntüchtigkeit revisionsgerichtlicher Prüfung stand.

Angesichts der in der Anflutungsphase verstärkten Ausfallerscheinungen bedarf es einer Rückrechnung nicht, wenn bei der Blutentnahme wenigstens der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille BAK erreicht ist. Dann steht fest, dass eine entsprechende Körperalkoholmenge zur Tatzeit vorgelegen haben muss (BGH, Beschl. vom 11.12.1973 – 4 StR 130/73, BGHSt 25, 246, 251 = NJW 1974, 246, 247; Schönke/Schröder-StGB/Hecker, 30. Aufl. 2019, § 316 Rn. 17; MüKo-StGB/Pegel aaO., § 316 Rn. 77; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Straßenverkehrsrecht/Burmann, 27. Aufl. 2022, § 316 Rn. 17). Die Berücksichtigung eines Nachtrunks im Umfang einer Dose Bier (5 Volumenprozent) zu 0,5 l durch den Vorderrichter ist zwar rechtsfehlerhaft, jedoch beruht das Urteil nicht darauf. Dem Amtsgericht ist noch zuzustimmen, dass die BAK, die sich aus dem Genuss einer bestimmten Alkoholmenge ergibt, in der Weise errechnet werden darf, dass die wirksame Alkoholmenge in Gramm durch das mit dem sog. Reduktionsfaktor multiplizierte Körpergewicht in Kilogramm geteilt wird. Es bedarf daher der Feststellung des Körpergewichts zum Tatzeitpunkt, der Bestimmung des Reduktionsfaktors und der Mitteilung der aufgenommenen Alkoholmenge in Gramm (vgl. Senat, Beschl. vom 28.11.1996 – 3 Ss 363/96, NZV 1997, 239). Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Amtsgerichts gerecht. Allerdings geht es unzulässiger Weise zuungunsten des Angeklagten davon aus, dass der Angeklagte 0,05 Promille in 30 Minuten zwischen Nachtrunkende und der ersten Blutprobenentnahme abgebaut hat. Zu beanstanden ist dabei aber nicht der Abbauwert von 0,05 Promille in 30 Minuten (= 0,1 Promille pro Stunde), sondern der Abzug des Zeitfaktors an sich, da sich der Angeklagte nach den Erwägungen des Amtsgerichts hinsichtlich des Nachtrunks unwiderlegt noch in der Anflutungsphase befand. Der verminderte Nachtrunkwert führt dazu, dass sich die vorgeworfene BAK zu Lasten des Angeklagten erhöht.

Ein Beruhen des Urteils auf diesem Fehler ist aber ausgeschlossen, zumal es das Amtsgericht unterlassenen hat, von der „Nachtrunkpromille“ das sogenannte Resorptionsdefizit (bei einer tätergünstigen Annahme 10 %) in Abschlag zu bringen.“