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Schläft die Staatsanwaltschaft (Saarbrücken) oder wird der Beschuldigte weich gekocht?

Der Kollege Feltus fragt sich gerade: „Schlafen die bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken„? Gut, kann auch sein, darf aber natürlich nicht sein in einer Führerscheinsache, da diese Verfahren nach der Rechtsprehung des BVerfG (vgl. zfs 2005, 622) beschleunigt und mit Vorrang zu führen sind, da der Beschuldigte einen Anspruch auf rasche endgültige Klärung hat. Ich denke, es ist auch nicht so sehr der Schlaf, der an der schnellen Bearbeitung hindert – zu fertigen dürfte der Vorlagebericht an die GStA sein; an sich nichts Besonderes; sonder: Es liegt m.E. aufgrund der Vorgeschichte (vgl. beim Kollegen) der Verdacht nahe, dass man den Beschuldigten „weich kochen will“. So ungefähr die Annahme: Wenn es nur lange genug dauert mit dem Rechtsmittel, dann wird schon irgendwann das Interesse des Angeklagten an seinem Rechtsmittel so ab und das Interesse an der Wiedererlangung der Fahrerlaubnis so zu nehmen, dass er die Revision zurücknimmt.

Und das läuft auch so lange so, wie nicht die Obergerichte mal Aufhebungsanträge erfolgreich sein lassen. Aber das ist eher selten. Wenn man sich die Rechtsprechung ansieht, führen manchmal noch nicht einmal lange Zeiträume zu einer positiven Entscheidung (vgl. OLG Koblenz NZV 2008, 47 für Zeitablauf von einem Jahr bis zur Revisionsentscheidung). Was tun? Manchmal hilft ein Aufhebungsantrag zumindest insoweit als er etwas Bewegung ins Verfahren bringt.

Für alle Nebeklagemausis und -mäuseriche

ist die Entscheidung des BGH v. 24.0610.2010 – 3 StR 156/10 interessant und beachtenswert. In der geht es um den Austausch des Nebenklagevertreters in der Revisionsinstanz. Der BGH führt dazu aus:

Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die Beistandsbestellung durch das erstinstanzliche Gericht wirkt bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens fort und erstreckt sich somit auch auf die Revisionsinstanz (BGHR StPO § 397 a Abs. 1 Beistand 2 und 3; BGH, Beschl. vom 7. Mai 2003 – 2 StR 88/03). Ein Wechsel in der Person des Beistandes könnte in entsprechender Anwendung des § 143 StPO nur durch Rücknahme der ursprünglichen Beiordnung und Bestellung eines neuen Beistandes in Betracht kommen (BGH, Beschl. vom 15. März 2001 – 3 StR 63/01). Die Nebenklägerin hat jedoch nichts vorgetragen, was den Wechsel in der Person des Beistands rechtfertigen könnte. Zudem hat Rechtsanwalt P. nicht nur an der mehrtägigen Hauptverhandlung vor dem Landgericht teilgenommen, er hat auch eine ausführliche und die besondere rechtliche Situation (Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers – § 400 StPO – bei Angriffen allein gegen das vom Landgericht angenommene Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren Taten) berücksichtigende Revisionsbegründungsschrift gefertigt. Der Wechsel eines Mitarbeiters aus der Kanzlei von Rechtsanwalt P. in die Kanzlei von Rechtsanwalt Jo. ist kein Grund für die Rücknahme der Bestellung von Rechtsanwalt P. „.

Was lernen wir daraus?

  1. Die einmal erfolgte Bestellung gilt bis zur Rechtskraft fort. Macht sich nie so gut, wenn man erneute Bestellung beantragt.
  2. Für die Entpflichtung gelten dieselben Regeln wie für die Entpflichtung des Pflichtverteidigers. Also muss man „Butter bei die Fische tun“ = Antrag begründen.

Gut Ding will Weile haben

könnte man über den Beschluss des OLG Hamm vom 28.03.2010 – 3 RBs 28/09 schreiben, den mir heute ein Kollege hat zukommen lassen.

Nach der ersten Durchsicht dachte ich zunächst: Ei, ein Knaller, da schon wieder eine Messfahrzeugproblematik. Die war aber offenbar an mir vorbei gegangen bzw. mir aus letzter Zeit nicht bewusst. Bei näherem Hinsehen stellte ich dann fest, dass es sich  „nur“ um die alte, vom AG Lüdinghausen  „aufgedeckte“ 2007er CAN-Bus-Problematik handelt. Also kein Knaller. Aber dann: M.E. doch berichtenswert, weil man sich die Verfahrensdaten mal anschauen muss:

  • 31.01.2007: Tat
  • 06.11.2008: amtsgerichtliche Entscheidung
  • 27.01.2009: Verwerfungsantrag der GStA (= Verfahren ist beim OLG)
  • 28.03.2010: Entscheidung des OLG: Aufhebung und Zurückverweisung

Den Betroffenen wird dieser Zeitablauf freuen, denn das vom AG verhängte Fahrverbot wird wohl kaum noch einmal verhängt werden dürfen/können.

Die Frage, die sich im Übrigen stellt: Warum dauert das Verfahren so/zu lange; dass es zu lange gedauert hat, hat das OLG selbst erkannt, da es die Frage der Verfahrensverzögerung erörtert, aber noch nicht für kompensationswürdig hält, „wegen der zu entscheidenden Rechtsfragen“.  Aber, was war denn Dramatisches zu entscheiden?. Dass ein Beweisantrag nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG nur wegen Verspätung abgelehnt werden darf, wenn die Aufklärungspflicht die Beweiserhebung nicht gebietet, hatte der Senat doch schon 2004 entschieden. Das ist also nichts Neues. Und sonst? Schwierige Rechtsfragen kann man dem Beschluss nicht entnehmen. Damit bleibt es für mich im Dunklen, warum es so lange gedauert hat.

Es kann natürlich sein – und das würde das OLG retten – wenn die Antwort auf die Anfrage an das IM NRW, die der Senat am 28.04.2009 gestellt hat – jedenfalls verstehe ich den Beschluss so – so/zu lange hat auf sich warten lassen, dass erst im März 2010 eine Entscheidung des OLG möglich war. Aber das hätte man wahrscheinlich geschrieben. :-). Nichts desto trotz: Den Betroffenen wird das alles freuen, weil: Gut Ding will (eben) Weile haben; oder: Das Fahrverbot dürfte sich durch Zeitablauf erledigt haben.