Als erste Entscheidung der 46. KW. hier dann der BGH, Beschl. v. 08.08.2019 – 2 StR 295/19.
Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen schweren Bandendiebstahls iverurteilt. Dagegen die Revision des Angeklagten, der einen Verstoß gegen § 257c Abs. 5 StPO – als Belehrung über Verständigung – geltend macht. Dazu der BGH:
„1. Mit der Verfahrensrüge beanstandet die Revision, dass der Vorsitzende der Strafkammer entgegen § 257c Abs. 5 StPO die Belehrung über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis der Verständigung nach § 257c Abs. 4 StPO erst nach Zustandekommen der Verständigung und damit verspätet erteilt habe. Sie meint, dieser Verfahrensfehler habe sich ausgewirkt, weil die Feststellungen des Landgerichts zum Tatgeschehen auf den geständigen Angaben des Angeklagten beruhten und damit das vor der Belehrung abgegebene Geständnis in das Urteil eingeflossen sei.
a) Der zulässig erhobenen Rüge liegt im Wesentlichen folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Am 22. Januar 2019 unterbreitete die Strafkammer dem Angeklagten den Vorschlag, im Falle eines umfassenden Geständnisses hinsichtlich der Taten eins bis sechs aus dem ersten Tatkomplex und der Tat vier aus dem zweiten Tatkomplex der Anklage und Angaben zu den Tatbeteiligten eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen vier Jahren neun Monaten und fünf Jahren drei Monaten zu verhängen. Der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft nahmen sodann den Verständigungsvorschlag an. Der Vorsitzende erklärte, dass mit dem Angeklagten eine Verständigung zustande gekommen sei, und erteilte die Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO. Im Anschluss daran ließ sich der Angeklagte geständig zur Sache ein.
In der Fortsetzung der Hauptverhandlung am 8. Februar 2019 machte der Angeklagte weiter Angaben zur Sache und setzte dies trotz Hinweises des Vorsitzenden, dass sein Geständnis über die Verständigung hinausgehe, in Absprache mit seinem Verteidiger fort. Der Angeklagte wurde vom Vorsitzenden „nach geheimer Umfrage“ darauf hingewiesen, dass die Verständigungsabsprache vom 22. Januar 2019 nicht mehr gelte, da er nun drei weitere Einbrüche zugegeben habe. Die Strafkammer erklärte die Verständigung vom 22. Januar 2019 für hinfällig. Der Vorsitzende wies den Angeklagten darauf hin (§ 257c Abs. 4 Satz 4 StPO), dass sein Geständnis daher gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO nicht mehr verwertbar sei.
Nach Unterbrechung der Hauptverhandlung unterbreitete der Vorsitzende dem Angeklagten einen neuen Verständigungsvorschlag, der im Falle eines Geständnisses der Taten „A1 bis A6 und B1 bis B4“ die Verhängung einer Freiheitsstrafe zwischen fünf Jahren drei Monaten und fünf Jahren neun Monaten vorsah. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft stimmte dem Vorschlag zu. Der Verteidiger des Angeklagten erklärte, sein Mandant bleibe bei seinem letzten umfassenden Geständnis. Dies bestätigte der Angeklagte. Sodann erteilte der Vorsitzende dem Angeklagten die Belehrung gemäß § 257c Abs. 5 StPO.
b) Die Revision rügt zu Recht eine fehlerhafte Anwendung der Vorschrift des § 257c Abs. 5 StPO, da die Belehrung über die in § 257c Abs. 4 StPO geregelte Möglichkeit eines Entfallens der Bindung des Gerichts an die Verständigung erst nach Zustandekommen der Verständigung und damit verspätet erteilt worden ist.
Die Verständigung kommt nicht erst mit der Belehrung zustande, sondern bereits durch die Zustimmungserklärungen gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10 und 2 BvR 2155/11, BVerfGE 133, 168-241 Rn. 127; BGH, Beschlüsse vom 6. November 2018 – 5 StR 486/18 Rn. 5 und vom 8. November 2018 – 4 StR 268/18 Rn. 5, jeweils mwN).
c) Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das auf der Verständigung basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht dieses auf der mit dem Verstoß einhergehenden Grundrechtsverletzung, es sei denn, eine Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis kann ausgeschlossen werden, weil der Angeklagte dieses auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte; hierzu müssen vom Revisionsgericht konkrete Feststellungen getroffen werden (BVerfG aaO Rn. 127).“
So weit, so gut. Aber im Ergebnis nicht gut, denn der BGH kann mal wieder das Beruhen ausschließen. Es stehe nämlich zweifelsfrei fest, dass dem Angeklagten auch ohne rechtzeitige Belehrung durch das Gericht bekannt war, unter welchen Voraussetzungen die Bindung des Gerichts an eine Verständigung entfällt. Na ja, warum dann der „Eiertanz“ um die Belehrung?