Ich hatte am vergangenen Freitag die Frage gestellt: Aktendoppel für den Mandanten, zulässig ja oder nein? Die Statistik mit den Zugriffszahlen zeigt mir: Eine Frage, die die Praxis bewegt.
Nun, darf man oder darf man? Schön wäre es, wenn man die Frage mit einem klaren Ja beantworten könnte, wie es ein Kommentator getan hat, der anmerkt: „§ 147 Abs. 7 StPO i.V.m. EGMR und der GRC. Uneingeschränktes JA. “ Ich folge ihm gern, nur sieht es die (ober)gerichtliche Rechtsprechung leider anders und ist sehr viel zurückhaltender. So passt besser ein anderer Kommentar, nämlich: „Ich hab die Antwort, ich hab sie: Kommt drauf an “ Und das verdeutlichen m.E. auch zwei Beschlüsse, auch die ich in dem Zusammenhang hinweisen möchte. Das ist einmal der OLG Braunschweig, Beschl. v. 26. 5. 2014, 1 Ws 144/14 u. 1 Ws 146/14 – und dann der LG Aachen, Beschl v. 16.06.2014 – 67 KLs-901 Js 193/12-11/12 . Der OLG Braunschweig-Beschl. sieht es (viel) restriktiver als das LG Aachen, das aber auch eine Prüfungspflicht des Rechtsanwalts/Verteidigers bejaht, m.E. aber mehr Spielraum lässt. Fraglich ist dann natürlich, wie weit geht der und was muss der Verteidiger prüfen. Es stellt sich letztlich die Frage: Muss der Verteidiger mehr prüfen als für den eigenen Aktenauszug oder darf er dem Mandanten (unbesehen) alles das zur Verfügung stellen, was er für sich selbst auch kopieren kann.?
Allgemein wird man sagen können/müssen: Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ein Aktendoppel zumindest dann erstattungsfähig wenn seine Erstellung zur sachgemäßen Verteidigung erforderlich war, wie z.B. in einem umfangreichen Strafverfahren mit schwieriger Beweislage, in dem der Verteidiger auf den dauernden Besitz eines Aktenauszugs angewiesen war, oder bei gravierenden Straftaten, oder, wenn er ihn braucht, „um seine Verteidigung mit dem Verteidiger einzurichten“. Es hilft dabei sicherlich die Argumentation des LG. Und noch zwei Punkte:
- Um Schwierigkeit bei der Erstattung/Festsetzung zu vermeiden, sollte der Pflichtverteidiger ggf. den Weg über § 46 Abs. 2 Satz 1 RVG gehen und die Feststellung der Erforderlichkeit des Aktendoppels durch das Gericht beantragen. Eine andere Möglichkeit zur Klärung ist, insoweit einen Vorschuss gem. § 47 RVG zu verlangen.
- Und: Solche Konstellationen wie beim OLG Braunschweig sind natürlich „tödlich“. Es ist kaum nachvollziehbar – jedenfalls auf den ersten Blick -, wieso 2.864 Fotokopien, deren Erstattung verlangt wird, angefallen sein sollen, wenn die Ermittlungsakten zum Zeitpunkt des Akteneinsichtgesuchs auf lediglich 863 Seiten zuzüglich 149 „Sonderheft Haftbeschwerde“ zuzüglich etwaiger Doppelseiten angewachsen waren.