Schlagwort-Archive: Fahrerlaubnis

Wochenspiegel für die 12. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Wir berichten über:

  1. Über die Fahrerlaubnis mit Verfallsdatum.
  2. Über die bösen Angeklagten.
  3. Über die langsam mahlenden Mühlen des Gesetzes.
  4. Über das Schmierestehen.
  5. Über tödliche Gerichtsentscheidungen.
  6. Über einen besonderen Anfangsverdacht.
  7. Über das Abschleppen vom Supermarktparktplatz.
  8. Über Rechtsmittel im Jugendstrafrecht.
  9. Über die Parallelwertung in der Laiensphäre.
  10. Und über die Beschlagnahme von Interviewprotokollen.

Geb ich dir, gibst du mir

so hatte offenbar der Kraftfahrer gedacht, der auf seine Fahrerlaubnis verzichtet hat und sich dadurch das Löschen seiner Punkte in der Flensburger Datei erhofft hatte. Die Sache war streitig und ist bis zum BVerwG gegangen, das über diese Problematik mit Urt. v. 03.03.2011 – 3 C 1.10 entschieden hat. Bisher liegt nur die PM dazu vor. Darin wird mitgeteilt:

Keine Löschung von Punkten im Verkehrszentralregister nach Verzicht auf die Fahrerlaubnis

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis nicht zu einer Löschung von Punkten im Verkehrszentralregister nach § 4 Abs. 2 Satz 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) führt.

Aufgrund zahlreicher vom Kläger begangener Verkehrsverstöße forderte das Landratsamt Berchtesgadener Land von ihm im Oktober 2005 die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens; es wies darauf hin, dass bei Nichtvorlage auf seine mangelnde Fahreignung geschlossen werden dürfe und ihm die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse. Der Kläger gab an, nicht über die finanziellen Mittel für ein solches Gutachten zu verfügen und ohnehin ein Fahrverbot antreten zu müssen; er verzichtete er auf seine Fahrerlaubnis und gab den Führerschein im Februar 2006 bei der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach der Teilnahme an einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung erhielt er im September 2006 eine neue Fahrerlaubnis. Da der Kläger im Oktober 2007 16 Punkte im Verkehrszentralregister erreichte, ordnete das Landratsamt die Teilnahme an einem Aufbauseminar an. Hiergegen wandte er ein, dass wegen seines Verzichts auf die Fahrerlaubnis die zuvor eingetragenen Punkte zu löschen gewesen seien. Die Vorinstanzen haben ihm mit unterschiedlicher Begründung Recht gegeben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen geändert und die Klage abgewiesen. Die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG, dass bei der Entziehung der Fahrerlaubnis die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht werden, ist nicht auf die Fälle eines Verzichts auf die Fahrerlaubnis übertragbar. Einer analogen Anwendung steht entgegen, dass der Normgeber ausweislich der Gesetzesbegründung bei Verzichtsfällen bewusst von einer Löschung der Punkte abgesehen hat; somit fehlt es an einer unbewussten Regelungslücke. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf es auch keiner erweiternden Auslegung der Löschungsregelung aus Gründen der Gleichbehandlung; die vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG vorgesehene Differenzierung zwischen einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis und deren Entziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde ist sachlich gerechtfertigt.“

Früh übt sich, was ein Meister werden will…

und zwar nicht nur beim Fußballspielen, sondern auch beim Fahren, so dachte es sich ein Mitglied der Jugendfussballabteilung von Bayer 04 Leverkusen und hat eine Ausnahmegenehmigung vom Mindestalter für das begleitete Fahren (§§ 74, 48a FEV) beantragt.

Das VG Köln, Beschl. v. 10.01.2011 – 11 L 1653/10 sagt dazu: Vom vorgesehenen Mindestalter für die Erteilung der Fahrerlaubnis kann eine Ausnahme genehmigt werden, wenn dies zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist. Bei der Erteilung einer Ausnahme vom Mindestalter sei aber angesichts erhöhter Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch gerade junge Fahranfänger eine restriktive Handhabung geboten. Auch das  Nebeneinander von Schule und sportlicher Betätigung führe allein noch nicht zur Annahme einer unzumutbaren Härte, sondern sei Ausdruck freier Entscheidung desjenigen, der sich bereits während des Schulbesuchs eine Einstiegsmöglichkeit in den Profifußball verschaffen wolle. Die im Zusammenspiel der schulischen und sportlichen Aktivitäten entstehenden Fahrzeiten bis zu 3 Stunden täglich rechtfertigen nicht die Annahme einer unzumutbaren Härte. Darüber hinaus scheidet eine Ausnahmegenehmigung zur Bewältigung von Strecken innerhalb von städtischen Bereichen aus.

Also: Radfahren? Trainiert auch :-).

„Butter bei die Fische“, oder: Der eingeräumte Cannabisbesitz

Der Kampf um die Fahrerlaubnis findet ja nicht nur im Strafverfahren statt, wenn es um die Frage geht: Drogenfahrt. ja oder Nein? sondern er setzt sich häufig  im Verwaltungsverfahren fort. So auch in einem Fall in Hessen, über den jetzt vor kurzem der dortige VGH in seinem Beschl. v. 24. 11. 2010,  2 B 2190/10 entschieden hat.

Der Antragsteller kämpfte dort gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines behördlich geforderten ärztlichen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 FeV. Im Jahre 2007 waren bei ihm im Rahmen einer Hausdurchsuchung 200g Haschisch gefunden worden. Im Starfverfahren räumte er in der Hauptverhandlung im Dezember 2007 ein, die Betäubungsmittel zum Eigenkonsum besessen zu haben. Verurteilt wurde er wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, da seine Einlassung als widerlegt angesehen wurde. Im August 2009 ordnete die zuständige Fahrerlaubnisbehörde, nachdem sie von dem Urteil Kenntnis erlangt hatte, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 FeV an und entzog dem Antragsteller, nachdem dieser das Gutachten nicht beigebracht hatte, unter dem  15. 9. 2010 die Fahrerlaubnis unter Berufung auf dessen Nichteignung gem. § 11 Abs. 8 FeV. Mit der Beutachtung sollte festgestellt werden, ob regel- oder gewohnheitsmäßiger Konsum von Betäubungsmitteln bei der Person des Beschwerdeführers vorläge, was seine Fahreignung ausschließen würde.

Der Antragsteller ist ins Widerspruchsverfahren gegangen und hatte dort beim VGH Erfolg. Der hat die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederhergestellt. Vergehe zwischen dem Fund einer größeren Menge Cannabis bei einem Fahrerlaubnisinhaber sowie dessen Einlassung, er habe die Betäubungsmittel zum Eigengebrauch besessen und der Aufforderung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 FeV ein erheblicher Zeitraum  –  hier waren es über 18 Monate – , so sei die Behörde gehindert, aus der Nichtbeibringung des Gutachtens gem. § 11 Abs. 8 FeV auf die Ungeeignetheit des Betroffenen zu schließen, soweit weitere Anknüpfungspunkte für dessen Ungeeignetheit fehlen. Vielmehr müssten entweder ausreichende Hinweise auf regelmäßigen Konsum hinweisen oder aber weitere Anknüpfungstatsachen vorliegen, die die Eignung des Betroffenen in Zweifel zu ziehen geeignet sind, namentlich fehlendes Trennungsvermögen o.ä. .

Also: „Butter bei die Fische“

Die Fahrerlaubnisentziehung im Nichtregelfall…

Die Entziehung der Fahrerlaubnis in den Fällen, in denen kein Regelfall nach § 69 Abs. 2 StGB vorliegt, sondern nur eine Delikt der „allgemeinen Kriminalität“ hat ja schon den Großen Senat für Strafsachen des BGH beschäftigt, der dazu in seinem Beschl. in BGHSt 50, 93 Stellung genommen hat.

Danach ist es an der „Front“ verhältnismäßig ruhig geworden. Jetzt hat der BGH vor kurzem noch einmal zu der Problematik Stellung genommen (vgl. Beschl. v. 09.11.2010 – 4 StR 509/10). Allerdings ging es nicht um neue Fragen, sondern um den Umfang der Feststellungen. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen „unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen, jeweils in Tateinheit mit gewerbsmäßigem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 30 weiteren Fällen und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der BGH hat u.a. die Fahrerlaubnisentziehung aufgehoben

„Aufzuheben war ferner die Maßregelanordnung der Festsetzung einer isolierten Sperre gemäß § 69 a StGB. Den Urteilsgründen ist nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, an welche rechtswidrige Tat die Maßregel anknüpft. Es bleibt letztlich offen, ob sie wegen eines Verkehrsdelikts oder wegen einer im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangenen Straftat der allgemeinen Kriminalität (Zusammenhangstat) angeordnet wurde. Wird eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB aber an Zusammenhangstaten angeknüpft, muss sich aus den Urteilsgründen die Überzeugung des Tatrichters ergeben, dass die festgestellten Umstände den konkreten Anhalt begründen, der Täter stelle eine Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs dar (BGH, Großer Senat, Beschluss vom 27. April 2005 – GSSt 2/04, BGHSt 50, 93, 105). „