Heute ist auf der Homepage des BGH der für BGHSt bestimmte Beschl. des BGH v. 18.05.2010 – 5 StR 51/10 eingestellt worden, in der der Senat zu einem Verwertungsverbot für ein verdecktes Verhör eines inhaftierten Beschuldigten durch einen als Besucher getarnten nicht offen ermittelnden Polizeibeamten unter Zwangseinwirkung Stellung nimmt und – man lese und staune – zu einem Beweisverwertungsverbot kommt. Allerdings noch nicht zum Freispruch, da nach Auffassung des BGH eine Verurteilung aufgrund anderer Beweismittel nicht ausgeschlossen ist.
Der BGH schreibt u.a.:
„Das Vorgehen verstieß nämlich gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 6 Abs. 1 MRK) unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes, dass niemand verpflichtet ist, zu seiner eigenen Überführung beizutragen, insbesondere sich selbst zu belasten (nemo tenetur se ipsum accusare). Dabei schließt sich der Senat – wie bereits der Sache nach der 4. Strafsenat in StV 2009, 225 – den Darlegungen des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in BGHSt 52, 11, 17 Tz. 20 zur Genese, Verankerung und Bedeutung dieses Grundsatzes an (vgl. auch BGHSt 53, 294, 309 Tz. 49). Da der Beamte sogar eindeutig die Kompetenzen überschritten hat, die einem Verdeckten Ermittler zugestanden hätten, stünden einem noch nicht formal als unzulässig bewerteten entsprechenden Vorgehen als nicht offen ermittelnder Polizeibeamter identische durchgreifende Bedenken – erst recht – entgegen (vgl. Roxin StV 1998, 43, 44; Meyer-Goßner aaO § 110a Rdn. 4; BT-Drucks 14/1484 S. 24).
aa) Die Aushorchung des Angeklagten unter Ausnutzung der besonderen Situation seiner Inhaftierung begründet von vornherein Bedenken gegen die Zulässigkeit der heimlichen Ermittlungsmaßnahme. Nicht weniger als in anderen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beanstandeten Fällen heimlicher Informationsgewinnung unter Ausnutzung begleitender belastender Haftsituationen (vgl. BGHSt 34, 362; 44, 129; 52, 11; 53, 294) liegen auch hier Umstände vor, die zur Bewertung des Vorgehens als unfaire Vernachlässigung der zu achtenden Selbstbelastungsfreiheit führt.
Im Einklang mit der Auffassung des Großen Senats für Strafsachen (BGHSt 42, 139, 152; vgl. auch BGHSt 49, 56, 58) und in Übereinstimmung mit der die Selbstbelastungsfreiheit auf Art. 6 Abs. 1 MRK stützenden Rechtsprechung des EGMR (StV 2003, 257; NJW 2008, 3549; 2010, 213) sieht der Senat durch die Anwendung von Zwang den Kernbereich der Selbstbelastungsfreiheit des Angeklagten als verletzt an. Zwar sind Verdeckte Ermittler berechtigt, unter Nutzung einer Legende selbstbelastende Äußerungen eines Beschuldigten entgegenzunehmen und an die Ermittlungsbehörden weiterzuleiten. Sie sind aber nicht befugt, in diesem Rahmen den Beschuldigten zu selbstbelastenden Äußerungen zu drängen (BGHSt 52, 11, 15 Tz. 14; vgl. auch BGH StV 2009, 225, 226).“
Lesenswerte Entscheidung, die die bisherige Rechtsprechung des BGH fortführt.