Wir hatten ja vor einiger Zeit um Hilfe gefragt beim Laptop in der Hauptverhandlung (vgl. hier) und dazu auch einiges an Hilfestellung bekommen. Jetzt hat mir ein Kollege noch einen Beschluss des AG Freiberg v. 18.08.2010 – 4 C 255/10 – übersandt. Zwar aus einer Zivilsache, aber die Entscheidung kann man m.E. auch im Strafverfahren anwenden. Der Amtsrichter sagt dort: Unbestimmte Sicherheitsbedenken genügen nicht, einem Rechtsanwalt den Gebrauch eines Laptops während der laufenden mündlichen Hauptverhandlung zu untersagen. Geschieht dies dennoch, kann sich daraus gegenüber dem die Besorgnis der Befangenheit ergeben. Und das ist m.E. auch richtig. Zu den Fragen dann auch noch hier, allerdings auch hier und hier :-(.
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Der befangene LOStA
Ich schöpfe mal wieder aus meiner Fundgrube Forum bei LexisNexis Strafrecht. Ein Kollege teilt dort mit:
“ Hallo, in dieser Woche bleibt mir auch gar nichts erspart 🙁 In einer HV vor dem AG tritt der LOStA als Sitzungsvertreter auf. Es geht um ein Strafbefehlsverfahren wegen BtM. Mdt. ließ sich vertreten, da er seit 2 Wochen neuen Arbeitsplatz als Bauhelfer hat und keinen Urlaub bekommt, außerdem dem neuen Arbeitsgeber nicht gleich von einer Drogenanklage erzählen wollte.
Das Gericht zeigte hierfür Verständnis. Der LOStA meinte, der Angekl. habe offensichtlich keinerlei Interesse an der HV, was Einfluss auf die Strafzumessung nehmen könnte, und außerdem könne er auch anders blablabla, dann bleibe es nicht bei den 40 TS, sondern es gäbe eine Freiheitsstrafe.
In seinem Schlussvortrag wertete er allen Ernstes zu Ungunsten des Angekl., dass er der HV fern blieb. Zitat: „Dem Angekl. ist es offensichtlich lieber, auf der Baustelle Bierkisten rumzutragen.“
Ich habe mich in meinem Schlussvortrag auf den Hinweis beschränkt, dass ich die abschätzende Äußerung des LOStA über den Arbeitsplatz des Angekl. ungehörig finde.“
Dem Kollegen ging es um die „Ablehnung“ des LOStA, woran man ja nun wirklich denken kann. Die Frage hat sich aber wohl erledigt, da das Verfahren beendet ist. Zuständig dürfte aber der General sein (vgl. § 147 GVG).
Im Übrigen: „Ungehörig“ finde ich noch sehr maßvoll.
Ach so: Man fragt sich, warum ist ein LOStA beim AG. Dazu gleich mehr.
Vorschnelle Abtrennung von Verfahren und Besorgnis der Befangenheit
Der BGH mal wieder zur Besorgnis der Befangenheit, dieses mal im Urt. v. 30.06.2010 – 2 StR 455/09 zu Gunsten des Angeklagten.
Vom Sachverhalt her schon interessant: Absprache mit dem Angeklagten D. Der legt ein Geständnis ab und belastet die Mitangeklagten. Die lassen sich entgegengesetzt ein und stellen Beweisanträge im Hinblick auf die Unglaubhaftigkeit der Einlassung des D. Die Kammer bescheidet die aber nicht, sondern trennt gegen D. ab, der zur abgesprochenen Strafe verurteilt wird; die Einlassung wird. Im Verfahren gegen die Mitangeklagten geht es dann weiter. Dort werden Befangenheitsanträge gestellt, die abgelehnt werden.
Der BGH sagt: Nein, Besorgnis der Befangenheit ist gegeben. Die Kammer hat durch die schnelle Abtrennung des Verfahrens gegen D. und die Entscheidung gegen D. gezeigt, dass sie sich eine abschließende Meinung gebildet hat. Kein Fall der sog. Vorbefassung.
Die 16 Seiten der Entscheidung sind interessant zu lesen.
Wenn der Gutachter mit Kachelmann Pizza gegessen hat…
– der Bericht in der BILD über die Teilnahme des SV, der ein Gutachten über das mutmaßliche Opfer erstattet hat, also zutrifft, dann ist das zumindest ungeschickt. Egal, ob er nun am Tisch gesessen (und Pizza oder sonst was gegessen hat) oder nur einen Espresso getrunken hat und nur kurz anwesend war, um Herrn Kachelmann persönlich kennenzulernen, wie der Gutachter wohl selbst gegenüber Bild gesagt hat.
Ich kann dann die Verteidigung nun wirklich nicht verstehen. In der derzeit aufgeladenen Stimmung für/gegen Kachelmann (vgl. die Zusammenstellung hier und hier), muss man m.E. doch den Ball flach halten und darf das positive Gutachten des SV über die Nebenklägerin doch nicht dadurch entwerten, dass man den Anschein eines „Parteigutachtens“ vermittelt. Es ist eh schon schwer genug für die Verteidigung mit eigenen Gutachten im Prozess „Punkte zu sammeln“, dass muss ich doch nicht noch unnötig dadurch erschweren, dass ich selbst Angriffspunkte im Hinblick auf die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen liefere. Der Befangenheitsantrag gegen den SV ist damit doch sicher (vgl. auch noch hier).
Im Übrigen mal wieder ein richtiger Bild-Artikel: „Luxuslokal“ und „Jetzt kommt heraus: An dem Abend war außer einer Richterin auch Gutachter ……. dabei.“ Was soll „außer einer Richterin…“ suggerieren: Dass es sich um eine Richterin der Kammer aus Mannheim handelt, oder?
Schon wieder Besorgnis der Befangenheit – Grund: Gutes kollegiales Verhältnisses
„Zwar ist im Ausgangspunkt ein rein kollegiales Verhältnis zwischen zwei Richtern nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern DVBl 2001, 938; Meyer-Goßner, StPO, a. a. O., § 24 Rdnr. 10). Anders ist es jedoch dann, wenn der zuständige Richter und ein Verfahrensbeteiligter als Kollegen in demselben Spruchkörper tätig sind (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern a. a. O.) oder wenn das dienstliche Verhältnis so eng ist, dass es auf die persönliche Beziehung ausstrahlt (Siolek in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Auflage 2006, § 24 Rdnr. 34).“
heißt es im Beschl. des OLG Düsseldorf v. 12.04.2010 – III-2 Ss 107/09 – 69/09 III. Das OLG hat dann aber die Besorgnis der Befangenheit bejaht und das u.a. mit dem guten kollegialen Verhältnis der beteiligten Richter bejaht. Nachzulesen hier.