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Durchsuchung II: Nichts Neues zum Beweisverwertungsverbot, oder: Gesund beten

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Als zweite Entscheidung zur Durchsuchung (vgl. vorhin schon den BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – StB 10/16 und dazu Durchsuchung I: Durchsuchung des Verteidigers – darf das Gericht das?) eine Entscheidung vom 2. Strafsenat, nämlich das BGH, Urt. v. 17.o2.2016 – 2 StR 25/15. Es behandelt mal wieder die mit einem bei der Anordnung der Durchsuchung vorliegenden Verstoß gegen den Richtervorbehalt zusammenhängenden Fragen, vor allem die des Beweisverwertungsverbotes. Er enthält aber nichts wesentlich Neues zu der Frage: Der BGH hält an der seiner Linie (und der der h.M.) fest, dass Verstöße gegen den Richtervorbehalt nur dann zu einem Beweisverwertungsverbot führen, wenn dieser bewusst umgangen oder ähnlich schwerwiegend verletzt wird.

Zum Sachverhalt: Der Angeklagte war wegen Verstoßes gegen das BtmG einschlägig vorbestrafte nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis und erst einige Tage auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Er führte am 29.12.2013 in einer verschlossenen Geldkassette im Auto einer Bekannten, die die Wegnahme des Fahrzeugs nicht bemerkt hatte, mindestens 100g Metamphetamin mit sich, das er zum Verkauf vorrätig gehalten hatte. Der Angeklagte fuhr an eine abgelegene Stelle, an der es bereits öfter zu kriminellen Handlungen und auch zu Verstößen gegen das BtMG gekommen war. Als ihn dort zwei Polizeibeamte einer Fahrzeugkontrolle unterziehen wollten, stieg der Angeklagte aus dem Fahrzeug aus und verriegelte es. Dann gelang ihm zu Fuß die Flucht.

Anschließend wurde das Fahrzeug zu einer Verwahrstelle abgeschleppt. Der Angeklagte bat seine Freundin, dorthin zu fahren, um den Rucksack abzuholen. Die Polizei verweigerte jedoch die Herausgabe. Stattdessen wurde das Fahrzeug gegen 03.15 Uhr durch Einschlagen einer Seitenscheibe geöffnet und der Rucksack entnommen. Im Rucksack befand sich u.a. der Entlassungsschein der JVA mit den Personalien des Angeklagten. Später wurde, ohne dass zuvor eine richterliche Anordnung eingeholt worden war, auch noch die Geldkassette aufgebrochen und das Metamphetamin aufgefunden. Das LG hat den den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit BtM in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt und dabei gegen den Widerspruch der Verteidigung die bei der Durchsuchung von Pkw und Geldkassette aufgefundenen Beweismittel vewertet. Die Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg.

Der BGH sagt: Für die Durchsuchung des Fahrzeugs und des Rucksacks, den der Angeklagte darin mitgeführt hatte, hat sich aus § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage ergeben. Die spätere Öffnung und Durchsuchung der Geldkassette hat hingegen nicht mehr der Identitätsfeststellung gedient und sei deshalb nicht von § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO gedeckt gewesen. Es habe sich um eine Durchsuchung im Sinne der §§ 102, 105 StPO gehandelt, die einer richterlichen Anordnung bedurft hätte. Aber:

„bb) Aus dem Verfahrensfehler ergibt sich jedoch kein Beweisverwertungsverbot.

Ob dies der Fall ist, muss nach der Rechtsprechung im Einzelfall auf-grund einer umfassenden Abwägung des Interesses der Allgemeinheit an der wirksamen Strafverfolgung mit dem Interesse des Betroffenen an der Einhaltung der Verfahrensvorschriften geprüft werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, 1857/10, BVerfGE 130, 1, 27). Dies gilt auch für eine Durchsuchung zum Auffinden von Beweismitteln (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 ff.). Die Abwägung ergibt, dass der Verfahrensfehler die Rechte des Angeklagten bei der Beweis-gewinnung nicht erheblich beeinträchtigt hat und das Interesse an der Verwertung der in der Geldkassette gefundenen Sachbeweise überwiegt.

Dabei fällt ins Gewicht, dass es um den schwerwiegenden Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch den Angeklagten geht, der einschlägig vorbestraft ist. Nachdem seine Identität durch Auffinden des Entlassungsscheins aus der Justizvollzugsanstalt, aus der er bedingt entlassen worden war, bekannt war, ist auch anzunehmen, dass ein Ermittlungsrichter in dem Fall, dass ein Antrag auf Gestattung der Durchsuchung der Geldkassette gestellt worden wäre, höchstwahrscheinlich einen Durchsuchungsbeschluss erlassen hätte. Diese Möglichkeit der hypothetisch rechtmäßigen Beweiserlangung ist im Rahmen der Abwägung zu berück-sichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 291; Urteil vom 15. Februar 1989 – 2 StR 402/88, NStZ 1989, 375, 376 mit Anm. Roxin; KK/Bruns, StPO § 105 Rn. 21; krit. MünchKomm/Hauschild, StPO, 2014, § 105 Rn. 39; LR/Tsambikakis, StPO § 105 Rn. 149). Sie führt dazu, dass aus der ohne richterliche Gestattung erfolgten Durchsuchung kein Beweisver-wertungsverbot resultiert. Anhaltspunkte dafür, dass der Richtervorbehalt von den Ermittlungsbeamten bewusst missachtet wurde, liegen nicht vor.

Dieser Verfahrensfehler führe jedoch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Die Abwägung des Interesses der Allgemeinheit an der wirksamen Strafverfolgung mit dem Interesse des Angeklagten an der Einhaltung der Verfahrensvorschriften ergebe, dass der Verfahrensfehler die Rechte des Angeklagten bei der Beweisgewinnung nicht erheblich beeinträchtigt hat und das Interesse an der Verwertung der in der Geldkassette gefundenen Sachbeweise überwiegt. Dabei falle ins Gewicht, dass es um den schwerwiegenden Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch den Angeklagten ging, der einschlägig vorbestraft ist. Nachdem seine Identität durch Auffinden des Entlassungsscheins aus der Justizvollzugsanstalt, aus der er bedingt entlassen worden war, bekannt war, sei auch anzunehmen, dass ein Ermittlungsrichter in dem Fall, dass ein Antrag auf Gestattung der Durchsuchung der Geldkassette gestellt worden wäre, höchstwahrscheinlich einen Durchsuchungsbeschluss erlassen hätte. Diese Möglichkeit der hypothetisch rechtmäßigen Beweiserlangung sei im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Schließlich lägen Anhaltspunkte dafür, dass der Richtervorbehalt von den Ermittlungsbeamten bewusst missachtet wurde, nicht vor.“

Ich habe so meine Probleme mit dieser Abwägungslehre der Rechtsprechung. Damit kann man alles „gesund beten“.

Durchsuchung I: Durchsuchung des Verteidigers – darf das Gericht das?

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Beim OLG München läuft seit dem 27.04 2016 vor dem 8. Strafsenat gegen mehrere Angeklagte die Hauptverhandlung u.a. wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung statt. Vor Beginn der Sitzung hat der Vorsitzende des Strafsenats eine sitzungspolizeiliche Anordnung getroffen. Darin hat er unter anderem die Durchsuchung der Verteidiger der Angeklagten und die Durchsicht mitgeführter Behältnisse verfügt und dies nach Widersprüchen der Verteidiger in einem Vermerk vom 29. März 2016 begründet. Gegen die sitzungspolizeiliche Anordnung wenden sich mehrere der Verteidiger mit der Beschwerde. Der BGH hat die Beschluss jetzt mit BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – StB 10/16 – als unzulässig verworfen. Begründung: Gegen sitzungspolizieliche Maßnahmen der Durchsuchung gibt es keine Beschwerde:

Der Senat kann es (erneut) offenlassen, ob sitzungspolizeiliche Maßnahmen im Sinne des § 176 GVG überhaupt der Anfechtung unterliegen oder der Beschwerde entzogen sind (vgl. zum Ganzen BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2015 – StB 10 und 11/15, NJW 2015, 3671 mwN; vom 10. März 2016 – StB 3/16). Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vor-schriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO. Danach ist ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte in Fällen, in denen diese – wie vorliegend – erstinstanzlich tätig werden, nur in den in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO ausdrücklich aufgeführten Fällen statthaft. Diesem Katalog unterfällt die angegriffene Verfügung nicht.

Zwar nennt der Ausnahmekatalog des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO in Nr. 1 auch Durchsuchungen. Indes ergibt sich bereits aus der Aufzählung der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO genannten Eingriffe, die sich auf Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren nach dem 8. Abschnitt des ersten Buches der Strafprozessordnung und Haftentscheidungen nach dessen 9. Abschnitt beziehen, dass mit dem Begriff der Durchsuchung im Sinne der Vorschrift die „klassische Durchsuchung“ nach Beweismitteln im Sinne der §§ 102 ff. StPO gemeint ist (vgl. LR-Matt, StPO, 26. Aufl., § 304 Rn. 77). Einer Ausdehnung der Vorschrift des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO auf sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchungen von Personen und Sachen steht der – auch im Gesetzgebungsverfahren hervorgehobene (vgl. BT-Drucks. 5/4086 S. 11, 5/4269 S. 6) – Ausnahmecharakter dieser Norm entgegen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eng auszulegen ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 1981 – StB 31/81, BGHSt 30, 168, 170; vom 19. März 1986 – StB 2 und 3/86, BGHSt 34, 34, 35; vom 20. März 1991 – StB 3/91, BGHSt 37, 347, 348). Der Senat hat es deshalb bisher auch abgelehnt, Beschwerden gegen Entscheidungen, die lediglich die Art und Weise des Vollzugs einer Durchsuchung zum Gegenstand haben, in erweiternder Auslegung des Begriffs der „Durchsuchung“ im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halb-satz 2 Nr. 1 StPO als statthaft anzusehen (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 1998 – 3 ARs 10/98, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Durchsuchung 2; vom 13. Oktober 1999 – StB 7 und 8/99, NJW 2000, 84, 86). Nichts anderes kann für eine sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchung gelten, die – letztlich im Interesse der Wahrheitsfindung – lediglich den ungestörten äußeren Verlauf der Sitzung sichern soll (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 176 Rn. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, 59. Aufl., § 176 GVG Rn. 4).

Auch mit Blick auf die möglicherweise tangierte Grundrechtsposition der Beschwerdeführer aus Art. 12 Abs. 1 GG ist es nicht gerechtfertigt, diesen entgegen dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers ein Beschwerderecht einzuräumen. Der Gesetzgeber hat in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte – mit Ausnahme der im Katalog enumera-tiv aufgeführten Eingriffe – einer Beschwerde entzogen und es damit in Kauf genommen, dass in anderen Fällen mit Grundrechtsbezug ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. Dies spricht gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei Verfügungen und Beschlüssen eines Oberlandesgerichts, die in ein Grundrecht eingreifen, generell eine Rechtsmittelmöglichkeit vorsehen wollen (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – StB 10 und 11/15, NJW 2015, 3671). Vor diesem Hintergrund ist es nicht Sache der Fachgerichte, unter Missachtung dieses gesetzgeberischen Willens den Katalog der ausnahmsweise anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit möglicher in Betracht kommender Grundrechtsbeeinträchtigungen beliebig zu erweitern.“

Dazu hatten wir vor kurzem ja auch schon den BVerfG, Beschl. v. 17.04.2015 – 1 BvR 3276/08 und dazu: Nicht sofort zum BVerfG rennen, oder: Rechtsprechungsänderung angesagt?  Und dann noch den Lesetipp.

Und die Antwort auf die Frage: Man weiß es nicht so genau 🙂 .

Beweisverwertungsverbot bei rechtswidriger Durchsuchung, oder: Schöne AG-Entscheidung

entnommen wikimedia.org Urheber ZngZng

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Im AG Kehl, Beschl. v. 29.04.2016 – 2 Cs 303 Js 19062/15 – geht es um die Voraussetzungen einer Durchsuchung von Gegenständen an einem angeblichen Kriminalitätsschwerpunkt, einem sog. gefährlichen Ort i.S. des § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG). Beantragt worden ist von der StA ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln. Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, er habe am 29.10.2005 über den Grenzübergang Kehl/Straßburg sieben Subutex-Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von je 8 mg Buprenorphin in das Bundesgebiet verbracht, ohne, wie er gewusst habe, im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis gewesen zu sein, strafbar als vorsätzliche unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG. Der Angeschuldigte war in der Allmendzeilstraße/Ecke Flurstraße in Kehl von zwei Polizeibeamten des Polizeireviers Kehl einer Personenkontrolle unterzogen worden. Dabei fragten die Polizeibeamten, denen der Angeschuldigte als Betäubungsmittelkonsument bekannt war, ob er damit einverstanden sei, dass seine mitgeführte Tasche durchsucht werde, was der Angeschuldigte bejahte. Bei der Durchsuchung wurde ein Blister mit sieben Subutex-Tabletten aufgefunden. In der Beschuldigtenvernehmung zum Vorwurf des Verstoßes gegen § 29 BtMG hatte der Angeschuldigte zugegeben, die Subutex-Tabletten zuvor in Straßburg gekauft zu haben. Das AG hat den Erlass des Strafbefehls abgelehnt. Begründung: Die in der Tasche des Angeschuldigten aufgefunden und sichergestellten Tabletten seien durch eine rechtswidrige Durchsuchung erlangt worden, deshalb bestehe ein Beweisverwertungsverbot:

Zur Durchsuchung der Tasche verneint das AG die Voraussetzungen nach § 30 Nr. 4 BWPolG, worauf sich die Polizeibeamten berufen hatten. Bei dem „Durchsuchungsort“ handele es sich nicht um einen gefährlichen Ort im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG. Und: Selbst wenn es sich tatsächlich um einen gefährlichen Ort im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG handeln sollte, bedeutet dies – so das AG – nicht, dass damit ohne Weiteres auch eine Durchsuchung von Gegenständen des Angeschuldigten gemäß § 30 Nr. 4 BWPolG zulässig wäre. Denn:

„Bei der Durchsuchung von Sachen, die eine Person mit sich führt, deren Identität nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG festgestellt werden darf, sind unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne strengere Anforderungen an die Höhe der abstrakten Gefahr zu stellen als bei der bloßen Identitätskontrolle. …… Es bedarf deshalb einer erhöhten abstrakten Gefahr, die das Einschreiten gegen eine konkrete Person rechtfertigt. Der bloße Aufenthalt an einem gefährlichen Ort genügt dafür nicht. Es müssen zusätzliche und als solche hinreichend greifbare Erkenntnisse hinzutreten, die die Annahme rechtfertigen, dass die betroffene Person im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG tätig ist, also sich an diesem Ort als Straftäter verbirgt, Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt, sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder ausländerrechtliche Duldung mit anderen trifft oder der Prostitution nachgeht, ohne dass jedoch die Anforderungen dafür überspannt werden dürfen (vgl. die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs a.a.O.).

Nach dieser Maßgabe waren die im Verhältnis zu § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG gesteigerten Voraussetzungen des § 30 Nr. 4 BWPolG bei dem Angeschuldigten nicht erfüllt. Es liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass hinsichtlich des Angeschuldigten eine erhöhte abstrakte Gefahr hinsichtlich der besonderen Verhaltensweisen des § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG gegeben war, insbesondere ergeben sich solche Erkenntnisse nicht aus der Stellungnahme der Polizei vom 08.03.2016, in der als Rechtsgrundlage der Durchsuchung der Tasche des Angeschuldigten ausdrücklich § 30 Nr. 4 BWPolG i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 2 BWPolG genannt wird. Im Gegenteil ist der Angeschuldigte lediglich als Konsument von Betäubungsmitteln polizeilich bekannt, wobei er sich die Betäubungsmittel vornehmlich in Straßburg besorgt.“

Und zur Einwilligung des Angeschuldigten:

„(3) Die fehlende Rechtsgrundlage wird nicht durch die Zustimmung des Angeschuldigten in die Durchsuchung seiner Tasche ersetzt. Die Einwilligung des Angeschuldigten ist nämlich unwirksam. …..

(b) Diesen Anforderungen wird die Einwilligung des Angeschuldigten in die Durchsuchung nicht gerecht. Die Polizeibeamten haben den Angeschuldigten lediglich gefragt, ob er etwas dagegen habe, wenn seine Tasche durchsucht werde, was der Angeschuldigte verneinte. Eine Erklärung der Polizeibeamten über die Rechtsgrundlage erfolgte nicht, ebenso wenig der Hinweis, dass die Durchsuchung allein von der Zustimmung des Angeschuldigten abhängt.“

Und zum Beweisverwertungsverbot:

„Die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung der Tasche des Angeschuldigten führt zum Verbot der Verwertung der aufgefundenen Subutex-Tabletten als Beweismittel im Strafverfahren gegen ihn.

(1) Zwar führt nicht jede rechtswidrige Durchsuchung zur Unverwertbarkeit aufgefundener Beweismittel. Vorliegend ist aber aufgrund des Schweregrades der Rechtswidrigkeit und der wegen Fehlens jeglicher Dokumentation der Umstände, insbesondere der Rechtsgrundlage und der die Durchsuchung rechtfertigenden Tatsachen, gegebenen objektiven Willkürlichkeit der Maßnahme im Hinblick auf die Geringfügigkeit der dem Angeschuldigten zur Last gelegten Straftat von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einleitung, Rn. 55 ff., und § 94, Rn. 21). Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, dass die Polizeibeamten annahmen, rechtmäßig zu handeln, und die Maßnahme auf Aufforderung der Staatsanwaltschaft nachträglich begründeten, nachdem das Gericht bereits Zweifel an der Rechtmäßigkeit und der Verwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel äußerte.

(2) Das Beweisverwertungsverbot ist bereits jetzt bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zu berücksichtigen, auch wenn es womöglich tatsächlich erst zum Tragen kommt, wenn gegen die Verwertung Widerspruch erhoben wird (sogenannte Widerspruchslösung, siehe dazu Eschelbach in Beck’scher Online-Kommentar StPO, a.a.O., § 257, Rn. 20). Denn es ist bereits jetzt damit zu rechnen, dass entweder der Angeschuldigte selbst nach entsprechender richterlicher Belehrung oder ein Verteidiger der Verwertung widersprechen wird. Dies ist der Bewertung der Verurteilungswahrscheinlichkeit zugrunde zu legen.“

Schöne Entscheidung – liest man selten …..

Fanbanner geklaut – Wohnungsdurchsuchung bei einem Dritten?

© eyetronic - Fotolia.com

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Und nach dem LG Bielefeld, Beschl. v. 25.11.2015 – 3 Qs 556/ Js 1306/14-316/15 – dazu Der „steife Penis“ kommt zur Anklage, die „Nacktbilder“ nicht – Durchsuchung rechtswidrig – nun der Hinweis auf den BVerfG, Beschl. v. 11.01.2016 – 2 BvR 1361/13. 11 Also mal wieder eine Entscheidung des BVerfG zur Durchsuchung, so ganz viel hatten wir dazu in der letzten Zeit – zum Glück – ja nicht.

Der „steife Penis“ kommt zur Anklage, die „Nacktbilder“ nicht – Durchsuchung rechtswidrig

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Heute starte ich dann mal mit einer Entscheidung zu einer Durchsuchung, und zwar mit dem LG Bielefeld, Beschl. v. 25.11.2015 – 3 Qs 556/ Js 1306/14-316/15, der sich zur Verhältnismäßigkeit einer Durchsuchungsanordnung in einem Verfahren u.a. wegen des Besitz von Kinderpornografie verhält (Nacktbilder des pp.). Jedenfalls ist das von mehreren Verfahren nur noch übrig geblieben. In dem Verfahren ergeht ein Durchsuchungsbeschluss, den das LG dann als rechtswidrig angesehen hat:

„Letztlich besteht daher nur ausreichender Verdacht dahingehend, dass der Beschwerdeführer im Besitz von Nacktbildern des Geschädigten ppp. ist, welche dieser ihm übersandt haben will. Insofern ist aber eine Durchsuchung nicht verhältnismäßig.

Mit der Anklageschrift vom 25.11.2014 ist u.a. zur Anklage gelangt, dass der Beschwerdeführer dem Geschädigten in der Zeit von Juni bis September 2013 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt ein Bild von seinem steifen Penis übersandt habe. Dieses Bild ist weder bei dem Geschädigten noch bei dem Beschwerdeführer vor Anklageerhebung sichergestellt worden. Gestützt wurde dieser Anklagepunkt leidglich auf die Angaben des Geschädigten pp., welcher in seiner polizeilichen Vernehmung, BI. 52 der Ermittlungsakte, folgendes bekundet hat: „Der ppp. hat mich auch mal aufgefordert, mit meinem Handy Bilder von mir zu machen, auf denen ich unbekleidet zu sehen bin. Er hat solange gedrängelt, bis ich nachgegeben habe. Ich habe dann zwei bis drei Bilder von mir gemacht und ihm sie über What’sApp zugeschickt. Wann das war, kann ich überhaupt nicht sagen, ich habe keine zeitliche Vorstellung davon. Er mir auch mehrere Bilder über What’sApp geschickt, auf denen sein steifer Penis zu sehen war.“

Für die Kammer ist nicht ersichtlich, weshalb vorliegend unterschiedlich verfahren wurde. Während das Geschehen betreffend des Fotos vom steifen Penis des Beschwerdeführers zur Anklage gelangt ist, wurde das Geschehen betreffend die Fotos vom unbekleideten Geschädigten in dem Ursprungsverfahren der Staatsanwaltschaft 566 Js 1519/13 nicht weiter behandelt, es wurde einerseits nicht angeklagt, aber andererseits wurde es auch nicht in der Begleitverfügung gem. § 154 StPO vorläufig eingestellt. So war die Staatsanwaltschaft jedoch wegen weiterer Vorfälle des sexuellen Missbrauchs nach § 176 Abs. 1 und 4 StGB zum Nachteil des Geschädigten pp. verfahren. Vielmehr wurden die vom Geschädigten pp. bekundeten Nacktbilder dann als letztlich einzig durchgreifender Tatverdacht zur Grundlage des angegriffenen Durchsuchungsbeschlusses gemacht.

Unter Berücksichtigung dieses Hintergrundes war der Durchsuchungsbeschluss nicht verhältnismäßig; der Besitz kinderpornografischer Schriften hätte zum einen wie das Geschehen betreffend des Fotos vom steifen Penis des Beschwerdeführers auch ohne Vorlage der Fotos des Geschädigten ppp. angeklagt werden können. Zum anderen ist ein angemessenes Verhältnis zur Schwere der konkreten Straftat — Besitz kinderpornografischer Schriften — vor dem Hintergrund, dass dem Beschwerdeführer in der Anklage vom 25.11.2014 insbesondere vier Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes – dem Geschädigten  – vorgeworfen wurden, nicht gegeben.“