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„Neue Männer braucht das Land“, ähh, das “ …..OLG Hamm“

entnommen wikimedia org Urheber Dr. Detlef Berntzen

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Anfang der 80-ziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hat Ina Deter den Song „Neue Männer braucht das Land“ gesungen. Daran habe ich sofort gedacht, als ich vorhin den Beitrag „OLG Hamm: Männerquote bei Einstellungen in Justizdienst“ des Kollegen von „Strafkate“ gelesen/gesehen habe. Er berichtet unter Bezug auf einen Presseartikel über die Klage des Präsidenten des OLG Hamm  Johan­nes Keders und des Generalsstastsanwaltes Man­fred Proyer über zu wenig „männlicher“ Bewerber, sowohl für den rich­ter­li­chen als auch für den staats­an­walt­schaft­li­chen Dienst. Von den 67 Rich­ter­stel­len, die im OLG-Bereich Hamm, die im ver­gan­ge­nen Jahr neu besetzt wur­den, gin­gen 44 an Frauen, also gut 2/3, bei der StA dieselbe Quote, nämlich von 33 neuen Stellen 22 mit Frauen besetzt. Das war übrigens schon zu der Zeit, als ich noch beim OLG war, abzusehen.

Als Heilmittel haben die beiden sich nun überlegt, die Voraussetzungen für die Einstellung männlicher Bewerber zu senken, und zwar von der Min­dest­note „voll­ be­frie­di­gend“ auf „befrie­di­gend“. Na ja, ob das was hilft, wird man sehen. Ich befürchte mal eher nein, da ich von vielen Kollegen höre, dass der Beruf bei der Justiz als Richter oder StA zunehmend als unattraktiv angesehen wird. Zudem: Ich kenne mich da ja nicht so aus: Aber geht das denn überhaupt? Gibt es nicht Probleme mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)? Wie gesagt: Ich weiß es. Nicht, dass man hinterher neue Stellen beim Verwaltungsgericht braucht, um mit den Klagen gegen diese Einstellungspraxis fertig zu werden.

Und das Ergebnis dieses Plans wird sicherlich auch sein: Demnächst werden, wenn es um die Beförderungsstelle geht, im Zweifel häufig – auch ohne Frauenquote 🙂 – die Frauen die Nase vorn haben. Sie sind ja dann durchweg besser qualifiziert. Also nur noch weibliche Strafkammer- und Senatsvorsitzende? Das wird Alice Schwarzer sich freuen. Die hat – so der Kollege Laudon – im Moment ja andere Sor­gen und kann sich daher um den Plan aus Hamm wohl nicht kümmern.

Zusatz um 15.30 Uhr: Die PM des OLG dazu hätte ich mal besser vorher gesucht 🙂 und gelesen :-(. Vgl. hier:

„Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm Johannes Keders weist darauf hin, dass Bewerberinnen und Bewerber für Stellen des richterlichen Dienstes im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm unter gleichen Voraussetzungen eingestellt wurden und werden.

Presseberichterstattungen der vergangenen Tage, denen zufolge bei Auswahlverfahren oder bei Einstellungsentscheidungen die Bewerber trotz schlechterer Examensnoten den Bewerberinnen vorgezogen werden, um den Anteil der männlichen Kollegen im richterlichen Dienst zu steigern, sind unrichtig. In der Vergangenheit wurden Männer und Frauen stets unter gleichen Voraussetzungen zu Vorstellungsgesprächen eingeladen und Auswahlentscheidungen ohne Berücksichtigung des Geschlechts getroffen. Diese Praxis wird selbstverständlich fortgesetzt. Der Präsident des Oberlandesgerichts betont, dass an der richterlichen Tätigkeit interessierte Bewerberinnen und Bewerber im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm gleichermaßen willkommen sind.“

Sterben ist kein prozessual vorwerfbares Verhalten

© frogarts - Fotolia.com

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Ich habe ja schon häufiger darauf hingewiesen, dass ich von vielen Kollegen immer wieder Beschlüsse übersandt bekomme, zu denen ich bloggen kann oder die sonst Verwendung, vor allem auch in meinen Handbüchern finden. Manche Emails kommen da ganz „normal“, also mit Gerichtsbezeichnung und Aktenzeichnung, manche aber auch mit „Eyecatcherüberschriften“, die dann sofort mein Interesse wecken. So auch der LG Oldenburg, Beschl. v. 21.10.2013 – 5 Qs 362/13 -, den mir der Kollege mit dem Betreff gesandt hat, den ich dann auch hier zur Überschrift für das Posting verwendet habe.

Im Beschluss geht es um die  Überbürdung der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf diesen bei Einstellung des Verfahrens nach dem Tode des Angeklagten:

„Die notwendigen Auslagen des Angeklagten durften der Staatskasse auferlegt werden. Unter partieller Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung der Kammer wurde hierbei folgender Maßstab angelegt:

Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Angeklagten richtet sich nach § 467 StPO und erfolgt zweistufig. Gemäß § 467 Abs. 1 StPO sind diese grundsätzlich der Staatskasse aufzuerlegen, wenn das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. Die Überbürdung auf den Angeklagten stellt eine Ausnahme dar, die nur unter den Voraussetzungen des § 467 Abs. 3 S. 2 StPO überhaupt erst einen diesbezüglichen Ermessensspielraum eröffnet. Der hier relevante Fall der Nr. 2 setzt voraus, dass der Angeklagte nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht. Hierzu ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer erforderlich, dass ein hinreichender Tatverdacht fortbesteht, der Angeklagte also ohne das Verfahrenshindernis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verurteilt worden wäre. Dabei ist darauf zu achten, dass in der Kostenentscheidung keine strafrechtliche Schuldzuweisung erfolgt.

Liegt diese Voraussetzungen vor, steht es auf zweiter Stufe im Ermessen des Gerichts, von der Auferlegung der notwenigen Auslagen auf die Staatskasse ausnahmsweise abzusehen. Bei der Ermessensentscheidung kommt es maßgeblich darauf an, ob es die Auferlegung der notwenigen Auslagen auf die Staatskasse als unbillig ansieht (vgl. Meyer-Goßner § 467 Rn. 18). Grundlage dieses Unbilligkeitsurteils kann nur ein prozessual vorwerfbares Verhalten des Angeklagten sein. Dieser ist im Rahmen des Verständigen dazu gehalten, die Schäden durch das Straf- oder Bußgeldverfahren möglichst gering zu halten (BVerfG NJW-RR 1996, 45). Unbillig wäre eine Überbürdung auf die Staatskasse z.B., wenn er schon einmal wegen derselben Tat verurteilt worden wäre und dies weder mitteilt noch von dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft erkannt wurde. Aufgrund des Ausnahmecharakters dieser Entscheidung ist sie stets sachlich zu begründen (vgl. Gieg in: Karlsruher Kommentar § 467 Rn. 1 ob).

Nach diesem Maßstab ist die Entscheidung des Amtsgerichts Nordenham nicht zu beanstanden. Das Gericht hat sein Ermessen in zulässiger Weise ausgeübt. Denn auch wenn ein hinreichender Tatverdacht gegen den Angeklagten vorlag, so ist die Überbürdung der notwendigen Auslagen auf die Staatskasse nicht schon allein deshalb unbillig. Ein prozessual vorwerfbares Verhalten, das die Annahme einer Unbilligkeit rechtfertigen könnte, ist hier nicht ersichtlich. Der Angeklagte ist verstorben.“

Bitte fair bleiben – auch bei der Pflichtverteidigerbestellung

© M. Schuppich - Fotolia.com

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Ein bisschen Jura dann doch, nicht viel, aber ein wenig muss sein, denn morgen wird ja wieder gearbeitet. Zwar wahrscheinlich auch nicht viel, aber immerhin ein bisschen – bei dem ein oder anderen.

Hinweisen möchte ich dann heute auf den LG Hamburg, Beschl. v. 03.12.2013 – 632 Qs 31/13, der sich mit Fragen der rückwirkenden Bestellung des Pflichtverteidigers befasst. Aber zunächst: Den Beschluss habe ich von dem Kollegen erhalten, der ihn erstritten hat. Das nehme ich zum Anlass mich bei allen Kollegen, die mir in 2013 Beschlüsse zugesandt haben, herzlich für den „Bring-Service“ zu bedanken. Es freut mich sehr und gibt mir die Möglichkeit, das Blog interessant zu gestalten. Also: Nur her damit, vor allem natürlich auch mit gebührenrechtlichen Entscheidungen.

 Zurück zum LG Hamburg. Da hatte der Rechtsanwalt seine Bestellung zum Pflichtverteidiger beantragt. Die Voraussetzungen lagen auch. Das AG hat aber mit der Bestellungsentscheidung „gewartet“, bis das Verfahren nach § 154 StPO eingestellt war und hat den Kollegen dann dahin beschieden, dass das Verfahren gem. § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt sei und kein Fall der notwendigen Verteidigung gem. § 140 Absatz 1 oder 2 StPO vorliege.

Das hat das LG zutreffend anders gesehen:

Dem steht auch nicht entgegen, dass das vorliegende Verfahren durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg — St. Georg vom 30.10.2013 gem. § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Zwar ist die rückwirkende Beiordnung eines Pflichtverteidigers umstritten, wird jedoch überwiegend in den Fällen anerkannt, wo der Antrag auf gerichtliche Beiordnung vor Verfahrensabschluss gestellt wurde und die Voraussetzungen des § 140 StPO vorlagen (LG Hamburg, Beschluss vom 27.05.1999, AZ: 620 Qs 14/99; LG Aachen, Beschluss vorn 13.10.2003, AZ 62 Qs 117/03; LG Dortmund, Beschluss vom 05. Januar 2009, AZ: 39 Qs 238/08; u.a.).

Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass ein Pflichtverteidiger, wenn er befürchten muss, bei Tätigwerden vor Ergehen eines Beiordnungsbeschlusses keine Vergütung zu erhalten, nicht mehr für den Angeklagten tätig wird (LG Bremen, NStZ-RR 2004, S. 114; LG Stuttgart, Beschluss vom 18.07.2008 u.a.). Hier erfolgte die Antragstellung bereits am 06.05.20’13, mithin über fünf Monate vor Verfahrenseinstellung. Ferner wurde am 23.05.2013 an den Beiordnungsantrag erinnert und am 19.06.20’13 Untätigkeitsbeschwerde erhoben.

Die gegenteilige Auffassung, die eine rückwirkende Beiordnung eines Verteidigers nach Verfahrenseinstellung mit dem Argument ablehnt, dass die Beiordnung nur der Sicherung einer ordnungsgemäßen Verteidigung dienen solle und nicht dazu, dem Verteidiger einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu sichern (u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.12.1995; OLG Hamm, Beschluss vom 10.07.2008; OLG Bamberg, Beschluss vom 15 10.2007), kann im vorliegenden Fall angesichts der bereits im Mai 2013 beantragten Beiordnung, der entfalteten Tätigkeit des Verteidigers und der insgesamt mehr als fünfmonatigen Dauer, die das Amtsgericht nicht über die Pflichtverteidigerbeiordnung entschieden hat, nicht zu einem anderen Ergebnis führen.“

Freut mich die Entscheidung. Denn: Habe ich doch schon immer so gesagt. Kann man bei mir, u.a. im Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren bei der Rn. 1375, nachlesen 🙂 🙂 :-). Ist m.E. auch ein Gebot der Fairness, nicht so lange zu warten, bis die Voraussetzungen des § 140 StPO ggf. nicht mehr vorliegen.

 

 

Einstellung des Verfahrens – was ist mit meiner DNA?

In der Praxis gibt es häufig Streit um die Löschung erkennungsdienstlicher Unterlagen einschließlich eines durch molekulargenetische Untersuchung gewonnenen DNA Identifizierungsmusters (genetischer Fingerabdruck) nach Einstellung des Verfahrens. Die Ermittlungsbehörden möchten solche Unterlagen natürlich gern „behalten“, der ehemalige Beschuldigte erstrebt eine Löschung. Zu den damit zusammenhängenden Fragen hat sich vor einiger Zeit das VG Neustadt im VG Neustadt, Urt. v. 21.05.2013 – 5 K 969/12.NW – geäußert, und zwar wie folgt:

„Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die (weitere) Aufbewahrung/Speicherung erkennungsdienstlicher Unterlagen noch gegeben sind, richtet sich im Wesentlichen nach denselben Kriterien wie die Entscheidung, ob eine ED-Behandlung angeordnet wird. Erkennungsdienstliche Unterlagen dürfen aufbewahrt werden, wenn der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalstatistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder anderwärts gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen überführend oder entlastend, fördern könnten (BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1982, BVerwGE 66, 202, dort zu § 81 b stopp; st. Rspr.). Liegen dahin gehende Anhaltspunkte nicht (mehr) vor, so ist die Anfertigung erkennungsdienstlicher Unterlagen oder die Aufbewahrung bereits erhobener Unterlagen nicht (mehr) zulässig (BVerwGE 26, 169,171).

Da es sich hier um eine Verpflichtungsklage handelt, ist für die Beurteilung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts maßgebend. Es kann daher offenbleiben, ob die erkennungsdienstliche Behandlung am 7. Dezember 2011 zunächst rechtmäßig war. Da man noch am Anfang des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts einer Straftat nach § 183 a StGB stand, mag die Einschätzung der Polizei, dass eine ED-Behandlung vorzunehmen sei, aus damaliger Sicht auf der Grundlage von § 81b StPO und unter Berücksichtigung der über den Kläger vorhandenen personenbezogenen Unterlagen, die auch auf frühere Sexualstraftaten hinwiesen, rechtlich in Ordnung gewesen sein.

Die Sachlage hat sich jedoch danach wesentlich geändert. Nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, in dem der Kläger sich durch seinen Rechtsanwalt im Januar 2012 gegenüber der Staatsanwaltschaft auch zur Sache geäußert hatte, durch Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 StPO vom 10. April 2012 lagen die Voraussetzungen für die Anordnung einer ED-Behandlung nicht mehr vor, so dass auch die weitere Aufbewahrung der dabei gefertigten Unterlagen nicht gerechtfertigt ist.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Voraussetzung für die Anordnung von ED-Maßnahmen nach § 81 b StPO und nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG ist zum Einen vor allem, dass der Betroffene verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben, und zum andern, dass wegen der Art und Ausführung der Tat eine Gefahr der Wiederholung besteht. An beidem fehlt es vorliegend.

Der Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Verdacht grundsätzlich auch fortbestehen kann, obwohl das Strafverfahren ohne Schuldspruch endet. So hat sogar das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Einschätzung bestätigt, dass bei der Verfahrensbeendigung durch Einstellung nach § 153 ff. StPO oder bei einem Freispruch, der ausweislich der Gründe aus Mangel an Beweisen erfolgt, der Straftatverdacht nicht notwendig ausgeräumt sei. Gleiches gelte bei einer Verfahrensbeendigung aus anderen Gründen. Dürfe ein fortbestehender Verdacht Grundlage für Maßnahmen der weiteren Datenspeicherung sein, so stehe die Unschuldsvermutung als solche dem nicht entgegen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. Mai 2002, NJW 2002, 3231 f.).

Auch bei einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO durch die Staatsanwaltschaft kann – parallel zur Situation des Freispruchs – ein Restverdacht fortbestehen. Ergibt sich aus den Gründen der Einstellungsverfügung, dass der Beschuldigte eine Tat nicht begangen hat oder dass ein strafbarer Sachverhalt nicht vorliegt, dann darf auch die Polizei für präventiv-polizeiliche Zwecke nicht von einem fortbestehenden Tatverdacht ausgehen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010, BVerwGE 137, 133 ff. zum speziellen Löschungsanspruch nach § 32 Abs. 2 Satz 1 BKAG). Andernfalls kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an…“

 

Einstellung des Bußgeldverfahrens – schöner Erfolg für den Betroffenen – ohne dass er etwas dazu kann

© Martin Fally - Fotolia.com

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Das AG Lüdinghausen hatte im AG Lüdinghausen, Beschl. v. 26.03. 2013 – 19 OWi -89 Js 187/13-20/13 – folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Der Betroffene sollte am 06.07.2012 einen Verkehrsverstoß begangen haben. Ihm wurde am 31.07.2012 ein Anhörungsbogen gesandt. Dieser geriet jedoch als unzustellbar in Rücklauf, da die Verwaltungsbehörde den Vornamen des  Betroffenen mit „Y“, nicht aber richtig mit „J“ geschrieben hat und auch die Hausnummer nicht mit 5, was richtig gewesen wäre, sondern falsch mit 6 angegeben hat. Die Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde hatten die etwas undeutliche – aber noch lesbarer – Schrift der Halterin in deren Rückantwort auf dem ihr übersandten Zeugenbefragungsbogen unrichtig in die behördlichen Datenerfassungssysteme übertragen. Obwohl somit der richtige Name und die richtige Anschrift des Betroffenen aktenkundig waren, wurde am 22.08.2012 und am 13.09.2012  das Verfahren nach „§ 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG“ eingestellt. Nach einer EMA-Auskunft wurde das Verfahren dann aber am 06.11.2012 mit falscher Namensangabe des Betroffenen durch Erlass eines Bußgeldbescheids wegen eines Abstandsverstoßes fortgesetzt. Das AG hat das Verfahren nach § 206a StPO wegen Verfolgungsverjährung eingestellt.

Die Einstellungen hatten jedoch nicht die verjährungsunterbrechende Handlung des § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG, so dass 3 Monate (§ 26 Abs. 3 StVO) nach dem Anhörungsschreiben vom 31.7.2012 und damit auch schon vor Erlass des Bußgeldbescheides Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es lag nicht ein bloßer Irrtum über den Aufenthalt des Betroffenen vor, der die Wirkung § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG nicht beeinflusst hätte (hierzu: Gürtler in: Göhler, OWiG, 16. Auflage 2012 § 33 Rn. 27). Vielmehr waren im Ursprung bereits die richtige Anschrift und der richtige Name des Betroffenen aktenkundig – sie wurden aber von der Verwaltungsbehörde nicht richtig zur Kenntnis genommen oder nicht richtig übertragen. So wurde selbst noch nach der EMA-Anfrage der Name des Betroffenen weiter falsch mit „Y“ geschrieben. Die verfahrensrechtliche Lage ist damit wie im Falle des OLG Karlsruhe, Beschluss v. 6.3.2000 2 Ss 163/98 = DAR 2000, 371 = BeckRS 2000 30099636 zu beurteilen, so dass wegen des Eintritts des Verfahrenshindernisses der Verjährung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 206a StPO einzustellen war.“

Schöner Erfolg für den Betroffenen – ohne dass er etwas dazu kann 🙂