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Durchsuchung II: Gibt es ein Beweisverwertungsverbot, oder: Gefahr im Verzug, wenn die Tat aufgedeckt ist

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Und als zweite Entscheidung dann etwas vom BGH, nämlich der BGH, Beschl. v. 22.11.2022 – 5 StR 377/22 -, der noch einmal in einem Zusatz zu einem Beweisverwertungsverbot Stellung nimmt, und zwar im Hinblick auf „Gefahr im Verzug“:

„Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen die anlässlich der beim Angeklagten durchgeführten Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen Speichermedien keinem Beweisverwertungsverbot. Zwar war diese Maßnahme nicht nach § 105 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StPO von einem Richter angeordnet worden. Es lagen hier aber die Voraussetzungen für eine Eilanordnung der Staatsanwaltschaft wegen Gefahr in Verzug vor (§ 105 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 StPO). Denn aus dem mit der Revision vorgelegten Durchsuchungsbericht folgt – worauf der Vertreter der Nebenklägerin in seiner Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat –, dass infolge eines Telefonats zwischen der Mutter der Geschädigten und dem Angeklagten die Tat aufgedeckt war. Daher drohte durch die zeitliche Verzögerung, die mit der Befassung des Ermittlungsrichters verbunden gewesen wäre, unmittelbar der Verlust von Beweismitteln. Vor diesem Hintergrund bestehen gegen die Annahme des Vorliegens der Eilkompetenz keine rechtlichen Bedenken (vgl. zum Maßstab BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2015 – 2 BvR 2718/10, BVerfGE 139, 245).“

Durchsuchung I: Durchsuchung im Finanzministerium, oder: Herausgabeverlangen wäre vorrangig gewesen

ale frei verwendbares Bild der Homeppage des BMF entnommen.

Und dann auf in die 50. Woche. Man merkt an der Zahl: Das Jahr neigt sich dem Ende zu.

Ich beginne diese Woche mit – noch einmal – Durchsuchungsentscheidungen, und zwar zunächst mit dem  LG Osnabrück, Beschl. v. 10.11.2022 – 1 Qs 24/22  u. 1 Qs 48/22. Ja, das ist eine der Entscheidungen, mit denen das LG Osnabrück die Durchsuchungsanordnung betreffend die Räumlichkeiten des Bundesministeriums der Finanzen kurz vor der Bundestagswahl 2021 für rechtswidrig erklärt hat. Diese Geschichte hat „damals“ viel Staub aufgewirbelt. Das LG arbeitet sie jetzt auf.

Es geht um zwei Durchsuchungsbeschlüsse, und zwar einmal die Durchsuchungsanordnung des AG Osnabrück vom 10.08. 2021 betreffend das Bundesministerium der Finanzen in Berlin für Diensträume sowie Papierarchive und elektronische Archive, die beim Bundesministerium der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit; FIU) zugeordnet sind und einen weiteren Durchsuchungsbeschluss des AG Osnabrück vom 25.08.2021 betreffend das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz . Den letzten Beschluss hatte das LG Osnabrück bereits mit Beschluss vom 09.022022 aufgehoben (12 Qs 32/21).

Hier geht es dann jetzt noch um den Beschluss vom 10.08.2021. Den hat das LG ebenfalls aufgehoben und das umfassen begründet. Wegen der Länge der Begründung beziehe ich mich hier (nur) auf die Pressemitteilung 41/22 des LG Osnabrück vom 10.11.2022. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den verlinkten Volltext.

In der PM heißt es:

„Die Staatsanwaltschaft Osnabrück führt seit dem 23. Februar 2020 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt. Mitarbeitern der nunmehr als Direktion X in die Generalzolldirektion integrierten FIU wird vorgeworfen, übermittelte Geldwäscheverdachtsmeldungen verschiedener Bankinstitute nicht, verzögert oder nicht vollständig den Strafverfolgungsbehörden bekannt gemacht zu haben. Aufgrund eines früheren Durchsuchungsbeschlusses fand bereits im Jahr 2020 eine Durchsuchung der Diensträume der FIU statt. Nach der Beschlagnahme und Sicherstellung mehrerer Aktenordner wurden im Nachgang weitere Unterlagen der ermittelnden Polizeidienststelle übersandt. Ferner wurden EMailpostfächer von vier Führungskräften der FIU gesichert und unveränderlich gespeichert.

Unter dem 6. August 2021 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht Osnabrück die Durchsuchung der der FIU zuzuordnenden Diensträume nebst Papierarchiven sowie elektronischen Archiven sowohl in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz als auch des Bundesministeriums der Finanzen. Im Laufe der Maßnahme beim Bundesfinanzministerium erwirkte die Staatsanwaltschaft zudem noch fernmündlich eine Beschlagnahmeanordnung betreffend einzelner E-Mailpostfächer von Mitarbeitern der Arbeitsebene des Bundesfinanzministeriums.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2022 hat das Bundesministerium der Finanzen Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung vom 10. August 2021 sowie gegen die fernmündlich getroffene Beschlagnahmeanordnung erhoben. Das Amtsgericht Osnabrück hat den Beschwerden nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landgericht Osnabrück zur Entscheidung vorgelegt.

Die 1. Große Strafkammer erachtet den Durchsuchungsbeschluss betreffend das Bundesministerium der Finanzen unter mehreren Gesichtspunkten für rechtswidrig.

Der Gang des Verfahrens und der angefochtene Beschluss ließen nicht hinreichend erkennen, dass dem Richtervorbehalt genüge getan worden sei. So sei maßgeblicher Grund für die Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses ein Schreiben vom 15. Mai 2020 des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an das Bundesministerium der Finanzen gewesen. Dieses Schreiben sei aber nicht nur bereits Gegenstand der Akte gewesen, sondern auch in polizeilichen Ermittlungsberichten erwähnt. Ferner sei im Antrag der Staatsanwaltschaft lediglich auf eine erste Auswertung gesicherter E-Mailkorrespondenz zwischen den Bundesministerien der Finanzen sowie der Justiz und für Verbraucherschutz und der FIU verwiesen worden. Insoweit hätten die Ermittlungsergebnisse dem Ermittlungsrichter konkreter benannt werden müssen.

Ferner seien bei einer Durchsuchung gemäß § 103 StPO die Unterlagen, die als Beweismittel für die aufzuklärende Straftat gesucht werden sollen, hinreichend konkret zu benennen. Auch dieser Anforderung werde der Beschluss nicht gerecht. Zwar lasse die Anordnung eine detaillierte Aufzählung verschiedenster Beweismittel der Gattung nach erkennen, ermögliche jedoch zugleich faktisch die Suche nach jeglichem Gegenstand, der überhaupt im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen bei der FIU stehe beziehungsweise noch darüber hinausgehend generell allen E-Mail-Accounts, dienstlichen Mobiltelefonen und Datenspeichern. Die zu unbestimmten Formulierungen des Beschlusses seien von der Regelung des § 103 StPO nicht gedeckt.

Schließlich sei vor der Anordnung der Durchsuchung ein an das Ministerium gerichtetes Herausgabeverlangen durch die Ermittlungsbehörden erforderlich gewesen. Hierauf hat schon die 12. Große Strafkammer – bezogen auf die Durchsuchungsmaßnahme im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – hingewiesen (vgl. PM 5/22). Ein solches Herausgabeverlangen sei auch bezüglich des Bundesfinanzministeriums nicht entbehrlich gewesen, da im Ergebnis kein Grund zur Annahme bestanden habe, dieses werde einem entsprechenden Gesuch nicht nachkommen. Hieran ändere auch die vom Bundesministerium der Finanzen über die FIU ausgeübte Rechtsaufsicht nichts.

Hinsichtlich der gegen die mündlich erlassene Beschlagnahmeanordnung bezüglich einzelner dienstlicher E-Mail-Accounts von Mitarbeitern der Arbeitsebene im Bundesministerium der Finanzen gerichteten Beschwerde hat die 1. Große Strafkammer des Landgerichts in ihrem Beschluss das Verfahren an den Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Osnabrück zurückgegeben, da nach Auffassung der Kammer mit jener Anordnung noch keine wirksame Beschlagnahme vorliege. Sie lasse bislang nicht in ausreichendem Maße erkennen, weshalb und inwieweit sämtliche – beziehungsweise welche – Inhalte der E-Mailpostfächer als Beweismittel von Bedeutung seien.“

StPO III: Polizei vor Ort ==> Gefahr im Verzug?, oder: OStAin sieht das anders ==> Beweisverwertungsverbot

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Ich hatte im Frühsommer über das AG Hamburg- St. Georg, Urt. v. 19.04.2022 – 942 Ls 209/21 berichtet (vgl. Durchsuchung II: OStAin sollte zur Fortbildung, oder: Wenn Polizei vor Ort keine “Gefahr im Verzug”). Dem Verfahren lag u.a. das Ergebnis einer Durchsuchung bei dem Angeklagten zugrunde, die wegen Gefahr im Verzug von der (zuständigen) OStAin angeordnet worden war, nachdem sich eine Polizeibeamtin bei ihr gemeldet hatte, die morgens um gegen 10.00 Uhr eine Durchsuchung durchführte, die sich gegen andere Beschuldigte richtete. Dabei war man auch bei dem in der Wohnugn anwesenden Angeklagten auf BtM gestoßen. Die Polizei war und blieb vor Ort. Eine richterliche Anordnung der Durchsuchung der Räume des Angeklagten wurde nicht eingeholt.

Wegen des genauen Sachverhalts verweise ich auf das o.a. AG-Urteil und auf das LG Hamburg, Urt. v. 02.11.2022 – 711 Ns 45/22, das nun vorliegt. Denn: Die Staatsanwaltschaft ist gegen den Freispruch durch das AG natürlich in Berufung gegangen und hat sich jetzt auch beim LG eine Abfuhr geholt. Denn auch das LG geht von der Unverwertbarkeit der gefundenen „Beweismittel“ aus:

„Die im Rahmen der Zimmerdurchsuchung aufgefundenen Gegenstände konnten auf Grund eines Beweisverwertungsverbotes nicht zu Lasten des Angeklagten bei den Fest-stellungen berücksichtigt werden, so dass er aus rechtlichen Gründen freizusprechen war.

Die erfolgte Durchsuchung war rechtswidrig. Eine Durchsuchung darf nur mit Zustimmung des Betroffenen oder nach §§ 102, 105 StPO nach richterlichem Beschluss oder bei Gefahr im Verzuge durchsucht werden. Eine gemäß § 105 Abs. 1 StPO grundsätzlich erforderliche richterliche Durchsuchungsanordnung lag nicht vor. Die handelnden Beamten haben auch keine Zustimmung des Angeklagten im Vorwege eingeholt. Das bloße Dulden einer Durchsuchung stellt keine konkludente Zustimmung zur Durchsuchung dar (vgl. Urteil des OLG Köln vom 27.10.2009, 81 Ds 65/09, juris).

Die Anordnung der Durchsuchung durch die Staatsanwältin beruhte auch nicht auf einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der Eilkompetenz.

Es lag keine Gefahr im Verzug vor, da ein Beweismittelverlust nicht zu befürchten war. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährdet hätte (vgl. BVerfGE 103, 142 ff., BGHSt 51, 285ff). Die Ermittlungsbehörden haben dabei grundsätzlich ein eigenes Prüfungsrecht, ob ein angemessener Zeitraum zur Verfügung steht oder nicht, dürfen aber Gefahr im Verzug nicht vor-schnell annehmen, damit bei Wohnungsdurchsuchungen nicht die grundgesetzlich verankerte Regelzuständigkeit des Richters unterlaufen wird. Aus diesem Grund reichen Spekulationen, hypothetische Erwägungen oder auf Alltagserfahrungen gestützte fallunabhängige Vermutungen nicht aus, Gefahr im Verzug zu begründen. Regelmäßig ist daher der Versuch zu unternehmen, eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.

Gemessen hieran ist die Annahme von Gefahr im Verzug nicht tragfähig begründet. Das Zimmer war gesichert, der Angeklagte machte keinerlei Anstalten, sein Zimmer betreten zu wollen. Auf die Frage, ob der Angeklagte mit Zwangsmitteln an einem Betreten seines Zimmers hätte gehindert werden dürfen oder nicht kommt es daher nicht an. Es handelt sich hierbei um eine nicht durch Tatsachen belegte hypothetische Erwägung, die im Widerspruch zum tatsächlichen Geschehen stand. Es drohte kein Beweismittelverlust, was die Beamtin vor Ort auch so eingeschätzt hat. Die zuständige Ermittlungsrichterin oder ein Vertreter im Amt wäre an einem Donnerstag um 10.30 Uhr unfraglich unverzüglich erreichbar gewesen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass hier keine zügige Entscheidung hätte ergehen können.

Das Fehlen einer richterlichen Durchsuchungsanordnung führt im vorliegenden Fall auch zu einem Beweisverwertungsverbot.

Grundsätzlich muss im Einzelfall auf Grund einer umfassenden Abwägung des Interesses der Allgemeinheit nach einer wirksamen Strafverfolgung mit dem Interesse des Betroffenen an der Einhaltung der Verfahrensvorschriften geprüft werden, ob eine rechtswidrige Durchsuchung auch eine Unverwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel zur Folge hat. Bei der Abwägung bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall angenommen werden kann. Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis durch das Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes. Dabei ist ein Beweisverwertungsverbot zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen geboten, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen wurden (vgl. Urteil des BGH vom 6.10.2016 mwN, NStZ 2017, S. 367ff.).

Ein solcher schwerwiegender Verfahrensverstoß lag zur Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall vor.

In der vorgenannten Entscheidung vom 6. Oktober 2016 hat der BGH es für einen schwerwiegenden Verstoß ausreichen lassen, dass die Staatsanwältin nach einem Kontakt mit dem Eildienstrichter, der eine Papierlage verlangte, um zu entscheiden, Eilbedürftigkeit angenommen hat. Der BGH hat in einem anderen Fall, in dem ein Angeklagter nachmittags wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln festgenommen wurde, eine Durchsuchung aber erst um 20 Uhr auf Gefahr im Verzuge von der Staatsanwaltschaft angeordnet wurde, einen vergleichbar schwerwiegenden Verstoß angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007, BGHSt 51, 285ff.). Danach habe der Staatsanwalt eine Stunde vor Beginn der Nachtzeit nicht einmal erwogen, einen Ermittlungsrichter zu kontaktieren und auch nicht die ihm obliegende Pflicht erfüllt, für die Rechtmäßigkeit des Ermittlungsverfahrens und damit für die Einhaltung des Richtervorbehaltes durch die Polizei Sorge zu tragen, nämlich möglichst frühzeitig auf den Erlass eines Beschlusses hinzuwirken.

Das hier vorliegende Geschehen ist mit dem Verhalten der Staatsanwaltschaft in den vom BGH entschiedenen Fällen vergleichbar, zur Überzeugung der Kammer sogar schwerwiegender. Vorliegend hatte die Staatsanwaltschaft noch nicht einmal versucht, ei-nen Ermittlungsrichter zu erreichen, sondern hatte die Gefahr im Verzug auf eine hypothetische Annahme gestützt. Die Beamtin Noack war nach ihren Angaben in der Hauptverhandlung davon ausgegangen, dass die StAin versucht habe, einen Ermittlungsrichter zu erreichen, dafür sei genügend Zeit gewesen. Die Annahme wegen Gefahr im Verzug wurde im vorliegenden Fall zumindest ohne Nachfrage zur konkreten Situation einfach aus allgemeinen kriminalistischen Überlegungen dahingehend, dass bei einer geplanten Durchsuchung eines bei der Durchsuchung anwesenden Beschuldigten stets ein Beweismittelverlust drohe, getroffen. Würde man dies zulassen, könnte in der Folge in allen Fällen der An-wesenheit des Beschuldigten Gefahr in Verzug angenommen werden. Eine solche generelle Regel wäre aber grob grundrechtswidrig und würde den Richtervorbehalt erheblich aushöhlen.

Im vorliegenden Fall hat die Polizeibeamtin entweder unvollständige oder unklare Angaben gemacht zur Situation, so dass hierin ein erheblicher Verstoß zu liegen wäre oder die Staatsanwältin hat es versäumt, zur konkreten Situation und einem drohenden Beweismittelverlust nachzufragen, was ihr als „Herrin des Verfahrens“ oblegen hätte. Bereits bei Nachfrage zur aktuellen Situation wäre der Staatsanwältin von der Beamtin erklärt worden, dass keine Gefahr im Verzug vorlag, so dass die Annahme von Gefahr in Verzug nicht erfolgt wäre. Damit wurde die konkrete Situation nicht ausreichend aufgeklärt, was ein erheblicher Verstoß gegen die notwendige Aufklärungspflicht darstellt.

Soweit der BGH in dem Urteil vom 17. Februar 2016 (2 StR 25/15, juris) angenommen hat, dass trotz Verstoßes gegen den Richtervorbehalt bei einer Durchsuchung kein Verwertungsverbot vorliege, besteht der wesentliche Unterschied darin, dass es hier nicht um die grundgesetzlich geschützte Durchsuchung einer Wohnung ging, sondern um die Durchsuchung eines in einem sichergestellten und zuvor entwendeten Autos befindlichen Rucksackes und einer darin befindlichen Geldkassette zur Identitätsfeststellung.

In dem Beschluss des BGH vom 21. April 2016 (2 StR 394/15, juris) wurde wiederum vom BGH ein Beweisverwertungsverbot angenommen: Die Polizei hatte den dortigen An-geklagten wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung festgenommen und ihm Fahrzeugschlüssel abgenommen und 10 Tage später das passende Fahrzeug auf der Straße abgeparkt entdeckt. Der Staatsanwalt, der nicht wusste, dass die Tat 10 Tage zuvor begangen worden war, ordnete eine Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug an ohne auch nur versucht zu haben, einen Ermittlungsrichter zu kontaktieren. Der BGH hat in diesem Verfahren deutlich gemacht, dass es auf die Frage einer etwaigen Fehlvorstellung des Staatsanwaltes nicht ankomme, da diese Fehlvorstellung – wie im vorliegenden Fall – auf nicht nachzuvollziehender unvollständiger Information beruht und diese auch nicht rechtfertige, dass es an einem Werktag zu dienstüblichen Zeiten nicht einmal versucht wurde, eine richterliche Entscheidung zu erlangen. Zwar war im dortigen Fall der An-geklagte in Untersuchungshaft und nicht wie im vorliegenden Fall vor Ort, jedoch bestand dennoch eine damit vergleichbare stabile Situation ohne drohender Gefahr eines Beweismittelverlustes und eine Entscheidung auf unvollständiger Datenbasis.

Insoweit kommt es auch auf die Tatsache, ob bei einem hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlauf ein Durchsuchungsbeschluss erlassen worden wäre und ob es sich bei der Durchsicht des Zimmers des Angeklagten um tatsächlich eine solche handelte, da man bereits von der Tür aus erkennen konnte, ob jemand im Zimmer ist oder nicht, nicht an.

Dem Aspekt des möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufes kommt bei -wie hier – grober Verkennung des Richtervorbehaltes nämlich keine Bedeutung zu. Würde man in solchen Fällen stets anerkennen, dass der hypothetische rechtmäßige Ersatzeingriff eine Rolle spielen dürfte, würde dadurch der Richtervorbehalt unterlaufen werden und auf eine nachträgliche Überprüfung beschränkt werden, was vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt war. Es würde sogar ein Ansporn entstehen, die Ermittlungen ohne Einschaltung des Ermittlungsrichters einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten. Damit würde aber das wesentliche Erfordernis eines rechtsstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen.

Angemerkt sei darüber hinaus, dass die Staatsanwältin vorliegend auch nur von dem Verdacht des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln ausgegangen ist und nicht von einem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und eine Wohnungsdurchsuchung regelmäßig dann nicht rechtmäßig ist, wenn konkrete Hinweise auf größere Mengen von Betäubungsmitteln nicht vorliegen (vgl. Urteil des OLG Hamburg vom 23. März 2007, 3-4/07 (REV) 1 Ss 5/07, juris).“

StPO II: „Ausforschungsdurchsuchung“ ist unzulässig, oder: Durchsuchung erst nach 11 Monaten

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Die zweite Entscheidung, dem LG Rostock, Beschl. v. 02.11.2022 – 11 Qs 126/22 (2) – hat eine Durchsuchungsmaßnahme zum Gegenstand, die auf den Angaben der ehemaligen Lebensgefährtin des Beschuldigten beruht. Die erstattet am 19.06.2020 Anzeige gegen den Beschuldigten wegen Körperverletzung zum Nachteil ihres Sohnes. Dabei gibt sie an, der ehemalige Lebensgefährte sei „dauerhafter Betäubungsmittelkonsument“, konsumiere überwiegend Alkohol und. Kokain in regelmäßigen Abständen. Er habe ihr auch mal Cannabis im Wert von 20,- EUR verkauft, woher er die Betäubungsmittel beziehen würde, wisse sie nicht. Daraufhin wird am 24.07.2020 eine Strafanzeige von Amts wegen gegen den Beschulidgten wegen Besitzes und Abgabe von Betäubungsmitteln erstattet, das Verfahren jedoch ohne weitere Ermittlung nach Gewährung rechtlichen Gehörs am 22.02.2021 an die Staatsanwaltschaft abverfügt. Auf entsprechende Ermittlungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 31.03.2021 wird die Zeugin dann am 10.06.2021 zu ihren Angaben aus Juni 2020 ergänzend förmlich vernommen. Zum Erwerb des Cannabis vom Beschwerdeführer gibt sie an, dass sie dazu „nicht wirklich was wisse“, dies schon eine ganze Zeit her sei und sie dazu eigentlich auch nichts sagen wolle. Sie habe für die 20,- EUR ungefähr zwei Gramm Cannabis erhalten, dies sei das einzige Mal gewesen. Ob der Beschuldigte auch anderen Personen Betäubungsmittel verkauft habe, wisse sie nicht. Sie habe ihn seit dem Vorfall vor einem Jahr auch nicht mehr gesehen, sie sei sich aber sicher, dass er bis dahin Kokain konsumiert habe. Woher er das Kokain beziehe, wisse sie nicht. Auf die Frage, ob sie wisse, ob und ggf. wo der Beschuldigte in seiner Wohnung Betäubungsmittel lagere, verweigerte sie Angaben.

Das AG hat daraufhin mit Beschluss vom 24.06.2021 die Durchsuchung der Wohnung und der Person des Beschuldigten angeordnet. Ohne zwischenzeitliche weitere Ermittlungsmaßnahmen ist fünfeinhalb Monate nach Erlass der Durchsuchungsanordnung festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer umgezogen war, so dass die Staatsanwaltschaft eine entsprechende „Abänderung“ des Durchsuchungsbeschlusses beantragt hat. Mit Beschluss vom 02.12.2021, der sich im Wortlaut von der Anordnung aus Juni 2021 lediglich in der Wohnanschrift des Beschuldigten unterschied, hat das AG die Durchsuchung angeordnet. Der Vollzug der Durchsuchungsanordnung vom 02.12.2021 erfolgte am 17.05.2022, mithin fünfeinhalb Monate nach deren Erlass.

Die Beschwerde des Beschuldigten hatte Erfolg:

„Vorliegend bestehen bereits durchgreifende Bedenken, dass bei der Durchsuchung aufgrund kriminalistischer Erfahrung die begründete Aussicht bestanden hat, dass der Zweck der Durchsuchung erreicht werden kann. Denn die Durchsuchungsanordnung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die erst zur Begründung eines Verdachtes erforderlich sind (BVerfG StV 2013, 609), sog. Ausforschung. Nach Angaben der Zeugin pp. im Juni 2020 war offenkundig nicht zu erwarten, dass eine Durchsuchung bei dem Beschwerdeführer Beweismittel für die einmalige Abgabe von zwei Gramm Cannabis erbringen werde. Ebenso wenig war wahrscheinlich, dass bei der Durchsuchung der Wohnung – eineinhalb Jahre nach dem Hinweis der Zeugin – Kokain zum Eigenkonsum aufgefunden werde, zumal über die Regelmäßigkeit, Menge und Lagerung von der Zeugin gerade keine Angaben gemacht worden sind. Angesichts dieser geringen Aussicht auf einen Durchsuchungserfolg hinsichtlich der in Rede stehenden Tatvorwürfe und unter Beachtung der im Beschluss benannten aufzufindenden Beweismittel, liegt es vielmehr nahe, dass die Durchsuchung der Ausforschung der Wohnung gerade erst zur Begründung eines Tatverdachts des Handeltreibens gedient hat. Somit stand die Maßnahme nicht in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der konkreten Straftaten und zur Stärke des Tatverdachts (vgl. Mey-er-Goßner/Schmitt/Köhler, 65. Auflage, § 102 StPO, Rn. 15a).

Die Durchsuchungsmaßnahme vom 17.05.2022 ist auch wegen des Zeitablaufs unverhältnismäßig: Ein schwindendes Ahndungsbedürfnis für die Straftat infolge Zeitablaufs kann die Angemessenheit der Zwangsmaßnahme entfallen lassen (BVerfG, Beschluss vom 27.05.1997 – 2 BvR 1992/92). Spätestens nach Ablauf eines halben Jahres ist davon auszugehen, dass die richterliche Prüfung nicht mehr die rechtlichen Grundlagen einer beabsichtigten Durchsuchung gewährleistet und die richterliche Anordnung nicht mehr den Rahmen, die Grenzen und den Zweck der Durchsuchung im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes zu sichern vermag und damit unzulässig ist (vgl. BVerfGE aaO, Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, 65. Auflage, § 105 StPO, Rn. 8a). Nach Maßgabe objektiver Kriterien wie beispielsweise Art des Tatverdachts und Schwierigkeit der Ermittlungen kann der Durchsuchungsbeschluss auch schon früher seine rechtfertigende Wirkung verlieren (Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, 65. Auflage, § 105 StPO, Rn. 8a). So liegt es hier: Angesichts der einfachen Sachlage und der in Rede stehenden Straftaten der Abgabe von Cannabis in geringer Menge in einem Fall und Besitz von Kokain zum Eigenbedarf ist hier bereits nach fünfeinhalb Monaten die rechtfertigende Wirkung der Anordnung entfallen. Dies erst recht, da nach dem Durchsuchungsbeschluss vom 24.06.2021 zuvor bereits fünfeinhalb Monate verstrichen waren, mithin insgesamt 11 Monate seit Erlass der ersten Durchsuchungsanordnung.“

StPO I: Übernahme des vorformulierten Beschlusses, oder: Genügend Indiztatsachen für Anfangsverdacht?

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Heute dann dreimal Durchsuchung, also StPO, und zwar drei LG-Entscheidungen.

Zunächst stelle ich hier den LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 07.11.2022 – 12 Qs 49/22 – vor. Ergangen ist er in einem Verfahren gegen einen Apotheker wegen Abrechnungsbetrugs. In em ist aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des AG vom 19.03.2021 eine Durchsuchung durchgeführt worden, wobei die Sichtung der dabei gesicherten elektronischen Daten derzeit noch andauert. Gegen den hat der Beschulidgte bereits einmal Beschwerde eingelegt, nun hatte er mit Schriftsatz eines neuen Verteidiger erneut Beschwerde eingelegt, die beim LG (erneut) keinen Erfolg hatte:

„b) Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil der Durchsuchungsbeschluss rechtmäßig ergangen ist.

aa) Die Beschwerde meint, vor Beschlusserlass habe eine eigenverantwortliche Prüfung des Tatvorwurfs durch das Ermittlungsgericht nicht stattgefunden, sodass der Durchsuchungsbeschluss schon aus diesem Grund aufzuheben sei.

Dieser These schließt sich die Kammer nicht an. Das Fehlen der gebotenen Einzelfallprüfung durch die Ermittlungsrichterin folgt nicht schon daraus, dass sie den Durchsuchungsbeschluss nicht selbst ausformuliert, sondern – entsprechend der hiesigen ständigen Praxis in Wirtschaftsstrafverfahren – die ihr von der StA (bzw. hier der GenStA) vorformuliert vorgelegten Beschlussentwürfe unterzeichnet hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. August 2014 – 2 BvR 200/14, juris Rn. 19; Kammer, Beschluss vom 24. September 2021 – 12 Qs 66/21, juris Rn. 15; krit. Meyer-Mewes, HRRS 2020, 286, 288 f.). Von fehlender eigener Prüfung könnte etwa ausgegangen werden, wenn sich die Beschlussbegründung in formelhaften Floskeln ohne Einzelfallbezug oder in der bloßen Benennung des zugrunde liegenden Straftatbestandes erschöpft (BVerfG, Beschluss vom 6. März 2002 – 2 BvR 1619/00, juris Rn. 16; Beschluss vom 8. April 2004 – 2 BvR 1821/03, juris Rn. 16 ff.), oder wenn das Ermittlungsgericht sinnentstellende Fehler oder sonst offenkundige Mängel des Antrags der Staatsanwaltschaft unkorrigiert übernimmt (BVerfG, Beschluss vom 1. August 2014 – 2 BvR 200/14, juris Rn. 19; vgl. auch Tsambikakis in Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 105 Rn. 46 m.w.N.).

So liegen die Dinge hier nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die sachbearbeitende Staatsanwältin unmittelbar vor der Zuleitungsverfügung an das Ermittlungsgericht einen fünfseitigen Vermerk zur Akte gebracht hat, in dem sie den Ermittlungsstand in tatsächlicher Hinsicht zusammenfasste und sich mit dessen rechtlichen Implikationen auseinandersetzte – auch im Hinblick auf § 11 Abs. 1 ApoG, § 7 AVV sowie auf die Auswirkungen von Verstößen hiergegen für die Abrechnung gegenüber den Kassen. Damit hatte die Ermittlungsrichterin über den Beschlussentwurf und den blanken Akteninhalt hinaus einen Interpretationsvorschlag an der Hand, den sie prüfen konnte. Der angegriffene Beschluss selbst weist keine groben handwerklichen Fehler auf, enthält eine individualisierte Sachverhaltsschilderung und interpretiert sie in vertretbarer Weise als strafrechtlich relevant. Die von der Beschwerde im Schriftsatz vom 20. Oktober 2022 (S. 5 ff.) formulierten Einwendungen sind so speziell, dass aus dem Fehlen einer expliziten Erörterung der ihnen zugrundeliegenden Rechtsfragen in der Begründung des Durchsuchungsbeschlusses nicht gefolgert werden kann, die Ermittlungsrichterin habe diese Rechtsfragen nicht geprüft, sollte es für sie darauf angekommen sein. Die schriftliche Begründung eines Durchsuchungsbeschlusses ist nicht der Ort, alle Prüfungsschritte im Detail zu dokumentieren, die das Ermittlungsgericht in der gedanklichen Durchdringung des Stoffs abgearbeitet hat.

Schließlich folgt das Fehlen der individuellen Befassung der Ermittlungsrichterin mit dem Stoff nicht daraus, dass sie in ihrer Zuleitungsverfügung vom 26. August 2022 vermerkt hat, der Vorgang sei ihr unbekannt und eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde sei ihr daher nicht möglich; sie helfe der Beschwerde nicht ab. Der von ihr unterschriebene Durchsuchungsbeschluss datiert vom 19. März 2021. Dessen Bestätigung vom 24. September 2021 wurde, wie auch die Bestätigung der Mitnahme zur Durchsicht am 4. Januar 2022, nicht von ihr, sondern von einem ihrer Kollegen beschlossen. Bei diesem zeitlichen Abstand wäre es ausgesprochen bemerkenswert, hätte die Ermittlungsrichterin den Fall noch gekannt. Auf einem anderen Blatt steht, ob mit der zitierten Verfügung das Abhilfeverfahren (§ 306 Abs. 2 StPO) ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Das kann indes auf sich beruhen, weil eine Zurückverweisung der Sache zur Nachholung der Abhilfeprüfung hier nicht in Betracht kam (vgl. dazu Hoch in SSW-StPO, 4. Aufl., § 306 Rn. 18; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 306 Rn. 10, je m.w.N.).

bb) Die Beschwerde hält den Durchsuchungsbeschluss auch deshalb für rechtswidrig, weil er den Anforderungen an die Begrenzung des Grundrechtseingriffs nicht genüge. Er nenne nicht die notwendigen Indiztatsachen, die den Anfangsverdacht rechtfertigten könnten.

Auch insoweit vermag die Kammer der Beschwerde nicht zu folgen. Die Beschreibung der aufzuklärenden Straftat im Durchsuchungsbeschluss schützt die Grundrechte des Betroffenen. Sie macht Umfang und Reichweite des Grundrechtseingriffs deutlich und zeigt, worauf sich die Durchsuchung bezieht. So wird den mit der Vollziehung der Anordnung betrauten Beamten klargemacht, worauf sie ihr Augenmerk richten sollten, und so der Zugriff auf Beweisgegenstände begrenzt (Kammer, Beschluss vom 10. März 2022 – 12 Qs 6/22, juris Rn. 21 m.N. zur Rspr. des BVerfG). Die gleiche Funktion hat die Bezeichnung derjenigen Gegenstände im Durchsuchungsbeschluss, nach denen gesucht werden soll (BVerfG, Beschluss vom 4. März 2008 – 2 BvR 103/04, juris Rn. 20). Weiterhin sind gem. § 34 StPO die wesentlichen Verdachtsgründe darzulegen, d.h. die Tatsachen, die den behaupteten Anfangsverdacht belegen sollen. Deren Angabe kann nur unterbleiben, wenn die Bekanntgabe den Untersuchungszweck gefährden würde (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 – StB 26/08, juris Rn. 7 f.).

Diese Anforderungen erfüllt der angegriffene Durchsuchungsbeschluss. Er enthält eine detaillierte Auflistung derjenigen Unterlagen, Daten und Gegenstände, nach denen gesucht werden sollte. Ebenso ist der dem Beschuldigten vorgeworfene Sachverhalt in seinen Grundzügen umrissen und nach zeitlichem Rahmen, Art der Tatbegehung, mutmaßlichen Geschädigten und Schadenshöhe individualisiert. Als tatsächliche Grundlage des Anfangsverdachts benennt der Beschluss unter Ziff. II der Gründe die Stellungnahmen der anzeigeerstattenden Krankenkassen, dort insbesondere deren statistische Auswertungen, weiterhin Rezepte und Stellungnahmen von Ärzten und Patientenangehörigen sowie eine Stellungnahme der X GmbH (fortan: X) im Retaxverfahren, wobei teils auf konkrete Fundstellen in der Ermittlungsakte verwiesen wird.

Soweit die Beschwerde für einzelne Tatbestandselemente des Betrugs bzw. der diesem vorgelagerten sozial- und ordnungsrechtlichen Normen die explizite Benennung von Indiztatsachen vermisst, überspannt sie die Anforderungen an die Darlegung des Anfangsverdachts. Letztere kann knapp gehalten sein und es müssen nur die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes belegt sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 1219/05, juris Rn. 16; Tsambikakis in Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 105 Rn. 48 m.w.N.), also die des Betrugs nach § 263 StGB.

cc) Die Beschwerde ist weiter der Auffassung, dass sich der Durchsuchungsbeschluss nicht auf das erforderliche Maß beschränke, namentlich auf das Auffinden derjenigen Unterlagen, die eine verbotene Absprache belegen.

Damit dringt die Beschwerde nicht durch. ….“