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Ist es/war es nur gelegentlicher Konsum von Cannabis?, oder: Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis

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Heute am Samstag dann der „Kessel Buntes“. In dem „köchelt“ zunächst etwas verkehrsverwaltungsrechtliches, nämlich der BayVGH, Beschl. v. 01.07.2022 – 11 CS 22.860.

Der befasst sich mal wieder mit der Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis. Im Juli 2021 war dem Landratsamt Ostallgäu bekannt geworden, dass der Antragsteller am Dienstag, den 25.05.2021 gegen 17 Uhr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis geführt hatte. Der polizeilichen Mitteilung zufolge zeigte der Antragsteller bei einer verdachtsunabhängigen Fahndungskontrolle drogentypische Auffälligkeiten. In der entnommenen Blutprobe wurden 6,4 ng/ml THC sowie 19,3 ng/ml THC-Carbonsäure festgestellt. Mit Schreiben vom 21.07.2021 wird der Antragsteller gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und unter näherer Begründung seiner Ermessensentscheidung – Stichwort: gelegentlicher Konsum – aufgefordert, bis zum 05.10.2021 ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Als das nicht kommt, wird die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen erhebt der Antragsteller Klage und stellt zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Den hat das VG abgelehnt.

Die Beschwerde dagegen hatte beim BayVGH keinen Erfolg. Das hat – wie immer – recht umfangreich begründet:

„2. Daran gemessen begegnet die vom Landratsamt verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Der Schluss aus der Nichtvorlage des angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, denn die auf § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gestützte Gutachtensanordnung war rechtmäßig.

a) Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte das Landratsamt im grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016, a.O. Rn. 14; BayVGH, B.v. 14.9.2021 – 11 CS 21.1965 – juris Rn. 17; OVG Berlin-Bbg, B.v. 30.10.2012 – OVG 1 B 9.12NJW 2013, 1548 = juris Rn. 20 f.; SächsOVG, B.v. 18.5.2020 – 6 B 346/19 – ZfSch 2020, 416 = juris Rn. 4 f.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 11 FeV Rn. 55a) davon ausgehen, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert oder konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17BVerwGE 165, 215 = juris Rn. 14).

aa) Bei der Wertung, dass der Antragsteller mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, handelt es sich um einen Akt der Beweiswürdigung. Zwar ist die Gelegentlichkeit des Cannabiskonsums ein Tatbestandsmerkmal, für das die Fahrerlaubnisbehörde die materielle Beweislast trägt, mit der Folge, dass eine etwaige Nichterweislichkeit zu ihren Lasten geht. Allerdings liegt ein einmaliger Konsum nur dann vor, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat. Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen. Vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, ist im Rahmen der Beweiswürdigung die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2022 – 11 CS 22.362 – juris Rn. 15; B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 = juris Rn. 14 f.; OVG NW, U.v. 15.3.2017 – 16 A 432/16 – Blutalkohol 54, 328 = juris Rn. 47 ff. m.w.N.).

bb) Hiervon ausgehend ist die Annahme eines mehrfachen und damit gelegentlichen Cannabiskonsums gerechtfertigt. Der Antragsteller hat nicht plausibel dargelegt, am 25. Mai 2021 aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis probiert zu haben. Im Rahmen der Anhörung zur Fahrerlaubnisentziehung hat er erstmals vorgetragen, er habe sich an jenem Tag mit seinen Freunden getroffen. Davon habe einer einen Joint dabeigehabt und diesen in der Runde kursieren lassen. Der Antragsteller habe sich zunächst geweigert mitzumachen, sei sodann aber dem Gruppenzwang erlegen und habe mehrere Züge genommen. Nach Ablauf von ca. vier Stunden hätten die Freunde gemeint, er könne nun problemlos wieder Auto fahren. Da der Antragsteller mit dem Konsum von Cannabis völlig unerfahren sei und die Abbauzeiten nicht kenne, habe er darauf vertraut. Dieses Vorbringen verfehlt die vorgenannten Anforderungen. Es lässt bereits (nachprüfbare) Einzelheiten zu dem behaupteten äußeren Geschehen vermissen. Ferner ist das gezeichnete Szenario, dass dem Antragsteller bei einem Treffen mit seinen Freunden überraschend angesonnen wird, Cannabis zu konsumieren, und er sich dem Gruppenzwang nicht entziehen kann, nicht plausibel. Nach der Schilderung des Antragstellers haben seine Freunde bei einem Treffen mitten an einem gewöhnlichen Werktag allesamt bedenkenlos Cannabis konsumiert, was auf eine gewisse Gewohnheit schließen lässt. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller in diesem Freundeskreis mit Mitte 20 erstmalig und überraschend mit der Aufforderung, Cannabis zu probieren, konfrontiert worden sein will. Auch lässt sich die Konzentration von 6 ng/ml THC kaum mit der Darstellung des Antragstellers vereinbaren, er habe etwa vier Stunden vor der Fahrt mit dem Pkw „ein paar Züge“ an einem Joint gezogen. Selbst bei einem hohen Wirkstoffgehalt wäre bei dieser Konsumform nach vier Stunden ein niedrigerer THC-Wert zu erwarten gewesen. In der ersten Maastricht-Studie wurde nach dem Verbrauch eines kompletten Joints mit hoher THC-Dosis in der mittleren Konzentration ein Wert von 1,8 ng/ml THC festgestellt (vgl. Möller/Kauert/Tönnes/Schneider/Theunissen/Ramaekers, Blutalkohol 2006, 361/363 ff. sowie Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, Betäubungsmittelgesetz, 10. Aufl. 2022, vor §§ 29 BtMG, Rn. 397: bei Aufnahme von 36 mg THC nach 240 Minuten 1,8 ng/ml und nach 300 Minuten 1,2 ng/ml; bei Aufnahme von 17 mg THC nach 240 Minuten 0,9 ng/ml und nach 300 Minuten 0,6 ng/ml; zur wirksamen Einzeldosis bei Aufnahme durch Rauchen vgl. auch Möller in Hettenbach/Kalus/Möller/Pießkalla/Uhle, Drogen und Straßenverkehr, 3. Aufl. 2016, § 3 Rn. 123).

cc) Unabhängig davon hat das Verwaltungsgericht gelegentlichen Konsum zutreffend aus einer Zusammenschau des unbestrittenen Konsums am 25. Mai 2021 und des Auffindens von Haschisch beim Antragsteller im September 2018 abgeleitet. Das nunmehrige Vorbringen, es habe sich damals um Cannabis eines Freundes gehandelt, ist mit der Einlassung in der Beschuldigtenvernehmung vom 8. September 2018, er habe das bei ihm sichergestellte Cannabis vor kurzem erworben, nicht in Einklang zu bringen. Ferner lassen auch die Konsumutensilien in seiner Wohnung darauf schließen, dass er 2018 Cannabis konsumiert hat (vgl. BayVGH, U.v. 10.4.2018 – 11 BV 18.259 = juris Rn. 26; B.v. 27.6.2019 – 11 CS 19.961 – juris Rn. 13).

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht zu Grunde gelegt, dass die Konsumakte im Jahr 2018 sowie am 25. Mai 2021 den notwendigen zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Inwieweit in der Vergangenheit liegende Konsumakte, die keine Eintragung im Fahreignungsregister nach sich gezogen haben, noch als Grundlage für die Annahme eines gelegentlichen Konsums herangezogen werden können, beurteilt sich nach einer Einzelfallbetrachtung. Maßgeblich ist zum einen, ob bei Einbeziehung aller relevanten Umstände, insbesondere Art und Ausmaß des früheren Drogenkonsums, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Gefahrenverdachts besteht, dass der Betroffene noch Cannabis einnimmt oder jedenfalls rückfallgefährdet ist. Zum anderen müsste sich, da das Merkmal der „Gelegentlichkeit“ insoweit der Abgrenzung zum einmaligen (experimentellen) Probierkonsum dient, ein erneuter Konsum auch nach innerem Zusammenhang sowie unter zeitlichen Gesichtspunkten als Fortsetzung des früheren Konsummusters darstellen. Eine schematische Festlegung von Zeiträumen – wie sie der Antragsteller hier mit einer Grenze von einem Jahr in den Raum stellt – verbietet sich dabei (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25.04DAR 2005, 581 = juris Rn. 22 ff.; U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13NJW 2015, 2439 = juris Rn. 21 ff.; BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 24; B.v. 24.9.2020 – 11 CS 20.1234 – juris Rn. 20; B.v. 20.11.2006 – 11 CS 06.118 – juris Rn. 20 f.; B.v. 15.9.2009 – 11 CS 09.1166 – juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 22.11.2012 – 10 S 3174/11VRS 124, 168 = juris Rn. 28; B.v. 8.7. 2021 – 13 S 1800/21 – ZfSch 2021, 534 = juris Rn. 15; B.v. 3.12.2021 – 13 S 3408/21DAR 2022, 166 = juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 4.12.2008 – 12 ME 298/08 – juris Rn. 10; B.v. 7.6.2012 – 12 ME 31/12SVR 2012, 437 = juris Rn. 7).

Nach diesen Grundsätzen setzt der zeitliche Abstand zwischen dem Konsum im September 2018 und dem im Mai 2021 hier bei einer Gesamtbetrachtung keine relevante Zäsur. Das Bestellen von Cannabis für 100 Euro im Dezember 2017 sowie das Auffinden von 2 Gramm Haschisch sowie Konsumutensilien bei ihm im September 2018 legen nahe, dass der Antragsteller 2018 nicht nur ein einziges Mal Cannabis konsumiert hat, sondern über einige bzw. längere Zeit. Dass er sich nach 2018 völlig vom Cannabiskonsum gelöst hätte, ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller bereits nicht substantiiert behauptet worden. Daraus, dass er in der Zwischenzeit nicht nochmals als Cannnabiskonsument aufgefallen war, ergeben sich schon angesichts der hohen Dunkelziffer keine belastbaren Rückschlüsse (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2021 – 11 CS 21.2536 = juris Rn. 15; VGH BW, U.v. 22.11.2012 – 10 S 3174/11VRS 124, 168 = juris Rn. 28). Schließlich folgte – bei unterstellter Abstinenz – aber auch nicht allein aus der verstrichenen Zeit von nahezu drei Jahren ohne Weiteres, dass die gebotene hinreichend stabile Änderung des damaligen problematischen Konsum- und Fahrverhaltens des Antragstellers vorläge (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 11 CS 21.730 – juris Rn. 27 unter Verweis auf Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, 3. Aufl. 2018, S. 304 f.).

b) Anders als der Antragsteller meint, ist die Fahrerlaubnisentziehung nicht mit Blick auf die ärztliche Verordnung von Medizinalcannabis (Cannabisblüten) ab dem 23. Oktober 2021 zu beanstanden. Soweit damit der Sache nach im Raum steht, ob der Antragsteller den bisherigen Cannabiskonsum durch einen ärztlich verordneten Konsum ersetzt hat, der den für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln geltenden Grundsätzen unterfällt, läge diese Entwicklung nach dem grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Begutachtungsanordnung. Sie könnte daher allenfalls dann im Entziehungsverfahren zu berücksichtigen sein, wenn die ursprünglich zu Recht bestehenden Bedenken dadurch eindeutig ausgeräumt würden und keinerlei Restzweifel hinsichtlich der Fahreignung mehr verblieben (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2016 – 11 ZB 16.1535 – juris Rn. 11; ThürOVG, B.v. 27.10.2021 – 2 EO 64/21 – Blutalkohol 59, 64 = juris Rn. 20). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Soll eine Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis im Sinne von Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV, wie sie hier geltend gemacht wird, nicht zum Verlust der Fahreignung führen, setzt dies voraus, dass die Einnahme von Cannabis indiziert und ärztlich verordnet ist (Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O. S. 303), ferner, dass das Medizinal-Cannabis zuverlässig nur nach der ärztlichen Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt, und nicht zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird (Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien [StAB] zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, aktualisierte Fassung vom August 2018, abgedruckt in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 443; vgl. auch BayVGH, B.v. 16.1.2020 – 11 CS 19.1535 – Blutalkohol 57, 133 = juris Rn. 22; B.v. 31.3.2022 – 11 CS 22.158 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 5.7.2019 – 16 B 1544/18 – Blutalkohol 56, 342 = juris Rn. 4 ff.; VGH BW, B.v. 31.1.2017 – 10 S 1503/16VRS 131, 207 = juris Rn. 8 f.; OVG Saarl, B.v. 8.11.2021 – 1 B 180/21 – ZfSch 2022, 57 = juris Rn. 14; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 2 StVG Rn. 62a ff.). Eine missbräuchliche Einnahme, die z.B. bei einer Einnahme des Medikaments in zu hoher Dosis oder entgegen der ärztlichen Verschreibung angenommen werden kann, beurteilt sich nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV und schließt danach die Fahreignung aus (BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 25).

Danach erscheint es zwar in besonders gelagerten Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die durch vorherigen Cannabiskonsum nach Nr. 9.2.1 oder 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV entstandenen Fahreignungszweifel durch eine ärztliche Verordnung von medizinischem Cannabis ausgeräumt werden können oder die ggf. entfallene Fahreignung dadurch wiederhergestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 B 18.2482 – Blutakohol 56, 273 = juris Rn. 34). Allein die Behauptung, einen nicht ärztlich verordneten Cannabiskonsum durch einen ärztlichen Konsum ersetzt zu haben, genügt dazu jedoch grundsätzlich nicht (vgl. Koehl, DAR 2021, 5/7; BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 22; OVG NW, B.v. 5.7.2019, a.a.O. Rn. 4). Ob bei Dauermedikation mit Medizinalcannabis regelmäßig Anlass für eine medizinisch-psychologische Untersuchung besteht (in diese Richtung Koehl, DAR 2017, 313/315 f., DAR 2020, 74/77; DAR 2022, 6/9; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O. S. 318 f.; Borgmann, Blutalkohol 55, 105/120 f.; einschränkend Mußhoff/Graw, Blutalkohol 56, 73/82), bedarf dabei keiner Erörterung. Abgesehen davon, dass dem Landratsamt vor Bescheiderlass keinerlei ärztliche Äußerung zur Cannabismedikation vorgelegt wurde, ist hier bereits nicht nachvollziehbar, dass die Einnahme von Cannabis medizinisch indiziert ist. Dies setzt insbesondere voraus, dass der beabsichtigte Zweck auf andere Weise, wie eine Änderung der Lebensweise, physiotherapeutische Behandlung, eine Psycho- oder Verhaltenstherapie oder die Anwendung nicht den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes unterliegender Arzneimittel, nicht erreicht werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2020, a.a.O. Rn. 23; Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, a.a.O. S. 441). Das vorgelegte „ärztliche Gutachten zur Vorlage bei der Führerscheinstelle“ vom 2. Dezember 2021 benennt als Haupterkrankung eine nicht näher bezeichnete Depression (ICD-10: F32.9) sowie als weitere Erkrankung unter Verweis auf die Schlüsselnummer M54.5 nach der ICD „Schmerzen in der Lumbalregion“. Unter der Rubrik „Therapieerfolge“ wird hingegen vom Verlauf einer „Lumboischialgie“, der in der ICD der Kode F54.4 zugeordnet ist, sowie einer „Insomnie“ (Schlafstörung), der in der ICD der Schlüssel G47.0 oder F51.0 zugewiesen ist (vgl. Pschyrembel Online), berichtet. Damit ist die Äußerung bereits unklar. Zum Schweregrad der Erkrankung finden sich keine konkreten Angaben. Zu alternativen, konventionellen Behandlungsoptionen enthält das Gutachten einen – textbausteinmäßig erscheinenden – Hinweis darauf, dass sich zur Verfügung stehende Behandlungsoptionen als unzureichend erwiesen hätten, teilweise mit unerwünschten Nebenwirkungen einhergegangen seien und der Patient im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts weitere Therapieversuche mit chemischen Arzneimitteln ablehne. Dass eine konventionelle Behandlung keinen Erfolg verspricht, wird damit bereits nicht schlüssig behauptet; Vorbefunde oder Dokumente zu vorhergehender Therapie wurden nicht vorgelegt. Ferner stellt sich bei dem Antragsteller angesichts seiner Drogenvorgeschichte ohne Weiteres die Frage der zuverlässigen Einnahme der medizinischen Cannabis-Blüten nach der ärztlichen Verordnung im Sinne einer Compliance bzw. Adhärenz (vgl. dazu Mußhoff/Graw, Blutalkohol 56, 73; Handlungsempfehlung der Ständigen Arbeitsgruppe Beurteilungskriterien zur Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, a.a.O. S. 443 f.). Wenn es in dem ärztlichen Gutachten heißt, „bei Einhaltung der verschriebenen Tagesdosis, des Zeitintervalls und durch die regelmäßige Rücksprache in den Folgesprechstunden bezüglich Verträglichkeit und eventuell unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen“ bestünden aus ärztlicher Sicht keine grundsätzlichen Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, kommt dem von vornherein kein relevanter Erkenntniswert zu…..“

Entziehung der Fahrerlaubnis II: Bindungswirkung, oder: Was ist mit der strafgerichtlichen Entscheidung?

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Und dann im zweiten Posting etwas zur sog. Bindungswirkung.

Zunächst hier das VG Würzburg, Urt. v. 23.02.2022 – W 6 K 21.1113. Der Kläger wendet sich in dem Verfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Er ist mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts A.  wegen einer Fahrt mit einem E-Scooter unter Drogeneinfluss wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit fahrlässigem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. Des Weiteren wurde ihm verboten, für sechs Monate Kraftfahrzeuge aller Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Dem Kläger wird dann im Verwaltungsrechtsweg die Fahrerlaubnis entzogen. Das VG weist sein Klage dagegen ab:

„Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des Bescheides vom 6. April 2021 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2021 und sieht von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Die Fahrerlaubnisbehörde hat damit die Möglichkeit, zur Aufklärung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers die Beibringung eines medizinischen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen und es unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die vorherige Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens.

Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Fahrerlaubnisklassen A und B) und 2 (Fahrerlaubnisklassen C und D), wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt. Allein der nachgewiesene Konsum des Betäubungsmittels Amphetamin indiziert die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Amphetamin ist ein Betäubungsmittel gemäß Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um eine gelegentliche oder regelmäßige Einnahme oder gar um eine Abhängigkeit handelt; ein einmaliger Konsum genügt. Ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) konsumiert, ist – unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr, unabhängig von der Konzentration des Betäubungsmittels im Blut oder Urin und unabhängig von den konkreten betäubungsmittelbedingten Ausfallerscheinungen oder gar einer Fahruntüchtigkeit – im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (st. Rspr., vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 10.7.2020 – 11 ZB 20.52BeckRS 2020, 16897 Rn. 14; B.v. 20.3.2020 – 11 ZB 20.1 – juris Rn. 12; B.v. 7.11.2019 – 11 ZB 19.1435 – juris Rn. 14; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333BeckRS 2019, 6040 Rn. 11; siehe auch VG Würzburg, B.v. 3.1.2017 – W 6 S 16.1300BeckRS 2017, 101885 Rn. 19).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis zum Führen von Kraftfahrzeugen nur geeignet, wer den Konsum und das Fahren trennen kann und wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt.

Ausnahmen von diesen Regeln werden grundsätzlich nur anerkannt, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeiten, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, nicht erheblich herabgesetzt sind (vgl. Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV). Im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren obliegt es grundsätzlich dem Fahrerlaubnisinhaber, das in seiner Person gegebene Bestehen solcher atypischen Umstände substantiiert darzulegen (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101BeckRS 2019, 17431 Rn. 22).

2. Dies zugrunde gelegt, hat sich der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Am 30. Mai 2020 (12:15 Uhr) führte der Kläger einen E-Scooter im Straßenverkehr, obwohl er unter der Wirkung von Betäubungsmitteln, nämlich 86,2 ng/ml Amphetamin sowie 1,8 ng/ml THC stand (Rechtsmedizinisches Gutachten des Universitätsklinikums B. pp. vom 10.7.2020). Der Kläger war damit bereits nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Des Weiteren hat sich der Kläger, der als zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen ist, auch durch den Mischkonsum der Betäubungsmittel Amphetamin und THC gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Kläger war als zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen, da nachweislich mehr als ein Konsumakt festzustellen war. Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid (S. 3, 4) wird verwiesen. Beide im Blut des Antragstellers festgestellten Betäubungsmittel wurden über den maßgeblichen Grenzwerten (25 ng/ml Amphetamin und 1 ng/ml THC) festgestellt, sodass von einer erforderlichen kumulativen Wirkung der Betäubungsmittel auszugehen ist (so auch die Feststellungen im Rechtsmedizinischen Gutachten der Universität W. pp. vom 23.10.2020); lediglich der gleichzeitig festgestellte Alkoholkonsum (BAK 0,27 Promille) lag in einem niedrigen Bereich, in dem keine Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit festzustellen war (vgl. § 24a StVG). Der Kläger hat somit unter der Wirkung dieser Betäubungsmittel mit einem Kraftfahrzeug (E-Scooter, § 1 Abs. 2 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a FeV, § 1 Abs. 1 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV) am Straßenverkehr teilgenommen.

Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall der Konsum der genannten Betäubungsmittel ausnahmsweise i.S.d. Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV nicht zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Nr. 9.1 bzw. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV hätten führen können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich; insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Fahreignung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt wiedergewonnen haben könnte. Soweit der Bevollmächtigte auf das ärztliche Gutachten der T.. S.. L. pp. S. pp. G. pp. vom 3. Dezember 2019 verweist, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass „derzeit“ beim Kläger kein Betäubungsmittelkonsum vorliegt, kann der Kläger hieraus nichts zu seinen Gunsten ableiten, da er in jedem Fall am 30. Mai 2020 bzw. zeitnah an diesem Termin nachweislich Betäubungsmittel (Amphetamin und Cannabis) konsumiert hat.

3. Dem so gefundenen Ergebnis steht auch nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG die Bindungswirkung des strafrechtlichen Urteils des Amtsgerichts pp. vom 19. Februar 2021 (Az.: pp. pp. pp. pp. pp..) entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob – wie im Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 14. Juli 2021 ausgeführt – bereits der am 30. Mai 2020 offenbarte Mischkonsum des Klägers die Bindungswirkung des Urteils entfallen lässt, da in jedem Fall eine solche Bindungswirkung gemäß § 3 Abs. 4 StVG mangels ausreichender Begründung in Bezug auf die Fahreignung des Klägers nicht besteht.

Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG bestimmt: Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Umfang der Bindung ergibt sich hierbei aus der schriftlichen Begründung des Urteils (§ 267 Abs. 4 StPO) und gilt für den Sachverhalt, der (zweifelsfrei) Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen ist. Voraussetzung für eine Bindung an die Entscheidung des Strafgerichts über die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen ist das Vorhandensein einer ausdrücklichen Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Entscheidung. Die Tatsache einer Beurteilung der Eignungsfragen muss sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des Urteils selbst ergeben. Eine Bindungswirkung entfällt, wenn der Strafurteil keine Ausführungen zur Kraftfahrteignung enthält oder wenn jedenfalls in den schriftlichen Urteilsgründen unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat. Hat das Strafgericht auf ein Fahrverbot (§ 44 StGB) erkannt, ohne ausdrücklich die Ungeeignetheit zu verneinen, so liegt keine die Fahrerlaubnisbehörde bindende Beurteilung der Eignungsfragen vor. Ebenso liegt keine Bindung vor, wenn das Gericht die Entziehung der Fahreignung nicht abgelehnt hat, weil es die Ungeeignetheit verneint, sondern aus anderen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art, denn dann liegt eine Beurteilung der Eignung durch das Gericht nicht vor. Die Fahrerlaubnisbehörde ist an eine strafgerichtliche Entscheidung, die die Eignung bejaht, auch dann nicht gebunden, wenn sie einen umfassenderen Sachverhalt zu beurteilen hat als der Strafrichter (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., § 3 StVG Rn. 59, 60 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, ist vorliegend festzustellen, dass Anlass des Urteils des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 19. Februar 2021 der Vorfall am 30. Mai 2020 (Fahrt mit einem E-Scooter) mit den festgestellten Betäubungsmittelkonzentrationen im Blut des Klägers gewesen ist, was u.a. zu einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) führte. Zur Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis führte das Amtsgericht aus:

„Das Gericht hat weiterhin davon abgesehen, den Angeklagten nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis zu entziehen und hat sich dafür entschieden, lediglich ein 6-monatiges Fahrverbot gemäß § 44 Abs. 1 StGB aufzuerlegen. Gemäß § 69 StGB wird jemanden die Fahrerlaubnis wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, sofern er hierfür verurteilt wird, die Fahrerlaubnis entzogen. Das Gericht entzieht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Nach § 69 Abs. 2 ist dies in der Regel unter anderem dann der Fall, wenn eine Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB, wie hier, vorliegt. Von der Regelvermutung war vorliegend nach Berücksichtigung der konkreten Besonderheiten aber abzusehen. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Elektrokleinstfahrzeug um ein Fahrzeug handelt, von dem für dritte Personen eine eher geringe Gefahr ausgeht. Und zum anderen handelte es sich um eine kurze Strecke.“

Diese Ausführungen lassen erkennen, dass es dem Strafgericht darum ging, die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB, wonach in den Fällen der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist, aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles zu widerlegen. Diese besonderen Umstände wurden darin gesehen, dass es sich vorliegend um ein Elektrokleinstfahrzeug gemäß § 1 Abs. 2 StVG i.V. m. § 1 Abs. 1 eKFV handelte, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a FeV keiner Fahrerlaubnis bedarf, jedoch als Kraftfahrzeug gilt und damit auch die Möglichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB (Führen eines Kraftfahrzeugs) grundsätzlich eröffnete (anders als etwa beim Führen eines Fahrrads oder eines Pedelecs, § 1 Abs. 3 StVG). Da in Teilen der strafgerichtlichen Rechtsprechung der Führung eines E-Scooter im Straßenverkehr keine höhere Gefährlichkeit als der eines Pedelecs bzw. eines Fahrrads ohne Elektromotor zugemessen wurde und das Vorliegen sonstiger günstiger Faktoren in den Tatumständen, wie z.B. nur kurze gefahrene Strecken, festzustellen waren, bestanden aus Verhältnismäßigkeitsgründen Bedenken gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und es wurde anstelle der Entziehung einer Fahrerlaubnis ein Fahrverbot gemäß § 44 StGB verhängt (vgl. LG Dortmund, B.v. 7.2.2020 – 31 Qs 1/20 – juris; a.A. BayOStLG, B.v. 24.7.2020 – 205 StRR 216/20 – juris; LG Stuttgart, B.v. 12.3.2021 – 18 Qs 15/21 – juris).

Solche besonderen Umstände, die die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu widerlegen vermochten (E-Scooter, geringe Gefahr für Dritte, kurze Fahrstrecke), hat das Amtsgericht A. pp. im Falle des Klägers gesehen und deshalb lediglich ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt. Der Hinweis, dass deshalb zu Gunsten eines Fahrverbots von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wurde, lässt jedoch nicht erkennen, inwieweit das Strafgericht auch die Fahreignung des Klägers im Übrigen geprüft hat, insbesondere inwieweit und ob überhaupt der bei der Fahrt am 30. Mai 2020 festgestellte Betäubungsmittelkonsum sich auf die Beurteilung der Fahreignung ausgewirkt hat. Hierzu enthält das Urteil des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 keine Ausführungen, welche jedoch nach § 267 Abs. 4 StPO veranlasst gewesen wären. Eine ausdrückliche Feststellung, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, enthält das Urteil vom 19. Februar 2021 nicht. Aus der Tatsache, dass aus den genannten Gründen lediglich ein Fahrverbot ausgesprochen wurde, kann nicht gefolgert werden, dass die Fahreignung bejaht worden wäre. Die Bindungswirkung lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn die Verwaltungsbehörde den schriftlichen Urteilsgründen sicher entnehmen kann, dass überhaupt und mit welchem Ergebnis das Strafgericht die Kraftfahrteignung beurteilt hat. Die Begründung im Urteil des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 lässt jedoch im Unklaren, ob die Kraftfahrereignung des Klägers eigenständig beurteilt wurde und dies lässt sich auch mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Gründe des Urteils und deren Auslegung nicht feststellen (BVerwG, B.v. 20.12.1988 – 7 B 199/88 – juris; VG Neustadt/Weinstraße, B.v. 23.10.2020 – 1 L 873/20 – juris). Eine Bindungswirkung des Urteils des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 bezüglich der Fahreignung des Klägers besteht somit nicht.

Und zur Bindungswirkung dann noch:

Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung u.a. der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Die Bindungswirkung entfällt, wenn das Strafurteil überhaupt keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder wenn jedenfalls in den schriftlichen Urteilsgründen unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat.

Entziehung der Fahrerlaubnis I: Entziehungsgründe, oder: Kranker älterer Kraftfahrer und Cannabis/ADHS

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Heute ist „Kessel Buntes-Tag“. Ich stelle an ihm mal wieder einige Entscheidungen zur verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis vor. Dazu habe ich lange nichts mehr gebracht.

Hier dann zunächst zwei Entscheidungen, und zwar nur mit den Leitsätzen, nämlich:

Zur Entziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung eines ärztlichen Gutachtens bei einem älteren Kraftfahrer nach Abkommen von der Fahrbahn aus ungeklärter Ursache und attestierten Herzkrankheiten (Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern) und einer chronische Niereninsuffizienz.

    1. Einmaliger Cannabiskonsum ist fahrerlaubnisrechtlich ohne Bedeutung, selbst wenn im Konsumzeitpunkt Zusatztatsachen i.S.d. Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur FeV vorlagen.
    2. Bei Vorliegen einer einfachen Aufmerksamkeitsstörung ist die Aufforderung, ein ärztliches Gutachten zur Fahreignung vorzulegen, grundsätzlich nur zulässig, wenn Verstöße gegen Verkehrsvorschriften bekannt geworden oder fahreignungsrelevante Ausfallerscheinungen aufgetreten sind. Diese zusätzlichen Tatsachen sind im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen.

 

OWi I: Dauerbrenner Einsicht in Messunterlagen, oder: Verfassungsbeschwerde in Bayern und einige AG

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Und heute dann mal ein wenig OWi.

Und ich starte mit Entscheidungen zur (Akten)Einsicht, dem Dauerbrenner im OWi-Verfahren.

Zunächst der Hinweis auf den BayVerfGH, Beschl. v. 13.01.2022 – 61-VI-19. Ergangen ist er in einem Verfahren, in dem um beim OLG Bamberg um die (Akten)Einsicht in Unterlagen und Daten von Geschwindigkeitsmessungen gestritten worden ist. Die „Besonderheit“: Die Einsicht war im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht und demgemäß auch kein Antrag nach 3 62 OWiG gestellt. Erst im gerichtlichen Verfahren ist Überlassung der Daten beantragt worden.

Das BayVerfGH hat die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf den Grundsatz der materiellen Subsidiarität als unzulässig angesehen, weil eben nicht schon bei der Verwaltungsbehörde Einsicht beantragt worden ist. Insoweit m.E. nichts Neues.

Geltend gemacht worden war dann noch, das die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde nicht gemäß § 80a Abs. 3 OWiG auf den Senat übertragen worden war und die Sache nicht nach § 121 Abs. 2 GVG dem BGH vorgelegt worden ist. Das sagt der BayverfGH: Zulässig, aber unbegründet:

„Entsprechend kommt hier ein Verstoß gegen Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV dadurch in Betracht, dass der Einzelrichter am Bayerischen Obersten Landesgericht die Sache nicht gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG auf den mit drei Richtern besetzten Senat übertragen hat, der dann in eigener Verantwortung über eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG i. V. m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG hätte entscheiden müssen (vgl. Bär in Graf, BeckOK OWiG, § 80 a Rn. 11; Hadamitzky in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Auflage 2018, § 80 a Rn. 10). Zu einer eigenständigen Vorlage der Rechtsbeschwerde gemäß § 121 Abs. 2 GVG wäre der Einzelrichter nicht befugt gewesen (BGH vom 28.7.1998 BGHSt 44, 144).

2. Vorliegend ist aber nicht davon auszugehen, dass der Richter, der den angegriffenen Beschluss erlassen hat, in willkürlicher, offensichtlich unhaltbarer Weise die Voraussetzungen des § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG verneint hat……“

Und dann noch ein wenig von den AG:

Der Verteidiger hat auch bei einem standardisierten Messverfahren Anspruch auf Zurverfügungstellung des Schulungsnachweises des Messbeamten und einer Kopie der digitalen Falldaten im gerätespezifischen Formal nebst dazugehörigem öffentlichen Schlüssel (Token) für die gesamte Messreihe des Vorfallstages.

Benötigt der Verteidiger die Daten der kompletten Messserie, um die Vollständigkeit des Messfilms und das Vorliegen von Besonderheiten im Rahmen von Messungen zu überprüfen, ist die Bußgeldbehörde aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 – verpflichtet, die digitalen Daten der kompletten Messserie des Tattages an den Verteidiger herauszugeben. Ein Anspruch auf Einsicht in die sogenannte Lebensakte des Messgeräts besteht nicht.

Der Betroffene hat ein Recht auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen zu dem ihn betreffenden Messvorgang.

Corona I: FFP2-Masken-Pflicht, touristische Ausflüge, Abfuhr für das AG Weimar, oder: 3 x VGH Bayern

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Zum Start in den neuen Monat und in die 5. KW. ein bisschen Corona. Wen mir vor einem Jahr jemand vorausgesagt hätte, dass das in einem Jahr noch eine Thema ist: Ich hätte es nicht geglaubt.

Ich stelle hier zunächst drei Entscheidungen des BayVGH vor, und zwar.

  • BayVGH, Beschl. v. 26.01.2021 – 20 NE 21.171: Ergangen ist die Entscheidung im Verfahren über den Erlass einer einsteweiligen Anordnung. Der BayVGH hat es abgelehnt, die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in FFP2-Qualität beim Einkaufen oder bei der Benutzung von Verkehrsmitteln des Öffentlichen Personennahverkehrs vorläufig außer Vollzug zu setzen. FFP2-Masken böten voraussichtlich gegenüber medizinischen oder sogenannten Community-Masken einen erhöhten Selbst- und Fremdschutz. Deshalb bestünden gegen ihre Eignung und Erforderlichkeit zur Bekämpfung der Corona-Pandemie keine Bedenken. Gesundheitsgefährdungen seien insbesondere wegen der regelmäßig begrenzten zeitlichen Tragedauer nicht zu erwarten. Auch seien grundsätzlich die Aufwendungen für die Anschaffung der Masken zumutbar.

  • BayVGH, Beschl. v. 26.01.2021 – 20 NE 21.162Ergangen ist die Entscheidung ebenfalls im einstweiligen Verfahren. In dem Beschluss hat der VGH das Verbot touristischer Tagesausflüge für Bewohner von sog. Hotspots (§ 25 Abs. 1 Satz 1 der 11. BayIfSMV) vorläufig außer Vollzug gesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass das Verbot aller Voraussicht nach gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoße. Für die Betroffenen sei der räumliche Geltungsbereich des Verbots touristischer Tagesausflüge über einen Umkreis von 15 km um die Wohnortgemeinde hinaus nicht hinreichend erkennbar. Die textliche Festlegung eines 15-km-Umkreises sei nicht deutlich und anschaulich genug. Im Hinblick ebenfalls angegriffene Befugnis der betroffenen Kommunen, eine Einreisesperre für touristische Tagesausflüge anzuordnen (§ 25 Abs. 1 Satz 4 11. BayIfSMV) hat der Senat den Eilantrag dagegen abgelehnt.

Die Beschlüsse haben zwar nur Wirkung für Bayern, sie werden aber sicherlich bei den anderen Landesverfassungsgerichten auch noch gelesen.

Und dann noch ein Nachtrag: Ich hatte in der vorigen Woche über das AG Weimar, Urt. v. 11.01.2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20 berichtet (vgl. dazu Corona I: Kontakt-, Alkohol- und Ausgangsverbot, oder: Was sagen Gerichte zur Wirksamkeit von Corona-VO?). Dazu hatte mich ein Blogleser auf den BayVGH, Beschl. v. 24.01.2021 – 10 CS 21.249 – hingewiesen, der mir beim Erstellen des Beitrags nicht bekannt war. Darin hat der BayVGH zum AG Weimar – Urteil Stellung genommen. In der Sache ging es um Beschränkungen für eine für den 24.01.2021 „angemeldeten Versammlung mit dem Thema: „Wir fordern, dass der 10. Senat des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag angeklagt wird, weil dieser sich gem. § 7 Abs. 1 Nr. 10 des Völkerstrafgesetzbuches für eine unerwünschte politische Gruppierung („Querdenker“), u.a. Demonstration in Stein bei Nürnberg am 17.01.2021, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafbar gemacht hat“ verfügt hat. Das Versammlungsmotto wurde im Beschwerdeverfahren dahingehend ergänzt, dass auch die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts München in die Anklage mit aufgenommen werden soll.“

Zu dem Versammlungsthema verkneife ich mir jetzt einen Kommentar, die Passage betreffend AG Weimar stelle ich aber ein. Der BayVGH meint dazu:

„Das Urteil des Amtsgerichts Weimar (U.v. 11.01.2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20), auf das sich der Antragsteller bezieht, um weiter zu begründen, dass eine „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“ nicht vorliege, ändert hieran ebenfalls nichts. Abgesehen davon, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und Rechtsmittel insofern schon angekündigt sind (https://www.mdr.de/thueringen/mitte-westthueringen/ weimar/corona-urteil-kontaktbeschraenkung-weimar-100.html), hält es der Senat für eine methodisch höchst fragwürdige Einzelentscheidung, die hinsichtlich der Gefahren der Corona-Pandemie im Widerspruch zur (vom Amtsgericht nicht ansatzweise berücksichtigten) ganz überwiegenden Rechtsprechung der deutschen Gerichte steht (vgl. statt aller aus dem Zeitraum April/Mai 2020 BVerfG, B.v. 9.4.2020 – 1 BvQ 29/20 – juris; HessVGH, B.v. 1.4.2020 – 2 B 925/20 – juris; BayVGH, B.v. 14.4.2020 – 20 NE 20.735 – juris; OVG LSA, B.v. 30.4.2020 – 3 R 69/20 – juris; ThürOVG, B.v. 7.5.2020 – 3 EN 311/20 – juris; OVG Bremen, U.v. 12.5.2020 – 1 B 140/20 – juris). Wenn das Amtsgericht Weimar meint, dass „am 18.04.2020, dem Tag des Erlasses der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO“ keine epidemische Lage nationaler Tragweite vorgelegen habe, setzt es seine eigene Auffassung an die Stelle der Einschätzung des Bundestages und des Thüringer Verordnungsgebers, ohne sich auch nur ansatzweise mit den wissenschaftlichen und tatsächlichen Grundlagen auseinanderzusetzen, die zu deren Einschätzung geführt haben und maßt sich gleichzeitig eine Sachkunde zu infektiologischen und epidemiologischen Sachverhalten an, die ihm angesichts der hochkomplexen Situtation ersichtlich nicht zukommt (vgl. zu den Grenzen einer Beurteilung komplexer Sachverhalte durch den Richter ohne Hinzuziehung von Sachverständigen etwa BGH, B.v. 9.4.2019 – VI ZR 377/17 – juris Rn. 9; BVerwG, U.v. 10.11.1983 – 3 C 56/82BVerwGE 68, 177 – juris Rn. 30 jeweils m.w.N.). Das Amtsgericht führt einzelne von ihm für maßgeblich gehaltene Kriterien und Belege an und blendet dabei gegenteilige Hinweise und Quellen systematisch aus. So ist die von ihm zentral herangezogene „Metastudie des Medizinwissenschaftlers und Statistikers John Ioannidis“ zur Infentionssterblichkeitsrate (IFR) bestenfalls umstritten, spätere Studien (die der Senat noch während des vorliegenden Eilverfahrens auffinden konnte) gehen von einer deutlich höheren IFR insbesondere bei älteren Menschen aus (vgl. etwa Levin et al., Assessing the Age Specificity of Infection Fatality Rates for COVID-19: Systematic Review, Meta-Analysis, and Public Policy Implications vom 8. Dezember 2020, abrufbar unter https://link.springer.com/article/10.1007/s10654-020-00698-1). Im Übrigen vermengt das Amtsgericht die im Gefahrabwehrrecht maßgebliche ex-ante-Betrachtung (stRspr, vgl. etwa BayVGH, U.v. 22.5.2017 – 10 B 17.83 – juris Rn. 25 m.w.N.) mit Elementen einer ex-post-Betrachtug und stellt vielfach keine Überlegungen zu Kausalitäteten bzw. Koinzidenzien ab. Die naheliegende Annahme etwa, dass gerade die vom Amtsgericht als unverhältnismäßig angesehenen Schutzmaßnahmen im Frühjahr 2020 dazu geführten haben könten, dass es im ersten Halbjahr 2020 zu einer vergleichsweise niederigen Übersterblichkeit und zu einer vergleichsweise geringen Auslastung der Intensivbettenkapazitäten kam, spart das Amtsgericht soweit ersichtlich vollkommen aus.

Soweit das Amtsgericht Weimar darüber hinaus der Auffassung ist, dass § 28 IfSG am 18. April 2020 im Hinblick auf die Wesentlichkeitslehre keine taugliche Rechtsgrundlage für die 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO gewesen sei und insofern auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 20 NE 20.2360 – juris) verweist, hat der 20. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs diese Bedenken für die nach der Einfügung von § 28a IfSG geltende Rechtslage nicht mehr wiederholt (vgl. etwa BavGH, B.v. 8.12.2020 – 20 NE 20.2461 – juris Rn. 21). Der erkennende Senat war bereits zuvor der Auffassung, dass Einschränkungen der Versammlungsfreiheit durch Rechtsverordnungen auf der Grundlage von § 32 i.V.m. § 28 IfSG grundsätzlich zulässig waren (BayVGH, B.v. 7.11.2020 – 10 CS 20.2583 – juris Rn. 4 m.w.N.).“

Der deutlichen Abfuhr schließe ich mich gern an und erspare mir jedes weitere Wort, außer: Kommentarfunktion habe ich lieber mal wieder geschlossen.