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beA I: Entbindungsantrag wird per beA gestellt, oder: Wann ist der Antrag (noch) rechtzeitig eingegangen?

folgenden Text dazu nutzen:
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Und dann auf in die neue KW mit Beiträgen. Hier läuft ja alles rund (hoffentlich bleibt das so 🙂 ). Heute mache ich dann mal wieder einen beA-Tag.

Den beginne ich mit einer Entscheidung des OLG Düsseldorf, und zwar dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.05.2022 – IV – 2 RBs 78/22 -, den mir der Kollege Türker aus Berlin geschickt hat. Das OLG hat über eine Verwerfungsentscheidung des AG Duisburg entschieden. Das AG hat den Einspruch des Betroffenen gegen einen Bußgeldbescheid auf der Grundlage von § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Hiergegen hat sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde gewandt, die er vor allem darauf gestützt hat, das AG habe einen knapp 35 min vor Terminbeginn bei Gericht eingegangenen Entbindungsantrag nicht beachtet. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg:

„2.Auch die zulässig erhobene Rüge der gesetzwidrigen Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWIG ist nicht begründet, weil der Entbindungsantrag zu spät bei Gericht eingegangen ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu wie folgt Stellung genommen:

„a) Ein Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 1 OWiG sperrt im Falle des Vorliegens der Entbindungsvoraussetzungen eine Entscheidung ohne Verhandlung zur Sache nach § 74 Abs, 2 OWiG nur dann, wenn dessen Kenntnisnahme pflichtwidrig unterlassen wurde. Dies kann dann nicht der Fall sein, wenn der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wurde (OLG Rostock, Beschl. v. 15.04.2015 — 21 Ss OWI 45/1[Z], juris).

b) Der Entbindungsantrag wurde jedoch nicht rechtzeitig gestellt.

(1) Bei Beantwortung der Frage, wann ein Entbindungsantrag noch als „rechtzeitig“ gestellt anzusehen ist, verbietet sich jede schematische Lösung.

Es ist zu prüfen, ob in dem jeweiligen Einzelfall angelehnt an den Zugang von Willenserklärungen im Zivilrecht — unter gewöhnlichen Umständen bei üblichem Geschäftsgang und zumutbarer Sorgfalt das Gericht von ihm Kenntnis hätte nehmen können und ihn deshalb einer Bearbeitung hätte zuführen müssen, Die reine Zeitspanne zwischen Antragseingang bis zum Hauptverhandlungstermin ist dabei nur ein Teilaspekt (OLG Rostock a.a.O.), wobei in diesem Zusammenhang die gewöhnlichen Geschäftszeiten des jeweiligen Gerichts nicht außer Acht zu lassen sind (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2007 — 2 Ss OWi 1409/07, BeckRS 2007, 19100). Außerdem ist zu berücksichtigen, ob – falls der Kommunikationsweg via Fax gewählt wurde – die Telekopie an den Anschluss der zuständigen Geschäftsstelle oder an einen allgemeinen Anschluss des Gerichts versandt wurde. Im letzteren Fall bedarf es eines Hinweises auf die Eilbedürftigkeit der Vorlage an den zuständigen Richter (OLG Bamberg, Beschl. V. 23.05.2017 — 3 Ss OWi 654/17 BeckRS 2017, 127442),

(2) Vorliegend war des dem Gericht trotz ordnungsgemäßer gerichtsinterner Organisation nicht mehr möglich, den Antrag der zuständigen Richterin am Amtsgericht vor dem Hauptverhandlungstermin zur Bearbeitung vorzulegen. Die Übersendung per beA erfolgt an das EGVP, bei welchem es sich um ein zentrales Postfach des jeweiligen Amtsgerichts handelt, Die Eingangspoststelle ist für die Annahme, den Druck und die Verteilung der gesamten elektronischen Post des Amtsgerichts zuständig. Der Antrag ist jedoch am Hauptverhandlungstermin erst um 11:46 Uhr dem EGVP zugeleitet worden und die Verhandlung war auf 12:20 Uhr anberaumt, Damit standen lediglich knapp 35 Minuten für die gerichtsinterne Weiterleitung des Schreibens zur Verfügung. Dass die notwendigen Arbeitsschritte ohne Weiteres in weniger als einer Stunde Arbeitszeit hätten vorgenommen werden können, ist gänzlich lebensfremd. Zumindest hätte es, wie bei der kurzfristigen Übersendung per FAX an einen allgemeinen Gerichtsanschluss, eines – ohne Weiteres zumutbaren – Hinweises auf die besondere Eilbedürftigkeit der Vorlage an den zuständigen Richter bedurft. Daran fehlt es.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und weist darüber hinaus auf folgende Gesichtspunkte hin:

Bereits aus der Bezeichnung der Empfangsstelle „Elektronischen Gerichts -und Verwaltungspostfach“ (EGVP) ergibt sich zwanglos, dass es sich um eine zentrale Poststelle des Gerichts und nicht um das Postfach der Geschäftsstelle handelt – vergleichbar mit der zentralen Fax-Stelle des Gerichts. Hieraus ergibt sich auch, dass die eingehende elektronische Post für alle Abteilungen des Amtsgerichts von Mitarbeitern des Gerichts gesichtet und ggfs. – soweit wie hier die elektronische Akte noch nicht eingeführt worden ist, ausgedruckt und an die Geschäftsstelle der zuständigen Abteilung weitergeleitet werden muss. Angesichts dessen hätte der Verteidiger des Betroffenen in den zur Verfügung stehenden Textfeldern zu Bezeichnung der übersandten Datei etwa unter „Betreff‘ nicht nur „Bußgeldsache“ mit dem Namen seines Mandanten eingeben können, sondern auch den Gegenstand der Eingabe sowie den Zusatz „Eilt“, was sich angesichts der Umstände des Falles eigentlich, von selbst erklärt. Unabhängig davon gibt die Justizverwaltung auf ihrer Internetseite https://www.justiz.nrw/Gerichte_Behoerden/anschriften/elektronischer_rechtsverkehr/ERV_Hinweise/index.php Hinweise dazu, wie insbesondere auch eilige Eingaben gekennzeichnet werden können. Dort heißt es etwa:

Bei der Übermittlung soll, sofern bekannt, das gerichtliche Aktenzeichen angegeben werden. Dies ist in das dafür vorgesehene Feld „Aktenzeichen“ einzutragen. Wenn dieses Feld nicht zur Verfügung steht (wie z.B. bei der Versendung von DE-Mails) ist das Aktenzeichen im Feld „Betreff‘ einzutragen. Dabei ist vor und nach dem Registerzeichen jeweils ein Leerzeichen zu setzen. In Fällen, in denen das gerichtliche Aktenzeichen noch nicht bekannt ist, soll der Begriff „Neueingang“ verwendet werden. Handelt es sich um einen „echten Eilantrag“ (z.B. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, Antrag auf Anordnung des Arrestes, etc.) sollen zusätzlich der Begriff „EILT!“ sowie der spezifizierte Antrag verwendet werden.

Beispiele;

4[Leerzeichen]O[Leerzeichen]20/16 = 4 0 20/16

Neueingang

4[Leerzeichen]0[Leerzeichen]20/16, EILT!, Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung

Neueingang, EILT!, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.“

Tja. ein Hauch von „versteckter Entbindungsantrag zieht durch den Beschluss, obwohl eben nur ein Hauch. So richtig traut sich der entscheidende Einzelrichter beim OLG offenbar aber nicht; von „Rechtsmissbrauch“ zu schreiben. Da versteckt man sich mal lieber wieder hinter eine „Einzelfalllösung“ oder eben hinter: Bei der Justiz geht es nicht so schnell bzw. wo kommen wir da denn hin, wenn man eine zeitnahe Weiterleitung eines Antrags verlangen wollte. Mir erschließt sich nicht, warum das in 35 Minuten, die zur Verfügung standen, nicht möglich gewesen sein soll. Zudem ja auch wohl die Geschäftsstelle der zuständigen Abteilung über einen Telefonanschluss verfügt. Hoffentlich. So setzt man dann lieber die Rechtsprechung zur „Rechtzeitigkeit des Entbindungsantrags“ fort.

M.E. ist das unverständlich und kaum nachvollziehbar. Zu Recht hatte der Kollege beim OLG darauf hingewiesen, dass man sich zwar einerseits dazu entschlossen hat, die digitale Kommunikation gesetzlich festzuschreiben und Verfahrensbeteiligte teilweise sogar zur digitalen Kommunikation verpflichtet. Andererseits schafft man es aber nicht, die technischen Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, damit eingehende Schriftsätze direkt anhand des Aktenzeichens nach Eingang an das entsprechende Empfangsgerät auf der betroffenen Geschäftsstelle digital, ohne manuelle Zwischenschritte, weitergeleitet werden. Und man bestraft mit dem Einwand: „nicht rechtzeitig“ dann den Betroffenen, dessen Verteidiger ja gerade durch die Korrespondenz über beA / EGVP dem gesetzgeberischen Willen zur Einführung der digitalen Kommunikation Folge leistet. Zudem dürfte der vom OLG hier gezogene Vergleich zum zentralen Faxgerät des Gerichts kaum passen. Denn beim Fax besteht die vorbezeichnete technische Möglichkeit nicht. Es ist also klar, dass das Fax in Papierform bei dem zentralen Faxgerät landet und erst körperlich zum zuständigen Richter bzw. zu seiner Geschäftsstelle transportiert werden muss. Von daher kann man auch kaum von „ordnungsgemäßer gerichtsinterner Organisation“ sprechen.

beA II: Diverses zum beA, oder: eigenhändiger Versand, Eingang mit „Ü“, Glaubhaftmachung, Behördennutzung

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Und im zweiten „beA-Posting“ eine kleine Zusammenstellung von Entscheidungen. Alles, was sich so in den letzten Tagen angesammelt hat. Das sind:

Ein über das beA bei Gericht eingereichter Schriftsatz ist mit der Speicherung auf dem Intermediär-Server des Gerichts eingegangen, auch wenn die Weiterleitungsfähigkeit gerichtsintern am Umlaut „ü“ im Dateinamen scheitert. Zwar muss ein eingereichtes elektronisches Dokument nach § 130a Abs. 2 Satz 1 ZPO für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Diese Frage bestimmt sich aber allein nach den Regelungen, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffen hat. § 2 ERVV sieht aber ein  Verbot von Umlauten nicht vor.

1. Ein mittels beA gestellter Antrag zur Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist in einer Familienstreitsache muss von dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen eingereicht werden.

2. §§ 130a Abs. 3, 4 Nr. 2, 130d ZPO erfordert, dass ein elektronisches Dokument eigenhändig vom Verfahrensbevollmächtigten versandt wird.

1. Zur Glaubhaftmachung gemäß § 55d Satz 4 Halbsatz 1 VwGO, dass die Unmöglichkeit der Übermittlung eines elektronischen Dokuments auf technischen Gründen im Sinn von § 55d Satz 3 VwGO beruhte, gehört die belastbare Angabe, dass die formgerechte (elektronische) Übermittlung aus technischen Gründen nur vorübergehend nicht möglich war.

2. Eine solche Unmöglichkeit ist nicht glaubhaft gemacht, wenn die Angaben auch den Schluss zulassen, dass der Verwender generell versäumt hat, sich rechtzeitig und mit der gebotenen Sorgfalt um die Herstellung der erforderlichen technischen Voraussetzungen zu bemühen.

Die durch § 55d VwGO vorgesehene aktive Nutzungspflicht der elektronischen Form für professionelle Prozessteilnehmer gilt auch für Behörden.

beA I: Revisionsbegründung durch beA versandt, oder: Keine handschriftliche Unterzeichnung erforderlich

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Am heutigen Pfingstmontag geht es hier ganz normal weiter. Es ist zwar Feiertag, aber das Wetter ist – zumindest derzeit hier im Norden – nicht ganz so prickelnd. Also kann man ganz gut ein wenig arbeiten 🙂 . Und damit es aber nicht zu viel wird, gibt es heute Entscheidungen zum beA/zur aktiven Nutzungspflicht.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 03.05.2022 – 3 StR 89/22. In dem Beschluss hat der BGH über die Revision gegen ein Urteil des OLG Frankfurt am Main entschieden. Das hatte den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in mehreren Fällen verurteilt. Dagegen die Revision, die das OLG als unzulässig verworfen hatte. Das OLG hatte moniert, dass die Revisionsbegründungsschrift, die gemäß § 32d Satz 2 StPO elektronisch übersandt worden war, nicht handschriftlich unterzeichnet war.

Der BGH hat die Revision gegen das Urteil des OLG Frankfurt als unbegründet verworfen. Zuvor hat er aber auf den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO) den Verwerfungsbeschluss des OLG aufgehoben und die damit die Revision als zulässig angesehen:

“ 2. Der Revisionsverwerfungsbeschluss unterliegt der Aufhebung. Denn die Revisionsbegründungsschriften genügen den formalen gesetzlichen Anforderungen, so dass die Revision formgerecht begründet worden ist.

a) Eine Revisionsbegründungsschrift muss nicht handschriftlich unterzeichnet sein, wenn sie gemäß § 32d Satz 2 StPO elektronisch übersandt wird und die Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfolgt. Vielmehr genügt in diesem Fall, dass der Schriftsatz mit einer maschinenschriftlichen Wiedergabe des bürgerlichen Namens des die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen wird.

Denn nach § 32a Abs. 3 StPO muss ein Dokument, das – wie gemäß § 345 Abs. 2 StPO die Revisionsbegründung – schriftlich abzufassen und zu unterzeichnen ist, bei einer Übermittlung als elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person (vgl. hierzu BeckOK StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn. 9) versehen sein oder aber – alternativ (BT-Drucks. 18/9416 S. 45) – von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 3 StPO ist gemäß § 32a Abs. 4 Nr. 2 StPO die Übersendung über ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach nach § 31a BRAO. Bei der von § 32d Satz 2 StPO vorgeschriebenen Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument ist das Unterzeichnungserfordernis des § 345 Abs. 2 StPO mithin erfüllt, wenn das Dokument von dem die Revisionsbegründung verantwortenden Verteidiger oder Rechtsanwalt zum einen signiert und zum anderen über das besondere elektronische Anwaltspostfach als ein sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 32a Abs. 4 StPO an die elektronische Poststelle des Gerichts (EGVP) übersandt worden ist. In diesem Fall genügt eine „einfache“ Signatur des elektronischen Dokuments und bedarf es keiner qualifizierten elektronischen Signatur.

Eine „einfache“ Signatur eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 32a Abs. 3 StPO ist die maschinenschriftliche Anbringung des bürgerlichen Namens der Person, die den Schriftsatz verantwortet, unterhalb des Textes in dem betreffenden Dokument (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 – B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 8; OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Februar 2022 – 2 UF 8/22, NJW 2022, 1260 Rn. 12; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. April 2019 – 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 Rn. 26; MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn. 14; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741; Siegmund, NJW 2017, 3134, 3137). Daher ist eine Revisionsbegründung einfach signiert, wenn der Schriftsatz mit einer Wiedergabe des Namens des die Begründung verantwortenden Verteidigers oder Rechtsanwalts abgeschlossen wird.

Die Einfügung einer eingescannten Unterschrift ist nicht erforderlich, allerdings bei Lesbarkeit des bürgerlichen Namens eine andere mögliche Form der einfachen Signatur (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 – B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 4; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741). Sofern sich der volle Name des Verteidigers oder Rechtsanwalts dem Schriftsatz an anderer Stelle entnehmen lässt, etwa einem Briefkopf, und Verwechselungen ausgeschlossen sind, genügt für eine einfache Signierung die Wiedergabe des Familiennamens (vgl. BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15). Des üblichen und auch hier erfolgten Zusatzes „Rechtsanwalt“ bedarf es von Gesetzes wegen nicht (BAG, Beschluss vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 15).

b) Nach der Konzeption des Gesetzes wird die Authentizität eines elektronischen Dokuments dadurch gewährleistet, dass die Person, die den elektronischen Schriftsatz verantwortet und signiert hat, diesen auf einem sicheren Übermittlungsweg, namentlich über das besondere elektronische Anwaltspostfach, dem Gericht übersendet. Erforderlich für eine formgerechte Revisionsbegründung ist deshalb, dass derjenige Verteidiger oder Rechtsanwalt, dessen Name als Signatur in der Begründungsschrift als verantwortende Person aufgeführt ist, selbst die Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg vornimmt. Bei einer Übermittlung über das besondere elektronische Anwaltspostfach muss die Übertragung mithin über das Postfach dieses Verteidigers oder Rechtsanwalts erfolgen und zudem dieser – also nicht etwa ein Kanzleimitarbeiter – der tatsächliche Versender sein (vgl. BAG, Beschlüsse vom 14. September 2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476 Rn. 16; vom 5. Juni 2020 – 10 AZN 53/20, NJW 2020, 2351 Rn. 13 ff.; BSG, Beschluss vom 16. Februar 2022 – B 5 R 198/21 B, NJW 2022, 1334 Rn. 7, 10; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 4 f.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 8. April 2019 – 11 U 146/18, NJW 2019, 2176 Rn. 26, 29; Leuering, NJW 2019, 2739, 2741).

c) Schließlich muss die elektronisch übermittelte Revisionsbegründung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 14 Elektronische-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) ein Dokument im Dateiformat PDF sein (MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl., § 130a Rn. 4).

d) Die vorgenannten Anforderungen sind bei beiden Revisionsbegründungen erfüllt. Dies ergibt sich aus den Schriftsätzen in einer Zusammenschau mit den zu den Akten zu nehmenden (vgl. BT-Drucks. 18/9416 S. 45 f.; BeckOK StPO/Valerius, 43. Ed., § 32a Rn. 14) EGVP-Prüfvermerken, die Angaben zur Einreichung über das besondere elektronische Anwaltspostfach durch den signierenden Verteidiger (vgl. hinsichtlich des Nachweises BAG, Beschluss vom 5. Juni 2020 – 10 AZN 53/20, NJW 2020, 2351 Rn. 24 ff.; BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2021 – 8 C 4/21, NVwZ 2022, 649 Rn. 6 f.) und zum Dateiformat des übermittelten Dokuments enthalten.“

beA I: Sog. „vorübergehende Unmöglichkeit“ hilft ggf., oder: Aber nicht mehr nach mehr als vier Jahren

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Im Kessel Buntes heute dann noch einmal ein wenig beA bzw. aktive Nutzungspflicht. Das gibt es ja inzwischen immer wieder Entscheidungen.

Hier dann zunächst das ArbG Frankfurt a. M., Urt. v. 01.04.2022 – 24 Ca 7293/21. Das ArbG hat  einen durch einen Rechtsanwalt eingelegten Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, der auf dem normalen Postweg übermittelt worden war, als unzulässig verworfen:

„Der Einspruch der Klägerin vom 20. Februar 2022 gegen Versäumnisurteil vom 21. Januar 2022 war nach Gewährung rechtlichen Gehörs als unzulässig zu verwerfen, da er innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist gemäß § 59 Satz 1 ArbGG seit Zustellung des Versäumnisurteils nicht in der gesetzlichen Form eingelegt worden ist (§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 341 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Klägerin hat ihren Einspruch nicht in der gesetzlichen Form eingelegt.

1. Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind gemäß § 46g Satz 1 ArbGG seit dem 1. Januar 2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (Satz 3). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (Satz 4 Halbs. 1).

Bestimmende Schriftsätze, Anträge und Erklärungen, die nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, sind unwirksam. Die Einreichung ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten. Der Gegner kann auf die Einhaltung weder verzichten noch sich rügelos einlassen (BT-Drs. 17/12634, 27 zu § 130d ZPO; BeckOK ArbR/Hamacher, 63. Ed. 1.3.2022, ArbGG § 46g Rn. 4, mwN.).

2. Hiernach war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Unabhängig von der Frage einer ausreichenden unverzüglichen Glaubhaftmachung fehlt es bereits an einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen – hierunter fällt etwa ein Serverausfall (BT-Drs. 17/12634, 27) – als elektronisches Dokument. Das beA wurde bereits im Jahr 2016 in Betrieb genommen. Die passive Nutzungspflicht für Rechtsanwälte gemäß § 31a Abs. 6 BRAO besteht bereits seit dem 1. Januar 2018. Durch die Einschränkung „aus technischen Gründen“ und „vorübergehend“ wird klargestellt, dass professionelle Einreicher hierdurch nicht von der Notwendigkeit entbunden sind,‘ die notwendigen technischen Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen (BR-Drs. 812/12, 36). Die pauschale Darlegung des Klägervertreters, der Einspruch erfolge nicht per beA, da er, obwohl rechtzeitig beantragt, bis heute nicht von der Zertifizierungsstelle freigeschaltet worden sei, genügt diesen Voraussetzungen offenkundig nicht. Ihr lässt sich überdies bereits nicht entnehmen, wann die „rechtzeitige“ Beantragung erfolgt sein soll.“

beA I: War die Zustellung des Urteils fehlerhaft?, oder: Übermittlung der Urteilsabschrift an beA reicht

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Und im Kessel Buntes dann heute zweimal beA.

Ich beginne mit dem BGH, Wrt. v. 11.02.2022 – V ZR 15/21. In dem Verfahren nimmt der Kläger nimmt die Beklagte auf Herausgabe eines Pkw, hilfsweise auf Zahlung in Anspruch in Anspruch. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG hat er beantragt, die Beklagte durch Versäumnisurteil zu verurteilen. Nachdem das LG die mündliche Verhandlung geschlossen und eine Entscheidung am Ende des Sitzungstages angekündigt hatte, hat es die Sache am selben Tag wieder aufgerufen. In dem mit vollem Rubrum versehenen Protokoll heißt es: „Im Namen des Volkes ergeht das folgende Versäumnisurteil:“; daran schließt sich ein Urteilstenor an, mit dem der Klage stattgegeben worden ist.

Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist vom Gericht ein als „Abschrift des Protokolls vom 04.05.2020“ bezeichnetes Dokument an das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelt worden; am 11.05.2020 hat er das dazugehörige elektronische Empfangsbekenntnis zurückgesandt. Am 09.06.2020 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten gegenüber dem LG erklärt, seines Erachtens sei allein durch die Übersendung des Protokolls der mündlichen Verhandlung keine wirksame Zustellung des Versäumnisurteils erfolgt. Daraufhin ist ihm am 10.06.2020 eine beglaubigte Abschrift des Protokolls zugestellt worden.

Den am 18.06.2020 eingegangenen Einspruch gegen das Versäumnisurteil hat das LG wegen Versäumung der Einspruchsfrist als unzulässig verworfen. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, will die Beklagte die Aufhebung des Versäumnisurteils und die Klageabweisung erreichen.

Das OLG war davon ausgegnagen, dass das LG den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen hat. Dieser sei nicht in der Frist des § 339 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. Das Versäumnisurteil sei wirksam, auch wenn es entgegen § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO außerhalb der mündlichen Verhandlung verkündet worden sei. Die Einspruchsfrist habe am 11.05.2020 mit der Zustellung des im Protokoll enthaltenen Urteils begonnen. Es sei zwar verfahrensfehlerhaft, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten entgegen § 317 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO lediglich eine einfache Protokollabschrift erhalten habe. Dieser Mangel sei aber nach § 189 ZPO geheilt worden. Die Vorschrift erfasse nach ihrem Sinn und Zweck auch Mängel bei der Zustellung von Urteilen. Der Gesichtspunkt der Authentizität und Amtlichkeit des Urteils stehe einer Heilung nicht entgegen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe daran aufgrund der Zustellung an das besondere elektronische Anwaltspostfach nicht zweifeln können. Der Beklagten sei wegen des Verschuldens ihres Prozessbevollmächtigten zu Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden.

Das sieht der BGH ebenso. Hier der Leitsatz seiner Entscheidung:

Wird einer Partei entgegen § 317 Abs. 1 Satz 1, § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO statt einer beglaubigten Abschrift lediglich eine einfache Abschrift des Urteils zugestellt, wird der darin liegende Zustellungsmangel geheilt, wenn keine Zweifel an der Authentizität und Amtlichkeit der Abschrift bestehen. Das ist jedenfalls bei einer Übermittlung der Urteilsabschrift an das besondere elektronische Anwaltspostfach des Rechtsanwaltes der Partei anzunehmen.