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Einziehung I: Entreicherung des Einziehungsadressaten, oder: Entreicherung in den sog. „Verschiebungsfällen“

In die 33. KW. geht es dann heute mit Entscheidungen zur Einziehung (§§ 73 ff. StGB). Hier zunächst der KG, Beschl. v. 07.06.2024 – 5 Ws 47/24 – 161 GWs 24/24 – zur Anwendung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO bei Entreicherung des Einziehungsadressaten, insbesondere in den sog. „Verschiebungsfällen“.

Zugrunde liegt folgender Sachverhalt:

Mit seit dem 30.032022 rechtskräftigem Urteil vom 30.07,2021 verhängte das LG Berlin gegen den Beschwerdeführer wegen (gemeinschaftlich begangenen) Computerbetruges eine Freiheitsstrafe. Außerdem ordnete es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 12.291.092,37 EUR – davon 12.198.276,83 EUR als Gesamtschuldner – an. Dem lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Jahre 2011 gemeinsam mit dem Mitangeklagten V. unter Rückgriff auf eine Vielzahl von Fälschungen und Täuschungen im maschinellen Mahnverfahren einen Mahn- sowie einen Vollstreckungsbescheid über eine in Wahrheit nicht bestehende Forderung von mehr als 23 Mio. Euro gegen einen libyschen Staatsfonds (L.) erwirkt und im Wege der Zwangsvollstreckung die Überweisung eines Geldbetrages in Höhe des genannten Einziehungsbetrages auf ein unter seinem Namen geführtes Konto, über welches er allein verfügungsbefugt war, erreicht hatte. Von dem Betrag entfiel auf den Beschwerdeführer als Taterlös letztlich (nur) ein Anteil von insgesamt 165.000,– Euro, während der Rest (nach Abzug von Bankgebühren) über eine einziehungsbeteiligte Gesellschaft, die R. GmbH, an den Mitangeklagten sowie an weitere Beteiligte floss.

U.a. mit Schriftsatz seiner Verteidigerin hat der der Beschwerdeführer dann beantragt, von der Vollstreckung der Einziehungsentscheidung nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO abzusehen. Er macht insbesondere geltend, § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO sei in der bis zum 30.06.2021 geltenden Fassung  heranzuziehen, die gegenüber der aktuellen Rechtslage das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs. 3 und 5 StGB darstelle. Er sei im Sinne des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO a. F. entreichert, weil er das Erlangte (ganz überwiegend) an die R. GmbH weitergereicht habe. Jedenfalls aber sei eine Einziehung unverhältnismäßig. Die Weitergabe des Erlangten gebiete eine Korrektur der tatgerichtlichen Einziehungsentscheidung, bei der Verhältnismäßigkeitserwägungen keine Berücksichtigung hätten finden können. Außerdem sei er zur Begleichung des Einziehungsbetrages nicht in der Lage. Die Verpflichtung, neu erwirtschaftetes Vermögen oberhalb der Pfändungsgrenzen zeitlich unbegrenzt an den Staat abzuführen, sei allenfalls dann zumutbar, wenn das abgeschöpfte Vermögen an den Verletzten ausgekehrt (§ 459h Abs. 2 StPO) und der Einziehungsadressat damit letztlich nur einem abweichenden Vollstreckungsregime unterworfen werde. Anderes gelte jedoch, wenn der Verletzte – wie hier – keine dem Einziehungsbetrag entsprechenden Ansprüche gegen den Betroffenen habe, so dass der Betrag dem durch die Straftat nicht geschädigten Staat verbleibe; dies sei mit dem kondiktionsähnlich ausgestalteten, auf die Beseitigung deliktisch entstandener Vermögenslagen gerichteten Institut der Einziehung nicht vereinbar. Das LG den Beschwerdeführer auf eine Klage des L. mit insoweit rechtskräftigem Urteil vom 02.06.2022 (…) zur Zahlung von (lediglich) 164.620,81 Euro nebst Zinsen als Schadenersatz nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 852 Satz 1 BGB) verurteilt; deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263a StGB habe das Gericht als verjährt angesehen. Zahlungen an den L. könne der Verurteilte derzeit nur im Wege der Hinterlegung leisten, weil das Vermögen des L. auf der Grundlage der Verordnung (EU) 2016/44 eingefroren sei. Eine Vollstreckung hätte außerdem erdrosselnde und desozialisierende Wirkung. Die Bestellung des Beschwerdeführers zum Notar sei aufgrund der Verurteilung erloschen. Als Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ständen ihm monatliche Vorabentnahmen im Umgang von 5.000,– EUR (brutto) zu; hiervon habe er Steuervorauszahlungen von monatlich 1.485,– EUR, Krankenversicherungsbeiträge von 701,50 EUR sowie Mietzahlungen von 1.237,58 EUR zu leisten und sei seiner nicht berufstätigen Ehefrau und seinen vier minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er drohe durch die Vollstreckung in Vermögensverfall zu geraten und deshalb seine Anwaltszulassung zu verlieren. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf den Inhalt der genannten Schriftsätze.

Das LG hat unter (stillschweigender) Ablehnung des Antrags angeordnet, dass die Vollstreckung der Einziehung fortgesetzt wird. Dagegen die Beschwerde, die keinen Erfolg hatte.

Hier die Leitsätze zu der Entscheidungen des KG:

    1. Die Vorschrift des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO, nach welcher die Vollstreckung der zu einer Geldzahlung verpflichtenden Nebenfolge unterbleibt, soweit sie unverhältnismäßig wäre, ist in ihrer seit dem 1. Juli 2021 geltenden Fassung auch auf Fälle anzuwenden, in denen die zugrundeliegende Straftat bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits beendet war.
    2. § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO ist nach seinem Regelungsgehalt eine verfahrensrechtliche Vorschrift, auf welche § 2 Abs. 3 StGB keine Anwendung findet, weil sie lediglich eine den Anordnungen nach § 455 StPO vergleichbare vorläufige (§ 459 Abs. 5 Satz 2 StPO) Unterbleibensanordnung vorsieht, welche die Höhe des durch das Tatgericht materiellrechtlich abschließend bestimmten Einziehungsbetrages unberührt lässt.
    3. Unverhältnismäßig im Sinne des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO ist die Vollstreckung nur dann, wenn mit ihr aufgrund besonderer Umstände eine außerhalb des Einziehungszwecks liegende besondere Härte verbunden wäre, die dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Einziehung nicht zugemutet werden kann. Dies gilt auch für die nach bisher geltendem Recht als Unterfall der Unverhältnismäßigkeit gesondert geregelte Konstellation, dass der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist (Entreicherung).
    4. Hat der Einziehungsadressat den von ihm erlangten Betrag tatplangemäß an einen Mittäter weitergereicht („Verschiebung“ von Taterlösen), so eröffnet dies regelmäßig keine Anwendung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO. Eine Begrenzung der Vollstreckung auf den einem Einziehungsbeteiligten verbleibenden Betrag findet im Gesetz keine Stütze und widerspräche nicht nur den materiellrechtlichen Einziehungsvorschriften, nach denen von einer Einziehungsanordnung lediglich in der Ausnahmekonstellation eines nur „transitorischen Besitzes“ abzusehen ist, sondern auch den Wertungen des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts (§ 819 Abs. 1 i. V. m. § 818 Abs. 4 BGB), an denen sich der Gesetzgeber explizit orientiert hat.

Einzelheiten dann bitte im verlinkten Volltext nachlesen.

Einziehung II: Einstellung der angeordneten Einziehung, oder: Entreicherung muss konkret dargelegt werden

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Und dann als zweite Entscheidung eine Entscheidung aus dem Vollstreckungsverfahren, und zwar der OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.05.2023 – 1 Ws 65/22.

Der Verurteilte erstrebt die gerichtliche Anordnung des Unterbleibens einer Wertersatzeinziehung gemäß § 459g Abs. 5 StPO, da der Wert des Erlangten nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden sei und die weitere Vollstreckung sich als unverhältnismäßig erweisen würde. Eingezogen worden war ein Geldbetrag in Höhe von 117.676,90 EUR.

Wegen der Einzelheiten des Vollstreckungsverfahrens verweise ich auf den verlinkten Volltext.

Das OLG hat die Anordnung, dass die weitere Vollstreckung der angeordneten Einziehung eines Geldbetrages, der dem Wert des Erlangten entspricht, unterbleibt. Dazu führt es u.a. aus:

„a) Die Entscheidung über die Anordnung des Unterbleibens der Vollstreckung von Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, richtet sich im vorliegenden Fall nach § 459g Abs. 5 StPO a.F., d.h. in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung. Nach § 459g Abs. 5 S. 1 StPO a.F. unterbleibt die weitere Vollstreckung von Nebenforderungen, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist oder die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre.

Zwar ist die Vorschrift des § 459 StPO vor der angefochtenen Entscheidung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl. 2021, 2099) zum 1. Juli 2021 u.a. dahingehend geändert worden, dass in Absatz 5 die „Entreicherung“ als besonderer Aspekt der „sonstigen Unverhältnismäßigkeit“ und damit zugleich als zwingendes Vollstreckungshindernis gestrichen wurde. Jedoch wurde im vorliegenden Fall die Tat vor dem 1. Juli 2021 beendet und der Verurteilte hat vor dem 1. Juli 2021 das Unterbleiben der Vollstreckung beantragt, so dass entsprechend dem Meistbegünstigungsprinzip des § 2 Abs. 3 StGB das mildere Gesetz gilt. Dies ist im Vergleich zur jetzigen Regelung die bis zum 30. Juni 2021 geltende Fassung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO, die für den Fall der Entreicherung das Unterbleiben der (weiteren) Vollstreckung zwingend anordnete.

Die Vorschrift des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung schreibt das Unterbleiben der Vollstreckung zwingend vor, wenn das durch die Straftat Erlangte bzw. dessen Wert nicht (mehr) im Vermögen des Tatbeteiligten vorhanden ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525, 31, 95; BGH, Urteil vom 8. Mai 2019, 5 StR 95/19, zit. n. juris, dort Rn. 6; BGH, Urteil vom 15. Mai 2018, 1 StR 651/17, zit. n. juris, dort Rn. 57; BGH, Beschluss vom 22. März 2018, 3 StR 577/17; Senatsbeschluss vom 22. September 2022, 1 Ws 118/21 (S), in: NZI 2022, 954 ff.; OLG München, Beschluss vom 19. Juli 2018, 5 OLG 15 Ss 539/17, zit. n. juris, dort Rn. 26, OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Februar 2020, Ws 2/20, StraFo 2020, 393 f.), wobei die zivilrechtlichen Gesichtspunkte der verschärften Haftung gemäß § 818 Abs. 4, 819 BGB nach der Rechtsprechung bei der Auslegung von § 459g StPO keine Rolle spielen kann (vgl. Senatsbeschluss a.a.O.; OLG Schleswig, Beschluss vom 30. Januar 2020, 2 Ws 69/19 (40/19), NStZ-RR 2021, 63; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Februar 2020, Ws 2/20, ZInsO 2020, 2144; LG Bochum Beschluss vom 24. April 2020, 12 KLs 6/19, NInsO 2021, 1452 f, jew. m.w.N.). Denn erkennbar hat sich der Gesetzgeber für eigenständige Wertungen des Vollstreckungsrechts entschieden, um zwar einerseits die Vermögensabschöpfung zu effektivieren, andererseits aber die Tatbeteiligten vor der „erdrosselnden“ Wirkung der Wertersatzanordnung trotz möglicher Entreicherung zu schützen (amtl. Begründung des Regierungsentwurfs zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, BT-Drucks. 18/9525, S. 57).

Zur Entlastung der Hauptverhandlung verlagerte der Reformgesetzgeber 2017 (Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017, BGBl. I, 872) die Härteklausel des § 73c StGB a.F., der dem erkennenden Gericht für den Fall der Entreicherung ein Ermessen eröffnete, von Verfallserscheinungen abzusehen, in das Vollstreckungsverfahren und erweiterte sie dahin, dass die Entreicherung nicht mehr fakultativ, sondern zwingend zum Ausschluss der Vollstreckung führte (s.o.; BT-Drucks. aaO.). Ungeachtet des Vorstehenden stellt die Frage der Entreicherung auch einen Aspekt der allgemeinen Verhältnismäßigkeit dar.

b) Im vorliegenden Fall ist von einer Entreicherung des Beschwerdeführers auszugehen.

Für die sichere Annahme eines Vermögensabflusses über bloße Vermutungen hinaus bedarf es einer tragfähigen Tatsachengrundlage, wozu das Gericht konkrete Feststellungen zu treffen hat. Insoweit kann bei der Entscheidung nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nichts anderes gelten als bei der Feststellung einer Entreicherung im Erkenntnisverfahren (vgl. Senatsbeschluss vom 22. September 2022, 1 Ws 118/21 (S), in: NZI 2022, 954 ff.; ebenso: KG Berlin, Beschluss vom 7. September 2020, 5 Ws 105/19, zit. n. juris, dort Rn. 18; OLG München, Beschluss vom 12. Februar 2019, 3 Ws 939/18, zit. n. juris, dort Rn. 13; Lubini, NZWiSt 2019, 419, 422; Appl, KK-StPO, 8. Aufl. § 459g Rn. 17; siehe auch zum Erkenntnisverfahren: BT-Drs. 18/9525, 47; BGH, Beschluss vom 8. August 2013, 3 StR 179/13, zit. n. juris, dort Rn. 2). Eine Amtspflicht zur Ermittlung dieser Tatsachengrundlage besteht für das Gericht indes nicht (Senatsbeschluss aaO.; KG aaO.; Rettke, NZWiSt 2019, 338, 339). Sie muss vielmehr – soweit entsprechende Tatsachen dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft nicht ohnehin bereits bekannt sind – vom Einziehungsadressaten dargelegt und nachgewiesen werden (Lubini a.a.O.; Wolf, Rpfleger 2017, 489, 493; Rettke, a.a.O., 340; siehe auch BT-Drs. 18/10146, 6, 12). Dies ist Folge der seit 2017 umgesetzten Verschiebung der Entreicherungsprüfung in das Vollstreckungsverfahren. Die Darlegungs- und Beweislastzuschreibung stellt dabei keine ungebührliche Belastung des Verurteilten dar, da die maßgeblichen Umstände zur Ermittlung eines Vermögensabflusses grundsätzlich in seiner Einfluss- und Kenntnissphäre liegen und er – anders als im Erkenntnisverfahren – bei der Tätigung von Angaben zu seinem Vermögen nicht mehr auf seine Verteidigung gegen den Tatvorwurf Bedacht nehmen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2018, 3 StR 577/17, zit. n. juris). Bloße, nicht nachprüfbare Behauptungen des Verurteilten bilden keine ausreichende Grundlage für die durch das Gericht zu treffenden Feststellungen (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 7. November 2019, 1 Ws 341/19, zit. n. juris, dort Rn. 12), da sonst das Rechtsinstitut der Vermögensabschöpfung auf der Vollstreckungsebene ausgehöhlt werden könnte, was dem gesetzgeberischen Zweck der effektiven Abschöpfung inkriminierten Vermögens zuwiderliefe (siehe dazu BT-Drs. 18/9525, 45, 48).

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer seiner Nachweispflicht nachgekommen, indem er seine Lohnabrechnungen eingereicht und seine Wohnkosten belegt hat. Aus den von ihm eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Verurteilte verarmt ist.

Von seiner Nachweispflicht ist der Verurteilte zudem ausnahmsweise dann entbunden, wenn die absehensbegründenden Tatsachen der Strafvollstreckungsbehörde bzw. dem zur Entscheidung berufenen Gericht sicher bekannt sind (vgl. Senatsbeschluss vom 22. September 2022, 1 Ws 118/21 (S), in: NZI 2022, 954 ff.; OLG Jena, Beschluss vom 7. November 2019, 1 Ws 341/19, zit. n. juris, dort Rn. 12; Rettke, NZWiSt 2019, 338, 339). Eine entsprechende Kenntnis kann beispielsweise aus erfolglosen Vollstreckungsversuchen der Staatsanwaltschaft (dazu vgl. OLG München, Beschluss vom 3. November 2017, BesckRS 2017 136037, dort Rn. 15) oder aus den Feststellungen des die Wertersatzeinziehung anordnenden rechtskräftigen Urteils erwachsen. Hat das erkennende Gericht konkrete Feststellungen zur Entreicherung bei dem Verurteilten getroffen, sind diese von Amts wegen ermittelten und durch Strengbeweis gewonnenen Erkenntnisse im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich taugliche Beurteilungsgrundlage (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 7. September 2020, 5 Ws 105/19, zit. n. juris, dort Rn. 18; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Februar 2020, Ss 2/20, zit. n. juris, dort Rn. 2, 8; OLG München, Beschluss vom 3. November 2017, BesckRS 2017 136037, dort Rn. 16). Etwas anderes gilt nur dann, wenn nachträglich bekannt gewordene Tatsachen geeignet sind, die Urteilsfeststellungen in Zweifel zu ziehen. In diesem Fall lebt die Darlegungs- und Beweislast des Verurteilten hinsichtlich des Vermögensabflusses wieder auf. Denn für die Prüfung der Entreicherung kommt es auf den Zeitpunkt der Vollstreckungsentscheidung und nicht auf den der Verurteilung an (Köhler in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 459g Rn. 13); die Neuregelung des Rechts der Vermögensabschöpfung im Jahr 2017 sollte gerade auch der Abschöpfung nachträglich entdeckten Vermögens dienen (vgl. BT-Drs. 18/9525, 47 f., 57, 94). Für die Berücksichtigungsfähigkeit nachträglich bekannt werdender oder eintretender Umstände streitet auch die Regelung des § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO, die für diese Fälle sogar die Wiederaufnahme der Vollstreckung nach einer zuvor gemäß § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO getroffenen Absehensentscheidung vorsieht.

Entsprechend den vorgenannten Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass der Wert des durch die erhaltenen Provisionen Erlangten nicht mehr im Vermögen des Verurteilten vorhanden ist…..“

Einziehung III: (Ganz) kleine Rechtsprechungsübersicht, oder: Weiterverkauf von BtM, Spesen, Entreicherung

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Und dann noch der Rest an Einziehungsentscheidungen aus meinem Blogordner, und zwar:

„Im Fall 2 der Urteilsgründe begegnet die Einziehungsanordnung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden dem Angeklagten im Fall 2 der Urteilsgründe 106 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 15 Prozent im Wert von 4.000 Euro geliefert, die er gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Durch diese Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erlangte der Angeklagte Kokain. Das Landgericht hat einen dessen Wert entsprechenden Geldbetrag (4.000 Euro) nach §§ 73, 73c StGB eingezogen.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zutreffend hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass zum gewinnbringenden Weiterverkauf erlangte Betäubungsmittel nicht Taterträge im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB sind, sondern Tatobjekte, die nach § 33 Satz 1 BtMG iVm § 74 Abs. 2 StGB eingezogen werden können. Die Einziehung des Wertersatzes richtet sich dementsprechend nach § 74c StGB. Voraussetzung hierfür ist, dass das Tatobjekt dem Täter zur Tatzeit gehörte oder zustand. Werden Betäubungsmittel wie hier aber im Inland erworben, kann der Käufer wegen § 134 BGB kein Eigentum an den Drogen erlangen (BGH, Beschluss vom 9. November 2021 – 5 StR 244/21).

Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Satz 1 StPO). Anders als in den übrigen Fällen ist im Fall 2 gerade nicht festgestellt, dass dem Angeklagten der Erlös aus einem etwaigen Weiterverkauf zugeflossen ist. Die Voraussetzungen einer Wertersatzeinziehung nach §§ 73, 73c StGB von 4.000 Euro als Mindestverkaufserlös liegen somit nicht vor. Wie vom Generalbundeanwalt beantragt, hat der Senat den Ausspruch über die Anordnung der Einziehung des Wertes daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO um 4.000 Euro reduziert.“

„Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen erhielt die Angeklagte den Betrag von 1.500 Euro von einem der Hintermänner, um damit das für die Tatausführung erforderliche Fahrzeug anmieten und Übernachtungskosten bezahlen zu können.

Bei dieser Sachlage hat die Angeklagte den Geldbetrag – anders als es bei der erstrebten Teilhabe an der Tatbeute läge – nicht für die Taten, sondern für deren Durchführung erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2010 – 4 StR 277/10; NStZ-RR 2011, 283, 284 mwN).

Derartige „Spesen“ unterliegen als Tatmittel der Einziehung nach § 74 Abs. 1 und § 74c Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juli 2002 – 3 StR 240/02; Urteil vom 25. Februar 1993 – 1 StR 808/92; BGHR StGB § 74 Abs. 1 Tatmittel 4). Die Einziehung des Tatmittels beziehungsweise dessen Wertes nach § 74c Abs. 1 StGB steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 7. April 2020 – 6 StR 34/20). Eine solche Ermessensentscheidung hat das Landgericht – von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent – nicht getroffen.

Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).“

1. § 459 Abs. 5 S. 1 StPO in der ab 01.07.2021 geltenden Fassung findet ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens auf Einziehungsentscheidungen Anwendung, auch wenn die der Einziehung zugrundeliegende Tat vor dem 01.07.2021 begangen wurde. Der Meistbegünstigungsgrundsatz aus § 2 Abs. 3 StGB ist auf § 459g Abs. 5 S. 1 StPO nicht anzuwenden (Anschluss OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.12.2022, 4 Ws 514/22, und OLG Schleswig, Beschluss vom 07.07.2022, 2 Ws 63/22, sowie OLG Hamm, Beschluss vom 18.08.2022, 5 Ws 211/22, juris Rn. 19; entgegen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.05.2022, 1 Ws 122/22, und Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.09.2022, 1 Ws 118/21).

2. Für die Einstellung der weiteren Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes wegen Unverhältnismäßigkeit ist es nicht ausreichend, dass das Erlangte nicht mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist.

Einziehung III: Die Vollstreckung der Einziehung, oder: „Ich habe nichts mehr aus der Tat.“

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Und als dritte Entscheidung zur Einziehung dann noch der OLG Hamburg, Beschl. v. 05.01.2023 – 5 Ws 52/22 – zur Fragen in Zusammenhang mit der Vollstreckung der Einziehung.

Das OLG geht von folgendem Sachverhalt aus:

„Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 32, vom 9.7.2019 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit dem strafbaren Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen und mit unerlaubtem Betreiben eines Lagers von explosionsgefährlichen Stoffen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem wurde gemäß § 73c StGB die Einziehung von Wertersatz in Höhe von € 80.091,69 angeordnet.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Kammer von Anfang 2015 bis Januar 2019 gemeinsam mit einem Mittäter im Keller des Wohnhauses seiner Mutter Cannabispflanzen zur Produktion von Marihuana anbaute, um sich durch fortgesetzte Betäubungsmittelverkäufe eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Betrag der angeordneten Wertersatzeinziehung errechnete sich aus dem Gesamterlös der im Tatzeitraum erwirtschafteten Ernten (€ 170.055,50) abzüglich des Werts der im Zuge der Durchsuchung sichergestellten, noch nicht verkauften Betäubungsmittelmenge (€ 15.409,81) und abzüglich des Wertes der Betäubungsmittelteilmenge, über die der Mittäter des Beschwerdeführers allein verfügt bzw. die dieser allein verkauft hatte (€ 23.769,-). Abgezogen wurde zudem ein aus Betäubungsmittelverkäufen stammender Bargeldbetrag, der bei der Durchsuchung am 18.1.2019 sichergestellt und gesondert eingezogen wurde (€ 50.785,-).

Die gegen den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe wurde zum Teil vollstreckt. Mit Beschluss vom 5.11.2021 setzte die Strafvollstreckungskammer den Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung aus.

Die Vollstreckung des Einziehungsbetrags blieb im Wesentlichen erfolglos. Nachdem die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.2.2022 erfolglos zur Zahlung des bis dahin verbliebenen Einziehungsbetrags von € 78.793,29 aufgefordert hatte, beantragte dieser am 27.6.2022, gemäß § 459g Abs. 5 StPO das Unterblieben der Vollstreckung des Einziehungsbetrags anzuordnen. Der Wert des Erlangten befinde sich nicht mehr in seinem Vermögen, da er von dem Gewinn aus den Taten damals seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Aktuell lebe er von ALG I in Höhe von € 1.100,- monatlich. Weitere Vermögenswerte seien nicht vorhanden, so dass er entreichert sei. Dies führe nach der aus seiner Sicht anwendbaren, bis zum 30.6.2021 gültigen Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 S. 1 StPO zwingend dazu, dass das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen sei. Zudem stelle sich die weitere Vollstreckung als unverhältnismäßig dar. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der vom Gericht errechneten Einziehungssumme um den Verkaufswert der Ernte handele und nicht um den Gewinn aus der Tat; Ausgaben z.B. für Strom seien bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden. Selbst wenn er aus seinem unpfändbaren Einkommen monatliche Raten in Höhe von z.B. € 150 zahlen würde, wären bis zum Ausgleich der Forderung ca. 534 Raten aufzubringen, so dass er über fast 45 Jahre auf sein unpfändbares Einkommen verwiesen sei. Dies sei erdrosselnd und verletzte ihn in seinem Grundrecht auf Resozialisierung.

Das Landgericht lehnte den Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 5.9.2022 ab. Es könne dahinstehen, welche Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 StPO Anwendung finde. Der Beschwerdeführer habe nämlich schon nicht ausreichend dargelegt, dass der Wert des durch die Tat Erlangten nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden, er also entreichert sei. Auch aus den Feststellungen des erkennenden Gerichts ergebe sich dies nicht. Es seien angesichts des Alters und der beruflichen Perspektiven des Beschwerdeführers auch keine besonderen Umstände erkennbar, die seine Resozialisierungsmöglichkeiten als gefährdet erscheinen ließen.“

Hiergegen richtet sich sofortige Beschwerde der Verurteilen, mit der er geltend macht, das LG habe die Anforderungen an die Darlegung und den Beweis der „Entreicherung“ überspannt, da diese darauf hinausliefen, dass er ein Haushaltsbuch hätte führen müssen. Von dem Tatertrag hätten ihm im Tatzeitraum rechnerisch ca. EUR 1.670,- monatlich zur Verfügung gestanden. Dies halte sich ohne Weiteres im Rahmen des für den Lebensunterhalt Üblichen.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Hier die Leitsätze zu der Entscheidung:

1. Bei der Regelung in § 459g Abs. 5 StPO, nach der das Gericht das Unterbleiben der Vollstreckung der Einziehung anzuordnen hat, wenn die Vollstreckung sonst unverhältnismäßig wäre, handelt es sich nicht um eine materiell-rechtliche, sondern um eine das Verfahren betreffende Vorschrift, so dass die Meistbegünstigungsregel des § 2 Abs. 3, 5 StGB hierauf keine Anwendung findet.

2. Infolgedessen ist die aktuelle Gesetzesfassung des § 459g Abs. 5 StPO, nach der im Falle der Entreicherung des Einziehungsschuldners nicht mehr zwingend das Unterbleiben der Vollstreckung anzuordnen ist, auch auf Altfälle anzuwenden, bei denen der Zeitpunkt Tatbeendigung vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung (1. Juli 2021) liegt.

3. Soweit sich der Einziehungsschuldner zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit der weiteren Vollstreckung darauf beruft, dass sich die Taterträge nicht mehr in seinem Vermögen befinden, obliegt ihm hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Beweiserleichterungen oder gar eine Vermutung dafür, dass Taterträge für den Lebensunterhalt verbraucht wurden, besteht auch dann nicht, wenn dem Einziehungsschuldner der Nachweis der Mittelverwendung durch deliktstypische Besonderheiten erschwert ist (hier: Ausgabe von Bareinnahmen aus Betäubungsmittelgeschäften).

Einziehung III: Ist der Verurteilte entreichert = pleite? oder: Tatsachengrundlage und Verhältnismäßigkeit

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Die dritte Entscheidung befasst sich mit einer vollstreckungsrechtlichen Frage bei einer angeordneten Einziehung. Es geht im LG Hamburg, Beschl. v. 24.08.2022 – 607 StVK 395/22 – um die Frage des sog. Vermögensabflusses und damit um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 459g Abs. 5 StPO.

Der Angeklagte war vom LG wegen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden, zudem hatte man die Einziehung des Wertersatzes des Taterlangten in Höhe von 70.815,00 Euro angeordnet. Dem lag zugrunde, dass der Verurteilte zwischen dem 04.04.2020 und dem 10.06.2020 unter Verwendung der „Encrochat“-Verschlüsselungssoftware (sic!) gewinnbringend mit Betäubungsmitteln gehandelt hatte. Mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten hatte das LG festgestellt, dass der Verurteilte Geld für Alkohol, Kokain und Onlineglücksspiele ausgegeben hatte, jedoch zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung auch private Schulden mit monatlichen Raten in Höhe von 50 EUR bediente.

Im Rahmen der Vollstreckung hatte der Verurteilte dann beantragt, das Unterbleiben der Vollstreckung der Einziehung anzuordnen. Er habe sein gesamtes Vermögen verspielt, zudem eine stationäre Entzugsbehandlung durchgeführt und befinde sich nun auf einem guten Weg. Er sei entreichert und die Vollstreckung auch im Übrigen unverhältnismäßig, da sie seine Resozialisierung wesentlich erschweren würde.

Mit dem Antrag hatte er beim LG keinen Erfolg. Das hat die Frage, ob altes oder neues Recht anzuwenden ist, offen gelassen. Zur Frage des Vermögensabflusses führt es u.a. aus, dass der entsprechende Vortrag nicht konkret genug sei – insoweit bitte selbst lesen. Und dann schließt es zur Frage der Verhältnismäßigkeit an:

„3. Die Vollstreckung der Einziehung des Wertersatzes des Taterlangten ist auch nicht sonst unverhältnismäßig. An die Unverhältnismäßigkeit sind mit Blick auf das gesetzgeberische Ziel der effektiven Vermögensabschöpfung hohe Anforderungen zu stellen, sie kann nur angenommen werden, wenn die Resozialisierung des Einziehungsadressaten wesentlich erschwert würde, die Vollstreckung eine erdrückende Wirkung zur Folge hat oder das Übermaßverbot verletzt ist.

Das grundrechtlich geschützte Resozialisierungsinteresse des Verurteilten steht einer Vollstreckung der Wertersatzeinziehung vorliegend nicht entgegen. Die Vollstreckungsbehörde ist grundsätzlich gehalten, die Nutznießung von Verbrechensgewinnen zu unterbinden, so dass die typischerweise mit jeder Einziehung verbundene Belastung für den Adressaten für sich genommen nicht zum Unterbleiben der Vollstreckung führen kann. Vielmehr müssen im Einzelfall besondere Gründe hinzutreten, die eine Gefährdung der Resozialisierungsmöglichkeiten durch die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung konkret befürchten lassen und denen nicht durch Maßnahmen nach § 459g Abs. 2 StPO i.V.m. § 459a StPO begegnet werden kann (vgl. hierzu auch: KG Berlin, Beschluss vom 07.09.2020, 161 AR 146/19, BeckRS 2020, 39454). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die pauschale Behauptung des Verurteilten, die Vollstreckung der Einziehung würde ihn wieder in die Gefahr der Drogen- und Spielsucht bringen, genügt nicht, um die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung zu begründen. Der Verurteilte hat selbst bereits berufliche Pläne skizziert, mit denen er seinen Lebensunterhalt künftig decken möchte. Aufgrund seines noch jungen Lebensalters ist auch nicht ersichtlich, warum er nicht in der Lage sein sollte, längerfristig Einkommen zu generieren, das über der Pfändungsfreigrenze liegt. Darüber hinaus hat er bereits eine Entzugsbehandlung erfolgreich absolviert und ein Hang zum übermäßigen Konsum sowie die Gefahr darauf zurückgehender Straftaten liegt nach sachverständiger Einschätzung bei dem Verurteilten nicht vor. Eine soziale Gefährdung durch sein Konsumverhalten wurde ausdrücklich nicht angenommen (S. 44 des Urteils vom 15.07.2021). Auch eine Verschlechterung der finanziellen Situation der Familie des Verurteilten gegenüber deren Lebenssituation bei Begehung der Taten ist mit Blick auf die auch bei der Vollstreckung geltenden Pfändungsfreigrenzen nicht zu befürchten.

Eine erdrückende Wirkung oder die Verletzung des Übermaßverbotes sind ebenso wenig dargelegt und auch nicht ersichtlich. Hierbei ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass neben den ohnehin greifenden Pfändungsschutzvorschriften nach §§ 459g Abs. 2, 459a StPO Zahlungserleichterungen vereinbart werden können. Darüber hinaus kann auch die Vollstreckungsbehörde gemäß §§ 459g Abs. 2, 459c Abs. 2 StPO von der Vollstreckung absehen, wenn zu erwarten ist, dass sie in absehbarer Zeit zu keinem Erfolg führen wird, etwa weil keine Vermögenswerte auffindbar sind.