Schlagwort-Archive: Bemessung

Gesamtstrafe: 9 x 7 Monate Einzelstrafen = 2 Jahre drei Monate, nur: Warum?

© angelo sarnacchiaro - Fotolia.com

© angelo sarnacchiaro – Fotolia.com

Das OLG Koblenz beanstandet im OLG Koblenz, Beschl. v. 21.10.2013 – 2 Ss 142/13 – die Bildung der Gesamtstrafe durch die Berufungskammer. Diese hatte, nachdem das AG wegen (gewerbsmäßigen) Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, der Einzelstrafen von jeweils acht Monaten zugrunde lagen, verurteilt hatte, „unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte … gemäß § 54 StGB“ eine Gesamtstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten gebildet und war von Einzelstrafen von jeweils sieben Monaten ausgegangen. Das reicht dem OLG so nicht:

b) Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Berufungskammer hat auf neun Einzelfreiheitsstrafen von sieben Monaten erkannt und hieraus ohne nähere Ausführungen „unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Gesichtspunkte … gemäß § 54 StGB“ eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gebildet.

aa) Die Bildung der Gesamtstrafe ist ein eigenständiger und zu begründender Strafzumessungsakt, der gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB durch die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (sog. Einsatzstrafe) erfolgt und sich nicht an der Summe der Einzelstrafen oder an rechnerischen Grundsätzen zu orientieren hat, sondern an gesamtstrafenspezifischen Kriterien (stg. Rspr., vgl. BGH JR 2012, 35 [BGH 26.01.2011 – 2 StR 446/10]; NJW 2010, 3176 [BGH 25.08.2010 – 1 StR 410/10]; wistra 2010, 264; Beschl. vom 05.08.2010 – 2 StR 340/10, […]; Beschl. vom 13.11.2008 – 3 StR 71/10, […]; BGH, NStZ 2003, 295; Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., § 54 Rn. 12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 54 Rn. 6 ff. m.w.N.). Die Erhöhung der Einsatzstrafe kann geringer ausfallen, wenn zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht, da die wiederholte Begehung gleichartiger Taten der Ausdruck einer niedriger werdenden Hemmschwelle sein kann. Andererseits kann hierin aber je nach den Umständen des Einzelfalles auch ein Indiz für eine besondere kriminelle Energie (§ 46 Abs. 2 StGB) gesehen werden. Auch zeitlich weit auseinander liegende Taten gegen verschiedene Rechtsgüter sprechen eher für eine deutliche Erhöhung der Einsatzstrafe (BGH JR 2012, 35 [BGH 26.01.2011 – 2 StR 446/10]; Fischer a.a.O. Rn. 10).

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Tatgericht die Gründe für die Zumessung auch hinsichtlich der Gesamtstrafe nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StGB im Urteil anzuführen (BGH a.a.O.; NStZ 1987, 183; NJW 1953, 1360). Einer eingehenden Begründung bedarf es, wenn die Gesamtstrafe sich auffallend von der Einsatzstrafe entfernt (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8; Beschl. vom 05.08.2010 – 2 StR 340/10, […]).

bb) Diesen Anforderungen wird die Begründung des Landgerichts nicht gerecht. Sie lässt eine Überprüfung der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe, insbesondere der sie tragenden Strafzumessungserwägungen nicht zu. Obwohl sich die Gesamtstrafe deutlich von der Einsatzstrafe entfernt, hat sich die Kammer auf eine formelhafte Begründung beschränkt. Diese lässt insbesondere nicht erkennen, dass gesamtstrafenspezifische strafmildernde Umstände, wie der hier gegebene besonders enge zeitliche, sachliche und situative Zusammenhang der gleichartigen Taten, berücksichtigt worden wäre.

c) Die Gesamtstrafe muss daher erneut bemessen werden. Die Feststellungen können jedoch bestehen bleiben, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen.“

Auszugehen ist immer von der Mittelgebühr – richtig macht man es in Koblenz

RVG KasseDer Kollege Dr. Fromm hat mir den von ihm als Nebenklägervertreter erstrittenen Beschluss des LG Koblenz übersandt, in dem sich dieses zur Bemessung der Rahmengebühren für den Nebenklägervertreter in einem Körperverletzungsverfahren positioniert. Es gibt die Mittelgebühr, zumindest ist die für das LG immer die Grundlage der Bemessung. Und dann wird nach Kriterien gesucht, die die Gebühr erhöhen oder erniedrigen. Der richtige Weg, den das LG da im LG Koblenz, Beschl. v. 20.02.2014 –  2 Qs 1/14 – gegangen ist:

Die Höhe der Rahmengebühr wird gemäß § 14 Abs. 1 RVG vom Rechtsanwalt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen bestimmt. Zu den Umständen des Einzelfalls zählt das Gesetz Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Bei der Bestimmung der Gebührenhöhe ist zunächst von der Mittelgebühr auszugehen. In „Normalfällen“ entspricht die Bestimmung der Mittelgebühr billigem Ermessen. Der Rechtsanwalt darf aber nicht ohne Abwägung der einzelnen Bemessungskriterien generell die Mittelgebühr abrechnen. Nur soweit eines der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG von dem Durchschnitt abweicht, wird das Anlass für den Rechtsanwalt sein, von der Mittelgebühr nach oben oder nach unten abzuweichen (Winkler in Mayer 1 Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 14 Rn. 39 m.w.Nachw.; v. Seltmann in Beck’scher Online-Kommentar RVG, Edition 22, Stand 2012, § 14 Rn. 21). Die Mindestgebühr kommt nur bei ganz einfachen Sachen von geringem Umfang in Betracht, wenn zudem die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten unterdurchschnittlich sind (Winkler in Mayer / Kroiß, aa0). So liegt der Fall hier nicht.

Die Bedeutung der Angelegenheit war für den Nebenkläger, der durch die Körperverletzungshandlungen der Verurteilten schmerzhafte Prellungen, Schürfwunden und ein Auskugeln der rechten Schulter erlitt, sicherlich von zumindest durchschnittlicher, wenn nicht gar überdurchschnittlicher Bedeutung. Der Nebenkläger besaß als Geschädigter ein erhebliches persönliches und auch wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits.

Auch das Verfahren war mit einem Umfang von 167 Blatt bis zum Beginn der Hauptverhandlung und drei Verhandlungstagen mit umfangreicher Beweisaufnahme – unabhängig davon, dass der Vertreter des Nebenklägers hieran nicht teilnahm – nicht geringen Umfangs, sondern entsprach jedenfalls dem durchschnittlichen Normalfall…“

„Neigungsbeschluss“ des BGH zur Jugendstrafe

Wer die Rechtsprechung von Revisionsgerichten verfolgt, weiß: Sog. Neigungsbeschlüsse des Revisionsgericht sind immer von Bedeutung, weil sie i.d.R. eine Änderung/Klarstellung der Rechtsprechung andeuten. Das Revisionsgericht teilt quasi vorab schon mal mit, wie es eine bestimmte Frage ggf. demnächst sehen will. So eine Neigungspassage enthält der BGH, Beschl. v. 06.05.2013 – 1 StR 178/13. Die Angeklagte war wegen verschiedener Handlungen zum Nachteil einer Nebenklägerin u.a. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe  verurteilt worden. In der Revision ging es u.a. um die Verhängung der Jugendstrafe und deren Bemessung. Dazu der BGH:

a) Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung der Revision, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17 Abs. 2 JGG könne grundsätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außer-halb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 – 3 StR 404/09, NStZ-RR 2010, 56 f. und vom 28. September 2010 – 5 StR 330/10, StV 2011, 588 f.), die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat (etwa BGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 – 4 StR 656/97, StV 1998, 332, 333; weit. Nachw. bei Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2013, Band 6, JGG § 17 Rn. 67).

b) Im Übrigen neigt der Senat dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungsfähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 re. Spalte/S. 41 li. Spalte) deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1981 – 1 StR 634/81, StV 1982, 121; vom 27. November 1995 – 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 – 5 StR 486/97; Beschluss vom 23. März 2010 – 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derar-tigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 1995 – 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f. und vom 20. März 1996 – 3 StR 10/96, StV 1998, 344; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 7. Mai 1996 – 4 StR 182/96, NStZ 1996, 496 f.).“

Die zu a) behandelte Frage ist nichts Neues. Aber mit den unter b) aufgeführten Gedanken könnte sich eine Änderung bzw. Klarstellung in der Rechtsprechung andeuten. Die OLG haben das nämlich in der Vergangenheit zum zum Teil anders gesehen und messen dem Merkmal der „Erforderlichkeit“ gerade die Bedeutung bei, dass die Verhängung einer Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld grundsätzlich nur dann zulässig sein soll, wenn dies (auch) aus erzieherischen Gründen erforderlich bzw. geboten ist. Vielleichz demnächst anders?

Man fragt sich nazürlich immer: Warum ein Neigungsbeschluss und warum gerade in dieser Sache. Nun, das weiß man nie. Hier könnte der Grund gewesen sein, dass das LG angesichts drn festgestellten Gesamtumständen der sich über rund 24 Stunden erstreckenden Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen der Nebenklägerin zu einer „ungewöhnlich niedrigen Straf“ gekommen ist.

Absenkung der Geldstrafe bei „einkommensschwachen Angeklagten“?

© vege – Fotolia.com

Bei der Bemessung einer Geldstrafe läuft in der Regel der Automatismus ab: Ermittlung des Nettoeinkommens geteilt durch 30 gleich Tagessatz. Ganz so einfach ist es allerdings nicht, wenn es sich um eine hohe Geldstrafe bei einkommensschwachen Personen handelt. Denn diese werden durch eine Geldstrafe ggf. mehr getroffen als „Normalverdiener“. Deshalb ist bei ihnen ggf. eine Absenkung der Geldstraße in Betracht zu ziehen. So auch noch einmal der KG, Beschl. v. 02. 11. 2012 – (4) 121 Ss 146/12 (265/12) :

„bb) Das Landgericht hat zudem zwei Gesichtspunkte nicht erkennbar bedacht, die bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe zu berücksichtigen waren:

Zum einen ist bei einer hohen Geldstrafe – d.h. regelmäßig einer solchen, die 90 Tagessätze übersteigt – eine Absenkung der Tagessatzhöhe in Betracht zu ziehen, um einer progressiven Steigerung des Strafübels entgegen zu wirken (vgl. Senat, Beschluss vom 8. November 2007 – (4) 1 Ss 367/07 (245/07) -; OLG Stuttgart StV 2009, 131 m.w.N.). Denn mit der zunehmenden Zahl der Tagessätze steigert sich die Fühlbarkeit der Geldstrafe bei gleich bleibender Tagessatzhöhe nicht in entsprechender Weise, sondern sie wächst progressiv. Das auf dem Nettoeinkommensprinzip aufgebaute Tagessatzsystem kann deshalb zu einem Einwirkungsübermaß und desozialisierenden Folgen führen, die nicht mehr mit der Pflicht des Richters zu vereinbaren sind, im Rahmen einer sachgerechten Strafzumessung alle Wirkungen zu bedenken, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB). Bleiben solche Folgen auch unter Berücksichtigung von nach § 42 StGB einzuräumenden Zahlungserleichterungen bestehen, ist eine Verringerung der Tagessatzhöhe erforderlich (vgl. BGHSt 26, 325, 330 ff.; 34, 90, 93; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2007, 167; StV 2007, 470; 2009, 137; Senat aaO m.w.N.).

Zum anderen kann es bei besonders einkommensschwachen Personen, die am Rande des Existenzminimums leben, geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels des monatlichen Nettoeinkommens festzusetzen, weil diese Personen bei strikter Einhaltung des Nettoeinkommensprinzips härter als normal Verdienende getroffen werden (vgl. OLG Köln aaO und StV 1993, 365; OLG Stuttgart aaO und NJW 1994, 745; OLG Frankfurt am Main StV 2007, 470; 2009, 137; OLG Hamburg NStZ 2001, 655; OLG Celle NStZ-RR 1998, 272 und StV 2009, 131; OLG Dresden NJW 2009, 2966 und Beschluss vom 7. August 2000 – 1 Ss 323/00 – [juris]; OLG Oldenburg NStZ-RR 2008, 6; Fischer, StGB 59. Aufl., § 40 Rn. 11a, 24; Häger in LK, StGB 12. Aufl., § 40 Rn. 37; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB 28. Aufl., § 40 Rn. 8 m.w.N.).“

 

So macht Gebührenrecht Spaß: Munition im Kampf um die Mittelgebühr

© Ulf Gähme – Fotolia.com

Zum Wochenabschluss eine schöne gebührenrechtliche Entscheidung des LG Saarbrücken; das freut, wann man mal auch über solche Entscheidungen berichten kann. Den LG Saarbrücken, Beschl. v. 07. 11.2012 -2 Qs 40/12 – sollte man sich als Verteidiger in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren für den Kampf um die Mittelgebühr merken und mit ihm argumentieren. Die Leitsätze sprechen für sich:

1. Auch in straßenverkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren dient der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt und hiervon ausgehend die Würdigung der in jedem Einzelfall gegebenen Umstände für die Bestimmung der anwaltlichen Gebühren nach § 14 RVG. Eine „generelle“ Einstufung der anwaltlichen Gebühren unterhalb der Mittelgebühr in diesen Verfahren wegen der regelmäßig geringfügigeren Geldbußen, der mäßigen Bedeutung für den Betroffenen, dem allgemein geringeren Umfang und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist rechtlich bedenklich.

2. Die individuelle fahrerlaubnisrechtliche Situation des Betroffenen kann eine gesteigerte „Bedeutung der Angelegenheit“ im Sinne des § 14 RVG begründen, wenn wie hier nicht nur lediglich die Eintragung eines Punktes im Verkehrszentralregister drohte, sondern sich der Betroffene mit dieser Eintragung im Hinblick auf die bestehenden Voreintragungen von 14 Punkten im Verkehrszentralregister der zwingenden Fahrerlaubnisentziehung aus § 4 Abs. 3 Ziffer 3 StVG weiter angenähert hätte.

Zum Leitsatz 1 kann ich nur sagen: Habe ich ja immer schon gesagt :-): (vgl. in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. 2012, Vorbem. 5 VV Rn. 39 m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur). Auch Leitsatz 2 passt.

Einen kleinen Wermutstropfen hat die Entscheidung des LG allerdings. Das LG ist nämlich (noch) davon ausgegangen, dass die Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG im Bußgeldverfahren nur einmal anfällt, weil das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das gerichtliche Verfahren dieselbe Angelegenheit sind. Diese (umstrittene) Ansicht kann man m.E., nachdem der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorliegt (vgl. BR-Drucks. 517/12 und dazu hier) nicht aufrechterhalten. Sieht dieser doch in dem neuen § 17 Nr. 11 RVG ausdrücklich die andere (zutreffende) Regelung vor, dass es sich um verschiedene Angelegenheiten handelt und somit in jeder die Auslagenpauschale anfallen kann (vgl. Anm zu Nr. 7002 VV RVG). Aber es wäre zu schön gewesen, wenn das LG das auch noch bedacht und seine Auffassung schon vorab geändert hätte. Aber damit kann man leben.