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Unrichtiger TÜV-Untersuchungsbericht – Falschbeurkundung im Amt?

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Das OLG Hamburg hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Nach den Feststellungen des LG bescheinigte der Angeklagte in seiner Funktion als TÜV-Sachverständiger einem Klein-LKW, der im Zeitraum vom 15.09.2008 bis 22.04.2010 ausweislich fünf unabhängiger Sachverständigenbegutachtungen aufgrund seiner erheblichen, durchgehend bestehenden technischen Mängel insgesamt verkehrsunsicher war, bei drei in diesem Zeitraum durchgeführten Haupt- bzw. Nachuntersuchungen in den betreffenden Untersuchungsberichten lediglich „geringe Mängel“, „erhebliche Mängel“ sowie „ohne erkennbare Mängel“, wobei er jeweils damit rechnete und es billigend in Kauf nahm, dass das Fahrzeug Mängel hatte, die zur Verkehrsunsicherheit führten. Das LG hat den Prüfer wegen Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB) verurteilt. Das OLG Hamburg hat im OLG Hamburg, Beschl. v. 24.04.2013 – 1 – 78/12 (REV) – aufgehoben

„..2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts erfüllt die Erstellung unrichtiger TÜV-Untersuchungsberichte im Rahmen von Kraftfahrzeughauptuntersuchungen – wie die Generalstaatsanwaltschaft und die Verteidigung zutreffend und in Übereinstimmung mit der bisher einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung und herrschenden Meinung (vgl. etwa OLG Hamm, MDR 1974, 857; BayObLG, NStZ 1999, 575, 576 mit zust. Anm. Puppe; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 348 Rn. 6a; Cramer/Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 348 Rn. 8; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 29 StVZO Rn. 27; Klinger, DS 2007, 219, 221 – beck-online; a. A. nur Köhler, SVR 2008, 372 ff.) ausgeführt haben – nach wie vor nicht den Straftatbestand der Falschbeurkundung im Amt nach § 348 Abs. 1 StGB.

a. Als TÜV-Sachverständiger ist der Angeklagte zwar ein zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugter Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB. Zudem hat er die Hauptuntersuchungsberichte innerhalb seiner Zuständigkeit im Sinne des § 348 Abs. 1 StGB angefertigt.
b. Jedoch hat der Angeklagte mit der Erstellung der TÜV-Untersuchungsberichte, einschließlich der Nichtauflistung vorhandener technischer Mängel des untersuchten Fahrzeugs, der jeweiligen Einordnung als „geringe Mängel“ (Fall 1), „erhebliche Mängel“ (Fall 2), „ohne erkennbare Mängel“ (Fall 3) sowie der Vermerke „HU Plakette: nein“ und der Erfassung der Fälligkeit des nächsten Hauptuntersuchungstermins (Fälle 1 und 3) nicht, wie von § 348 Abs. 1 StGB vorausgesetzt, rechtlich erhebliche Tatsachen falsch beurkundet.…“

Offen lassen konnte das OLG die Frage, ob der Prüfplakette als öffentlicher Urkunde im Sinne des § § 348 Abs. 1 StGB über die Beurkundung der Fälligkeit des nächsten Hauptuntersuchungstermins (so OLG Hamm MDR 1974, 857; OLG Köln JR 1979, 255, 256; BayObLG NStZ 1999, 575, 576; so auch zum grundsätzlichen Gedankeninhalt einer Prüfplakette OLG Karlsruhe DAR 2002, 229; OLG Celle NJW 2011, 2983 f.) hinaus auch öffentlicher Glaube hinsichtlich der technischen Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs im Sinne der Anlagen VIII, VIIIa zu § 29 Abs. 3 StVZO (in der zur Tatzeit maßgeblichen Fassung) zukommt. Denn nach den landgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte weder eine Prüfplakette zugeteilt noch eine solche am Kennzeichen des untersuchten Fahrzeugs angebracht.