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„Bin abgelehnt?“ – „Ok, Ablehnung aber nicht zulässig, verwerfe/verhandle trotzdem“

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Der ein oder andere Leser wird sich vielleicht noch an das Posting: “Bin abgelehnt?” – “Interessiert mich nicht, entscheide trotzdem…” zum dem KG, Beschl. v. 28.09.2012 – 3 Ws (B) 524/12 – 162 Ss 165/12 erinnern. Ein Kollege hat mir eine Entscheidung des OLG Braunschweig zukommen lassen, in der das AG ähnlich – allerdings nicht ganz so schlimm wie im KG, Beschluss – agiert hat. Ausgangspunkt ist ein Bußgeldverfahren, in dem der Verteidiger nach Terminsladung Terminsverlegung beantragt hat. Das AG lehnt ab. Daraufhin lehnte der Betroffene den zuständigen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Das AG führte dennoch in Abwesenheit des Betroffenen und seines verhinderten Verteidigers die Hauptverhandlung durch. Drei Tage zuvor hatte das Gericht – durch den abgelehnten Richter selbst – das Befangenheitsgesuch als unzulässig mit der Begründung verworfen, dass durch den Antrag nur erreicht werden solle, dass der Hauptverhandlungstermin (doch noch) aufgehoben wird.

Das OLG hat im OLG Braunschweig, Beschl. v. 12.07.2012 – Ss (OWi) 113/12 – diese Vorgehensweise als rechtsfehlerhaft angesehen:

Das Amtsgericht Goslar hat einen durch die Rechtsbeschwerde in zulässiger Weise aufgezeigten und zur Aufhebung des Urteils führenden Verfahrensverstoß dadurch begangen. dass es – durch den abgelehnten Richter selbst – das Befangenheitsgesuch ohne die gebotene Auseinandersetzung mit dem Inhalt dieses Gesuchs gemäß § 26a StPO als unzulässig verworfen und sodann in Abwesenheit des Verteidigers die Hauptverhandlung durchgeführt hat. Diese Vorgehensweise war rechtswidrig, weil im Befangenheitsgesuch Verfahrensverstöße aufgezeigt wurden und deshalb das Regelverfahren nach § 27 StPO – ohne den abgelehnten Richter – hätte gewählt werden müssen.

Nach § 26a StPO darf nur vorgegangen werden, wenn es sich um eine reine Formalentscheidung handelt, die keine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Einzelfalles erfordert (BVerfG, Beschluss vom 02.06.2005, 2 BvR 625/01. 2 BvR 638101, juris, Rn. 57: BVerfG, Beschluss vom 27.04.2007. 2 BvR 1674706. juris, Rn. 53 ff.. 56).

Herzu hat die Generalstaatsanwaltschaft ausgeführt (Auszug):

..Seit der Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02.06.2005 (StV 2005, 473f.) und der hierauf fußenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHSt 50. 216f.; BGH NStZ 2006, 51f.) ist ein Ablehnungs-gesuch im Sinne von § 338 Nr. 3 StPO „mit Unrecht verworfen“, wenn die Verwerfung als unzulässig gemäß § 26a StPO durch den abgelehnten Richter auf einer willkürlichen oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG grundlegend verkennenden Rechtsanwendung beruht; auf die sachliche Berechtigung des Ablehnungsgesuches kommt es dann – anders als in der vorangegangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung – nicht an (vgl. auch OLG Celle. 2. Senat für Bußgeldsachen. Beschluss vom 28.02.2007 – 323 Ss 21/07, juris, Rdnr. 7f. m. w. N.).

Vorliegend hat der erkennende Richter der sich aus Art. 103 GG ergebenden Pflicht, auf den wesentlichen Vortrag des Betroffenen einzugehen und sich inhaltlich hiermit auseinanderzusetzen (BVerfG NZV 2005, 51: OLG Braunschweig. Beschluss vom 20.01.2012 – Ss (OwiZ) 206/11 m. w. N.), nicht entsprochen Der das Befangenheitsgesuch „gemäß § 26a StPO“ zurückweisende Beschluss enthält keine inhaltliche Begründung, sondern lediglich die Feststellung, dass durch den Antrag nur die Aufhebung des Hauptverhandlungstermins erreicht werden soll. Die in Bezug genommene. in den Urteilsgründen nicht wiedergegebene, sich jedoch aus der Rechtsmittelbegründungsschrift erschließende Verfügung vom 24.04.2012 vermag bereits deshalb keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Befangenheitsantrages dar-zustellen, weil sie dem Gesuch vorangegangen ist. Hätte der erkennende Richter, wie es gemäß Art. 103 Abs. 1 GG geboten gewesen wäre, sich mit dem inhaltlichen Vorbringen des Betroffenen auseinandergesetzt, hätte er erkannt, dass wegen Art. 101 S. 2 GG eine Entscheidung im Regelverfahren gemäß § 27 StPO herbeizuführen ist, weil nicht nur eine formale Entscheidung zu treffen ist. sondern sein vorangegangenes Verhalten im Zusammenhang mit den Anträgen auf Terminsverlegung vom 26.03. und 18.04.2012 und dem Telefonat vorn 18.04.2012 zu beurteilen ist. Ob dem in dem Befangenheitsantrag genannten Verfahrensfehler das erforderliche Gewicht zukommt, um im Regelverfahren Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, ist dagegen für sich allein nicht beachtlich. Hierauf kommt es dann nicht an, wenn der abgelehnte Richter — wie vorliegend — unter grundlegendem Verstoß gegen Art. 101 GG selbst entscheidet, obgleich die Voraussetzungen des § 26a StPO (vgl. hierzu Meyer-Goßner, a. a. 0., § 26 Rdnr. 5ff.) offenkundig nicht gegeben sind (vgl. OLG Braunschweig. Beschluss vom 20.01.2012 — Ss (OwiZ) 206/11 m. w. N.).

Dem schließt sich der Senat auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung (wie vor sowie Beschluss vom 12.03.2012. Ss (OWiZ) 39/12) an

Und eine Segelanweisung gibt es dann gleich auch noch: Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die abgelehnte Verlegung des Termins grundsätzlich nur dann nicht zu beanstanden gewesen wäre, wenn das Amtsgericht den Antrag rechtzeitig und unter Würdigung aller dafür und dagegen sprechenden Umstände beschieden hätte. Und: Der Betroffene kann darauf vertrauen. dass über einen frühzeitig gestellten Terminsverlegungsantrag so rechtzeitig entschieden wird, dass ein Wechsel des Verteidigers bis zum Termin noch möglich ist.

 

Nicht Rosen, sondern Schoko-Nikoläuse gibt es beim LG Koblenz für den Staatsanwalt

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Meine erster Gedanke nach dem Lesen des LG Koblenz, Beschl. v. 19.12.2012 – 2090 Js 29752/10 -12 KLs – war: „Wie bescheuert muss man eigentlich als Schöffe sein, um sich so in einen Strafverfahren zu verhalten?“ Sorry, für das „bescheuert“, aber ist in meinen Augen nun mal so. Und das dann auch noch in einem Verfahren bei der Staatsschutzkammer wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und weiterer insbesondere im Rahmen der kriminellen Vereinigung begangener Straftaten , einem Verfahren, in dem wahrscheinlich eh eine eher angespannte Stimmung herrscht.

Was war, was ist passiert? Die Hauptverhandlung gegen die Angeklagten begann am 20. 08. 2012, bislang wurde an mehr als 20 Hauptverhandlungstagen verhandelt. Der 26. Hauptverhandlungstag war auf den 06.12.2012, also dem Nikolaustag, terminiert. An diesem Tag betritt vor Beginn des Verhandlungstages einer der Schöffen den Sitzungssaal durch das Beratungszimmer und legt auf den Sitzungstisch, der regelmäßig von den Vertretern der Staatsanwaltschaft benutzt wird, zwei „Schokoladenikoläuse“ und verlässt dann den Sitzungssaal wieder. Zu dieser Zeit war noch kein Vertreter der Staatsanwaltschaft anwesend.

Dieser Vorgang führt zu einem diesen Schöffen betreffenden Ablehnungsantrag der Angeklagten, der bei der Strafkammer Erfolg hat:

„Die von den ablehnenden Angeklagten zur Begründung angeführten Tatsachen rechtfertigen die Annahme der Besorgnis der Befangenheit des Schöffen (§§ 24, 31 StPO).

Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters und damit die Besorgnis der Befangenheit ist nur gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhaltes Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Goßner, StPO, 55. Auflage 2012, § 24 Rdnr. 8 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Schöffen (wie vor, § 31 Rdnr. 1 und 2).

Dabei ist entscheidend auf den nach außen deutlich gewordenen Eindruck von der inneren Haltung des Richters abzustellen (BGHSt 37, 298, 302 = NJW 1991, 1692), ohne dass dieser Eindruck tatsächlich der inneren Haltung des Richters entsprechen müsste (BGH NStZ-RR 2012, 211 f). Hierbei kommt es auch, aber nicht nur auf die Sicht des Ablehnenden an. Denn es genügt nicht allein das Misstrauen als rein subjektives Empfinden; dieses muss vielmehr gerechtfertigt, also in objektivierbaren Umständen begründet sein (individuell-objektiver Maßstab, vgl BVerfGE 31, 145, 165 = NJW 1971, 2122; BGHSt 43, 16, 18 = NJW 1998, 550).

An diesen Grundsätzen gemessen stellt das Verhalten des abgelehnten Schöffen vor Beginn des 26. Verhandlungstages bei einer Gesamtschau einen Grund dar, der aus Sicht der ablehnenden- Angeklagten bei verständiger Würdigung geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 24 Abs. 2 StPO).“

Was die Berufsrichter der Kammer vom Verhalten „ihres“ Schöffen halten, kann man m.E. aus der knappen Begründung des Beschlusses zur Frage der Besorgnis der Befangenheit erkennen. Nichts, oder sicherlich mehr als nur ein Kopfschütteln. Dazu kann man auch nicht viel mehr schreiben.

Um Kommentaren vorzubeugen: Ich gehe als sicher davon aus, dass die Berufsrichter der Kammer die Schöffen vor Beginn der Hauptverhandlung über ihre Rechts und Pflichten unterrichtet haben. Und ich gehe als eben so sicher davon aus, dass die Berufsrichter von dieser „Geschenkeaktion“ nichts gewusst haben. Alles andere würde mich überraschen.

Und nochmal Befangenheit: Die zu frühe Entscheidung

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Nach dem Posting zum KG, Beschl. v. 28.09.2012 – 3 Ws (B) 524/12 – dann sofort noch ein Posting zu einer Ablehnungsfrage. Dieses Mal geht es um die „zu frühe Entscheidung“. Die abgelehnten Richtern hatten über ein früheres, gegen andere Richter gerichtetes Ablehnungsgesuch bereits am 04. 07.2012 entschieden , obgleich dem Angeklagten eine Frist zur Stellungnahme zu dienstlichen Erklärungen bis zum 06. 07. 2012 eingeräumt war. Darauf hat der Angeklagte (s)einen erneuten Ablehnungsantrag gestützt.

Dazu der BGH im BGH, Beschl. v. 18.12.2012 –  2 StR 122/12:

„Das zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Die abgelehnten Richter haben dienstlich erklärt, dass sie versehentlich und in Unkenntnis der noch laufenden Äußerungsfrist entschieden haben. Anhaltspunkte, dass dies nicht zutreffen könnte, sind nicht ersichtlich. Aus der bloßen versehentlichen vorzeitigen Entscheidung ergibt sich für einen vernünftigen Angeklagten kein – Anhaltspunkt dafür, dass die Richter ihm nicht unvoreingenommen gegenüberstehen.“

Bei manchen Landgerichten wird eben zügig entschieden :-).

„Bin abgelehnt?“ – „Interessiert mich nicht, entscheide trotzdem…“

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„Bin abgelehnt?“ – „Interessiert mich nicht, entscheide trotzdem…“, so könnte man kurz den Sachverhalt beschreiben, der dem KG, Beschl. v. 28.09.2012 – 3 Ws (B) 524/12 – 162 Ss 165/12 – zugrunde gelegen hat. Dort war nach Aufhebung eines ersten amtsgerichtlichen Urteils durch das KG vom nunmehr zuständigen Richter Termin zur Hauptverhandlung auf den 03. 07.2012, 12.00 Uhr, bestimmt worden, zu dem der Betroffene am 27. 04.2012 geladen wurde. Mit Schreiben vom 19. 06.2012 und 28. 06.2012 beantragte der Verteidiger des Betroffenen die Verlegung des Termins mit der Begründung, dass sein Mandant am Terminstag im Urlaub sei. Beide Anträge wies der Richter zurück. Vor dem Termin vom 03. 07. 2012 erschien der Verteidiger um 11.40 Uhr auf der Geschäftsstelle und gab dort einen Schriftsatz, gefertigt am selben Tag, ab, mit dem der Betroffene den zuständigen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte. Die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle brachte den Schriftsatz daraufhin zum Richter, der sich zu diesem Zeitpunkt noch im Sitzungssaal befand. Über den Befangenheitsantrag entschied dieser jedoch nicht, sondern verwarf mit Urteil vom 03. 07. 2012 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid, da der Betroffene nicht zum Termin erschienen war. Auch der Verteidiger war zum Termin im Sitzungssaal nicht erschienen.

Das KG sagt im KG, Beschl. v. 28.09.2012 – 3 Ws (B) 524/12 – 162 Ss 165/12: So nicht:

b) Die Verfahrensbeschwerde ist auch begründet, denn der abgelehnte Richter hätte nach dem Vorliegen des Ablehnungsantrages gemäß §§ 29 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG nur solche Handlungen vornehmen dürfen, die keinen Aufschub gestatteten. Dies war der Beginn der Hauptverhandlung nicht, da für den Richter ja ersichtlich war, dass zum Termin weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen waren. Auch Zeugen oder andere Verfahrensbeteiligte waren zum Termin nicht geladen worden. Erst recht war die Verkündung des angefochtenen Urteils nicht unaufschiebbar. … 

… Dadurch, dass der Richter nicht über den Ablehnungsantrag entschieden hat, obwohl er erwiesenermaßen davon Kenntnis hatte und gleichwohl die Hauptverhandlung bis zum Urteil durchführte, hat er die Verfassungsnorm des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG missachtet, der dem Einzelnen das Recht auf den gesetzlichen Richter gewährleistet. Da anerkennt ist, dass eine Entziehung des gesetzlichen Richters im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und somit ein Verstoß gegen den absoluten Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegrund nach § 338 Nr. 3 StPO auch dann vorliegt, wenn die Verwerfung eines Ablehnungsantrages nach § 26a StPO als unzulässig auf einer willkürlichen Rechtsanwendung beruht (BVerfG, NJW 2005, 3410, 3011 ff., BGHSt 50, 216, 218 ff.; BGH, NStZ 2006, 51, 52 mit zustimmender Anmerkung Meyer-Goßner; BGH, NStZ 2006, 705, 707), muss dies erst recht für den Fall gelten, dass das Gericht einen Ablehnungsantrag bewusst ignoriert und keine Entscheidung darüber herbeiführt, denn hier liegt die Willkürlichkeit des Verhaltens auf der Hand. In einer derartigen Konstellation kann es auch im Rahmen des relativen Rechtsbeschwerdegrundes nach §§ 29 Abs. 1 StPO, 46 Abs. 1 OWiG nicht darauf ankommen, ob das Ablehnungsgesuch der Sache nach unbegründet war oder rechtsfehlerfrei nach § 26a StPO als unzulässig hätte verworfen werden können, denn eine derartige Prüfung des Beruhens würde im Endeffekt dazu führen, dass auf jeden Fall die Entscheidung über den Ablehnungsantrag dem Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht überlassen wird, was mit der vom Gesetzgeber durch die Regelungen der §§ 26a, 27 StPO aufgestellten Zuständigkeitsverteilung unvereinbar ist und somit unter dem Gesichtspunkt der willkürlichen Richterentziehung einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG begründet.

Sorry, aber auf das Umgehen mit dem Ablehnungsantrag muss man erst mal kommen. Es ist schon „beachtlich“, dass den Richter der Ablehnungsantrag offenbar gar nicht interessiert hat.

 


Die „sofortige Beschwerde“ der Staatsanwaltschaft ist unzulässig…

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„Die „sofortige Beschwerde“ der Staatsanwaltschaft ist unzulässig.“ – das liest man auch nicht so häufig. Im Jugendrecht kann es dann aber schon mal passieren, wenn die StA „im Eifer des Gefechts“ nicht daran gedacht hat, dass ihr ein Rechtsmittel nicht zusteht, wenn ihr Antrag auf Widerruf von der Strafaussetzung einer Jugendstrafe abgelehnt worden ist. Darauf musste dann der LG Magdeburg, Beschl. v. 11.12.2012 – 22 Qs 81/12 – die Staatsanwaltschaft Halle hinweisen:

„Gemäß § 59 Abs. 3 JGG ist gegen den Widerruf der Aussetzung der Jugendstrafe im Sinne von § 26 Abs. 1 JGG die sofortige Beschwerde zulässig. Rechtsmittelberechtigt ist die Staatsanwaltschaft zwar zu Gunsten des Jugendlichen/Heranwachsenden im Falle des Widerrufs der Strafaussetzung zur Bewährung, jedoch besteht keine Anfechtungsmöglichkeit der Staatsanwaltschaft, wenn ihr Antrag auf Widerruf der Aussetzung abgelehnt wurde. Die Zulässigkeit einer gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Beschwerde nach § 304 StPO widerspräche besonderen Zwecken und Bewertungen des jugendstrafrechtlichen Rechtsmittelrechts, wie sie sich – ent- gegen § 453 Abs. 2 S. 3 StPO – bezüglich der Unanfechtbarkeit aus § 59 Abs. 4 JGG (betreffend den Straferlass) und aus § 63 Abs. 1 JGG (betreffend den Beschluss über die Fortdauer der Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe) ergeben. Der Heranwachsende gewinnt mit Gewährung der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung eine Vertrauensposition, die durch die gerichtliche Ablehnung des Widerrufs bestätigt wird, sodass ein nachträglicher Eingriff in diese Position auch erzieherisch abträglich wäre (vgl. insgesamt mit weiteren Nachweisen Eisenberg, 15. Aufl., § 59 JGG, Rn. 27). Der Versagung einer Anfechtung steht nicht entgegen, dass die zeitlich vorhergehenden Entscheidungen im Zusammenhang mit der Bewährung anfechtbar sind (§ 59 Abs. 1, Abs. 2 JGG), denn § 59 JGG setzt die Anfechtungsmöglichkeiten der jugendrichterlichen Entscheidungen dem jeweiligen Kenntnisstand des Jugendrichters entsprechend fest. Dieser herrschenden Meinung in Literatur und in der Rechtsprechung schließt sich die Kammer an.“