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StPO III: Wirksame Berufungsbeschränkung?, oder: Landfriedensbruch, sexueller Missbrauch, BtM-Delikt

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Und dann zum Schluss des Tages hier noch einige Entscheidungen zur Frage der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung. Dazu hatte sich in der letzten Zeit einiges angesammelt, das ich hier heute mit den Leitsätzen vorstelle. Es handelt sich um folgende Entscheidungen:

    1. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn sich im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs aus dem amtsgerichtlichen Urteil nicht ergibt, ob dem Getäuschten ein Schaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB entstanden ist.
    2. Im Falle der wirksamen Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch besteht keine Bindung des Berufungsgerichts gemäß § 327 StPO an die amtsgerichtlichen Feststellungen zum gewerbsmäßigen Handeln im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB. Vielmehr hat das die Berufungskammer insoweit eigene Feststellungen zu treffen.
    1. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unwirksam, wenn im Falle einer Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern aufgrund unzulänglicher Feststellungen des Erstgerichts nicht beurteilt werden kann, ob die Erheblichkeitsschwelle des § 184h Nr. 1 StGB überschritten ist.
    2. Die strafschärfende Berücksichtigung von Umständen (hier: Ausnutzung eines besonderen Vertrauensverhältnisses) ist nur dann rechtsfehlerfrei, wenn diese von den getroffenen Feststellungen getragen werden.

Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ist unter anderem dann unwirksam, wenn aufgrund der unzulänglichen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil unklar bleibt, ob sich der Angeklagte überhaupt strafbar gemacht.

Fehlende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel stehen bei einer Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auch dann nicht entgegen, wenn die Bruttomenge der Betäubungsmittel die Grenze zur nicht geringen Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG übersteigt.

OWI III: Ein Bisschen was zum Fahrverbot aus Bayern, oder: Nachtatverhalten, Trunkenheit, Kindesumgang

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Und zum Tagesschluss dann noch drei Entscheidungen zum Fahrverbot (§ 25 StVG). Alle drei stammen vom BayObLG und alle drei für die Betroffenen negativ, was mich beim BayObLG nicht überrascht.

Hier sind die Leitsätze der Entscheidungen:

    1. Das Absehen von der Verhängung eines Regelfahrverbots, das an die an die Außerachtlassung besonderer Rücksichtnahmepflichten und die bloße Gefährdung eines Verkehrsteilnehmers anknüpft (hier: lfd.Nr. 41 BKat) mit der Begründung, der Betroffene habe nicht rücksichtslos gehandelt und der Geschädigte sei nicht schwerwiegend verletzt worden, ist rechtsfehlerhaft.
    2. Das Verhalten eines Betroffenen nach einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall rechtfertigt regelmäßig nicht das Absehen von der Verhängung eines an seinen Verkehrsverstoß anknüpfenden Regelfahrverbots.
    1. Ist ein konkreter Rechtsmittelantrag nicht gestellt, ist der Umfang der Anfechtung einer gerichtlichen Entscheidung seitens der Staatsanwaltschaft durch Auslegung des der Rechtsmittelbegründung zu entnehmenden Angriffsziels zu ermitteln.
    2. Die mit einem Fahrverbot verbundenen Einschränkungen des Kindesumgangsrechts sind, will das Tatgericht in ihnen eine außergewöhnliche Härte sehen und deshalb von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot absehen, positiv festzustellen.
    1. Ein Absehen vom gesetzlichen Regelfahrverbot nach den §§ 24a Abs. 1 (i.V.m. Abs. 3), 25 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 4 Abs. 3 BKatV kann nur in einem Härtefall ganz außergewöhnlicher Art in Betracht kommen, oder dann, wenn wegen besonderer Umstände äußerer oder innerer Art das Tatgeschehen ausnahmsweise derart aus dem Rahmen einer typischen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a Abs. 1 StVG herausfällt, dass die Anordnung des Regelfahrverbots als offensichtlich unpassend anzusehen wäre.
    2. Die Indizwirkung des Regelbeispiels nach den §§ 25 Abs. 1 Satz 2, 24a StVG wird nicht allein dadurch entkräftet, dass bei einer nur wenige Minuten andauernden Alkoholfahrt eine Wegstrecke von lediglich 200 m zurückgelegt wurde. Dies gilt erst recht, wenn der Atemluftgrenzwert nach § 24a Abs. 1 StVG von 0,25 mg/l nicht nur geringfügig überschritten, sondern die Alkoholkonzentration nahe zum Grenzwert der (absoluten) Fahruntüchtigkeit i.S.v. § 316 Abs. 1 StGB lag.

OWi III: Zwei Entscheidungen zur OWiG-Geldbuße, oder: Abwesender Betroffener/mathematische Berechnung

Und im letzten Posting des Tages zwei Entscheidungen zur Geldbuße, und zwar wie folgt, wobei m.E. auch die Leitsätze genügen:

    1. Äußert sich der den abwesenden Betroffenen vertretende Rechtsanwalt nicht zu dessen Vermögensverhältnissen, so begibt er sich der Möglichkeit, für den Betroffenen Umstände vorzutragen, die ein Abweichen vom Regelfall hätten begründen können.
    2. Bei dieser Sachlage ist die Bußgeldbemessung auch dann nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht den Regelsatz des Bußgeldkatalogs wegen einer Vorbelastung um einen moderaten Betrag erhöht hat.
    1. Bei der Bemessung der Geldbuße sind verwaltungsinterne Bußgeldrichtlinien für die Gerichte nicht von maßgeblicher Bedeutung.
    2. Eine mathematische Berechnung der Bußgeldhöhe sieht das geltende Recht nicht vor. Vielmehr hat das Tatgericht die Bußgeldhöhe aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte zu bestimmen.
    3. Die Berücksichtigung des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG bei der Bemessung der Bußgeldhöhe setzt voraus, dass das Tatgericht konkrete Feststellungen dazu trifft, welche Vorteile der Täter durch die Begehung der Ordnungswidrigkeit tatsächlich gezogen hat.

OWi I: Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse, oder: Nur auf „Autobahnen“ i.e.S.

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Und dann auf in den Dienstag und an dem gibt es heute (endlich) mal wieder OWi-Enscheidungen. Ein paar haben sich angesammelt.

Ich starte mit dem BayObLG, Beschl. v. 26.09.2023 – 201 ObOWi 971/23. Das AG hatte den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 StVO verurteilt, begangen worden sein sollte der Verstoß auf einer innerörtlichen Straße, die autobahnänhlich ausgebaut war.

Das geht nicht, sagt das BayObLG:

„1. Die Urteilsfeststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen §§ 11 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 11 StVO nicht, da auch bei Befahren einer autobahnähnlich ausgebauten Straße innerorts der Tatbestand nicht erfüllt ist.

a) Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist in erster Linie der Wortlaut (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.1986 – 2 StR 33/86 = BGHSt 34, 211 = NJW 1987, 1280 = NStZ 1987, 323 = StV 1987, 151), wobei der Wortsinn einerseits die Grenze der Auslegung bestimmt, andererseits aber bei der Auslegung zwischen den möglichen Wortbedeutungen bis zur „äußersten sprachlichen Sinngrenze“ gewählt werden darf, jenseits dieser beginnt der Bereich der Analogie (vgl. KK-OWiG/Rogall 5. Aufl. § 3 Rn. 76, 53 m.w.N.). Eine verfassungsrechtlich unzulässige richterliche Rechtsfortbildung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie, ausgehend von einer teleologischen Interpretation, den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, ihren Widerhall nicht im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird. Richterliche Rechtsfortbildung überschreitet die verfassungsrechtlichen Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft (BVerfG NJW 2012, 669, 671 m.w.N.). Dies gilt für die Auslegung von Verordnungen in gleicher Weise (vgl. BayObLG, Beschl. v. 10.1.2022 – 201 ObOWi 1507/21, BeckRS 2022, 149 = NStZ 2022, 495 = DAR 2022, 156).

b) Die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse gilt dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 2 StVO nach nicht für den innerstädtischen Verkehr auf einer Bundesstraße (vgl. auch LG Hamburg, Urt. v. 18.02.2022 – 306 O 471/20 = BeckRS 2022, 3593). Der autobahnähnliche Ausbau ändert daran nichts.

§ 11 Abs. 2 StVO benennt lediglich Autobahnen sowie Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung. Eine Autobahn kann zwar auch innerstädtisch verlaufen, dies ist hier aber nicht festgestellt. Die Eigenschaft einer Straße als Autobahn wird nicht durch begriffliche Merkmale oder ihren Ausbau, sondern durch die rechtsgestaltende Wirkung des Verkehrszeichens Z 330.1 der Anlage 3 zur StVO begründet (Heß in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl. § 18 StVO Rn. 1 unter Verweis auf OLG Hamm VRS 48, 65 und OLG Karlsruhe VRS 60, 227). Hier handelte es sich nach den Feststellungen bei der von dem Betroffenen befahrenen Straße um eine Bundesstraße mit baulich getrennten, zweistreifigen Richtungsfahrbahnen im Bereich einer geschlossenen Ortschaft. Damit lag weder das Befahren einer Autobahn noch einer Außerortsstraße vor.

c) Für dieses Ergebnis sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung des § 11 Abs. 2 StVO. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 StVO dient dazu, bei Unfällen auf der Autobahn oder Außerortsstraßen den Sicherungs- und Rettungskräften einen schnellen und möglichst sicheren Zugang zu ermöglichen, um einerseits schneller bei Verletzungen tätig werden zu können und andererseits auch sicherzustellen, dass der Unfall und seine Auswirkungen auf den Verkehr schnell beseitigt werden können (Müther in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. § 11 StVO Rn. 8). Der Seitenstreifen außerorts muss für Pannenfahrzeuge freigehalten werden und ist teilweise zu schmal für Einsatzfahrzeuge. Innerorts und auf einspurigen Straßen wird für die Rettungs- und Polizeifahrzeuge die Fahrt regelmäßig dadurch geschaffen, dass die Fahrzeuge an den rechten Rand fahren (Müther a.a.O. Rn. 19). Somit gebietet es auch der Zweck des § 11 Abs. 2 StVO nicht, die Bildung einer Rettungsgasse innerorts verpflichtend anzunehmen.

d) Soweit das Tatgericht darauf abgestellt hat, dass eine Rettungsgasse auch innerorts auf einer autobahnähnlich ausgebauten Kraftfahrstraße zu bilden sei, überschreitet eine derartige Auslegung des § 11 Abs. 2 StVO die Grenze des möglichen Wortsinns, so dass ein Verstoß gegen den in Art. 103 Abs. 2 GG und § 3 OWiG geregelten Bestimmtheitsgrundsatz bzw. gegen das Analogieverbot (vgl. BeckOK-OWiG/Gerhold [39. Ed.-Stand: 01.07.2023] § 3 Rn. 30) durch die bußgeldrechtliche Ahndung vorliegt.“

Aber:

„2. Nachdem im Urteil festgestellt ist, dass der Betroffene ein aufgrund eines Verkehrsunfalls zum Einsatz gekommenes Polizeifahrzeug für mindestens fünf Minuten an der Weiterfahrt gehindert hat, kommt aber die Begehung einer Ordnungswidrigkeit des Betroffenen nach §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 49 Abs. 3 Nr. 3 StVO in Betracht. Dazu, ob das Einsatzfahrzeug mit blauem Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn fuhr, und zum konkreten Verhalten des Betroffenen zum Zeitpunkt der Wahrnehmung des Einsatzfahrzeugs im Sinne eines ‚sofort freie Bahn-Schaffens‘ nach § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO, verhält sich das Urteil nicht. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, da in der neuen Verhandlung ergänzende Feststellungen zu dieser Frage zu treffen sein werden, ebenso dazu, ob der Betroffene noch die Möglichkeit gehabt hätte, sein Fahrzeug so zu stellen, dass eine sofortige freie Durchfahrt durch das Einsatzfahrzeug möglich gewesen wäre.“

StPO II: Wenn bloß auf ein Geständnis verwiesen wird, oder: Reicht auch im Berufungsverfahren nicht

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Und im zweiten Posting heute dann der BayObLG, Beschl.v. 02.08.2023 – 203 StRR 303/23.

In ihm nimmt das BayObObLG zum Umfang der Feststellungen im Berufungsurteil Stellung. Das AG hat den Angeklagten u.a. wegen 18 Fällen des Betruges zu Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 15.- EUR verurteilt. Auf die Berufung des Angeklagten hat das LG unter Verwerfung der Berufung im übrigen eine Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 15.- EUR verhängt. Dagegen die Revision des Angeklagten, die erfolgreich war:

„Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat auch einen vorläufigen Erfolg. Das angefochtene Urteil leidet an durchgreifenden Darstellungs- und Erörterungsmängeln und unterliegt daher der vollumfänglichen Aufhebung.

1. Die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch erweist sich – was das Revisionsgericht von Amts wegen prüft (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 9. Februar 2023 – 203 StRR 497/22 –, juris Rn. 3) – als unwirksam. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg enthält unter Verstoß gegen die Regelung von § 267 Abs. 1 S. 1 StPO keine Feststellungen zum Sachverhalt. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts lässt sich ihm auch keine Bezugnahme auf den Anklagesatz (§ 267 Abs. 4 S. 1 HS 2 StPO) entnehmen. Eine ergänzende Auslegung des defizitären erstinstanzlichen Urteils in dem Sinne, dass das Amtsgericht wohl den angeklagten Sachverhalt für erwiesen erachtet hätte, kommt nach der Vorschrift von § 267 Abs. 1 S. 1 StPO nicht in Betracht. Eine Ergänzung der Urteilsgründe nach der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 267 Abs. 4 S. 4 StPO hat das Amtsgericht nicht vorgenommen. Da dem Urteil des Amtsgerichts eine geschlossene Sachverhaltsdarstellung ermangelt, ist die Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch als unwirksam anzusehen (vgl. Thüringer OLG, Beschluss vom 29. Januar 2015 – 1 Ss 124/14 –, juris; BayObLG, Beschluss vom 8. August 1984 – RReg 1 St 153/84 –, juris; Gössel in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 318 Rn. 46).

2. Die für den Fall einer unwirksamen Beschränkung der Berufung hilfsweise getätigten Ausführungen des Landgerichts zum festgestellten Sachverhalt und zur Würdigung des Geständnisses des Angeklagten genügen ihrerseits nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen, die nach § 267 Abs. 1 i.V.m. § 328 Abs. 1 StPO an die Darlegung der richterlichen Überzeugungsbildung zu stellen sind. Die Verurteilung des Angeklagten kann daher keinen Bestand haben.

a) Grundsätzlich ist das Tatgericht – über den Wortlaut des § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO hinaus – verpflichtet, die wesentlichen Beweiserwägungen in den Urteilsgründen so darzulegen, dass seine Überzeugungsbildung für das Revisionsgericht nachzuvollziehen und auf Rechtsfehler überprüfbar ist (BGH, Beschluss vom 9. August 2022 – 6 StR 249/22 –, juris Rn. 11). Der bloße Verweis auf ein Geständnis kann eine Beweiswürdigung nicht ersetzen (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2022 – 2 StR 53/22 –, juris; BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 2 StR 360/15-, juris Rn 3). Vielmehr bedarf es regelmäßig einer Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2022 – 6 StR 249/22 –, juris Rn. 10) sowie eines Mindestmaßes an einer Darstellung der Erwägungen, weshalb der Einlassung zu folgen ist. Der Tatrichter ist nämlich auch im Falle eines geständigen Angeklagten gehalten, zu untersuchen, ob das Geständnis den Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat erfüllt, ob es in sich stimmig ist und auch im Hinblick auf sonstige Beweisergebnisse keinen Glaubhaftigkeitsbedenken unterliegt und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (BGH, Beschluss vom 13. September 2016 – 5 StR 338/16 –, juris Rn. 7 m.w.N.; Meyer Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 261 Rn. 6a). Einlassungen mittels einer Verteidigererklärung ohne Möglichkeit kritischen Nachfragens besitzen einen erheblich verminderten Beweiswert (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 380/21 –, juris Rn. 10 m.w.N.).

b) Diese Grundsätze an die Darstellungserfordernisse gelten auch im Berufungsverfahren. Ist wie hier das Urteil des Amtsgerichts uneingeschränkt angefochten, hat das Berufungsgericht eigene Feststellungen zu treffen und diese in einer aus sich heraus verständlichen Weise in den Urteilsgründen darzustellen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28. März 2018 – III-1 RVs 51/18 –, juris). Es hat selbstständig und in eigener Verantwortung auf Grund der vor ihm durchgeführten Beweisaufnahme über das angeklagte Geschehen nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung (§ 261 StPO) zu entscheiden (KK-StPO/Paul, 9. Aufl., § 327 Rn. 4). Die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts darf es nicht einfach übernehmen, selbst wenn der Berufungsführer diese nicht angreift (OLG Hamm, Urteil vom 20. November 2007 – 1 Ss 66/07 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 28. Mai 1997 – 1 AR 518/954 Ws 76/97 –, juris Rn. 3; BayObLG, Beschluss vom 22. Oktober 1973 – RReg 2 St 135/73 –, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 327 Rn. 3). Im Urteil darf das Berufungsgericht auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils nur dann Bezug nehmen, wenn es nach eigener Prüfung zu demselben Ergebnis kommt (KK- Paul, a.a.O., § 267 Rn. 5 m.w.N.; Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 267 Rn. 34). Es muss erkennbar sein, dass das Berufungsgericht seiner Pflicht zu eigenen Feststellungen und zur eigenen Beweiswürdigung voll nachgekommen ist (OLG Köln, Beschluss vom 28. März 2018 – III-1 RVs 51/18 –, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 10. Dezember 2002 – 1 Ss 501/02 –, juris Rn. 16 ff.).

c) Gemessen daran genügen die Ausführungen des Landgerichts nicht, um eine Beweiswürdigung der Strafkammer nachvollziehbar zu machen. Sie können die Darstellung der objektiven und subjektiven Umstände der Taten nicht tragen, was allein auf die Sachrüge zu berücksichtigen ist (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2022 – 2 StR 53/22 –, juris Rn. 10; BGH, Beschluss vom 13. September 2016 – 5 StR 338/16 –, juris Rn. 6).

Im vorliegenden Fall beschränken sich die Feststellungen des Landgerichts auf eine Wiedergabe des in der Berufungsverhandlung verlesenen Anklagesatzes. Sie betreffen 18 Fälle von vollendeten Betrugstaten und 6 Fälle von versuchten Betrugsstraftaten, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung im November und Dezember 2021 mit unterschiedlichen Geschädigten und unterschiedlichen Schadensbeträgen. Die Strafkammer hat die Strafbarkeit des Angeklagten nach den Urteilsgründen ohne Vernehmung von Zeugen oder Verlesung von Urkunden allein auf das vom Verteidiger abgegebene Geständnis des Angeklagten gestützt und dazu ausgeführt, der Angeklagte habe durch seinen Verteidiger „diesen, dem Ersturteil zugrunde gelegten Sachverhalt, vollumfänglich eingeräumt“ (Urteil S. 4). Die Kammer habe sich die Überzeugung gebildet, dass die Tatvorwürfe zuträfen (Urteil S. 5). Ob der Verteidiger die Erklärung in der ersten oder in der zweiten Instanz abgegeben hat, ob das Geständnis in pauschaler Form oder auf die einzelnen Taten eingehend formuliert worden ist, ob sich der Angeklagte zu den einzelnen Taten auch selbst geäußert hat und welche Beweiserwägungen die Kammer im Zuge ihrer Überzeugungsbildung angestellt hat, erschließt sich den Urteilsgründen auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen der Strafkammer zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und zur Vorgeschichte der Taten nicht. Denn auch bezüglich der Feststellungen zu der Vorgeschichte der Taten, nämlich dass der Angeklagte nach dem Fehlschlagen einer legalen Geschäftsidee beschlossen hätte, mit einem mobilen Gerät vermeintlich vom berechtigten Zweckverband kommunale Verkehrsüberwachung stammende Verwarnungen zu erstellen und an falsch geparkten Fahrzeugen anzubringen (Urteil S. 5), hat die Berufungskammer lediglich bemerkt, diese würden auf „glaubhaften“ Angaben des Angeklagten beruhen (Urteil S. 6). Dass das Urteil des Amtsgerichts entgegen der Darstellung des Landgerichts keinerlei Feststellungen zu den Taten enthielt, hat der Senat bereits dargelegt.

Zu einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Begründung des Urteils hätte es insbesondere mit Blick auf die fehlenden Feststellungen das Amtsgerichts einer Erläuterung der geständigen Einlassung bedurft; denn ohne Kenntnis von Einzelheiten vermag das Revisionsgericht nicht zu erkennen, ob ein auf Betrugs- und Urkundendelikte bezogenes Geständnis auch sämtliche Tatbestandsmerkmale dieser Straftatbestände erfasst (BGH, Beschluss vom 3. März 2016 – 2 StR 360/15-, juris  Rn. 4). Der bloße Verweis auf ein Zugestehen der Vorwürfe des Anklagesatzes genügt den Anforderungen an eine Beweiswürdigung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2022 – 6 StR 249/22 –, juris). Auch lassen  die Urteilsgründe hier nicht erkennen, dass die Strafkammer das Geständnis des Angeklagten einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen hätte.

Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass der Tatrichter nach § 267 Abs. 1 S. 1 StPO gehalten ist, in der Begründung des Urteils die von ihm als erwiesen erachteten Tatsachen eigenverantwortlich niederzulegen. In der Regel können eigene Feststellungen nicht durch Einrücken des Anklagesatzes ersetzt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2010 – 3 StR 227/10 –, juris).