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Durchsuchung I: Richtervorbehalt und/oder Gefahr im Verzug, oder: Beweisverwertungsverbot

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In die neue Woche starte ich dann mit zwei Entscheidungen zur Durchsuchung. Hier zunächst das AG Osnabrück, Urt. v. 17.03.2021 – 207 Ls (1366 Js 67580/18) 365/20. Das Urteil ist zwar schon etwas älter, aber die mit dem Richtervorbehalt und einem Beweisverwertungsverbot bei Nichtbeachtung zusammenhängenden Fragen sind in der Praxis immer von Bedeutung.

Folgender Sachverhalt: Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, im Zeitraum vom 01.08.2018 bis 07.12.2018 in Osnabrück in zwei Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG Handel getrieben zu haben, sowie in einem Fall (Fall 1) Betäubungsmittel in nicht geringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BtMG besessen zu haben und sich somit gemäß den §§ 1, 3, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 52, 53 StGB strafbar gemacht zu haben.

Von den Vorwürfen hat das AG den aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

„Nach Vernehmung der beiden Zeugen PK’in pp. und PK pp. konnte festgestellt werden, dass die beiden Polizeibeamten aufgrund eines Hinweises eines Mitmieters des Mehrfamilienhauses am 07.12.2018 gegen 12:30 Uhr das Mehrfamilienhaus an der Adresse pp. aufgesucht haben. Vor Ort sind die beiden auf den Hinweisgeber, der ihnen mitgeteilt hat, dass er seit einiger Zeit Cannabisgeruch im Hausflur des Mehrparteienhauses festgestellt habe, gestoßen. Er hatte eine Wohnung im zweiten OG bzw. DG im Verdacht. Die beiden Beamten haben bereits im Hausflur Cannabisgeruch feststellen können und sich sodann alleine ins Dachgeschoß begeben. Dort hat sich nach Angaben der beiden der Geruch erheblich verstärkt und sie seien sich sicher gewesen, dass der Geruch aus der Wohnung des Angeklagten gekommen sei. Die Zeugin PK’in pp. hat diesbezüglich bekundet, dass der Geruch regelrecht durch die Ritzen der Tür herausgezogen sei. Der Zeuge PKpp. hat bekundet, dass sich im Dachgeschoß noch eine weitere Wohnung befunden habe und man aus diesem Grund an den Türen gerochen habe. Dabei habe man festgestellt, dass der Geruch an der Tür des Angeklagten sehr massiv gewesen sei. Ohne zuvor einen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken haben die beiden Polizeibeamten sodann an der Wohnung des Angeklagten geklingelt und dieser hat die Tür geöffnet. In diesem Moment habe sich der Geruch, nach Angaben der Polizeibeamten, auch noch verstärkt. Es konnte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, ob der Angeklagte in diesem Moment die Polizeibeamten freiwillig in seine Wohnung gelassen hat oder aber ihnen den Zutritt verwehrt hat. Beide Polizeibeamten konnten dazu keine Angaben mehr machen. Aus dem Bericht des Polizeibeamten PKpp. ergibt sich auch kein eindeutiges Bild. Da der Polizeibeamte jedoch aufgenommen hat, das „aufgrund von Gefahr im Verzug die Wohnung betreten worden sei“, ist das Gericht davon ausgegangen, dass der Angeklagte weder ausdrücklich gesagt hat, dass die Beamten seine Wohnung betreten dürfen, noch das er ausdrücklich gesagt hat, dass sie draußen bleiben sollen.

Die beiden Polizeibeamten, die in diesem Moment Gefahr im Verzug angenommen haben, haben sodann die Wohnung betreten und konnten dort diverse abgeerntete Cannabispflanzen, verkaufsfertiges Cannabis und eine Plantage mit neuen Setzlingen feststellen. Nach Belehrung hat der Angeklagte angegeben, dass er das Cannabis zum Eigenkonsum angebaut habe, da er an Multipler Sklerose leidet.

Im vorliegenden Fall liegt ein Beweiserhebungsverbot vor. Mangels eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses hätte die Wohnung nicht durchsucht werden dürfen, da keine Gefahr im Verzug vorlag. Die beiden Polizeibeamten haben übereinstimmend bekundet, dass ihnen bereits bevor die Tür durch den Angeklagten geöffnet worden sei, klar gewesen sei, dass der Cannabisgeruch ganz eindeutig aus der Wohnung des Angeklagten gekommen sei. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich gewesen, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt bereits erkannt hatte, dass sich die Polizei vor seiner Wohnung befindet.

Die Polizeibeamten hätten somit ausreichend Zeit gehabt, einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss zu erwirken. Gefahr im Verzug bestand erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Polizeibeamten geklingelt und der Angeklagte die Tür geöffnet hatte. Diese Situation haben die Polizeibeamten jedoch selbst herbeigeführt.

Das Beweiserhebungsverbot führt hier auch zu einem Beweisverwertungsverbot. Zwar ist dem Strafverfahrensrecht ein allgemeiner Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht fremd. Die Annahme eines Verwertungsverbotes schränkt eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts ein, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu strecken hat, die von Bedeutung sind. Der Rechtsstaat kann sich nur verwirklichen, wenn ausreichende Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass Straftäter im Rahmen der geltenden Gesetze verfolgt, abgeurteilt und einer gerechten Bestrafung zugeführt werden. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes ist von Verfassungs wegen nur bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, bei denen die grundrechtliche Sicherung planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.06.2016, Az. 3 RVs 46/16, so auch BGH, Urteil vom 06.12.2016 – 2 StR 46/15).

Im vorliegenden Fall stellt die Vorgehensweise der Polizeibeamten eine – einer willkürlichen und zielgerichteten Umgehung des Richtervorbehalts gleichgewichtigen – gröbliche Missachtung dieses Vorbehalts dar. Den beiden Polizeibeamten war klar, dass der Geruch aus der Wohnung des Angeklagten stammt. Insoweit bestanden keine Zweifel. Darüber hinaus war ihnen auch klar, dass in dem Moment, in dem sie an der Tür klingeln und der Angeklagte erkennt, dass Polizeibeamte vor seiner Tür stehen, sie sofort die Wohnung betreten müssen, da in diesem Moment die Gefahr des Beweismittelverlustes durch Vernichtung der Betäubungsmittel droht. Es war für die Polizeibeamten unzweifelhaft und leicht zu erkennen, dass in einer solchen Situation zuvor ein Durchsuchungsbeschluss eingeholt werden muss und man nicht die Gefahr im Verzug selbst provozieren darf um sich sodann auf sie zu berufen. Auch die Tatsache, dass im vorliegenden Fall ein Durchsuchungsbeschluss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erlassen worden wäre, ändert nichts daran, dass hier ein Beweisverwertungsverbot anzunehmen ist. Der Hypothese eines möglichen rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs kommt bei grober Verkennung von Bedeutung und Tragweise des Richtervorbehalts im Rahmen der Abwägungsentscheidung über ein Beweisverwertungsverbot nämlich keine Bedeutung zu (so auch BGH, Urteil vom 06.10.2016 – 2 StR 46/15).

Das Beweisverwertungsverbot erstreckt sich auf alle in der Wohnung vorgefundenen Beweismittel und auch auf die Angaben, die der Angeklagte nach dem Betreten seiner Wohnung durch die Polizeibeamten im Rahmen der Durchsuchung gemacht hat bzw. die Bekundungen der Polizeibeamten, die sich zu diesen Angaben des Angeklagten verhalten. ….. „

StPO III: Das Erstellen eines sog. „Gaffer-Videos“, oder: Anfangsverdacht für eine Durchsuchung?

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Die dritte Entscheidung, die ich vorstelle, ist dann der LG Bonn, Beschl. v. 13.07.2021 – 50 Qs-410 Js 78/21-18/21. Er behandelt u.a. die Frage nach dem Anfangsverdacht für die Anordnung einer Durchsuchung, und zwar in einem „Gaffer-Video-Fall“. Zugrunde lag folgender Sachverhalt:

„Unter dem 22.03.2021 hat das Amtsgericht Bonn einen Durchsuchungsbeschluss in einem gegen den Beschwerdeführer geführten Ermittlungsverfahren erlassen, in dem u.a. die Durchsuchung seiner Wohnräume und sonstiger Räume zum Zwecke der Auffindung von Mobilfunktelefonen mit Videofunktion, Kameras und Computer als Tatwerkzeuge sowie eines X-Videos angeordnet wurde. Zur Begründung hat das Amtsgericht Bonn ausgeführt, dass der Beschuldigte im Verdacht stehe, auf einem von ihm betriebenen X-Kanal eine am pp.2021 gefertigte achtminütige Aufnahme eines schweren Verkehrsunfalls auf der B pp. in P veröffentlicht zu haben, in welchem über eine Sequenz von zwei Minuten die Bergung des schwer verletzten und im PKW eingeklemmten Geschädigten K durch mehrere Einsatzkräfte der Feuerwehr gezeigt werde. Hierbei sei das Gesicht des Geschädigten zwar verpixelt worden, dessen Identifizierung gleichwohl möglich. Den Wunsch der Schwester des Geschädigten nach Löschung des Videos habe der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die Pressefreiheit abgelehnt. Hierdurch sei er – so das Amtsgericht Bonn in seiner Begründung – einer Strafbarkeit nach § 201 a Abs. 1 Nr. 2, Nr. 4 StGB hinreichend verdächtig. Auf § 201 a Abs. 4 StGB könne sich der Beschwerdeführer nicht berufen, so das Amtsgericht Bonn weiter, da es sich bei dem Video mangels journalistischredaktionellen Inhalt nicht um Presseberichterstattung handele, sondern das Video lediglich der Meinungsäußerungsfreiheit zuzuordnen sei. Die Staatsanwaltschaft habe zudem das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. pp. ff. d.A., verwiesen.“

Mit seiner Beschwerde hat sich der Beschuldigte darauf berufen, „es habe sich um eine Berichterstattung über „Vorgänge des Zeitgeschehens“ gehandelt, so sei über den Unfall bspw. auch in der Lokalpresse berichtet worden, was dessen Presserelevanz verdeutliche. Deswegen könne er sich auf § 201 a Abs. 4 StGB berufen. Darüber hinaus sei § 201 a StGB eng auszulegen, so dass der Eingriff in die Grundrechte des Beschwerdeführers in jedem Falle unverhältnismäßig gewesen sei.2

Das hat das LG anders gesehen:

„Die zulässige Beschwerde des Beschwerdeführers hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht Bonn die Durchsuchung der Wohnung und der sonstigen Räume des Beschwerdeführers angeordnet, §§ 102, 105 StPO.

Gemäß § 102 StPO kann bei dem als Täter oder Teilnehmer einer Straftat Verdächtigen eine Durchsuchung dann angeordnet werden, wenn das Auffinden von Beweismitteln zu vermuten ist. Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt daher der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG NJW 2007, 1443; 2007, 2749, 2751 m. w. N.; BGH NJW 2000, 84, 85).

Gemessen an den aufgezeigten Maßstäben liegt ein Anfangsverdacht gegen den Beschwerdeführer wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen gemäß § 201 a StGB vor. Gemäß § 201 a Abs. 1 Nr. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. Die Hilflosigkeit muss durch die Abbildung zur Schau gestellt werden. Erforderlich ist, dass die Hilflosigkeit der Aufnahme selbst zu entnehmen ist. Daran fehlt es, wenn die Gefahrensituation für das Opfer selbst auf der Aufnahme nicht zu erkennen ist (BGH NStZ 2017, 408, Cornelius NJW 2017, 1893). Zudem muss die Hilflosigkeit objektiv in den Fokus gerückt und nicht lediglich völlig „untergeordnetes Beiwerk“ der Aufnahme sein. Darüber hinaus ist die Bestimmungsbefugnis der Person über Informationen ihres höchstpersönlichen Lebensbereichs als Teil des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geschützt. Die auf den Bildaufnahmen abgebildete Person muss für Dritte nicht identifizierbar sein. Dies vorweg geschickt, verbreitete der Beschwerdeführer durch das Hochladen des Unfallvideos auf seinem X-Kanal die Bildaufnahmen an eine unbestimmte Anzahl Dritter. Wenngleich der Beschwerdeführer das Gesicht des Geschädigten verpixelt hatte, steht dies nach vorstehenden Ausführungen der Tatbestandserfüllung nicht entgegen. Denn durch die Bildaufnahmen der schweren Verletzung sowie der Bergung des Geschädigten, die mit einer Dauer von zwei Minuten den zentralen Teil des Videos einnehmen, stand der Geschädigte als Person im Fokus der Bildaufnahmen. Trotz der Verpixelung ist eine Identifizierung des Geschädigten – bspw. durch Familienangehörige oder sich selbst – ohne weiteres möglich.

Soweit der Beschwerdeführer sich auf die Voraussetzungen des § 201 a Abs. 4 StGB beruft, dringt er mit seinem Vorbringen nicht durch. Gemäß § 201 a Abs. 4 StGB gilt u.a. § 201 a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen. Zu Recht hat das Amtsgericht Bonn ausgeführt, dass das auf dem X-Kanal des Beschwerdeführer gezeigte Video des Geschädigten nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Tätigkeit als Pressevertreter gerecht wird, da der Kanal keinen journalistischredaktionellen Inhalt aufweist, da es sich um eine reine unbearbeitete Übermittlung und Aneinanderreihung von Informationen ohne redaktionelle Aufbereitung oder journalistischer Herangehensweise handelt. Es fehle insoweit an einer pressemäßigen „Vermittlungsleistung“. Diesen Ausführungen schließt das Beschwerdegericht sich vollumfänglich an. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es sich um „Vorgänge des Zeitgeschehens“ – wie der Beschwerdeführer meint – handelt.

Die Durchsuchung war schließlich auch verhältnismäßig.

Durchsuchungen stellen regelmäßig einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen dar. Wohnungsdurchsuchungen sind stets ein tiefgreifender Grundrechtseingriff (vgl. BVerfG NJW 2006, 976). Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist daher bei der Anordnung und Durchführung der Maßnahme besondere Beachtung zu schenken. Die Maßnahme muss in Hinblick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sowie gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der vorgeworfenen Tat erforderlich sein. Das ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen, die den Ermittlungszweck nicht gefährden. Schließlich muss der jeweilige Eingriff im angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachtes stehen (BVerfG NJW 2011, 2275; Beschl. v. 26.10.2011, 2 BvR 1774/10, Abs. 22 = BeckRS 2011, 56244; NJW 2008, 1937).

Die Durchsuchung war zur Auffindung von Beweismitteln geeignet. Es war anzunehmen, dass sich auf den aufzufindenden Datenträgern die vom Beschwerdeführer gefertigten Aufnahmen – auch im unbearbeiteten Zustand – befinden und diese als Beweismittel zur Überführung in einer Hauptverhandlung in Betracht kommen können. Die Durchsuchungsanordnung stand schließlich auch im angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachtes. Der Anordnung lag -wie gezeigt- ein begründeter Verdacht einer Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen nach § 201 a Abs. 1 Nr. 2 StGB zugrunde. Der Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer war – und ist es noch – hinreichend begründet und übersteigt deutlich das Maß an Verdachtsgründen für einen Anfangsverdacht. Ausweislich des gesamten Inhalts der Akte ergeben sich zahlreiche Anhaltspunkte, dass die Tat durch den Beschwerdeführer begangen wurde, wobei dieser dies ohnehin nicht abstreitet. Wenngleich hier das geringere Strafmaß zu berücksichtigen ist, ändert dies nichts an der Angemessenheit der Durchsuchung. Der Gesetzgeber unterscheidet in der Vorschrift des § 102 StPO gerade nicht zwischen einem Verbrechen und einem Vergehen. Vielmehr gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass die durchzuführende Durchsuchung im Einklang mit den schutzbedürftigen Interessen des Beschwerdeführers und des Strafverfolgungsinteresse gebracht werden. Die so bezeichneten Interessen des Beschwerdeführers stehen dahinter zurück. Denn in der Abwägung zu berücksichtigen ist – neben dem starken Verdachtsgrad – auch, dass der Beschwerdeführer das Video durch die Veröffentlichung in seinem X-Kanal und Verbreitung im Internet einer unbegrenzten Anzahl von Personen zur Verfügung gestellt hat, der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Geschädigten sich vor diesem Hintergrund mithin als besonders schwerwiegend darstellt. Die dagegen abzuwägenden Grundrechte des Beschwerdeführers überwogen nicht derart, dass der Erlass des Beschlusses als unverhältnismäßig im engeren Sinne anzusehen ist.“

Durchsuchung I: Durchsicht von „Papieren“, oder: Wie ist das mit dem Anwesenheitsrecht eines Betroffenen?

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In die 30. KW. starte ich heute mit zwei – positiven – Entscheidungen zur Durchsuchung.

Den Anfang mache ich mit dem LG Kiel, Beschlu. v. 18.06.2021- 3 Qs 14/21. In ihm geht es um das Anwesenheitsrecht eines von der Durchsuchung Betroffenen bei der Durchsicht von Papieren (§ 110 StPO). Das LG hat es bejaht:

„Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht Kiel hat zu Recht dem Rechtsbeistand des Betroffenen ein Anwesenheitsrecht bei der Durchsicht der vorläufig sichergestellten Datenträger gestattet.

Ein Recht auf Anwesenheit bei der Durchsicht im Sinne des § 110 StPO ist gesetzlich nicht normiert. Mit dem Ersten Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24.08.2004 (BGBI 1 S. 2198) wurde ein solches, das in § 110 Abs. 3 StPO a.F. geregelt war, ohne Begründung ersatzlos gestrichen. Mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es im Einzelfall zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit geboten sein, den oder die Inhaber des jeweiligen Datenbestands in die Prüfung der Verfahrenserheblichkeit sichergestellter Daten einzubeziehen. Konkrete, nachvollziehbare und überprüfbare Angaben vor allem Nichtverdächtiger zur Datenstruktur und zur Relevanz der jeweiligen Daten können deren materielle Zuordnung vereinfachen und den Umfang der sicherzustellenden Daten reduzieren. Allerdings ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, in jedem Fall eine Teilnahme an der Sichtung sichergestellter E-Mails vorzusehen. Ob eine Teilnahme bei der Durchsicht geboten ist, ist im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung einer wirksamen Strafverfolgung einerseits und der Intensität des Datenzugriffs andererseits zu beurteilen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.06.2009, Az. 2 BvR 902J06, Rn. 96).

Die Verhältnismäßigkeit gebietet es im vorliegenden Fall, dem Rechtsbeistand des Betroffenen die Anwesenheit bei der Durchsicht zu gestatten. Bei ihm als nicht Beschuldigtem ist ein umfangreicher Datenbestand gesichert worden, dessen Großteil an Daten keine Relevanz für das Ermittlungsverfahren haben dürfte. Damit musste er einen erheblichen Eingriff ihn seine Rechte hinnehrnen; auch die Rechte der pp. sind berührt, soweit es um Kommunikation zwischen ihnen und dem Betroffenen geht. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Betroffene ein erhebliches Interesse daran hat, bei der Sichtung der Daten anwesend zu sein. Das gilt um so mehr, als ausweislich. des Vermerks vom 29. März 2021 deutliche Differenzen zwischen der Steuerfahndung und dem Vertreter des Betroffenen über die Art und Weise sowie den Umfang der Durchsicht bestehen.

Das Interesse an der Anwesenheit tritt auch nicht hinter Zwecke der Verfahrensförderung und der Prozessökonomie zurück. Gewisse zeitliche Einschränkungen und organisatorische Maßnahmen im Rahmen der Sichtung aufgrund der Hinzuziehung des Rechtsbeistands sind insoweit hinzunehmen, insbesondere wenn nicht ersichtlich ist, dass dies zu einer (nennenswerten) Verzögerung des Verfahrens führt. Es ist unbestritten, dass Rechtsanwalt pp. zu den vorgesehen Durchsichtterminen erschienen ist, ohne dass es zu einer Verlegung des Termins kommen musste. Vielmehr ergibt sich auch aus der Ermittlungsakte, dass der Rechtsbeistand des Betroffenen auch bei einer Ankündigung am 25.03.2021 über den Durchsichttermin am 26.03.2021 um 09:00 Uhr erschien und auch bei der Fortsetzung der Datensichtung am 31.03.2021 erscheinen konnte (vgl. BI. 4 f. HB IV): Nach alledem überwiegt das Interesse an der Anwesenheit während der Durchsicht.“

U-Haft II: Durchsuchung des Verteidigers in der JVA, oder: Auch Umkrempeln der Hosentaschen geht nicht

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Die zweite Entscheidung kommt dann vom LG Dortmund. Thematik im LG Dortmund, Beschl. v. 29.04.2021 – 33 Kls 4/21: Durchsuchung des Verteidigers vor dem Besuch des inhaftierten Mandanten. Dem Verteidiger sollte Zutritt zur Justizvollzugsanstalt Hagen zum Zwecke des Besuchs seines Mandanten nur gestattet werden unter der Voraussetzung, dass er die Hosentaschen von innen nach außen krempelt und die Jacken (Winterjacken und Anzugsjackett) ablegt und während des Besuchs in ein Schließfach einschließt. Dagegen hat sich der Verteidiger mit Erfolg gewehrt:

„2. Die Anordnung, der Justizvollzugsanstalt Hagen, nach der dem Antragsteller der Zutritt zur Justizvollzugsanstalt Hagen zum Zwecke des Besuchs seines Mandanten (Untersuchungsgefangener) verweigert worden ist, respektive nur gestattet worden ist unter der Voraussetzung, dass er die Hosentaschen von innen nach außen krempelt und die Jacken (Winterjacken und Anzugsjackett) ablegt und während des Besuchs in ein Schließfach einschließt, ausgesprochen durch den JVHS Pp., rechtswidrig.

Durchsuchungen des Verteidigers sind grundsätzlich unzulässig, weil sie den freien Verkehr mit dem Mandanten einschränken und den Angeklagten möglicherweise in seiner Verteidigung beeinträchtigen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 148, Rn. 12).

Dennoch ist die Durchsuchung nach Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen auch bei einem Rechtsanwalt unter Berücksichtigung des ungehinderten Verkehrs mit dem Verteidiger aus Sicherheitsgründen zulässig.

Auch nach § 22 Satz 1 UVollzG NRW i.V.m. § 26 Abs. 1 Satz 2 StVollzG kann der Zutritt — auch von Rechtsanwälten — von ihrer Durchsuchung abhängig gemacht werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit der Anstalt erforderlich ist. Sofern von dem Ermessen, das die Norm vorsieht, Gebrauch gemacht werden soll, sind die Gründe dem zu Durchsuchenden darzulegen.

Ein Sicherheitsbedürfnis wurde jedoch nicht vorgetragen, als der Besuch des Antragstellers davon abhängig gemacht wurde, dass dieser seine Hosentaschen von innen nach außen krempeln sollte. Aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom 05.03.2021 und auch aus der Stellungnahme des Leiters der JVA vom 25.03.2021 sowie aus der Stellungnahme zur Dienstaufsichtsbeschwerde des JVHS Pp. vom 08.03.2021 geht nicht hervor, dass die Durchsuchung aufgrund eines erkennbaren Verdachts durchgeführt werden sollte. Insoweit wird auch nicht behauptet, dass der Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Hagen dem Antragsteller Gründe, die eine Durchsuchung rechtfertigen würden, zum Zeitpunkt des Zutritts dargelegt hat.

Vielmehr wird von der Justizvollzugsanstalt Hagen vorgetragen, dass die Maßnahme „die Hosentaschen von innen nach außen zu krempeln“ unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten das mildeste Mittel darstelle. Dem kann nicht beigepflichtet werden, da das Durchschreiten des Metalldetektorrahmens oder das Absonden mit einem Metalldetektor demgegenüber die milderen Mittel gewesen wären, dies insbesondere auch unter den derzeit bestehenden besonderen Umständen der Covid-19 Pandemie. Warum diese Maßnahme in dem vorliegenden Fall nicht in Betracht gezogen wurden, bleibt offen.

Auch die allgemeine Hausverfügung der Justizvollzugsanstalt Hagen rechtfertigt eine Durchsuchung in dem hiesigen Einzelfall nicht.

Dem vorangestellt ist bereits rechtlich umstritten, ob eine pauschale Durchsuchungsanordnung, normiert in einer Hausordnung, eine wirksame Berechtigung darstellt, alle Besucher (also auch Rechtsanwälte und Notare) anlasslos zu durchsuchen. Vielmehr dürfte diesbezüglich die Darlegung eines allgemeinen Sicherheitsbedürfnisses erforderlich sein.

Nach der Hausverfügung der Justizvollzugsanstalt Hagen ist eine anlasslose Durchsuchung aller Besucher jedoch auch nicht geregelt. Vielmehr sind alle Besucher der Anstalt, auch Rechtsanwälte und Notare, durch den Metalldetektorrahmen zu schicken und ggfls. körperlich zu durchsuchen, insbesondere dann, wenn sich beim Absonden ein Verdachtsmoment ergibt.

Somit liegt die Berechtigung einer Durchsuchung gegebenenfalls dann vor, wenn sich ein Verdachtsmoment ergibt. Ein solcher ist jedoch nicht vorgetragen (s.o.).“

Ob in der Aufforderung, den Wintermantel und das Anzugjackett auszuziehen und in einem Schließfach einzuschließen eine unzulässige Entkleidung im Sinne des StVollzG NRW vorlag, kann dahinstehen. Denn diese Aufforderung war ebenfalls rechtswidrig und auch nicht von der allgemeinen Hausordnung gedeckt. Für die Aufforderung, das Anzugsjacketts insbesondere zu einer kalten Jahreszeit auszuziehen und sodann in das Schließfach einzuschließen, sodass der Antragsteller lediglich mit einem T-Shirt bekleidet zu seinem Mandanten hätte gehen müssen, gab es keinerlei Berechtigung. Auch insoweit hätte die Möglichkeit bestanden, den Antragsteller — bekleidet mit dem Anzugsjackett — durch den Metalldetektorrahmen gehen zu lassen.

Verdachtsmomente, die eine Durchsuchung gerechtfertigt hätten, sind diesbezüglich nicht vorgetragen.

Der Antragsteller war somit bereits nicht verpflichtet sein Jackett auszuziehen/durchsuchen zu lassen, sodass auch kein Anlass bestand, nachzufragen, ob er das Jackett nach erfolgter Durchsuchung zurückbekommen könne.

Die Kammer verkennt nicht, dass die vorliegende Situation sicherlich nicht alltäglich in dieser Form in der Justizvollzugsanstalt Hagen vorkommt. Vielmehr dürfte es — wie dem Gericht bekannt ist — bei Rechtsanwälten der Fall sein, dass diese den Metalldetektorrahmen durchschreiten, nachdem sie ihre persönlichen Sachen in den Spint gelegt haben und es damit sein Bewenden hat. Da insbesondere der Gesprächsverlauf zwischen den Beteiligten streitig ist, ist nicht auszuschließen, dass sich die Situation aufgrund der geführten Gespräche zugespitzt hat. Dennoch wurde durch die Anordnung der freie Verkehr des Antragstellers mit seinem Mandanten beeinträchtigt, ohne dass dafür sicherheitsrelevante Aspekte dargelegt wurden.“

StPO II: Anfangsverdacht im „KiPo-Verfahren“?, oder: Reichen Nacktbilder auf dem Smartphone?

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Die zweite Entscheidung zur StPO kommt dann heute vom LG Duisburg. Das hat im LG Duisburg, Beschl. v. 16.04.2021 – 36 Qs 24/21 – zur Rechtmäßigkeit einer Durchsuchung in einem sog. „KiPo-Verfahren“ Stellung genommen.

Beim Beschuldigten war durchsucht worden. Der Durchsuchungsanordnung lag die Strafanzeige einer Ladenbesitzerin zugrunde, die in Minden im Jahr 2019 ein Geschäft für Gebrauchtwaren betrieben hat. Diese kannte den Beschuldigten als Stammkunden. Sie gab bei der Anzeigeerstattung im November 2019 an, der Beschuldigte habe ihr Anfang Mai 2019 Urlaubsfotos zeigen wollen. Dabei habe er versehentlich eine falsche Datei auf seinem Smartphone angeklickt. Die Zeugin habe so sehen können, dass der Beschuldigte Bilder von nackten Jungen auf seinem Telefon gespeichert habe. Das Alter dieser nackten Jungen schätzte sie auf ca. 7 bis 10 Jahre. Sexuelle Handlungen habe sie nicht sehen können. Weitere Angaben dazu, was genau auf den Fotos zu sehen war, machte sie nicht. Der Beschuldigte sei auch nachdem er bemerkt habe, dass er offensichtlich den falschen Ordner geöffnet hatte, ganz ruhig geblieben und habe sich „nichts anmerken lassen“. Dieser Vorfall habe sie in der Folge länger beschäftigt. Sie habe sich jedoch erst jetzt — sechs Monate später — aufgrund der in der Presse publizierten Vorfälle von Kinderpornographie entschlossen, zur Polizei zu gehen.

Auf dieser Grundlage hat das AG die Durchsuchung angeordnet, und zwar irrtümlich zunächst bei einem Cousin des Beschuldigten und dann bei ihm. Beweismittel wurden nicht gefunden.

Die Beschwerde des Beschuldigten mit dem Rechtsschutzziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit der richterlichen Durchsuchungsanordnung hatte Erfolg:

„2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen für eine richterliche Durchsuchungsanordnung waren nicht gegeben.

Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlung in Betracht kommenden Durchsuchung gemäß § 102 StPO reicht der auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht aus, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1999, Az. StB 7/99, StB 8/99; zitiert nach juris; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, 62. Auflage [2019], § 102, Rn. 2). Ein erhöhter Verdachtsgrad ist nicht erforderlich. Mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung durch Artikel 13 Abs. 1 GG erfährt die räumlichen Lebenssphäre des Einzelnen allerdings einen besonderen grundrechtlichen Schutz. Das Gewicht des Eingriffs verlangt daher Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen (BVerfG, Beschluss vom 13. März 2014, Az. 2 BvR 974/12; zitiert nach juris).

Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an tatsächlichen Anhaltspunkten für einen solchen konkreten Verdacht, dass eine Straftat, etwa der Besitz von kinderpornographischen Inhalten gemäß § 184 b Abs. 3 StGB, begangen worden ist. Lediglich die Tatsache, dass der Beschuldigte Fotos von nackten Jungen auf seinem Smartphone gespeichert hat, reicht hierfür nicht aus, zumal sexuelle Handlungen offenbar auch nicht zu sehen waren. Ob ein Fall des sog. „Posens“ gem. § 184 b Abs. 1 Nr. 1b) StGB vorliegt oder eine sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien eines Kindes gemäß § 184 b Abs. 1 Nr. 1 lit. c) StGB kann anhand der rudimentären Angaben der Zeugin nicht beurteilt werden.

Ein Anfangsverdacht kann zwar grundsätzlich auch aus legalem Verhalten erwachsen, falls weitere Umstände hinzutreten (BVerfG, Beschluss vom 15. August 2014, Az. 2 13vR 969/14, Rn. 38 m.w.N.; LG Regensburg, Beschluss vom 10. Oktober 2014, Az. 2 Qs 41/14; alle zitiert nach juris; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, 62. Auflage [2019], § 152, Rn. 4a). Ein solcher Umstand kann unter anderem in einem kriminalistischen Erfahrungssatz liegen. Erforderlich ist jedoch insoweit, dass der kriminalistische Erfahrungssatz im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bezogen auf das jeweilige Delikt hinreichend konkretisiert ist —sei es durch die eigene forensische Erfahrung der Kammer oder durch sich aus den Ermittlungen ergebene Umständen (LG Limburg, Beschluss vom 3. Februar 2015, Az. 1 QS 160/14, Rn. 9; zitiert nach juris).

Aber auch solche weiteren Umstände sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Beschuldigte hat auf die — vermeintlich ungewollte — Offenbarung der Fotos gegenüber der Zeugin nicht auffällig reagiert. Vielmehr teilte die Zeugin mit, der Beschuldigte habe sich „nichts anmerken lassen“ und sei ganz ruhig geblieben.

Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wären auch vor dem Hintergrund der zwischen „Entdeckung“ der Fotos auf dem Smartphone des Beschuldigten und der mit der Beschwerde angegriffenen Durchsuchungsanordnung liegenden beträchtlichen Zeitspanne noch andere, weniger einschneidende — den Ermittlungszweck auch nicht gefährdende — Maßnahmen zur Erhärtung bzw. zum Erreichen eines höheren Verdachtsgrades zu ergreifen gewesen (siehe dazu BVerfG 11. Februar 2015, Az. 2 BvR 1694/14, Rn. 23; zitiert nach juris). So wäre eine Nachvernehmung der Zeugin denkbar gewesen über den genauen Inhalt und die Anzahl der fraglichen Fotos oder die Einholung behördlicher Auskünfte zu den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten.“