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Die falsch vergebene TÜV-Plakette, oder: Was beurkundet die TÜV-Prüfplakette?

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Urheber Sven Teschke, Buedingen

Heute dann mal „Quer durch den Garten“, also von allem etwas = ohne übergeordnete Tagesthematik.

Und ich beginne den Spaziergang mit dem BGH, Beschl. v. 16.08.2018 – 1 StR 172/18 -, der zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ist, was seine Bedeutung unterstreicht. Stellung genommen hat der BGH in der Entscheidung zum Umfang der besonderen Beweiskraft der HU-Prüfplakette an einem Kraftfahrzeug, und zwra auf der Grundlage folgenden Sachverhalts:

Der Angeklagte war als Prüfingenieur mit der Durchführung von Hauptuntersuchungen an Fahrzeugen nach § 29 StVZO betraut. Er hatte in acht Fällen an den amtlichen Kennzeichen von Kraftfahrzeugen die sog. HU-Prüfplaketten an, obwohl er in einigen Fällen wusste und es in anderen Fällen aufgrund lediglich oberflächlicher Prüfung billigend in Kauf nahm, dass die betreffenden Fahrzeuge erhebliche Mängel aufwiesen und die Prüfplakette zu versagen gewesen wäre. Den aufgrund der nach wie vor bestehenden Prüfpflichtigkeit der Fahrzeuge in Wirklichkeit nicht zutreffenden Termin zur nächsten Hauptuntersuchung trug der Angeklagte in diesen Fällen in die Zulas­sungsbescheinigung Teil I ein. In zwei weiteren Fäl­len bescheinigte er jeweils mit erheblichen Mängeln behafteten Fahrzeugen das Bestehen der Hauptuntersuchung in dem von ihm erstellten Untersuchungsbericht, obwohl sol­che Mängel vorlagen. Der gutgläubige Sachbearbeiter der zuständigen Zulas­sungsstelle teilte auf der Grundlage des unzutreffenden Untersuchungsberichts die HU-Prüfplakette zu und nahm die entsprechenden Eintragungen über den Zeit­punkt des Termins zur nächsten Hauptuntersuchung in die Zulassungsbeschei­nigung Teil I vor. Das LG hat den Angeklagten u. a. wegen Falschbeurkundungen im Amt verurteilt. Die Revision des Angeklagten blieb erfolglos.

Dazu der amtliche Leitsatz des BGH:

„Die an dem Fahrzeugkennzeichen angebrachte Prüfplakette beurkundet mit besonderer Beweiskraft im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB neben dem Termin der nächsten Hauptuntersuchung auch die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Durchführung der Hauptuntersuchung.“

Und aus dem Beschluss:

„Dass die Prüfplakette den Nachweis über den Termin der nächsten Hauptuntersuchung erbringt, ergibt sich schon aus ihrem optischen Erklärungswert. Daneben – und in unmittelbarem Zusammenhang damit stehend – beinhaltet vor dem Hintergrund der Regelung in § 29 Abs. 3 Satz 2 StVZO die Prüfplakette für und gegen jedermann auch den Nachweis, dass die geprüften Fahrzeuge zum Zeitpunkt der letzten Hauptuntersuchung als vorschriftsmäßig befunden wurden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 6. Mai 1991 – 3 Ss 34/91, NZV 1991, 318, 319; Claus, NStZ 2014, 66, 67; Puppe/Schumann in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl., § 348 Rn. 21; Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 348 Rn. 9; Freund in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 348 Rn. 31). Denn § 29 Abs. 3 Satz 2 StVZO bestimmt, dass die angebrachte Prüfplakette bescheinigt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Untersuchung vorschriftsmäßig nach Nummer 1.2 der Anlage VIII zur StVZO ist. Die in Bezug genommene Nummer 1.2 Anlage VIII zur StVZO enthält weitere Regelungen über die Hauptuntersuchung und deren Durchführung. In Nummer 3.1.4 Anlage VIII zur StVZO ist für die vier möglichen Ergebnisse der Hauptuntersuchung (Feststellung von keinen Mängeln, geringen Mängeln, erheblichen Mängeln sowie Mängeln, die das Fahrzeug verkehrsunsicher machen) im Einzelnen aufgeführt, welche Konsequenzen sich daraus für die Erteilung der HU-Prüfplakette ergeben. Nummern 3.1.4.1 und 3.1.4.2 Anlage VIII zur StVZO sehen vor, dass eine HU-Prüfplakette zugeteilt und angebracht werden kann, wenn entweder keine oder nur geringe Mängel, deren unverzügliche Beseitigung (spätestens innerhalb eines Monats) zu erwarten ist, festgestellt werden. In Nummer 3.1.4.3 Anlage VIII zur StVZO ist bestimmt, dass bei Feststellung erheblicher Mängel diese in den Untersuchungsbericht einzutragen sind und (zunächst) keine HU-Prüfplakette zugeteilt werden darf. Angesichts dieser eindeutigen Regelungen ist davon auszugehen, dass die Feststellung des Nichtvorhandenseins erheblicher Mängel kraft Gesetzes Inhalt der Urkunde ist.“

Hausaufgaben nicht gemacht, oder: Falschbeurkundung im Amt, wenn der Wohnort falsch ist?

© Gina Sanders Fotolia.com

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Seine Hausaufgaben nicht gemacht, hat das OLG Dresden. Nun ja, gemacht schon, aber nicht sorgfältig und deshalb gab es dann eine Sache vom BGH zurück. Grundlage für den BGH, Beschl. v. war folgender Sachverhalt:

Das AG Chemnitz hatte einen Notar wegen Falschbeurkundung im Amt zu einer Geldstrafe verurteilt. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung hat das LG Chemnitz verworfen. Nach den Feststellungen des LG hatte der Angeklagte den Verkauf eines Unternehmens und von Unternehmensanteilen sowie die Einsetzung eines neuen Geschäftsführers beglaubigt. Dabei hatte er für den durch einen tschechischen Reisepass ausgewiesenen und anwesenden Käufer einen Wohnort in Bautzen beurkundet. Tatsächlich war dieser aber niemals dort gemeldet. Das OLG Dresden will das Urteil aufheben und den Angeklagten freizusprechen. Es vertritt die Ansicht, dass der öffentliche Glaube einer Urkunde den Wahrheitsgehalt einer Wohnortangabe nicht erfasse. Deshalb handele es sich bei dieser nicht um eine rechtlich erhebliche Tatsache im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB. Dem steht aber – so meint das OLG – der BGH, Beschl. v. 21. 03. 2000 – 1 StR 600/99 entgegen. Das OLG versteht die Entscheidung in dem Sinn, dass der BGH den Wohnort einer natürlichen Person, der bei einem zu beurkundenden Rechtsgeschäft mitgeteilt wird, für eine Angabe hält, auf die sich der öffentliche Glaube der Urkunde stets erstreckt.

Das OLG Dresden hat die Sache daher nach § 121 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:

„Macht sich ein Notar gemäß § 348 Abs. 1 StGB strafbar, wenn er bei der Beurkundung eines Vertrages einen unzutreffenden Wohnort eines Vertragsbeteiligten beurkundet?”

Und die Antwort hat es dann jetzt aus Leipzig gegeben. Der zuständige 5. Strafsenat des BGH teilt im BGH, Beschl. v. 17.02.2016 – 5 StR 487/15– mit: Die Sache wird an das OLG zurückgegeben. Die Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind nicht gegeben.

„Der Generalbundesanwalt hat unter anderem ausgeführt:

„Die durch das Oberlandesgericht aufgeworfene Rechtsfrage ist auf der Grundlage des im Vorlegungsbeschluss mitgeteilten Sachverhalts nicht zur Entscheidung reif, weil offen bleibt, auf welche Weise es zu der Wohnortfeststellung des tschechischen Erwerbers in der Urkunde gekommen ist. Darauf kommt es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung indes maßgeblich an.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hatte in dem durch das Oberlandesgericht zitierten Beschluss darüber zu befinden, ob ein Notar Erklärungen beurkundet hatte, die tatsächlich nicht erfolgt waren. Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Notar hatte die Veräußerung konkursreifer Unternehmen an mittellose und geschäftlich unerfahrene Personen mit fiktiven Wohnorten in Kenntnis dieser Umstände beurkundet. Einige der Erwerber waren darüber hinaus der deutschen Sprache nicht mächtig. Da der Wortlaut der Urkunden nicht in ihre Muttersprache übersetzt wurde, war es offensichtlich, dass diesen das Verständnis der beurkundeten Vorgänge fehlte.

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat den Umständen dieser Geschäftsabwicklung entnommen, dass die durch den Angeklagten beurkundeten Wohnortangaben von den Erwerbern tatsächlich nicht erklärt worden waren, der Angeklagte diese Angaben folglich der Wahrheit zuwider beurkundet hatte. Er hat entschieden, dass die Angaben zum Wohnort in einem Beurkundungsvorgang gegenüber dem Notar am öffentlichen Glauben der Urkunde teilhaben, weil diese Erklärungen zwin-gend abzugeben sind (§ 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG). Allerdings hat er klargestellt, dass sich die Beweiskraft mit der ‚vollen Beweiswirkung für und gegen jedermann‘ ausschließlich auf die Abgabe der beurkundeten Erklärung selbst bezieht, nicht jedoch auf deren inhaltliche Richtigkeit: Es komme nur darauf an, ‚ob eine Erklärung beurkundet wird, die tatsächlich nicht erfolgt ist‘ (BGH, aaO); ihr ‚Wahrheitsgehalt‘ ist nach Auffassung des Senats irrelevant.

Auf der Grundlage der durch den Bundesgerichtshof vorgenommenen Präzisierung der Reichweite des öffentlichen Glaubens einer Urkunde lässt sich nicht beurteilen, ob das Oberlandesgericht Dresden an der von ihm beabsichtigten Entscheidung durch die zitierte Entscheidung gehindert ist. Der abschließenden Beantwortung der (ohnehin zu weit gefassten) Vorlegungsfrage steht entgegen, dass der im Vorlegungsbeschluss mitgeteilte Sachverhalt keine hinreichende Grundlage für eine Entscheidungsfindung bietet: Es ist bereits unklar, ob der Unternehmenserwerber der deutschen Sprache mächtig ist, die (unrichtigen) Wohnsitzangaben daher von ihm selbst stammen und sie somit zutreffend beglaubigt wurden oder aber, ob sie nicht auf ihn als Urheber zurückgehen (können) und der Angeklagte sie deswegen der Wahrheit zuwider beurkundet hat.

Ergänzend ist anzumerken, dass eine entscheidungserhebliche Divergenz zwischen dem Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofes und der beabsichtigten Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden dann nicht vorläge, wenn sich der Angeklagte durch Nachfrage im Gespräch versichert hätte, dass der Käufer der deutschen Sprache mächtig ist (wie dies der Beweiswürdigung des Urteils des Amtsgerichts Chemnitz noch zu entnehmen ist). Eine Verurteilung wegen Falschbeurkundung im Amt käme dann nicht in Betracht.“

Wie gesagt: Wird man nicht gern lesen in Dresden – und auch nicht das „der (ohnehin zu weit gefassten) Vorlegungsfrage „….

Der Schulleiter, der die Abiturnoten anhebt, – strafbar?

entnommen wikimedia.org Urheber Photo: Andreas Praefcke

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Vom OLG Bamberg ist mir der OLG Bamberg, Beschl. v. 08.06. 2015 – 2 OLG 8 Ss 15/15 – übersandt worden, der einen sicherlich nicht alltäglichen Fall behandelt. Nämlich die eigenmächtige Anhebung von Abiturnoten durch den Schulleiter eines Gymnasiums. Der ist deswegen vom AG wegen Falschbeurkundung im Amt zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden, das LG hat auf die Berufung der Staatsanwaltschaft auf 90 Tagessätze erhöht, und das OLG Bamberg? Das OLG Bamberg hat im Beschl. v. 08.06.2015 frei gesprochen.

Da es sich um einen umfangreich(eren) Sachverhalt handelt, will ich den hier aus Platzgründen nicht einstellen. Das kann/soll/muss dem „Selbststudium“ im verlinkten Volltext überlassen bleiben. Das OLG kommt zu dem (rechtlichen) Ergebnis, dass es sich bei den von dem Angeklagten unterzeichneten Abiturzeugnissen zwar um öffentliche Urkunden, zu deren Aufnahme der Angeklagte befugt war, gehandelt hat. Der Angeklagte habe darin aber nicht rechtlich erhebliche Tatsachen falsch bekundet. Das LG habe die Reichweite des Wahrheitsschutzes im Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt nach § 348 StGB verkannt.

Auch die rechtliche Begründung ist sehr umfangreich, so dass ich daraus Einzelheiten nicht einstellen will. Ich beschränke mich daher auf die Leitsätze, die wie folgt lauten:

  1. Bei der auch mit Blick auf Art. 103 Abs. 2 GG gebotenen Umgrenzung des Anwendungsbereichs des § 348 StGB ist bei einer von einer Verwaltungsbehörde ausgestellten Urkunde ein strenger Maßstab für die Beurteilung der Frage anzulegen, ob den in ihr enthaltenen Tatsachen die gesteigerte Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde beizumessen ist. Eine Beweiswirkung für und gegen jedermann ist nur dann zu bejahen, wenn zweifelsfrei feststeht, dass dies unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht (u.a. Anschluss an BGHSt 22, 201/203; BGHSt 42, 131 f.; BGH NStZ 2015, 278; OLG Bamberg NStZ-RR 2014,142 = OLGSt StGB § 271 Nr 4 und OLG Hamburg NStZ 2014, 95).
  2. Das als öffentliche Urkunde i.S.v. §§ 415, 417 ZPO anzusehende (bayerische) Abiturzeugnis beweist zu öffentlichem Glauben, dass der Zeugnisinhaber an der Abiturprüfung teilgenommen hat, die im Einzelnen ausgewiesenen Prüfungsleistungen vorgelegen haben, die angegebenen Noten erteilt worden sind und dem Zeugnisinhaber auf dieser Grundlage nach Bestehen der Abiturprüfung die allgemeine Hochschulreife zuerkannt worden ist. Der öffentliche Glaube der Urkunde im Sinne einer vollen Beweiskraft für und gegen jedermann erstreckt sich indes nicht darauf, dass die im Abiturzeugnis im Einzelnen ausgewiesenen Prüfungsleistungen ordnungsgemäß erbracht und bewertet worden sind. Insbesondere entfaltet das Abiturzeugnis keine besondere Beweiskraft hinsichtlich der Einhaltung der maßgeblichen prüfungsrechtlichen Verfahrensvorschriften.
  3. Hebt der Schulleiter, der gleichzeitig Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist, in einem Abiturprüfungsfach die Noten der schriftlichen Prüfungsarbeiten der Prüfungsteilnehmer, welche in dem von ihm auszustellenden Abiturzeugnis gesondert ausgewiesen sind, unter Verstoß gegen die Zuständigkeitsvorschriften des bayerischen Schulrechts und gegen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe eigenmächtig um einen Punkt an, so erfüllt er den Tatbestand der Falschbeurkundung im Amt nicht. Ob eine Falschbeurkundung dann vorliegt, wenn von der verwaltungsrechtlichen Nichtigkeit der erteilten Noten auszugehen ist, bleibt offen.“

Unrichtiger TÜV-Untersuchungsbericht – Falschbeurkundung im Amt?

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Das OLG Hamburg hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Nach den Feststellungen des LG bescheinigte der Angeklagte in seiner Funktion als TÜV-Sachverständiger einem Klein-LKW, der im Zeitraum vom 15.09.2008 bis 22.04.2010 ausweislich fünf unabhängiger Sachverständigenbegutachtungen aufgrund seiner erheblichen, durchgehend bestehenden technischen Mängel insgesamt verkehrsunsicher war, bei drei in diesem Zeitraum durchgeführten Haupt- bzw. Nachuntersuchungen in den betreffenden Untersuchungsberichten lediglich „geringe Mängel“, „erhebliche Mängel“ sowie „ohne erkennbare Mängel“, wobei er jeweils damit rechnete und es billigend in Kauf nahm, dass das Fahrzeug Mängel hatte, die zur Verkehrsunsicherheit führten. Das LG hat den Prüfer wegen Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) verurteilt. Das OLG Hamburg hat im OLG Hamburg, Beschl. v. 24.04.2013 – 1 – 78/12 (REV) – aufgehoben

„..2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt die Erstellung unrichtiger TÜV-Untersuchungsberichte im Rahmen von Kraftfahrzeughauptuntersuchungen – wie die Generalstaatsanwaltschaft und die Verteidigung zutreffend und in Übereinstimmung mit der bisher einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung und herrschenden Meinung (vgl. etwa OLG Hamm, MDR 1974, 857; BayObLG, NStZ 1999, 575, 576 mit zust. Anm. Puppe; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 348 Rn. 6a; Cramer/Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 348 Rn. 8; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 29 StVZO Rn. 27; Klinger, DS 2007, 219, 221 – beck-online; a. A. nur Köhler, SVR 2008, 372 ff.) ausgeführt haben – nach wie vor nicht den Straftatbestand der Falschbeurkundung im Amt nach § 348 Abs. 1 StGB.

a. Als TÜV-Sachverständiger ist der Angeklagte zwar ein zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Zudem hat er die Hauptuntersuchungsberichte innerhalb seiner Zuständigkeit im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB angefertigt.
b. Jedoch hat der Angeklagte mit der Erstellung der TÜV-Untersuchungsberichte, einschließlich der Nichtauflistung vorhandener technischer Mängel des untersuchten Fahrzeugs, der jeweiligen Einordnung als „geringe Mängel“ (Fall 1), „erhebliche Mängel“ (Fall 2), „ohne erkennbare Mängel“ (Fall 3) sowie der Vermerke „HU Plakette: nein“ und der Erfassung der Fälligkeit des nächsten Hauptuntersuchungstermins (Fälle 1 und 3) nicht, wie von § 348 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, rechtlich erhebliche Tatsachen falsch beurkundet.…“

Offen lassen konnte das OLG die Frage, ob der Prüfplakette als öffentlicher Urkunde im Sinne des § § 348 Abs. 1 StGB über die Beurkundung der Fälligkeit des nächsten Hauptuntersuchungstermins (so OLG Hamm MDR 1974, 857; OLG Köln JR 1979, 255, 256; BayObLG NStZ 1999, 575, 576; so auch zum grundsätzlichen Gedankeninhalt einer Prüfplakette OLG Karlsruhe DAR 2002, 229; OLG Celle NJW 2011, 2983 f.) hinaus auch öffentlicher Glaube hinsichtlich der technischen Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs im Sinne der Anlagen VIII, VIIIa zu § 29 Abs. 3 StVZO (in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung) zukommt. Denn nach den landgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte weder eine Prüfplakette zugeteilt noch eine solche am Kennzeichen des untersuchten Fahrzeugs angebracht.